Kennen sie die Präimplantationsdiagnostik? Bei diesem Verfahren werden im Reagenzglas erzeugte Embryonen auf Erbkrankheiten untersucht. Die christliche Kanzlerin und weite Teile der Union lehnen diese Gentests ab. Als Begründung nannte Frau Päpstin in ihrer Predigt:
Ich bin für ein Verbot der PID, weil ich einfach Sorge habe, dass wir die Grenzen nicht richtig definieren.
Stimmt, schließlich sind Embryonen noch keine richtigen Menschen, denen Frau von der Leyen anhand von Verbrauchsstatistiken ihr Existenzminimum genau vorrechnen kann. Mir scheint, dass bei Embryonen das „Zuwenig“ an Christentum wieder aufgeholt werden müsse.
Für die rechtslastige Frau Familienministerin Schröder gilt das natürlich nicht. Genetische Auslese hat für sie neben ihrer Theorie über die Deutschenfeindlichkeit und ihrer Jugendliebe zu Helmut Kohl einen sehr hohen Stellenwert. Frau Schröder hält eine Zulassung des Verfahrens für das, Zitat: kleinere Übel.
Diese Aussage ist schon ein bissel komisch. Ich denke da nämlich spontan an Philipp Mißfelder, der als geistige Totgeburt den Posten eines Bundesvorsitzenden der Jungen Union bekleiden darf. Da wäre es in der Tat das kleinere Übel gewesen, wenn man den früher im Reagenzglas erkannt hätte. (VORSICHT MIßFELDER: SATIRE!!!)
Der Mißfelder will ja nicht nur älteren Menschen künstliche Hüftgelenke streitig machen, sondern auch Kindern das Feiern von Halloween verbieten.
Wir sind in der Pflicht, christliche Traditionen gegen den Zeitgeist zu verteidigen, mag er noch so locker daherkommen.“
Wollen wir unsere Kinder lieber mit Monstermasken zum Bonbonbetteln auf die Straße schicken, anstatt ihnen das religiöse Fundament unserer Gesellschaft näherzubringen?, fragte Mißfelder. Ich sage: Nein.
Also lieber Kinder in Monstermasken, die um Bonbons betteln, als Töchter und Söhne im Kampfanzug, die auf den Straßen Afghanistans um ihr Leben bangen.
Mitten in der Finanz- und Wirtschaftskrise entwickelt sich Mißfelders wirrer Zeitgeist zu einer Leitvorstellung, die die Vorsitzende Merkel auf dem Parteitag in Karlsruhe verinnerlichte, als sie davon sprach, dass ihre Politik und ihre Partei vom Glauben getragen werde, der Kraft gäbe, während alle anderen ja nur dagegen seien.
Was für eine Haltung? Der religiöse Wahn als Heilmittel für das Versagen in der weltlichen Realität. Über kleinere Übel möchte man da gar nicht mehr nachdenken. Zum Glück wurde heute bekannt, dass im nächsten Jahr Prinz William heiraten wird. Die ZDF-Royal-Sondersendungen werden sicherlich schon geplant. Da wird die Berichterstattung über das knallharte Sparpaket bei den Briten etwas zurücktreten müssen. Man hatte ja schon gedacht, dass die Studenten in Großbritannien ernst machen und die Regierungspartei aus dem Land prügeln würden.
In Deutschland stürmt leider keiner den Parteitag der CDU in Karlsruhe. Der Deutsche kämpft halt nicht gern gegen den politischen Klerus, der sich regelmäßig im Parteitagskloster geschlossen hinter der Äbtissin Merkel versammelt. Die will nun mit der Sarrazin-Bibel unterm Arm auf die Reise gehen, um sich die Stimmen der geistigen Mißfeldergeburten in dieser Republik zu sichern?
NOV
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.