Von wegen einfacher Abgeordneter. Neue Posten außerhalb der Politik werden dem größten Politiker-Versager der Nachkriegszeit bereits angetragen. Wie auf Bestellung erfüllt sich das, was Bundeskanzlerin Merkel dem Noch-Finanzminister vor einem Monat versprach, falls es nicht mehr zur Großen Koalition reichen sollte (siehe Spiegel Online vom 5.9.2009):
Angela Merkel will Peer Steinbrück nicht fallenlassen. Falls Union und FDP nach der Bundestagswahl die nächste Regierung stellen sollten, will sie sich für ihn einsetzen. „Für Steinbrück wird sie was tun“, sagte ein führender Unionspolitiker dem SPIEGEL. In der Finanzkrise habe die Kanzlerin hervorragend mit dem Sozialdemokraten zusammengearbeitet, sie schätze seine Kompetenz und Verlässlichkeit.
Das Märchen über Kompetenz und Verlässlichkeit ist bereits als zur Wahrheit gewordene Lüge in die Geschichte eingegangen. Nun soll der Mann, der im Wahlkampf 2005 erst gegen die Mehrwertsteuererhöhung mit der Wortschöpfung „Merkel-Steuer“ wetterte, um sie dann als zuständiger Finanzminister in der Großen Koalition noch höher zu gestalten, möglicherweise Chef der Europäischen Zentralbank werden (siehe RP-Online). Das wäre unglaublich und logisch zugleich.
Aus Sicht der neuen Bundesregierung wäre Steinbrück die ideale Besetzung. Einen besseren Vertreter schwarz-gelber Finanzpolitik gäbe es in den eigenen Reihen kaum zu finden, schreibt Wolfgang Lieb auf den NachDenkSeiten. Schließlich hat Steinbrück bereits vorgearbeitet. Sein Ministerium hielt vor der Wahl ein brisantes Papier zurück, aus dem hervor geht, dass Streichungen kleinerer Steuervergünstigungen für Schicht- und Nachtarbeit künftig angegangen werden sollten (siehe Spiegel Online vom 5.9.2009). Steinbrück trat auch immer für die Deregulierung des Finanzmarktes ein. Bereits als Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen brachte er den unter Wolfgang Clement begonnenen Umbau der reinen Förderbank WestLB zu einer Geschäftsbank nach privatwirtschaftlichen Vorbild voran, um im Investmentbanking der Großen mitmachen zu können. Im Jahr 2003 geriet Steinbrück gar unter Druck, weil im Kreditausschuss der Bank windige Risikogeschäfte mit Wissen der politischen Führung verabschiedet worden waren (siehe Handelsblatt vom 23.7.2003).
Die WestLB ist ein Milliardengrab. Zum Nachteil der Steuerzahler, aber zum Vorteil der privaten Banken, wie der Deutschen Bank, deren Schrottpapiere kurz vorm Platzen der Blase bei den Landesbanken, der IKB und der HRE landeten. Heute würde man so etwas ganz offen Bad Bank nennen. Warum ist Steinbrück also so begehrt in der Finanzbranche? Weil er bewiesen hat, wie man zum Nutzen der Branche und zum Schaden des Staates und seiner Bürger eine korrupte Finanzpolitik betreibt. Korrupt deshalb, weil sich Steinbrück im Falle, dass er nicht Chef der EZB wird, auf einen Posten bei der Schweizer Großbank UBS sowie bei der Internationalen Bank für Zahlungsausgleich in Basel freuen könnte. Kein Wunder also, wenn ein nicht namentlich genannter Bankenchef sagt, Steinbrücks Krisenmanagement habe ihm hohe Anerkennung eingebracht. Zum Verständnis müssen sie einfach die Perspektiven wechseln.
Bis zum Amtsantritt der neuen Regierung hat der alte Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD noch Gültigkeit. Lesen sie bitte den Absatz über Finanzmarktpolitik auf Seite 86 f.
Eine der wichtigsten Voraussetzungen für Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum ist ein international wettbewerbsfähiger „Finanzplatz Deutschland“. Er ist die Grundlage für effiziente Finanzdienstleistungen für den Verbraucher und eine gute sowie kostengünstige Kapitalversorgung der Wirtschaft. Der deutsche Finanzmarkt besitzt ein großes Potential, das unter Beachtung der ständigen Fortentwicklung der globalen Finanzmärkte in der kommenden Legislaturperiode weiter ausgebaut werden soll. Dazu wollen wir:
[…]
Überflüssige Regulierungen abbauen. Dazu werden wir eine interministerielle Arbeitsgruppe einrichten, die im Dialog mit Markteilnehmern ein „Möglichkeitspapier“ zum Bürokratieabbau im Finanzsektor vorlegen soll. Bestehende Gesetze, Verordnungen und sonstige Regulierungen sind darauf zu überprüfen, ob sie ihr Ziel kostengünstig erreichen oder noch erforderlich sind. Als Startprojekt bietet sich die anstehende Novelle des Investmentgesetzes an.
Bis heute haben sich die amtierenden Regierungsverantwortlichen Merkel und Steinbrück nicht zu ihrer Schuld bekannt und eingestanden, Verbriefungen und andere so genannte innovative Finanzprodukte, die nachweislich in die Krise führten, mit ihrer Politik massiv gefördert zu haben. Bis heute wird die Privatisierungspolitik nicht hinterfragt. Warum zum Beispiel nahm es der Bund als Hauptaktionär der Deutschen Post AG hin, dass die Postbank von der Deutschen Bank mitten in der Krise übernommen werden konnte? Die Kurse lagen zu diesem Zeitpunkt im Keller und die Postbank hatte Rettungsgelder vom SoFFin beantragt. Sollte die mit öffentlichem Geld sanierte Postbank der privaten Deutschen Bank als Stabilisator dienen? Wir wissen doch nur zu gut, dass Deutsche Bank Chef Ackermann sich schämen würde, wenn sein Geldhaus Staatsgeld annehmen müsste. Dann also auf diesem Weg? Wie steht der verantwortliche und somit verantwortungslos handelnde Minister Steinbrück dazu?
Wie stellt sich seine Rolle bei all den anderen Milliardendeals dar? Was ist mit der Geschichte um das Dreigestirn Dresdner Bank, Allianz und Commerzbank? Nicht weniger als 18,2 Mrd. Euro Steuergeld flossen direkt an die Commerzbank AG, die zu diesem Zeitpunkt nur noch rund drei Mrd. Euro wert war. Der Bund begnügte sich aber nur mit einem stillen Anteil in Höhe von 25 Prozent plus einer Aktie. Wurde hier öffentliches Geld nicht einfach durch Steinbrück veruntreut? Oder wollte der Finanzminister die politische Schnappsidee private Altersvorsorge vor dem Untergang retten? Die wäre nämlich baden gegangen, wenn der größte deutsche Versicherer Allianz AG nicht seine marode Tochter Dresdner Bank an die Commerzbank zu einem guten Preis hätte verkaufen können.
Das müssen sie sich jetzt mal klar machen. Bei der privaten Altersvorsorge zahlen sie dreifach drauf. Einmal bei der Mehrwertsteuer, die in Subventionen umgewandelt an die Versicherungsbranche fließt. Sie kennen einen Teil dieser staatlichen Zuschüsse sicherlich unter dem Begriff Riesterförderung. Eine Mogelpackung, weil sie es doch eh selbst bezahlen. Zum anderen zahlen sie durch ihre direkten Beiträge an die private Versicherung die fetten Renditen der Gesellschaften, denn nur ein Teil des Beitrags wird ja nur angelegt. Mindestens 10 Prozent von ihrem Beitrag wird als Kostenposten abgezogen. Doch jetzt kommt der Gipfel. Durch ihr Steuergeld, mit dem sie die Commerzbank gerettet haben, haben sie auch ihre mickrigen Renditen gesichert, mit denen die Politik und die Finanzdienstleister bald wieder werbend durch die Lande ziehen werden, um die bereits rückläufigen Zahlen bei privaten Altersvorsorgeverträgen wieder umzukehren. Ein tolles System der Manipulation, finden sie nicht auch?
Die Liste der bewussten Fehlleistungen von Steinbrück und Merkel ließe sich noch weiter fortsetzen. Eine Aufarbeitung in den Medien findet derweil nicht statt. Dort glänzen Steinbrück und Merkel nach wie vor als kompetente Krisenmanager. Dabei gäben die Meldungen aus Italien Anlass, sich mit dem Thema Mediengleichschaltung und Manipulationen auch bei uns näher zu beschäftigen. Vorhin hörte ich zu der Aufhebung der Immunität Berlusconis eine Abgeordnete der italienischen Opposition im Interview bei NDR-Info. Darin sagte sie, dass die Medienmacht Berlusconis, ihm weiterhin ein positives Bild in der Bevölkerung zusichern würde. Zum besseren Verständnis stellte sie dann einen Vergleich an und sagte, wenn Frau Merkel in Deutschland ARD, ZDF, RTL, Sat.1 und alle Zeitungen besitzen würde, dann hätte sie einen ähnlich hohen Rückhalt in der Bevölkerung, wie das bei Berlusconi in Italien der Fall ist.
Leider, muss man sagen, trifft dieser Zustand längst zu. In Deutschland muss die Regierungschefin nicht einmal Medien besitzen, um sich des bedingungslosen Rückhalts sicher sein zu können. Die Verflechtungen sind gut versteckt und unter einem Gewandt aus scheindemokratischen Organisationen verborgen. Gerade nach dem Tod von Reinhard Mohn sollte man sich beispielsweise die abgeblich gemeinnützig arbeitende Stiftung Bertelsmann genauer anschauen, deren Vorschläge und Ergebnisse regelmäßig in praktische Politik umgesetzt werden, ohne dass dieser Buchclub je durch den Souverän dazu legitimiert worden wäre. Zeit wäre es, den politischen PR-Gesichtern endlich die Masken vom Gesicht zu reißen und für Aufklärung zu sorgen.
Dann würde ein Verbrecher wie Steinbrück auch da landen, wo er hingehört. Im Gefängnis!
OKT