Ein Engel namens Martin Schulz

Geschrieben von: am 08. Jul. 2015 um 12:05

Manchmal hilft ein Blick zurück. Als die SPD in den Europawahlkampf zog – 2014 war das – stellte sie ihre Kampagne unter das Motto “Frieden in Europa – Friedenspartei SPD”. Ihr Spitzenkandidat, Martin Schulz, lächelte wie ein Engel von den Plakaten herab. Neben seinem Konterfei standen Leitsprüche, die mit der Botschaft “Europa neu denken” verknüpft waren. Hier eine Auswahl mit aktueller Kommentierung:

Die Arbeitslosigkeit in Griechenland liegt über jedem erträglichen Maß bei rund 26 Prozent. Die Jugendarbeitslosigkeit ist noch höher und liegt bei rund 50 Prozent. In Spanien, einem als Musterland bezeichneten Mitglied der Eurozone, liegt die Arbeitslosigkeit bei rund 23 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit bei über 50 Prozent. Politiker, die daran etwas ändern wollen, nannte Schulz kürzlich “Spaßhansel”.

Nach der Ankündigung eines Referendums in Griechenland forderte Martin Schulz ganz unverhohlen einen Regimewechsel in Athen für den Fall, dass das Volk mehrheitlich mit Ja abstimmt. Nach seinen Vorstellungen hätte dann eine technokratische Übergangsregierung mit den Gläubigern, die sich keiner Wahl zu stellen haben, weiterverhandeln dürfen. Gleichzeitig warnte Schulz vor einem “Nein” und griff damit in die innere Angelegenheiten eines europäischen Landes ein.

Nach der Ankündigung des Referendums in Griechenland schlossen die EU Finanzminister ihren Kollegen Yanis Varoufakis von den weiteren Beratungen aus. Martin Schulz bezeichnete den griechischen Ministerpräsidenten Tsipras daraufhin als einen Politiker mit demagogischen Zügen, der unberechenbar sei und die Menschen in Griechenland manipuliere. In seinem eigenen Haus kochen inzwischen die Emotionen hoch.

Martin Schulz prägte in einem Gastbeitrag für die Rheinische Post den Begriff des “humanitären Geldes”, um offenbar zu signalisieren, das es ihm um die Menschen und nicht um die Regierung gehe. Schulz beweist damit nicht nur seine fortwährende Ignoranz – denn den Menschen ging es schon vor der Regierungsübernahme durch Syriza schlecht – er beweist damit auch, dass Europa für ihn nur über bestimmte Formen des Geldes zu denken ist.

Vermutlich würde die CDU heute mit einem Lächeln antworten: “Liebe SPD, ihr macht das doch richtig gut für uns.”


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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Alexandra Bader  Juli 8, 2015

    Lieber Herr Tautenhahn, das bringt es auf den Punkt! Ich hab leider die Wahlkampfbroschüre (voluminös, voll Selbstbeweihräucherung) schon entsorgt, die hätte man auch immer wieder zitieren können. Schulz war im Wahlkampf ein paar Mal auch in Österreich, da trat er mit Bundeskanzler Faymann gegen dass TTIP auf; kaum ist er wieder in Berlin gelandet, war er dafür – also was denn nun?

    Ich hab‘ ihn auch mal auf die Einflussnahme der USA auf die Sozialdemokratie angesprochen; damit meinte ich erstmal die österreichische; doch das hat genügt, ihn zu vertreiben. Ich habe dazu angesetzt, ihm zu erzählen, wie der frühere Verteidigungsminister (damals Bundesgeschäftsführer der SPÖ, ab morgen Landesrat im Burgenland) unter Druck gesetzt wird, weil er kein US-Vasall sein will. „Das ist alles nicht wahr!“, rief Schulz und drehte sich um und ging weg, daraufhin schrieb ich ihm einen offenen Brief. Denn man hat sehr wohl gemerkt, was los ist, weil ja eine Befehls- und Weisungskette existiert und man erkennen kann, ob diese unterlaufen wird.

    (Leider wurde meine Seite gehackt und wird überarbeitet; daher ist auf der Seite vorübergehend ein Blog und die alten Inhalte, u.a. Schulz und das TTIP, der offene Brief und vieles andere sind im Moment nicht abrufbar). Aber das hat eben auch mit brisanten Texten zu tun….

  2. Blinkfeuer  Juli 9, 2015

    Neulich riet Martin Schulz ja noch dem Nicht- EU-Mitglied Serbien, dass sich ihr Präsident gefälligst nicht mit Putin zu treffen habe. Ob er, falls doch, „Jugoslawien“ erneut überfallen wollte, blieb offen.

  3. VolkerxSt  Juli 9, 2015

    Wenn man jeweils die letzten Worte der Sätze austauscht, dann passt das doch ;-) z.b.
    Ein Europa des Geldes. Nicht der Menschen.
    Oder
    Ein Europa der Bevormundung. Nicht des Miteinanders.

    SO kann ich das auch in Übereinstimmung mit dem Handeln der GroKo bringen.

  4. maguscarolus  Juli 12, 2015

    So richtig aufregen kann man sich darüber nur dann, wenn man heute von einem Spezialdemokraten etwas Anderes erwartet als einen Kniefall vor Geld und Macht.

  5. Careca  Juli 14, 2015

    Nachdem blog.de seinen ABgang ins Nirvana des WWW’s verkündet hat, wohin wirst du deinen Blog verlagern?

    • adtstar  Juli 15, 2015

      Ich habe ehrlich gesagt, noch gar keine Info erhalten. Aber sei es drum. Da werde ich mich jetzt mit einem Umzug beschäftigen müssen. Eine XML Datei gibt es ja schon mal. Ob ich damit woanders was anfangen kann, bleibt abzuwarten. Völlig stumm bleibe ich ja nicht. Ich bin weiterhin auf den NachDenkSeiten, Twitter, Facebook und Google+ zu finden…

    • adtstar  Juli 15, 2015

      Ach ja, storify eignet sich aus meiner Sicht auch ganz gut. Das wäre vielleicht was für den Übergang.

      https://storify.com/adtstar/