Weniger drin für’s gleiche Geld? Bisher nur ein Gerücht, doch nun gibt es Gewissheit. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat eine Liste mit Produkten veröffentlicht, aus der hervorgeht, wie die Hersteller nach der neuen EU-Verordnung zur Freigabe von Verpackungsgrößen und Inhalten ihre Kunden gezielt in die Irre führen und zum Teil satte Preisaufschläge verstecken.
Die Liste gibt es hier:
http://www.vzhh.de/~upload/vz/VZTexte/TexteErnaehrung/ListeverstecktePreiserhoehungen.pdf
Und einen ausführlichen Bericht finden sie hier:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31485/1.html
Die EU-Vorgabe kann man auch als Deregulierungsmaßnahme begreifen. Ich habe noch im Ohr, wie das verteidigt wurde. Es gäbe halt immer mehr Singles, die kleinere Packungsgrößen wünschen. Oder es müsse auch möglich sein, verderbliche Ware in kleineren Packungen anbieten zu können, weil in größeren Mengen die Ware schneller verdirbt, ehe man sie verbrauchen kann. Bla, bla, bla. Es ist immer dieselbe Leier. Man tut so, als sorgten die Kräfte des Marktes für Ausgleich und Selbstregulation. Genau dieses Denken hat auch in die aktuelle Weltwirtschaftskrise geführt.
Es ist eben nicht so, dass die Hersteller vor allem die Bedürfnisse der Verbraucher im Blick hätten, sondern auf breiter Fläche Kasse machen wollen, wenn man sie auch lässt. Wem muss man diesen Zusammenhang mitten in der Krise eigentlich noch erklären? Wenn ich lese, dass Iglo den Fischanteil bei seinem Schlemmer-Filet à la Bordelaise reduziert und dennoch die gleiche Produktmenge zum gleichen Preis anbietet, frage ich mich, was die da für einen billigeren Dreck dazu packen. Die Erklärung ist ja wohl ein Witz.
Zwar sei Rohstoff Fisch, so die Firma, teurer geworden, doch hätten „repräsentative Tests“ ergeben, dass die Verbraucher das Produkt mit weniger Fett, weniger Salz und „knuspriger“ bevorzugen würden.
Lesen sie sich bitte auch die anderen Erklärungen und Begründungen der Hersteller genau durch und dann fragen sie sich doch einmal selbst, welchen Sinn staatliche Verpackungsverordnungen haben könnten. Zugegeben, über einzelne Regelungen kann man immer streiten. Doch war nun eine fast völlige Liberalisierung notwendig?
NOV
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.