Flassbeck fordert grundlegende Kritik

Geschrieben von: am 24. Feb 2013 um 13:32

Flassbeck mahnt auf seinem Blog Flassbeck Economics zu einer grundlegenden Kritik an der neo­klas­si­schen Arbeits­markt­theo­rie mit Blick auf den Mindestlohn an. Wenn also Gegner des Mindestlohns oder scheinbare Befürworter argumentieren, ein Mindestlohn müsse branchenspezifisch oder genau an der Produktivität des jeweiligen Arbeitnehmers ausgerichtet sein, da er sonst entweder wirkungslos verpuffe oder Arbeitsplätze vernichte, sollte sich folgende Realität vor Augen halten.

„Wenn der Lohn eines Arbeit­neh­mers sehr eng seine Pro­duk­ti­vi­tät wider­spie­gelte, dann dürf­ten Kran­ken­schwes­tern, Leh­rer und Poli­zis­ten nie­mals mehr Lohn bekom­men, son­dern immer nur die Arbeit­neh­mer der IG-Metall in den Berei­chen, wo die Pro­duk­ti­vi­tät kräf­tig steigt.“

Es sei zwar richtig, immer wieder auf die emprischen Erfahrungen mit dem Mindestlohn hinzuweisen, doch reiche das nicht aus, um die absurde Logik der Neoliberalen zu entkräften. Sie tun ja gerade so, als könnten sie sich mit dem Mindestlohn unter bestimmten Bedingungen arrangieren. Doch im Kern lehnen sie ihn nach wie vor ab.

Die Folge einer fehlenden Kritik ist bekannt. Inzwischen gilt Angela Merkels CDU als sozialdemokratisiert, nur weil sie über Lohnuntergrenzen in Branchen spricht, die zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern einfach ausgehandelt werden müssten und die dann von der Politik für allgemeinverbindlich erklärt würden. So als ob es die Erosion des Flächentarifvertrages und damit eine wesentliche Schwächung der Verhandlungsposition der Arbeitnehmer nicht gegeben hätte.

Wer also für den Mindestlohn ist, sollte klar sagen, warum die Argumente der Gegner bloße Behauptungen ohne jeden Beleg und damit totaler Quatsch sind. Man könnte aber auch mit Volker Pispers Worten etwas zugespitzt sagen, wer den Menschen einen Mindestlohn verweigert, ist ein Arschloch. Wer dazu noch sagt, der Mindestlohn koste Arbeitsplätze, ist ein dummes Arschloch.

8

Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
  Verwandte Beiträge

Kommentare

  1. der-olli  Februar 24, 2013

    Die heiße Luft von z.b. Steinbrück muss so produktiv sein, damit kann man ganze Ähm Biogasanlagen ersetzen!

    Ist dass jetzt öffentlicher Konsens das man die dummes Arschloch nennen darf? Da bin ich dabei!

    http://www.spiegel.de/wirtschaft/konfrontationskurs-steinbrueck-gegen-mindestlohn-a-409314.html

    • adtstar  Februar 24, 2013

      Ich würde niemanden ein dummes Arschloch nennen. Das wäre ja eine Beleidigung. Ich könnte nur verstehen wenn das jemand anderes täte. ;-)

      Zu Steinbrück ist zu sagen, dass er auch schon befürchtet hatte, dass uns eine schreckliche Inflation heimsuchen würde. Aber aus Sicht der SPD und der Medien gilt Steinbrück ja als Fachmann in Sachen Wirtschafts- und Finanzpolitik. Da stellt sich eigentlich mehr die Frage, wer da arschiger ist.

      • ludischbo  Februar 25, 2013

        Die FDP soll jetzt für ein wischi washi Mindestlohn sein. Die scheinen doch ganz schön Angst zu haben…..
        Aber deren Vorschläge sind allerdings trotzdem ARSCH! :-)

        • adtstar  Februar 25, 2013

          Nein sind sie nicht. Brüderle hat sich nur mit dem Status quo einverstanden erklärt und die Medien fallen auf den PR-Trick herein. Branchenspezifische Mindestlöhne gibt es ja bereits ohne Zutun der FDP. Popanz nennt man das. ;-)

          • ludischbo  Februar 25, 2013

            Das ist richtig… das meine ich ja mit A…. ;)

  2. ludischbo  Februar 25, 2013

    Zitat HF:
    „“Wenn der Lohn eines Arbeit­neh­mers sehr eng seine Pro­duk­ti­vi­tät wider­spie­gelte, dann dürf­ten Kran­ken­schwes­tern, Leh­rer und Poli­zis­ten nie­mals mehr Lohn bekom­men, son­dern immer nur die Arbeit­neh­mer der IG-Metall in den Berei­chen, wo die Pro­duk­ti­vi­tät kräf­tig steigt.““
    Allerdings möchte ich noch eine kritische Anmerkung machen.

    Ich weiß natürlich, das HF diesesn Satz in einem gesamtwirtschaftlichen Kontext geschrieben hat…. Aber natürlich hat sich die Produktivität einer Krankenschwester drastisch erhöht. Nicht das da ein falscher Eindruck entsteht. Das Pflegepersonal muss in immer weniger Zeit mit immer weniger Personal immer mehr Pflege leisten. Das nennt man zumindest hier micro-ökonomisch: „Produktivitätssteigerung“.
    Allerdings ist es ohnhin ein Witz, dass soziale Einrichtungen untereinander im Wettbewerb stehen. Hier dürfen wir nicht übersehen, dass gerade private Einrichtungen auf Gewinnerzielung aus sind.

    • adtstar  Februar 25, 2013

      Da würde ich widersprechen wollen. Eine Produktivitätsmessung ist auf die oben genannten Berufe schlicht nicht anwendbar, da hier nichts produziert, sondern eine Leistung der Daseinsvorsorge erbracht wird.

      • ludischbo  Februar 25, 2013

        Auch Dienstleistungen tauchen unterm Strich in gesamtwirtschaftlichen Berechnungen auf. Die Leistungen werden ja auch bezahlt (durch die Krankenkassenbeiträge zzgl Eigenanteile). Auch Sozialunternehmen müssen ja wirtschaften. Und diese Arbeitgeber machen auch das, was alle Arbeitgeber machen. Sie wollen den Faktor Arbeit so günstig wie möglich einkaufen.

        Im Prinzip sagt es Flassbeck ja auch:
        „Der Lohn spie­gelt in einer funk­tio­nie­ren­den Markt­wirt­schaft, wie Frie­de­rike Spiecker und ich in vie­len Bei­trä­gen gezeigt haben, gerade nicht die Pro­duk­ti­vi­tät des ein­zel­nen wider, son­dern die Pro­duk­ti­vi­tät, die die Gesell­schaft als Gan­zes jeweils erreicht..“