FDP-Hofberichterstattung

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Manchmal sind die Widersprüche so offensichtlich und keinem Journalisten fällt es auf. Die FDP poltert in Hannover und fordert massive Steuersenkungen. Grund: „Das wäre das beste Konjunkturprogramm“

Am gestrigen Freitag gab es ein Interview mit FDP-Landeschef Philipp Rösler in der Neuen Presse Hannover. Darin sagt er wörtlich:

„Wir dagegen sagen den Menschen ehrlich: Ihr braucht den Steuervorteil, weil wir die Sozialsysteme reformieren müssen. Wir müssen weg vom Umlageverfahren und brauchen mehr Kapitaldeckung. Das bedeutet, dass man den Menschen mehr Geld geben muss, damit sie selber vorsorgen können.“

Den beiden fragenden Journalisten Heiko Randermann und Anja Schmiedeke ist die Brisanz dieser Aussage überhaupt nicht aufgefallen. Im Gegenteil Frau Schmiedeke schrieb dann in ihrem Kommentar über den FDP-Parteitag folgendes:

„…,im Entwurf zum Wahlprogramm ist wenig Provozierendes. Die Unaufgeregtheit ist auch ein Indiz für das frische liberale Selbstbewusstsein.

Wenig Provozierendes? So so. Die mal eben geäußerte Forderung nach der Abschaffung des Umlageverfahrens ist nicht weiter der Rede wert. Kapitaldeckung ist angesagt, auch in Zeiten der Finanzkrise, die gerade belegt, dass das Umlageverfahren sehr viel effizienter und auch renditeträchtiger ist, als die Kapitaldeckung. Das können sie sogar beim Versicherungsvertreter mit Professorentitel Bernd Raffelhüschen nachlesen. Der hat im Manager Magazin gesagt, dass die kapitalgedeckte Altersvorsorge eine durchschnittliche Rendite von 2-3 Prozent einbrächte. O-Ton Raffelhüschen:

„Mit diesen Größen sollten wir uns vertraut machen. Es gibt keinen langfristigen realen Zinssatz, der bei 5 Prozent oder höher liegt. Das ist und war schon immer eine Mär.“

Im Gegensatz dazu meldet die Deutsche Rentenversicherung:

„Ledige Männer, die 2020 in Rente gehen, können eine Rendite von etwa 2,8 Prozent erwarten, Frauen und verheiratete Männer 3,3 Prozent. Selbst Versicherte, die heute noch keine 40 Jahre alt sind, machen ein rentables Geschäft: Auch ihre Rentenrendite bleibt in dieser Größenordnung.“

Und nun nehmen sie mal die deutliche Aussage von Rösler, den Leuten durch Steuererleichterungen mehr Geld zu geben, dass sie dann in die teure private Altersvorsorge, aber auch in die private Krankenversicherung und natürlich auch in eine private Arbeitslosenversicherung stecken können, wenn sie sich denn, ganz freiheitlich gesprochen, dagegen auch absichern möchten – von können ist ja gar keine Rede. Und die Parteispitze sagt dann noch dazu, dass die Steuersenkungen die Konjunktur ankurbeln. Ja wie jetzt? Wenn noch Geld übrig bleibt? Oder meint die FDP eine Sonderkonjunktur für die private Versicherungswirtschaft?

Die Neue Presse Hannover reiht sich nahtlos in die Liste der FDP-Propaganda-Medien ein. Heute siniert der Ochs, Udo Harms, im Leitkommentar auf Seite 1 schon darüber, wie eine Regierung mit der FDP nun konkret aussehen könnte. In seinem letzten Satz schreibt er hoffend:

„Es trifft sich gut für die FDP, dass sich auch die Grünen bei ihrem Parteitag vor einer Woche die Ampel-Option offen gehalten haben.“

Und auch Frau Schmiedeke darf noch einmal ran. Auf Seite 2 kommentiert sie die hohe Kostenbelastung im Gesundheitssystem. Ganz auf Linie der FDP schreibt sie folgende unmöglichen Sätze:

„Denn egal, was wir uns wünschen würden – dass das Geld nicht reicht, um jede Medizin für alle zu bezahlen, ist offenkundig. Also müssen Entscheidungen gefällt werden – nicht nur von Ärzten, sondern von allen Mitspielern in dieser gesetzlichen Krankenversicherung wie Krankenkassen, Politik und Patientenverbände. Ziel muss eine ernsthafte Debatte darüber sein, welche Basisversorgung die Solidargemeinschaft ihren Mitgliedern zugestehen will – unabhängig vom Alter und individuellen Gesundheitsrisiken.“

Den Gründen für das Dilemma wird schon gar nicht mehr nachgegangen. Es wird einfach nur dumm behauptet, was die FDP schon immer predigt. Das Geld reiche nicht, das sei klar. So klar ist das aber gar nicht. Vor allem dann nicht, wenn man sich die ökonomischen Zusammenhänge einmal krisenbewusst vor Augen führt. Doch dazu reicht die journalistische Kraft nicht mehr. Die Basisvorsorge wird dann so bereits als Zukunftsmodell ausgerufen mit dem Zusatz, für den Rest solle man sich dann gefälligst eine private Lösung überlegen.

Im Nachbarkommentar von Christoph Slangen von der Berliner PR-Agentur Slangen+Herholz über die Möglichkeiten des Staates, in der Krise aktiv zu werden, lese ich dann auch die logische Konsequenz, die das Bild dieser abartigen PR-Kampagne nach dem Gusto der FDP und ihrer vermögenden Anhänger abrundet, die es sich eben leisten können, die öffentliche Meinung zu kaufen.

„Bis Ende des Jahres, womöglich bis Mitte des nächsten dürfte es dauern, bis es wieder stabiles Wachstum gibt. Die Arbeitslosenzahlen dürften bis dahin weiter steigen. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit, bei dem die Möglichkeiten der Regierung begrenzt sind.“

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Nachtrag zur Steuerschätzung

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Das Interview mit Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank in der heutigen Ausgabe der Neuen Presse Hannover spricht Bände. Offenbar ist der Redaktion sehr daran gelegen, das Bild zu transportieren, dass der Staat wieder sparen müsse. Das Agentur-Bild vom „Deutschen Michel“, der einen Schuldensack trägt, findet sich nicht nur in der NP, sondern mal wieder deutschlandweit. Albrecht Müller berichtet auf den NachDenkSeiten von seiner Tageszeitung Rheinpfalz, in der dieselbe Aktion mit entsprechendem Begleittext zu sehen ist.

In der Neuen Presse findet sich unter der Überschrift „Krisenmonopoly: „Zurück auf Los““ noch ein weiterer Bericht über die konkreten Auswirkungen auf Niedersachsen. Ministerpräsident Wulff will zwar in der Krise nicht sparen, aber das Projekt beitragsfreie Kita wird es wohl nicht geben. Okay, wieder Abstriche bei der Bildung, in die man in Sonntagsreden doch immer so unglaublich viel investieren will, weil davon doch unsere Zukunft abhinge. Aber die Krise und die nun geschätzten Steuerausfälle haben halt alle total überrascht. Damit konnte ja nun keiner rechnen. Alles aus heiterem Himmel. Und die vielen Schulden, die nun auf uns zukommen. Schrecklich. Sparvorschläge müssen her.

Und die Neue Presse liefert natürlich welche. Wen fragt man da immer. Natürlich den Bernhard Zentgraf vom Steuerzahlerbund Niedersachsen. Der schnackt immer ganz ordentlich. Mit dem durfte ich auch schon quatschen. Die Regierung müsse die Zügel wieder stärker anziehen, sagt er und zwar bei den Personalkosten – wo auch sonst. Die Wiederbesetzungssperre im öffentlichen Dienst soll noch schärfer ausfallen. Da fragt man sich verdutzt, was an einer nicht wieder besetzten Stelle noch schärfer geregelt werden kann, aber Herr Zentgraf ist natürlich ein Fuchs und schiebt gleich hinterher, dass auch die Arbeitszeiten der Verbliebenen und noch nicht im Dienst Verblichenen weiter verlängert werden müssen. Alles klar. Ausquetschen bis nix mehr geht, lautet das Motto.

Aus der heutigen Zeitungslektüre wird ganz deutlich, bei wem in Zukunft gespart werden muss. Herr Walter von der Deutschen Bank hat es ja gesagt. Transferleistungen einstampfen und Ausgaben runterfahren. Wer regt sich eigentlich angesichts dieser hinterhältigen NP-Kampagne, die nur darauf abzielt, mal wieder das Lied von den Ausgabenkürzungen zu trällern, darüber auf, dass Thilo Sarrazin (SPD) als frisch gebackener Bundesbankvorstand gegen Hartz IV Empfänger hetzt und medienwirksam z.B. fordert, die gesetzliche Rente auf ein Grundniveau abzusenken. Eigentlich müsste die Redaktion der Neuen Presse Hannover diesem Vogel eine Altar-Seite einrichten.

Dann wäre zum Abschluss noch ein Wort an den neuen Bürgerkönig zu verlieren, der heute in Hannover mit sozialistischem Wahlergebnis und ohne Gegenkandidaten gewählt worden ist. Dieses aristokratische Gehabe scheint mir auch eine Mediennummer zu sein (Die Zeit schreibt von der „Krönungsmesse„). Die Neue Presse musste heute unbedingt melden, dass Guido Westerwelle im Maritim die Präsidentensuite bezog, während die Altvorderen Graf Lambsdorff und Genscher sich mit Seniorsuiten begnügen mussten.

Neben der Neuen Presse Hannover und anderer Medien haben sich in Hannover so viele Wirtschaftsvertreter und Lobbyisten wie noch nie versammelt, um der FDP und ihrem König den Hof zu machen. Denn Westerwelle verspricht als einziger Steuersenkungen und reklamiert für seine Partei das „Copyright“ auf die Zuschreibung „Steuersenkungspartei“. Ist es da ein Wunder, dass dieser blaugelbe Kasperverein in den Umfragen ganz oben steht? Oder wie Wolfgang Lieb es treffend schreibt…

„…könnte es nicht einfach so sein, dass die oberen 10 Prozent und dazu noch die Yuppies, die meinen, dass sie auch dazu gehören, sich in der Krise deswegen besonders hartnäckig an die FDP klammern, weil diese Partei als Mitglied einer Regierungskoalition ein Garant für ihre Pfründe ist?“

Und was haben die oberen 10 Prozent im Überfluss?

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Maschmeyer feiert wieder

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Und zwar seinen 50.Geburtstag. In sein großzügiges Anwesen im Osten Hannovers waren nach Informationen der Neuen Presse gestern 50 Paare eingeladen. Darunter Ex-Kanzler Gerhard Schröder mit seiner Frau Doris Schröder-Köpf sowie Ministerpräsident Christian Wulff und seine „Bettina“, wie die NP ganz kuschelig schreibt. Man darf doch wohl ruhig zweite Ehefrau sagen oder nicht? Am Freitag war auf der Klatsch-Seite ein riesen Beitrag mit tollen Fotostudien von Maschmeyer ganz klein über Maschmeyer im Jahr 1992 als der AWD noch in den „Kinderschuhen“ steckte – man könnte auch sagen, als man noch mit Methoden einer Drückerkolonne unterwegs war – bis hin zu Maschmeyer mit Ferres ohne Schnauzbart. Darunter dann noch Freund Schröder mit seiner „Doris“.

Dank der großen AWD-Anzeigen-Kampagne: „Der nächste Kanzler muss ein Niedersachse sein“ 1998, tat Maschmeyer Herrn Schröder einen großen Gefallen. Er leistete damit einen Beitrag zum Wahlerfolg der SPD. Dafür bedankte sich Schröder artig, in dem er Reformen zum Nutzen der Versicherungswirtschaft und insbesondere des AWD durchsetzte. Sie kennen ja die Erfolgsgeschichte der Riesterrente. Eine Ölquelle nannte Maschmeyer dieses Geschenk ganz offen in seinen Rechenschaftsberichten als Chef des AWD. Für die Versicherten und Steuerzahler sieht die Sache hingegen anders aus. Sie bekommen nicht die versprochenen Renditen, dürfen aber mit ihren Steuergeldern (vor allem Mehrwertsteuer) den ganzen Spaß finanzieren. Über zehn Milliarden fließen aus dem Bundeshalt in die Riesterförderung. Das ist ihr Geld.

Und nun gehört ein Teil davon Carsten Maschmeyer, der sich zu jedem Anlass eine tolle Party gönnt. Erinnern sie sich bitte an die AWD-Geburtstagsparty in Hannover im letzten Jahr, bei der der AWD-Gründer ein paar Millionen springen ließ, um tolle Showacts seinen Gästen zu präsentieren. Auch damals waren die oben genannten Weggefährten dabei. Außerdem Bert Rürup, der mittlerweile auch offiziell für den AWD arbeitet, Walter Riester, Béla Anda usw. Übrigens war die Ferres damals auch schon mit von der Partie. Sie wurde neben Wulffs „Bettina“ abgelichtet. Da lief wohl bereits was zwischen Maschmeyer und der Schauspielerin. Oh man, jetzt mach ich auch noch die Klatscharbeit für die NP.

Na ja, jedenfalls geht’s dem Maschi gut. Er bekommt jetzt sogar einen Ehrendoktor von der Uni Hildesheim, will die NP erfahren haben. Das ist natürlich die große Aufmachung wert. Andere Themen müssen da zurücktreten. Wie zum Beispiel der Bericht über die Entwicklung des Arbeitslosengeld II in der Region Hannover, der gleich unter dem Glamour-Artikel platziert wurde. Demnach lebt mittlerweile jeder Zehnte in der Region Hannover von Hartz IV – also 114.631 Menschen. Da gibt’s dann nicht so viel zu Feiern.

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Nochmal zum Thema Rente

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Vorhin habe ich von den Dreckskerlen Börsch-Supan und Raffelhüschen geschrieben. Die kriechen ja auch deshalb aus ihren Löchern, weil die aktuelle Kampfdebatte um die gesetzliche Rente dazu taugt, die private Altersvorsorge werbend ins Licht zu rücken. Die ist ja im Zuge der Finanzkrise ein bissel unter die Räder gekommen.

Wie toll die Riesterrente nun wirklich ist, geht aus einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke im Deutschen Bundestag hervor, die sich auf erschreckende Untersuchungsergebnisse des Wirtschaftswissenschaftlers Prof. Dr. Klaus Jaeger von der Freien Universität Berlin bezieht und die Bundesregierung vor diesem Hintergrund nun fragt, wie diese Fehlentwicklung bewertet wird. Ich zitiere mal die entsprechenden Passagen:

Riester-Förderung – Subventionierung der Versicherungswirtschaft
ohne praktische rentenerhöhende Wirkung für die Riester-Sparenden

Nur ein vergleichsweise geringer Teil der staatlichen Förderungen zur Riester-Rente kommt tatsächlich den einzelnen Riester-Sparenden zugute. Zu diesem Ergebnis kommt der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Klaus Jaeger von der Freien Universität Berlin.

Weil die Lebenserwartung der Gesamtbevölkerung nach den Berechnungen des Statistischen Bundesamtes sehr viel niedriger ist als die von der Versicherung an Hand eigener Sterbetafeln kalkulierte durchschnittliche Lebenserwartung, profitieren mehrheitlich die Riester-Sparenden nicht von der Riesterförderung.

Prof. Dr. Jaeger berechnet, dass Riester-Sparende im Durchschnitt 90 Jahre alt werden müssten, soll sich das Riestern für sie lohnen. Denn erst ab Erreichen dieser Altersgrenze erhielten sie ihre selbst eingezahlten Beiträge in Form von Netto-Renten zurück. Erst ab dann profitieren die Sparenden tatsächlich von den staatlichen Zuschüsse in Form ausgezahlter Netto-Renten.

Laut den Berechnungen von Prof. Dr. Jaeger profitieren Riester-Sparende im unteren Einkommenssegment (20 000 bis 30 000 Euro Brutto-Jahreseinkommen) und Kinderlose wenig bis gar nicht von den staatlichen Zuschüssen.

Prof. Dr. Jaeger hat ebenfalls die Struktur der Risikogewinne untersucht. Er kommt zu dem Ergebnis, dass pro Vertrag durchschnittlich 29 Prozent der bis zum Rentenbeginn gezahlten Zuschüsse als Risikogewinne beim Versicherungsunternehmen anfallen – wiederum vorausgesetzt, der/die Versicherte stirbt mit 91 Jahren. Hochgerechnet auf alle zum Untersuchungszeitraum abgeschlossenen ca. 11 Millionen Riester-Verträge ergäbe dies ein Volumen von ca. 50 Mrd. Euro an Gewinnen für die Versicherungsunternehmen. Sterben die Versicherten hingegen vor dem 90. Lebensjahr, was gerade bei Menschen mit geringem Einkommen häufig der Fall ist, erhöhen sich die Gewinne der Versicherungsunternehmen entsprechend.

Prof. Dr. Jaeger ist deshalb der Ansicht, dass die staatlichen Zuschüsse nichts weiter als eine Subventionierung der Versicherungswirtschaft sind, die aber praktisch keinerlei rentenerhöhende Wirkung haben.

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Mal kurz zur neuerlichen Rentenverdummung

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Seit ca. einer Woche läuft wieder eine Kampagne gegen die gesetzliche Rente. Ich muss jetzt sicherlich nicht erklären, worum es geht. Sie werden tagtäglich damit bombardiert. Nur soviel, man wünscht sich ein Auflammen des nutzlosen Ablenkungs-Konflikts JUNG GEGEN ALT. Gerade jetzt wo das Versagen der Bundesregierung in Sachen Krisenbekämpfung immer deutlicher wird. Und da man vermeiden will, dass es vielleicht doch noch zu sozialen Unruhen kommt, greift man zur bewährten Strategie. Das Volk soll sich selbst bekämpfen, heißt die Devise. Dazu kommen die Dreckskerle der Versicherungswirtschaft wie Professor Börsch-Supan oder Bernd Raffelhüschen aus ihren Löchern gekrochen und beschwören die schreiende Ungerechtigkeit zwischen Leistungsempfängern einerseits und Beitragszahlern andererseits.

In der Neuen Presse Hannover meldet sich wie immer an forderster Front, Christoph Slangen zu Wort und verkündet seine eingekaufte Meinung. Die Garantie für die Rentner muss finanzierbar sein, prangt heute mahnend über seinem Text. Und dann kommt wieder einer dieser unscheinbaren Sätze, die so glaubwürdig klingen und den Leser auf Linie halten sollen…

„Die Rentenformel, an der ständig herumgedoktert wird, sollte die demografischen Lasten zwischen Rentnern und Beschäftigten möglichst gerecht aufteilen.“

Welche demografischen Lasten? Das Schreckgespenst der Demografie. Ein unkaputtbares Dogma geistert als Hirngespinst durch die PR-vernebelte Journalistenwelt. Ein Armutszeugnis ist das. Dabei genügt doch ein Blick auf die Seite der Deutschen Rentenversicherung, um diesen Quatsch zu entzaubern. Immerhin bringt es die aufgescheuchte Medienmeute zu Stande und spricht in Wahlkampfzeiten von 20 Millionen Rentnern, die gleichwohl 20 Millionen Wähler seien. Wovon die Schreiberlinge aber nicht sprechen, sind die rund 52 Millionen Rentenversicherten – ohne Rentenbezug.

Wo bitteschön ist das demografische Problem? 52 Millionen Erwerbsfähige stehen 20 Millionen Rentnern gegenüber. Von den 52 Millionen Erwerbsfähigen sind aber nur rund 28 Millionen auch tatsächlich sozialversicherungspflichtig beschäftigt, zahlen also auch Beiträge an die Rentenkasse. Oder genauer: Nach den Arbeitsmarktdaten der Agentur für Arbeit gibt es rund 40 Millionen Erwerbstätige, aber eben nur jene rund 28 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Fällt da keinem etwas auf?

Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und Arbeitslose
Quelle: destatis

Nun stellt sich doch nicht die Frage, von gerechter Lastenverteilung zwischen Rentnern und Beitragszahlern, sondern wie man es schafft, die Beschäftigungssituation so zu verbessern, dass genügend Beiträge eingenommen werden können. An dieser Stelle sehen sie, wie dumm diese Debatte geführt wird. Anstatt etwas gegen den zu erwartenden Fall der Lohnsumme zu tun, indem man beschäftigungspolitisch endlich aktiv wird und mit einem Konjunkturprogramm der Wirtschaftskrise entgegenwirkt, empört man sich in einer dämlichen Weise darüber, dass Rentner den Arbeitenden angeblich besser gestellt würden. Nur weil man ihnen nicht die Bezüge kürzt.

Dabei ist das Kürzen von Renten sowie das Kürzen von Löhnen im großen Stil der eigentliche gesellschaftspolitische Skandal. Wie kann man auf diesen absehbaren Verfall der deutschen Wirtschaftsleistung nur mit plumper Gleichmacherei antworten? Warum nimmt man nicht die düstere Aussicht am Arbeitsmarkt und ihre zerstörerische Wirkung auf die sozialen Sicherungssysteme zum Anlass, um von der Regierung ein entschiedeneres Gegensteuern zu verlangen? Man begreift es einfach nicht.

Warum packt man sich nicht endlich die Milliardäre, die auf ihrem noch immer wachsenden Vermögen hocken und fordert von denen einen „fairen“ Beitrag? Die 300 reichsten Deutschen verfügen laut Manager Magazin über ein geschätztes Vermögen von 470 Milliarden Euro. Wieso packt man diese Leute nicht an ihrem patriotischen Kragen? Nur zur Klarstellung. Hier spricht nicht der Neid, sondern die Wut über die Tatsache, dass der Staat diese kleine Bevölkerungsgruppe auch in der Krise, die sie selbst als Shareholder und Anleger herbeigeführt haben, begünstigt, während man gelassen dabei zusieht, wie unten aufeinander geschossen wird.

Hier mal einige Namen von Leuten, die gern etwas abgeben dürfen, zusammengestellt von Egon W. Kreutzer

Vorneweg rangieren in Deutschland die Albrecht Brüder Karl und Theodor. Die Herren von Aldi Süd und Aldi Nord, kommen gemeinsam auf ein Vermögen von annähernd 35 Milliarden Euro.

Weitere deutsche Milliardäre heißen Porsche, Schwarz, Otto, Reimann, Klatten, Würth, Oetker, Hopp, Plattner, Herz, Wobben, Tschira, Schaeffler, Braun, Knauf, Beisheim, Liebherr, Quandt, Finck, Flick, Herz, Haub, Jacobs, Wacker, Oppenheim, Ullmann, Mohn, Kühne, Rethmann, Voith, Bosch, Schmidt-Ruthenbeck, Springer, Kipp, Baus, Schleicher, Broermann, Weisser, Jahr, Bauer, Strüngmann, Engelhorn, Burda, Wirtz, Riegel, Thiele, Happel, Diehl, Benteler, Schörghuber, Pohl, Claas, Leibinger, Stihl, Schwarz-Schütte, Viessmann, Haindl, Holtzbrinck, Bechtolsheim, Bruch, Mann, Engelhorn, Finck jr., Hector, Kärcher, Deichmann, Schlecker, Blickle, Fielmann, Helmig, Loh, Dachser, Wild, Oberwelland, Dohle, Ströher, Großmann, Schickedanz, Weiss, Schaub, Müller, Simon, Schnabel, Unger, Scheid, Scheufele, Hagenmeyer, Wagner, Fuchs, Pohl , Hellmann, Gauselmann, Behr, Roßmann, Holy, Müller, Boquoi, Kohm, Claussen, Roth, Buchmann, Dräxlmaier, Möhrle

und denen folgen dann noch rund 200 Namen mit Vermögen von 350 bis 950 Millionen Euro.

Lesen sie in Kreutzers aktuellem Paukenschlag, welche Vergünstigungen dieser kleinen Gruppe noch immer zu Teil werden. Die bei ihnen vielleicht entstandene Wut auf Rentner wird sich schnell legen. Glauben sie mir.

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Seltsames bei Anne Will

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Gestern habe ich mir den letzten Teil der Sendung Anne Will angeschaut. Eine seltsame Vorführung. Angefangen beim Titel. „Vorwärts in den Sozialismus – Müssen die Reichen jetzt zahlen?“, hieß es da. Offensichtlich nahm man den Auftritt des SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier im Berliner Tempodrom zum Anlass, Ängste zu schüren und die Diskussion abermals auf die Ebene einer Neiddebatte zu verflachen. Die Runde war dann auch dementsprechend ausstaffiert. Volker Kauder von der CDU, Philipp Rösler von der FDP, dazu der Unternehmer Thomas Selter, der Journalist und Autor Harald Schumann sowie Klaus Wowereit von der SPD.

Jeder durfte seinen Müll erzählen (mit Ausnahme von Harald Schumann). Volker Kauder erzählte zum Beispiel davon, dass man den Staat nun wirklich nicht für die Finanzkrise verantwortlich machen könne. Er habe Jahr für Jahr gespart und den Haushalt konsolidiert. Die Finanzkrise sei von den USA ausgegangen und habe uns völlig überraschend getroffen. Er habe sich nichts vorzuwerfen. Komisch dabei war nur, dass Frau Will bei diesem Unsinn nicht nachfragte, sondern lieber Klaus Wowereit drängelte ein Statement zu der Frage abzugeben, ob er denn nun für eine Vermögenssteuer sei oder nicht.

Die FDP Quotenquatschtante Rösler erntete mal wieder den meisten Applaus. Selbst dann noch, als Frau Will ihm den Panorama-Bericht vom 5. März über die Entzauberung der liberalen Steuerrechnung präsentierte. Er durfte einfach antworten und frei behaupten, dass durch Steuersenkungen nach dem Modell der FDP die Konjunktur von allein anspringe und dann wieder mehr Steuern zum Gegenfinanzieren sprudeln würden. Er durfte sogar noch hinzufügen, dass der Staat somit natürlich in Vorleistung trete. Da hat Frau Will aber schon wieder weggehört, denn sonst hätte sie gleich nachfragen müssen, wie diese Vorleistung mit dem liberalen Wahlprogramm, in dem von einem Neuverschuldungsverbot für alle Gebietskörperschaften die Rede ist, zusammen passt.

Philipp Rösler durfte sogar sagen, dass es ihm nicht mehr um die da unten bzw. die da oben geht, sondern um die in der Mitte. Das wären nämlich die wahren Leistungsträger unserer Gesellschaft. Daraus schließe ich jetzt mal, dass all jene, die früh morgens aufstehen, zur Arbeit gehen und sinnvolle und wichtige Tätigkeiten verrichten, aber dennoch einen Lohn beziehen, der leider nur zur Einordnung in die Gruppe der Wenigverdiener reicht, das diese Menschen nach Rösler schlicht zu den gesellschaftlichen „Minderleistern“ zählen, denen man keine besondere Beachtung mehr zu Teil kommen lassen muss.

Diese Arroganz und Hochnäsigkeit, die Rösler bei Will und die FDP in ihrem „Deutschlandprogramm“ den betroffenen Menschen da entgegenhält, schlägt im Hinblick auf die Reichen in dieser Gesellschaft in schlichte Ignoranz um. Die Tatsache, dass das gut betuchte obere Zehntel der Bevölkerung derzeit über mehr als 60 Prozent des Gesamtvermögens von 6,6 Billionen Euro, also rund 4 Billionen Euro, verfügt, lässt den stellv. niedersächsischen Ministerpräsidenten völlig kalt.

Stattdessen wird darüber lamentiert, dass eine Familie mit einem Jahreseinkommen von rund 300.000 Euro nach den Plänen der SPD einen zusätzlichen Haufen Geld an Steuern bezahlen soll. Ein Skandal. Da wurde dann sogar ein Beitrag des Bundes der Steuerzahler eingespielt, in dem das genau vorgerechnet wurde. Nur leider vergaßen alle Beteiligten mal wieder darauf hinzuweisen, dass die Einkommenssteuer mit einem Anteil am Gesamtsteueraufkommen von nur noch rund einem Drittel zu Buche schlägt. Der Löwenanteil von rund 46 Prozent kommt aus den Umsatz- und Verbrauchssteuern.

Wer also behauptet, dass Gutverdiener die meisten Steuern in diesem Land zahlen und deshalb zu den Leistungsträgern zählen, die eigentlich moralisch entlastet gehören, sollte vielleicht mal auf jene Menschen schauen, die ihr Einkommen komplett verkonsumieren müssen, ohne dass sie Geld für private Rente, Krankenzusatz- oder Pflegeversicherung übrig hätten, wie jene Röslers und Westerwelles, die sich über das Phantom „Lohnsteuerstaat“ beschweren. In Wirklichkeit zahlen Wenigverdiener über die Mehrwertsteuer noch die Renditen von Riester- und Rüruprenten der Bessergestellten. Sie selbst haben nichts davon, eher weniger. Denn das Rentenniveau der gesetzlichen Altervorsorge sinkt auf 40 Prozent. Hier wird einfach massiv manipuliert und die Unwahrheit verbreitet.

Zum Abschluss noch einmal für alle zur Erinnerung: Georg Schramms Ästhetik der Vermögensverteilung.

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Eine unmögliche Frage…

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Jetzt habe ich mal eine Weile nix geschrieben und mich auch nicht weiter mit der heißen Luft von G20 beschäftigt oder aber mit dem kriminellen Pack in Banken, Ministerien und der Beraterzunft. Doch eines bringt mich wieder zurück an die Tastatur. Und zwar die unglaubich dämlichen Fragen von Journalisten.

Die mit Abstand dusseligste Frage, die im Zusammenhang mit der Finanzkrise andauernd gestellt wird, ist die nach den Folgen von staatlicher Regulierung. Man fragt sich doch ernsthaft, ob es dann zu befürchten wäre, dass sich das Kapital, das „scheue Reh“, nicht mehr entfaltet, dass nicht mehr investiert würde. Wie kommt man nur auf solch einen Schwachsinn? Loriots Frau Hoppenstedt hätte empört gesagt, „da regt mich ja die Frage schon auf.“

Denn mit dieser absurden Frage wird geradezu der Eindruck erweckt, als ob die Politik der vergangenen Jahre zu einem Investitionsboom geführt habe. Sind diese Journalisten noch immer so bescheuert, den Zusammenhang zwischen Spekulation und Finanzkrise nicht zu erkennen? Dass viele Geld, welches unter dem Diktat des Wettbewerbsdenkens von unten nach oben transferiert wurde, landete eben nicht in der Realwirtschaft, die zunehmend unter einem Nachfrageproblem zu leiden hatte, sondern als persönliche Überschüsse am Kapitalmarkt.

Dort hat es sich im Kasinobetrieb freilich entfaltet. Auf der anderen Seite blieb den Arbeitnehmern, Rentnern und Sozialhilfeempfängern immer weniger zum Ausgeben oder aber sie wurden wie in Amerika geschehen, mit geschenkten Krediten versorgt, um Geld auszugeben, das sie nicht hatten. Und genau dieses Modell versucht die Finanzindustrie nun auf Deutschland zu übertragen. ADAC-Mitglieder werden vielleicht wissen, wovon ich spreche.

Vor ein paar Tagen erhielt ich von den „Gelben Engeln“ einen Brief mit zwei Kreditkarten (VISA und Mastercard in Gold). Ich müsste mich nur bei der Post identifizieren und schon könnte ich mit dem Shoppen loslegen und von zahlreichen Vergünstigungen profitieren. Pikant dabei ist das neue optionale Abrechnungssystem, welches mir erlauben würde, meine Schulden nicht gleich, sondern in Raten über mehrere Monate verteilt, zu begleichen. D.h. die Finanzindustrie macht weiter wie bisher mit ihrer Praxis der unseriösen, ja betrügerischen, Geschäftspolitik.

Derweil scheinen Journalisten noch immer in einem tiefen Dornröschenschlaf zu verweilen. Man könnte sie mit den Fakten regelrecht aufspießen, sie würden es nicht beachten. Albrecht Müller von den NachDenkSeiten hat mal eine sehr schöne Liste mit Fragen zusammengestellt, denen sich die schreibende Zunft endlich einmal zuwenden sollte.

  • Die Verstrickung der Deutschen Bank in den Niedergang der Industriekreditbank. Wurden noch rechtzeitig schlechte Papiere an die IKB verkauft?
  • Wie war das mit der Dresdner Bank, der Allianz AG und dem neuen Käufer der Dresdner Bank, Commerzbank? Hat die Allianz AG bei der Dresdner Bank schlechte Risiken abgeliefert, deren Kosten dann über die Subvention für die Commerzbank von uns Steuerzahlern beglichen werden?
  • Was steckt hinter dem schnellen Verkauf der Postbank an die Deutsche Bank?
  • Wird die Hilfe für die Allianz AG auch geleistet, um nicht offenbar werden zu lassen, wie teuer die Privatvorsorge ist und wie wenig rentabel? Hätten wir nämlich als Steuerzahler jetzt nicht über Commerzbank und Dresdner Bank der Allianz AG geholfen, dann hätte es vermutlich um die Renditen und die Sicherheit der Privatvorsorge noch schlimmer ausgesehen – so die Hypothese. Heißt das, wir zahlen inzwischen als Steuerzahler doppelt für die Privatvorsorge – einmal die Förderung für die Fördererrente, also Zulagen und Steuervorteile, und dann auch noch das Geld zur Rettung der Betreiber der Privatvorsorge? Das sind lauter fantastische Felder für Recherchen und Artikel von Journalisten. Wo bleiben sie?
  • Gab es einen Deal zwischen dem heutigen Staatssekretär im Bundesfinanzministerium Jörg Asmussen beziehungsweise anderen Stellen der Bundesregierung und dem neuen Eigentümer der IKB Lonestar? Es sieht so aus, dass an Lonestar für 150 Millionen ein Unternehmen verkauft wurde, in das der Bund und einige Banken kurz vorher 10 Milliarden investiert hatten. Was war die Gegenleistung von Lonestar dafür?
  • Wie kam es zu der Regelung, einen kleinen Zirkel mit Geheimnisverpflichtung 480 Milliarden an die Finanzwirtschaft vergeben zu lassen?
  • Warum wurden die Bankenaufsicht Bafin und die Bundesbank nicht tätig, als die ersten Zweckgesellschaften gegründet worden sind? Das geschah schon 2003, wenn nicht noch früher.
  • Wie kommt Angela Merkel auf die famose Idee, das Mitglied des Aufsichtsrats bei der in besonderer Weise Not leidenden Bank HRE, Hans Tietmeyer, zum Vorsitzenden der Expertengruppe zur Erarbeitung von Vorschlägen für eine neue Welt-Finanzordnung zu machen? Und wieso kommt sie auf den Berater von Goldman Sachs Otmar Issing? Das ist so absurd, dass man als Journalist doch riechen muss, wie es stinkt! Ich habe bisher auch nichts darüber gelesen, was eigentlich der Kuratoriumsvorsitzende der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, Hans Tietmeyer, im Aufsichtsrat einer so eigenartigen Bank wie HRE zu tun hat?

Quelle: NachDenkSeiten

Sie sollten diesen Fragenkatalog an die betreffenden Redakteure ihrer Zeitungen schicken und darum bitten, sich des Themas Aufarbeitung bzw. Aufklärung endlich anzunehmen und wieder mit dem Recherchieren zu beginnen, anstatt dpa-Meldungen einfach abzuschreiben.

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28. März 2009, Berlin oder Frankfurt…

Geschrieben von:

Sie haben die Wahl… ;)

Unterstützen sie den Protest gegen die Politik der Bundesregierung und wenn noch Zeit bleibt, auch gegen diesen jämmerlichen Bundespräsidenten. Wer heute die Berliner Rede des Bundeshorst gehört oder gar live mitverfolgt hat, wird vielleicht verstehen, wie wichtig Aufklärung, Gegenöffentlichkeit und Protest sind. Dieser Dampfplauderer hat im Großen und Ganzen jene Botschaften erneut vorgetragen, die er bereits vor einer Woche in einem deutschlandweit abgedruckten Interview von sich gab.

Dazu gab es Altbekanntes. Zum Beispiel das berühmte „Vermittlungsproblem“. Wenn der Bürger an der Politik zweifelt, dann liegt das schlicht daran, dass man ihm die Sache nicht richtig erklärt, so Köhler.

„Und viele beginnen, am Wert und am Fortbestand des marktwirtschaftlichen Systems zu zweifeln.

Die Menschen brauchen mehr Information und Erklärung über das, was abläuft.“

Das hat Schröder in Bezug auf die Agenda 2010 auch immer wieder gesagt und seine Kumpanen in heutiger Regierungsverantwortung tun es noch immer, wenn sie ihre Durchhalteparolen unters Volk streuen.

Peter Struck (SPD) hat im Anschluss an die Köhler-Rede gesagt, der Bundespräsident hätte die Ursachen und die Folgen der Krise genau beschrieben. Doch was sagt er genau…

„Noch kennen wir nicht alle Ursachen. Aber vieles ist inzwischen klar.“

Das hätte Merkel bei Anne Will jetzt nicht besser formulieren können, aber es geht ja noch weiter…

„Zu viele Leute mit viel zu wenig eigenem Geld konnten riesige Finanzhebel in Bewegung setzen. Viele Jahre lang gelang es, den Menschen weiszumachen, Schulden seien schon für sich genommen ein Wert; man müsse sie nur handelbar machen. Die Banken kauften und verkauften immer mehr Papiere, deren Wirkung sie selbst nicht mehr verstanden. Im Vordergrund stand die kurzfristige Maximierung der Rendite.“

Das ist bemerkenswert. Vergleichen sie mal Köhler mit Messner. Messner hat ja bei Pelzig gesagt, dass die Manager gar nicht die Hauptschuldigen seien. Die Politik und letztendlich wir dummes Volk seien noch viel schuldiger. Köhler sagt, die Banken sind Schuld, aber nur, weil das dumme Volk sich vieles weismachen lies. Merken sie was?:crazy:

Es wird noch besser. Schon in dem Interview vor einer Woche sprach Köhler von einem Fehlen von Anstand und Moral. Und auch dieses Mal beklagt er sich, aber ohne Konsequenzen ziehen zu wollen.

„Der Markt braucht Regeln und Moral.

Die Moral soll es richten. Vielleicht glaubt er ja daran, dass Leute wie Zumwinkel unterm Gipfelkreuz bei Messner zur Besinnung zurück finden und uns dann erklären, wie ein Pensionsanspruch von 20 Millionen Euro zu Stande kommt. Das verblüfft nämlich sogar die Rentenexperten, die gern hinter das Geheimnis des Rechenwegs kommen würden. Denn mit Mathe hat’s wohl weniger zu tun.

Und dann dieser Fehler des Besinnungslosen Horst Köhler, wie mir scheint…

„Für Investitionen brauchen Unternehmen Kredite, und dafür müssen die Banken zusammenarbeiten. Aber sie misstrauen einander immer noch. Sie halten ihr restliches Geld fest.

Angesichts des riesigen Rettungsschirms für die Banken und den Milliarden für Commerzbank und HRE müsste der Bundeshorst eigentlich von unserem Geld sprechen. Da fehlt es wohl an Verstand, Herr Bundespräsident! Genauso verhält es sich mit folgender Aussage.

„Jetzt führt uns die Krise vor Augen: Wir haben alle über unsere Verhältnisse gelebt.“

Auf diesen Quatsch möchte ich mit Volker Pispers antworten.

„Wir leben hier über unsere Verhältnisse“ – und das will der blöde Sozialhilfeempfänger einfach nicht kapieren, dass der über seine Verhältnisse lebt. Das ist nämlich die historische Aufgabe von Franz Müntefering. Den kennen sie, das ist der Insolvenzverwalter der SPD. Franz Müntefering. Der muss dem Sozialhilfeempfänger erklären, dass der über seine Verhältnisse lebt.

Dem Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, dem brauchen sie nicht zu erklären, dass der über seine Verhältnisse lebt. Der Mann verdient 11 Millionen Euro im Jahre, brutto. Das heisst, der hat 500.000 Euro im Monat netto. Der Ackermann, der lebt nicht über seine Verhältnisse. Nee, der hat das versucht: das geht überhaupt nicht.

Der Ackermann, der lebt über unsere Verhältnisse.

Und auf Unsinn folgt die Lüge. Denn als Köhler vom „klugen Einsatz“ des vielen Staatsgeldes spricht, sagt er die Unwahrheit.

„Wir verschenken das Geld nicht an die Banken. Wir fordern Gegenleistungen in Gestalt von Mitsprache, Zinsen und Mitarbeit bei der Krisenbewältigung.

Es werden keine Gegenleistungen erbracht! Und an Mitsprache in den Instituten, die mit Steuergeldern zugeschüttet werden, ist die Bundesregierung auch nicht interessiert. Das kann man im Falle Commerzbank in einer offiziellen Regierungsantwort hier nachlesen.

Dieser Bundespräsident ist also ein Lügner und Blender. Er streut den Menschen mit Absicht Sand in die Augen, um von den Ursachen und den Verantwortlichen, die noch immer in Amt und Würden sind, abzulenken. Herr Ackermann predigt gerade wieder, dass 25 Prozent Eigenkapitalrendite möglich seien und dass dieses Ziel auch weiterhin die Geschäftspolitik der Deutschen Bank bestimmen werde. Derweil freut er sich über eine Finanzspritze aus den USA in Höhe von 12 Mrd. Dollar. Und zwar aus dem Rettungspaket der US-Regierung für den Boni-Versicherer AIG. Das ist Globalisierung. Vielleicht meint Köhler ja das, wenn er davon spricht, dass Deutschland in Sachen Wirtschaftsmodell den Amerikanern auch etwas anzubieten habe. Für mich bedeutet diese Arroganz das Todesurteil für Opel.

Witzig ist in diesem Zusammenhang Köhlers Einlassung über den IWF, dem er vor seiner Bundespräsidentschaft als Direktor vorstand und mit dem er weltweit für Angst und Schrecken sorgte.

„Auch in Asien, Lateinamerika und Afrika geraten immer mehr Länder in Schwierigkeiten. Und wir stellen fest: Die Weltwirtschaft ist deutlich unterversichert; die Mittel für solche Notlagen, für die vor Jahrzehnten Institutionen wie der Internationale Währungsfonds und die Weltbank gegründet wurden, sind nicht ausreichend.“

Wissen sie, wie die Menschen in Argentinien Horst Köhler nennen?

„Freddy Krueger“

Und das völlig zu Recht. Schließlich war er es, der als IWF-Chef seinerzeit Druck auf Argentinien ausübte, seine Vorstellungen von Politik umzusetzen. Argentiniens Staatsbankrott ist das Ergebnis Köhlerscher Intervention, die auf die Privatisierung sämtlicher Lebensbereiche abzielte, allen voran die Altersvorsorge.

Wer hat als Staatsminister im Bundesfinanzministerium 1990-1993 dem Griff in die Rentenkasse zur Finanzierung der Deutschen Einheit zugestimmt? Wer hat die Strippen bei der Abwicklung ostdeutscher Banken gezogen? Wer hat denn an dem Vertrag von Maastricht und damit an einer Beschneidung von Steuerungsmöglichkeiten nationaler Finanz- und Wirtschaftspolitik mitgeschrieben? Wer war denn der Sherpa des Bundeskanzlers Kohl, also der höchste Regierungsbeamte, der in Weltwirtschafts- und Finanzfragen im Auftrag der Regierung verhandelte?

Es ist Horst Köhler. Und dieser Mann maßt sich an, von Anstand und Verantwortung zu schwafeln, wie ein Priester von der Kanzel? Einfach Widerlich.

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Nachtrag zum Plusminus-Beitrag über die Geldmenge

Geschrieben von:

Gerade lese ich, dass die FED die Dollarmenge weiter erhöhen will. Bisher konnte ich mir nicht erklären, wie daraus nun eine Inflationgefahr entstehen soll, wenn gleichzeitig die Nachfrage zurück bleibt.

Nun, das Problem liegt wohl darin, dass die Erhöhung der Geldmenge u.U. nicht dazu führt, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Ergebnis ist dann eine „Stagflation“. D.h. stagnierende Volkswirtschaft und steigende Inflation aufgrund der Entwertung des Geldes. Das kann man gegenwärtig in den USA beobachten.

Insofern ist die Sorge der beiden Wissenschaftler im Plusminus-Beitrag vor einer Inflation durchaus berechtigt. Es ändert aber nichts an meiner Kernaussage, dass die Politik neben der monetären Steuerungsmöglichkeit der Zentralbanken regulierend in den Finanzmarkt eingreifen muss.

Das viele Geld muss investiert werden! Es müssen reale Gegenwerte entstehen und vor allem müssen die Löhne, die Renten und die Sozialleistungen angehoben werden, damit es zu einem Konsumimpuls kommen kann. Dazu braucht es umfangreiche Konjunkturprogramme, die vor allem einen beschäftigungssichernden Aspekt beinhalten. Nur so ließe sich die Wirtschaft mMn stabilisieren.

Tut man hingegen nichts oder begnügt sich mit dem, was man bereits auf den Weg gebracht hat, so wie die Kanzlerin heute im Bundestag, dann fährt der Laden weiter gegen die Wand. Wenn man sich den dramatischen Rückgang bei den Auftragseingängen der Industrie anschaut (siehe hier), so kann man nicht mehr um den heißen Brei herumreden. Die Stagnation ist da. Die Löhne werden fallen, die Gewinne sinken und in diesem Zuge auch die Steuereinnahmen des Staates.

Statt aber diese Zahlen zum Anlass zu nehmen, aktive Beschäftigungspolitik zu betreiben und massiv zu investieren, sorgt man sich in Berlin um die Höhe der Schulden, bzw. darum, wie man die Schulden aus den jetzigen Konjunkturpaketen wieder zurück zahlen könne. Noch immer scheint man nicht begriffen zu haben, dass die Verschuldung des Staates sehr viel höher sein wird, wenn man den Dingen, so wie sie sich aktuell darstellen, ihren Lauf lässt.

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Ein weiteres Rentenmärchen

Geschrieben von:

Ach was tun unsere Politker und ihre angeschlossenen Mietmäuler doch so überrascht, dass die Renten in diesem Jahr deutlich ansteigen.:roll: Ich verstehe es einfach nicht. Diese Rentenanpassung ist bereits seit März 2008 bekannt. Damals hat man den sog. Riesterfaktor für zwei Jahre ausgesetzt, um weitere Nullrunden zu verhindern. Mit dem Ergebnis, dass die Renten in 2008 um 1,1 Prozent stiegen und dieses Jahr um durchschnittlich rund drei Prozent.

Was sagt die Bundeskanzlerin:

Wir helfen, die Wirkungen der Krise zu überwinden. Erstmals seit Jahren gibt es einen wirklichen Nettozugewinn für Rentner.“

Und was ist mit dem Nettoverlust der letzten Jahre? :?: Wer ist wir? Ich dachte die Rentenanpassung folgt einem Automatismus. Die Regierung kann doch direkt gar nichts dafür.

Arbeitsminister Scholz sagt:

„Die Rentenerhöhung mitten in der Krise zeigt, dass auf unseren Sozialstaat Verlass ist“

Dumm nur, dass die Renten gerade wegen dieser Krise im nächsten Jahr schrumpfen werden, weil eben nicht die Bundesregierung für die Rentenhöhe verantwortlich zeichnet, sondern die Grundlohnsumme, die in diesem Jahr deutlich sinken dürfte, wenn man sich die Entwicklung in Sachen Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit anschaut, sowie die unterbliebenen Maßnahmen der Regierung zur Beschäftigungssicherung.

Aber ganz unschuldig ist die Bundesregierung dann doch nicht. Sie ist ja verantwortlich dafür, dass es eine Reihe von Dämpfungsfaktoren bei der gesetzlichen Rente gibt, die einen dynamischen Zuwachs der Bezüge in den letzten Jahren verhindert haben. Und alles nur, um der kapitalgedeckten Altersvorsorge unter die Arme zu greifen. Die politisch gewollte Rentenkürzung durch den sog. Riesterfaktor gibt es ja nur deshalb, damit die Leute sich eine teure private Altersvorsorge ans Bein binden müssen, wenn sie ihr Rentenniveau im Alter halten wollen. Auch das hat mehr mit politischer Korruption zu tun, als mit vernünftiger Rentenpolitik.

Aber noch etwas fällt auf. Letztes Jahr ging ein Aufschrei durch die Medien, als man diesen unsinnigen Riesterfaktor aussetzte und somit eine Erhöhung der Bezüge um läppische 1,1 Prozent ermöglichte. Damals kamen Raffelhüschen und Rürup um die Ecke gebogen und verteufelten das Vorgehen der Bundesregierung. Journalisten wie Christoph Slangen fragten in der Neuen Presse Hannover dauernd nach den Kosten. Und nun wird die drei prozentige Anhebung als Kaufkraftgewinn bejubelt.

Slangen nennt das in der NP vom Samstag so.

„Dass die Rentenerhöhung üppiger ausfallen kann, kommt gesamtwirtschaftlich betrachtet zur rechten Zeit. Durch die Absenkung des Krankenversicherungsbeitrages im Rahmen der Konjunkturpakete ergibt sich eine weitere Kaufkraftstützung. Statt Sparen, um das Rentensystem langfristig stabil zu halten, hat jetzt kurzfristige Stabilisierung der Wirtschaft in der Krise Vorrang. Den Rentnern kann es nur recht sein.“

Ein typischer Slangen. Dort ein paar Punkte eingespart, da ein bissel rauf und schon steht ein deutliches Plus in der Milchmädchenrechnung. Vorne schreibt er zwar etwas von Nullrunden und Mini-Erhöhungen, die von der Inflation in der Vergangenheit aufgefressen wurden. Er schreibt aber nicht dazu, wie hoch sich der jahrelange Kaufkraftverlust beziffern lässt. Da sind wir nämlich schon bei rund 10 Prozent in zehn Jahren angekommen.

Und was ist mit den Verlusten aus privaten Rentenverträgen, Lebensversicherungen und Altersrücklagen, die von der Finanzkrise direkt betroffen sind? Die haben die Bundesregierung und Slangen wohl schon wieder vergessen. Wie da jetzt ein Kaufkraftschub entstehen soll, bleibt ihr Geheimnis.

Wirklich widerlich ist langsam dieses dusselige Sparerei-Gefasel von Slangen, das einer langfristigen Stabilisierung des Rentensystems dienlich sein soll. Was hat das zu bedeuten? Nun ja, es geht um den Beitrag zur Rentenversicherung. Slangen ist ja der Auffassung, dass das Absenken von Beiträgen zur Sozialversicherung, etwas mit Sparen zu tun hätte. Dabei werden aber Kosten einseitig zu Lasten der Arbeitnehmer, Rentner und Sozialhilfeempfänger verschoben. Entlastet werden nur Arbeitgeber und beschenkt wird eine ganze Versicherungsbranche. Und warum ist Slangen dieser abstrusen Meinung? Weil er es von Bernd Raffelhüschen z.B. vorgesagt bekommt.

Ein Interview von Slangen mit Raffelhüschen können sie heute in der Neuen Presse Hannover lesen. Natürlich wird der Versicherungslobbyist mal wieder nicht als Vertreter der privaten Versicherungswirtschaft vorgestellt, sondern als Wissenschaftler. Schon allein das ist ein Skandal und eine frevelhafte Vernachlässigung journalistischer Aufklärungspflichten. Raffelhüschen sitzt im Aufsichtsrat der ERGO-Versicherungsgruppe, er ist Vorstandsmitglied bei der arbeitgebernahen INSM und verdient unter anderem viel Geld mit Vorträgen beim Finanzdienstleister MLP. Im heutigen Interview können sie dann unter anderem das lesen…

„Beitragssenkungen werden die Beschäftigten auch so schnell nicht erleben. Wir sind dabei, in den nächsten beiden Jahren die Reserven der Rentenkasse abzuschmelzen. Wenn dann noch etwas übrig bleibt, kann über Beitragssenkungen geredet werden. Aber das sollte man erst tun, wenn man weiß, wann der nächste Wendepunkt erreicht ist.“

Raffelhüschen hat an der Zerstörung der gesetzlichen Rente mitgearbeitet und dies auch noch vor laufenden Kameras zugegeben:

Folgendes Zitat finden sie in dem Film „Rentenangst“ des Saarländischen Rundfunks:

„Die Rente ist sicher – sag ich Ihnen ganz unverblümt. (Gelächter unter den Versicherungsvertretern.) Die Rente ist sicher, nur hat kein Mensch mitgekriegt, dass wir aus der Rente schon längst eine Basisrente gemacht haben. Das ist alles schon passiert. Wir sind runter gegangen durch den Nachhaltigkeitsfaktor und durch die modifizierte Bruttolohnanpassung. Diese beiden Dinge sind schon längst gelaufen, ja, waren im Grunde genommen nichts anderes als die größte Rentenkürzung, die es in Deutschland jemals gegeben hat. (…) Aus dem Nachhaltigkeitsproblem der Rentenversicherung ist quasi ein Altersvorsorgeproblem der Bevölkerung geworden. So, das müssen wir denen erzählen! Also, ich lieber nicht, ich hab genug Drohbriefe gekriegt! Kein Bock mehr, irgendwie. Aber Sie müssen das, das ist Ihr Job!“

Saarländischer Rundfunk: „Rentenangst!“ 9.3.2008)

siehe Saarländischer Rundfunk:

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