Eurobonds sind gerade “unpassend”

Geschrieben von: am 23. Nov 2011 um 8:11

Die Kanzlerin hat eine gerade wieder aufflammende Diskussion über Eurobonds als “unpassend” bezeichnet. Gemeinsame Anleihen würden keinen Anreiz mehr bieten, zu sparen und den Haushalt zu konsolidieren. Die Verschuldung würde also zunehmen. Dann hat sie auf dem Arbeitgebertag noch gesagt, dass die Frage einer “Haftungsgemeinschaft” erst am Ende der Krise beantwortet werden könne. Was heißt denn das?

Inzwischen sind die Kapitalmarktzinsen für südeuropäische Länder so hoch, dass diese sich aus eigener Kraft kaum noch refinanzieren können. Unterm Strich wird die Verschuldung dieser Länder weiter zunehmen, wenn sich nichts ändert. Nun gibt es ja diverse Sparprogramme und neue Regierungen, die bereit sind, eine rigorose Austeritätspolitik, in der Hoffnung, so das Vertrauen der Märkte zurückzugewinnen, auch gegen den Willen des eigenen Volkes umzusetzen.

D.h. beim neuen Papa in Griechenland und beim Monti in Italien handelt es sich strenggenommen um Vertreter der Banken und des Großkapitals, die sich als eigenständige Klasse über die Ländergrenzen hinweg bereits vereinigt haben.

Jedenfalls ist an Griechenland sichtbar geworden, dass Sparprogramme in einer Wirtschaftskrise der Volkswirtschaft als Ganzes noch mehr Schaden zufügen und den Schuldenberg nur noch weiter anwachsen lassen. Wenn Frau Doktor Merkel nun also von einer Haftungsgemeinschaft am Ende spricht, sagt sie doch nur, dass Eurobonds natürlich eingeführt werden. Es gibt sie ja als Teil des ESFS auch schon. Irgendwann wird sie ihre Meinung mal wieder grundsätzlich ändern. Allerdings erst dann, wenn die Staatsschulden in den betroffenen Ländern noch weiter gestiegen sind.

Die Krisenstrategie der Kanzlerin ist wirklich beeindruckend. Wer die Verabredungen im Euroraum nicht einhalte, müsse mit einem automatisiertem Durchgriffsrecht rechnen, sagt Merkel. Das gelte natürlich nicht für Deutschland, das mit seinen permanenten Bilanzüberschüssen auch ganz klar gegen die Verabredungen im Euroraum verstößt. Doch Bundesfinanzminister Schäuble habe eine Strafe gegen den “Exportsünder” Deutschland auf EU-Ebene verhindern können, hieß es zu Beginn der Woche.

Aus deutscher Sicht bleiben Überschüsse gut und Defizite schlecht. Dass ein Zusammenhang zwischen beiden besteht, wird der Öffentlichkeit weiterhin verschwiegen. Es wird nicht einmal ein Gedanke daran verschwendet, dass Deutschland Wettbewerbsanteile zwingend abgeben muss, damit Länder wie Griechenland, Italien und Spanien aufholen können. Vielmehr wird behauptet, dass Deutschland seine Marktanteile behalten und alle anderen welche hinzugewinnen könnten. 

Ich weiß, es ist gerade “unpassend”, weil Medien und Umfragen die Merkel-CDU im Aufwind sehen, aber diese Regierung ist so unfassbar schlecht, und sie wird es auch bleiben, wenn Merkel so weitermachen darf wie bisher. Es ist schon bezeichnend, dass Frau Bundeskanzlerin unmittelbar bevor sie im Parlament ihren Etat verteidigen muss, zu den Arbeitgebern rennt, um sich öffentlich warmzureden. 

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. elguerrillero69  November 23, 2011

    Merkel findet alles unpassen, worauf sie nicht explizit vorbereitet ist. Es reicht nicht Thatscher zu kopieren und die einserne Lady zu spielen, man muss sich gerade in der momentanen Wirtschaftssituation auch flexiebel zeigen wenn es notwendig wird….

  2. der-olli  November 23, 2011

    Vielleicht ist das gemurkel ja Absicht!

    “We can only achieve a political union if we have a crisis,” Mr. Schäuble said.

    http://www.nytimes.com/2011/11/19/world/europe/for-wolfgang-schauble-seeing-opportunity-in-europes-crisis.html?pagewanted=1&_r=3

  3. Arnold  November 23, 2011

    Ich stecke gerade tief im Geschehen um Stuttgart 21. Anhand dieser Ereignisse dämmert mir was abgeht wenn Politiker derartigen Unsinn verbreiten: Man hat herausgefunden, dass die Mehrzahl der Bürger absolut jeden Mist glauben und für Gut befinden, wenn er nur von Personen mit hohem Status oft genug wiederholt wird. Argumente, wie sie hier und auf den Nachdenkseiten und anderen guten Blogs verbreitet werden, sind für diese Leute zu kompliziert. Wenn ein Amtsträger seine Stimme erhebt, glaubt diese Klientel auch, dass die Erde eine Scheibe ist. Das ganze muss nur einfach genug sein.
    Um unsere Kanzlerin nun auf die für die Exportwirtschaft profitable Linie zu programmieren, braucht diese noch nicht mal Frau Merkel direkt anzugehen. Es ist viel effektiver und unauffälliger ihre Berater zu bezahlen. Derart indoktriniert ist sie dann von dem was sie sagt auch voll überzeugt.

    • adtstar  November 24, 2011

      Ich denke, dass die Deutschen an der Sache kaum interessiert sind. Volker Pispers hat das mal schön formuliert. Es ist egal, worum es geht, Hauptsache die Politiker sind sich einig. Der Deutsche liebt die Einigkeit und keinen Streit. Das ist das wahre Drama.

  4. Blog - start-trading.de  November 25, 2011

    Trackback from:
    http://www.start-trading.de/blog/2011/11/24/eurobonds-wie-die-medien-berichten/ Eurobonds: Wie die Medien berichten
    Im Hintergrund wird heftig verhandelt, ob Eurobonds nun eingeführt werden sollen oder nicht. Das Ziel ist es, den Euro zu stärken. Es sieht so aus, als wollen die meisten Staaten die Eurobonds Lösung haben, bis auf Deutschland, denn die Deutschen st…