Kaum einer hat die Nachricht von gestern zur Kenntnis genommen, wonach der EZB-Schattenrat (ein Gremium mit 15 Experten) mehrheitlich für eine Herabsetzung der Leitzinsen in der Eurozone votiert. Begründung:
Die Ökonomen befürchten, dass sich die Rezession im Euroraum sonst verschärfen könnte.
Die Ökonomen diagnostizieren eine Rezession im Euroraum und befürchten, dass eine zunehmende Kreditverknappung für die private Wirtschaft diese noch verschärfen könnte. Eine Zinssenkung ist nötig, um den Bremseffekt der öffentlichen Sparanstrengungen in den Krisenländern auszugleichen, argumentierte Andrew Bosomworth, Senior Fondsmanager bei Pimco in München im Sinne der im Gremium vorherrschenden Meinung.
Der liberale Wirtschaftsminister aus Deutschland, Philipp Rösler, bezeichnet die oben beschriebene diagnostizierte Lage mit Blick auf die deutsche Insel im Euroraum bekanntlich verharmlosend als Wachstumsdelle.
Interessant ist aber, dass gerade Fondsmanager, also die Märkte, wie selbstverständlich von Bremseffekten durch eine öffentliche Sparpolitik sprechen. Die Märkte erkennen den simplen Kausalzusammenhang, der sich den Regierenden einfach nicht erschließen will. Die glauben nach wie vor, dass sich durch das Bremsen öffentlicher Ausgaben, auch die Kreditaufnahme also neue Schulden – verhindern ließen.
Dabei verfährt die Politik nach dem Motto: Erst kommt die Haushaltskonsolidierung und danach der Aufschwung durch eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Auf den Versuch, die Haushalte zu konsolidieren, folgt aber eine noch höhere Verschuldung, und an die Stelle des Wunsches nach mehr Wettbewerbsfähigkeit tritt folgerichtig die Rezession. Sie bedroht das gesellschaftliche Gefüge und den Frieden in einer Zeit, in der Aufklärung und Vernunft wieder verloren gegangen zu sein scheinen.
Vor einem Jahr gab Steffen Kampeter (CDU), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, dem Deutschlandradio Kultur ein Interview, in dem er die neue Leitlinie europäischer Politik auf eine für die Zeit typische Parole brachte:
Solidarität gibts nur im Austausch für Solidität
Inzwischen ist diese durch und durch undemokratische und grundrechtsfeindliche Vorstellung bei Kampeter und der gesamten Bundesregierung weiter ausformuliert und mit Leben gefüllt worden. Abmachungen zwischen Regierungschefs werden bereits als national und bilateral bindend angesehen, noch bevor die zuständigen Parlamente über die geschlossenen Vereinbarungen abgestimmt haben. Der verfassungsgemäße Ratifizierungsprozess, die Einbeziehung der Legislative und die geforderte Auseinandersetzung mit den Vorschlägen der Regierung, ist unter der verbalen Peitsche der Alternativlosigkeit zu einer reinen Schauveranstaltung verkommen. Demokratie findet nicht mehr statt. Aus Sicht der Exekutive gilt die parlamentarische Zustimmung inzwischen als bloße Formsache. Eine Kontrolle braucht sie zudem nicht zu fürchten.
Warum schreibe ich das? Weil ich entsetzt darüber bin, wie sich Steffen Kampeter heute morgen im Deutschlandfunk zur Griechenlandpolitik geäußert hat. Die Entmündigung von Staaten sei unter dem entleerten Schlagwort Reformen einfach hinzunehmen. Die Risikoabsicherung der Kapitalgeber sowie die Meinung ihrer Vertreter aus EU-Kommission, EZB und IWF (genannt Troika) sei unter Preisgabe volkswirtschaftlicher Vernunft und des innergesellschaftlichen wie europäischen Friedens einfach höher zu bewerten. Auf die Frage des Moderators Peter Kapern, wie ein Land, das Hunderttausende arbeitslos mache, wieder auf den Wachstumspfad zurückkommen solle, antwortete Kampeter zweimal nicht, sondern spuckte nacheinander den schon oft gelöffelten, aber nicht verdaubaren neoliberalen Dogmenbrei ins Mikrofon.
Reformen müssen umgesetzt werden, unabhängig von Inhalt und Wirkung der verordneten Dosis. Denn Zweifel am Umsetzungswillen darf es nicht geben. Das beunruhigt schließlich Märkte und lasse auf einen Mangel an Verlässlichkeit schließen. Folglich wird der politische Streit und der Widerstand, den Romantiker und linke Sektierer als letzte demokratische Zuckungen wahrscheinlich missverstehen, auch als hinderlich und überflüssig betrachtet.
Dass es darüber politischen Streit, politische Diskussion und auch Widerstand in Griechenland gibt, finde ich politisch wie menschlich nachvollziehbar, aber ich sehe keine realistische Alternative, dass die Griechen die Fehlentscheidungen der vergangenen Jahre jetzt aufarbeiten müssen.
Menschlichkeit ist für Kampeter nachvollziehbar, aber Unmenschlichkeit offensichtlich alternativlos. Politischer Streit und politische Diskussionen sowie der Protest, kurz gesagt: die Demokratie ist für Kampeter gerade noch nachvollziehbar, die Durchsetzung des Gegenteils aber alternativlos.
Obwohl die Wissenschaft durch simple Beobachtung belegt hat, dass die Erde rund ist, behauptet Kampeter und die Bundesregierung, sie sei eine Scheibe. So wie Kampeter reden und antworten nur mittelalterliche Priester und Inquisitoren, denen Aufklärung fremd ist und die Demokratie als Hort der Ketzerei betrachten. Deshalb bauen sie auch auf die Lüge, um ihren schwachen, nein, widerlegten Argumenten demagogische Schlagkraft zu verleihen.
Kapern: Widerstand gibt es zum Beispiel gegen die Forderung der Troika, die Löhne und Gehälter zu kürzen. Widerstand von den Arbeitnehmern, das verwundert noch weniger, aber es gibt auch den Widerstand der Arbeitgeber. Haben die denn alle keine Ahnung von Wirtschaftspolitik?
Kampeter: Es geht nicht darum, dass hier jetzt Ahnung von Wirtschaftspolitik zu bewerten ist, sondern die Entscheidung, sich auf das Votum der Troika zu verlassen, hat etwas damit zu tun, dass wir uns auf die Kompetenz der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds stützen. Diese Institutionen haben bei der Restrukturierung vergleichbarer Probleme in der Vergangenheit Erfolg gehabt, ich verweise insbesondere auf den Internationalen Währungsfonds, und das ist ein Maßstab, der die Debatte eben aus dem politischen Streit herausführen soll – insoweit, als dass wir dieses Expertenvotum zur Grundlage der politischen Entscheidung machen.
Der internationale Währungsfonds hat seit 30 Jahren erfolglos Restrukturierungsprogramme an Ländern praktiziert. Immer wieder scheiterte die Strategie des Sparens. Auch mit Blick auf Griechenland ist das bereits sichtbar, wenn man nicht mit verschlossenen Augen oder der Überzeugung eines Wanderpredigers wie Kampeter durch die Welt stolziert. Als Gläubiger einer Irrlehre muss er natürlich eine Erhöhung der Dosis fordern, um von dem verabreichten Gift und der Inkompetenz abzulenken, die auf einer speziellen deutschen Variante wirtschaftspolitischer Scharlatanerie beruht.
Menschenrechte ist ein Thema, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel durchaus beunruhige, wenn sie beispielsweise an das chinesische Vorgehen in Tibet denkt. Kurz vor ihrem Rückflug aus China soll die ostdeutsche Widerstandskämpferin bei der FDJ noch einen Gedanken an die Menschenrechtslage im Reich der Mitte verschwendet haben. Das war laut Protokoll sicher vorgesehen, nachdem sie ihre Aufgabe als Türöffner für die deutsche Wirtschaft und europäischer Schulden gerecht geworden ist. Da sprechen sogar Reiseteilnehmer von den Grünen von einem Austausch, der insgesamt harmonisch und zielorientiert verlaufen sei.
Regierungssprecher Steffen Seibert durfte wohl als einziger im Reich der Mitte normal twittern. Das ist ein Erfolg. Denn wenn der ehemalige Nachrichtensprecher des ZDF der Internetgemeinde nicht mehr pausenlos in knappen 140 Zeichen mitteilen könnte, was gerade im Umfeld der Kanzlerin abgeht, man müsste sich Sorgen um den Zustand der Regierung machen, deren Mitglieder hinter Merkel vollkommen ins kriminelle Milieu abgetaucht zu sein scheinen.
Menschen-, Grund- oder Bürgerrechte in Deutschland müssen hinter die Bedürfnisse und Befindlichkeiten von sogenannten politischen Quartalsirren oder anderen Berufspolitikern zurücktreten, die bereits frühzeitig während ihrer Pubertät auf die schiefe Bahn des parteipolitischen Karriereklüngels abgerutscht sind, und es daher auch richtig finden, dass Staatenimmunität schwerer wiege als der Schutz von Menschenrechten.
Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag entschied in dieser Woche, dass die Bundesrepublik nicht für Nazi-Verbrechen auf Entschädigung verklagt werden kann. Guido Westerwelle findet das zum Beispiel toll, weil für ihn Rechtssicherheit an erster Stelle stehe.
„Das Verfahren war nicht gegen die Opfer des Nationalsozialismus gerichtet, ihr Leid hat die Bundesregierung stets in vollem Umfange anerkannt“, betonte er in München. Es gehe auch nicht darum, die deutsche Verantwortung für die Verbrechen des Zweiten Weltkriegs in Frage zu stellen oder zu relativieren, sondern darum, Rechtssicherheit zu bekommen.
Die Rechtssicherheit besteht nun darin, dass die Opfer des Naziterrors keinerlei Möglichkeiten mehr haben, erlittenes Unrecht sowie einen Rechtsanspruch auf Entschädigung gerichtlich feststellen zu lassen. Vielmehr werden Opfer als solche nur dann noch anerkannt, wenn die Regierungen es für richtig halten. Damit kapituliert das Recht vor der Norm der Mächtigen.
Ohne eine gerichtliche Durchsetzbarkeit ihrer individuellen Ansprüche sind die Opfer darauf angewiesen, um Wohltaten zu betteln.
So werden Menschenrechte Teil der finanzpolitischen Verfügungsmasse, schreibt etwa Michael Spreng auf seinem Blog und reibt sich als Vertreter eines gepflegten Konservatismus verwundert die Augen:
Weil Deutschland auf Exporte nach China angewiesen ist, weil ganz Europa auf die Rettung seines Euro auch durch chinesische Anleihenkäufe hofft, ließ sich Merkel antidemokratische Unverschämtheiten gefallen, die zum Schämen sind.
Merkel ließ sich in China vorschreiben, wen sie trifft und wen sie besucht. Sie protestierte nicht, sondern äußerte lediglich in der diplomatisch schwächsten Form zum Abschluss der Reise ihr Bedauern, dass die chinesische Führung nicht mehr Vertrauen in ihre Menschen habe.
Merkels Einfluss auf ihr Besuchsprogramm war der eines Bittstellers, der sich über Absagen nicht hörbar beklagt und stattdessen weiter, im wahrsten Sinn des Wortes, business-as-usual betreibt.
Allerdings irrt der Medienexperte Spreng, wenn er meint, dass Aufträge aus China und chinesisches Geld für die Rettung des Euro daheim mehr Stimmen brächten, als ein energisches Eintreten für Menschenrechte. Denn als Kanzler Gerhard Schröder während seiner Amtszeit ähnliche Touren ins Reich der Mitte unternahm, um neue Absatzmärkte für die deutsche Wirtschaft zu erschließen, wurde er von der damaligen Oppositionsführerin Angela Merkel heftig kritisiert, weil er die Menschenrechtslage in China nicht zur Sprache brachte.
Im Wahlprogramm der Union aus dem Jahre 2005 ist deshalb auch von prinzipienloser Russland- und Chinapolitik unter rot-grün die Rede, die dann nach dem erfolgreichen Regierungswechsel genauso prinzipienlos fortgesetzt wurde. Die Medien haben anfangs nur nicht darüber berichtet, sondern wohlwollend darüber, wie konsequent die Wunschkanzlerin doch auf die Menschenrechtssituation hinwies.
Als Bittstellerin, die auf Menschenrechte pfeift, macht Merkel im Augenblick ja nur deshalb eine gute Figur, weil sie in Europa nach nicht weniger als 17 Krisengipfeln, bei denen bisher immer nur mehr Geld für die Banken und sinnlose Spardiktate zu Lasten der Menschen und der Realwirtschaft verteilt wurden, seltsamerweise noch immer für einen angeblich erfolgreichen Umgang mit der Finanzkrise gefeiert wird.
Wenn Merkel nach ihrer China-Reise davon spricht, dass man in den Beziehungen beider Länder ein ganzes Stück vorangekommen sei, muss man sich schon fragen, worin sich diese Äußerung von der ihres Vorgängers unterscheidet, der seinerzeit die Redewendung lupenreiner Demokrat erfand.
Und wie man Menschen hierzulande im Rahmen von Werkverträgen als materialbezogene Sachausgaben verbucht, erklärt die Monitor-Redaktion. Auch da ist man in den Beziehungen zwischen Arbeit und Kapital wieder ein großes Stück vorangekommen.
Wie man wirklich gruselige Zahlen toll präsentieren und verkaufen kann, demonstrierte heute der HDE-Hauptgeschäftsführer, Stefan Genth. Auf der Jahrespressekonferenz verkündete er, dass sich der private Konsum auch in diesem Jahr positiv entwickeln und einen Beitrag zur Stabilität der deutschen Volkswirtschaft leisten werde.
Angesichts zuletzt rückläufiger Umsätze im Einzelhandel, die eben nicht zu einer Stützung der Konjunktur beigetragen haben, sondern vielmehr zu einem Schrumpfen der deutschen Wirtschaftsleistung im vierten Quartal, ist die Behauptung vom privaten Konsum als Motor der Wirtschaft sehr mutig. Eigentlich müsste Genth heulen, wenn er das Niveau der aktuellen Umsätze und damit den Grund seiner guten Laune beispielsweise mit den Zahlen der Jahre 2000 (-3,7%) und 1994 (-3,9%) vergleicht (Quelle: Querschuesse).
Tut er aber nicht, sondern vergleicht miese Zahlen aus Krisenjahren mit miesen Zahlen aus Krisenjahren und betreibt dabei statistische Irreführung. Der nominale Zuwachs der Umsätze von 2,6% im Jahr 2011 hat Genth während der Pressekonferenz mit jenen 2% in Beziehung gesetzt, die der HDE als Zuwachsrate erwartete. Das ist nur grober Unfug, weil sowohl die Erwartungshaltung als auch die tatsächliche Zuwachsrate immer unter dem Aspekt der Preisbereinigung wirklich aussagefähig ist.
Preisbereinigt haben die Umsätze im Jahr 2011 aber nur um klägliche 0,9% zugenommen. Im Herbst wurde zudem von Seiten der Einzelhändler betont, dass es vom Weihnachtsgeschäft abhinge, ob die Zielmarke von 2% noch erreicht werde. Doch selbst nach Aussage von Genth verlief dieses eher enttäuschend. Die Erklärung ist bekannt:
Das Weihnachtsgeschäft zeigte große Schwankungen. Insbesondere die erste Dezemberhälfte konnte die Erwartungen nicht erfüllen und sorgte für Unruhe in der Branche.
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Besonders der ungewöhnliche Wetterwechsel mit einem zu warmen Herbst und Winter sorgte eben im vergangenen Jahr nicht für die richtigen Kaufimpulse. Der Textil- und Sporthandel war durch diesen Verlauf klar betroffen und wartete auf Kunden und Umsätze, die normalerweise hätten kommen müssen.
Aus dem fernen Kairo meldet sich der ehemalige Vizekanz-Nicht Guido Westerwelle zu Wort und lässt die europäische Öffentlichkeit an seiner verqueren wirtschaftspolitischen Logik teilhaben.
Wachstum komme nicht durch neue Schulden oder dadurch, dass man das Schuldenmachen erleichtere, sondern durch Wettbewerbsfähigkeit. Und die stellt man ja nach liberaler Auffassung durch Steuersenkungen her, gell? Die sind nämlich mindestens aufkommensneutral oder sogar stimulierend, da nicht abgezogene Steuern sofort in die Wirtschaft fließen und für Wachstum sorgen. Dieser Unsinn hat der Mövenpick-Partei einst immerhin rund 15 Prozent der Stimmen eingebracht.
Tagesschau-Sprecher Claus-Erich Boetzkes hat in der Mittagsausgabe der ARD-Nachrichten über die aktuellen Arbeitsmarktdaten berichtet und folgenden Einleitungssatz konstruiert:
Die Unsicherheiten an den Finanzmärkten schlagen weiter nicht voll auf den Arbeitsmarkt durch.
Auf was für umständliche Formulierungen man kommt, um einen Anstieg der bereits geschönten Arbeitslosenzahlen dennoch als gute Meldung zu verkaufen.
Übrigens, der Grund für den Anstieg ist mal wieder der Winter, obwohl der im Januar erst seit dieser Woche wirklich stattfindet. Egal. Saisonale Effekte sind immer noch die beliebtesten Begründungen für unerklärbare Phänomene wie ICE-Zugsausfälle oder das Steigen der Arbeitslosenzahlen, trotz statistischer Manipulation.
Wenn sie wissen wollen, wie es weitergeht, sollten sie sich die Begriffe Frühjahrsbelebung, Sommerpause und Herbstflaute/belebung schon einmal in ihrem Kalender vormerken.
Das Weihnachtsgeschäft und vor allem die letzten Wochen des Jahres sollten den Handel retten. Zuversichtlich prognostizierte der Handelsverband HDE gute Ergebnisse. Schließlich sei die Stimmung bei den Verbrauchern trotz Krise hervorragend, die Kauflaune laut GfK-Kaffeesatzindex ungebrochen hoch und die Geschäfte nach optischer Messung mit Menschen voll gewesen. Demnach seien die Rahmenbedingungen für den Einzelhandel im Jahr 2011 so toll gewesen wie schon lange nicht mehr, freute sich der HDE am 4. Januar 2012.
Insgesamt waren die Rahmenbedingungen für den Einzelhandel 2011 so gut, wie schon lange nicht mehr. Das Jahr hat denn auch die Erwartungen der Branche erfüllt. Der HDE hatte für 2011 ein Umsatzplus von zwei Prozent erwartet.
Doch daraus wurde mal wieder nichts. Das statistische Bundesamt hat heute die Zahlen zu den Umsätzen im deutschen Einzelhandel für den Monat Dezember und das Jahr 2011 veröffentlicht. Darin heißt es:
Die Einzelhandelsunternehmen in Deutschland setzten im Dezember 2011 nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) nominal 0,5 % mehr und real 0,9 % weniger um als im Dezember 2010. Beide Monate hatten jeweils 26 Verkaufstage. Im Vergleich zum November 2011 sank der Umsatz im Dezember 2011 kalender- und saisonbereinigt (Verfahren Census X-12-ARIMA) nominal um 1,7 % und real um 1,4 %.
Im gesamten Jahr 2011 wurde im Einzelhandel in Deutschland nominal 2,6 % und real 0,9 % mehr als im Jahr 2010 umgesetzt.
Vor knapp einer Woche hieß es noch, Konsumenten bleiben im Kaufrausch. Die Verbraucher zeigten eine Kaufbereitschaft, die so hoch sei wie im Jahr 2006.
Die Konsumenten stemmen sich weiter gegen zunehmende Konjunkturrisiken sowie die anhaltende Schuldenkrise im Euro-Raum, sagt GfK-Experte Ralf Bürkl. Da auch die Stimmung der Firmen dreimal in Folge zulegte, hält es Wirtschaftsminister Philipp Rösler für immer wahrscheinlicher, dass Deutschland die gegenwärtige wirtschaftliche Schwächephase zügig hinter sich lässt und sich der Aufschwung fortsetzt.
Die Reaktionen auf die ernüchternden Zahlen fallen unterdessen wie üblich aus. Von einer unerwarteten Überraschung bis hin zum Klammern an den schwachsinnigen GfK-Konsumklimaindex, der nach Auffassung vieler immer noch Hoffnung verbreite, ist wieder zu lesen. Es wird nicht lange dauern und die Propagandamaschine von Spiegel Online und Co. wird die Nachrichten zum weiter schwächelnden privaten Konsum überdecken.
Wenigstens hat sich der Winter zurückgemeldet, so dass der Handelsverband nun endlich auf einen anziehenden Absatz von Winterbekleidung im Schnäppchen-Schlussverkauf hoffen kann. Den sehr wahrscheinlichen Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung im vierten Quartal 2011 wird das aber nicht kompensieren können.
Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Johannes Singhammer (CSU), beklagte sich am Wochenende darüber, dass die Abgeordneten durch die Bundesregierung nicht ausreichend über die Risiken bei der Euro-Rettung informiert würden. Er fordert daher einen monatlichen Statusbericht über die aktuelle Haftungssumme des deutschen Steuerzahlers.
Sie erinnern sich. Als im letzten Jahr die Aufstockung des Rettungsschirms beschlossen wurde, sahen die Abgeordneten auf Nachfrage der Panorama-Redaktion am Abstimmungstag ziemlich ahnungslos aus. Viele wussten weder über die Höhe des deutschen Anteils am Rettungsschirm noch darüber bescheid, an wen zu diesem Zeitpunkt bereits Gelder geflossen waren.
Trotzdem stimmte eine breite Mehrheit, mit Ausnahme der Fraktion DIE LINKE und einiger FDP-Abweichler, am 29. September 2011 für die Aufstockung des Rettungsschirms, obwohl sie, wie jetzt Johannes Singhammer bestätigt, unzureichend informiert worden waren.
Für jeden Aufsichtsrat eines Unternehmens ist die Kenntnis und Bewertung der Risiken und Haftungen in kurzen zeitlichen Abständen eine Pflichtaufgabe, sagt der CSU-Politiker. Dies müsse künftig auch für die Parlamentarier gelten. Nicht nur angesichts der gewaltigen Summen, um die es bei der Euro-Rettung gehe, sei eine größtmögliche Transparenz bei eingegangenen Verpflichtungen und Risiken unverzichtbar.
Als die Finanzkrise ausbrach und zahlreiche Sparer, die ihr Geld auf windige Zertifikate setzten, einen Totalverlust hinnehmen mussten, erklärten Banker und Politiker einträchtig, dass man künftig nichts mehr unterschreiben solle, was man nicht verstehe. Wenn eine große Mehrheit im deutschen Bundestag aber nicht verstanden hat, worüber sie abstimmen soll, wieso hat sie das Gesetz der Bundesregierung dann nicht einfach abgelehnt?
Urban Priol und Erwin Pelzig laden zum Neujahrsempfang am Dienstag, 31. Januar, im ZDF um 22:15 Uhr in die Anstalt ein. Dabei werden die beiden Gastgeber mit Sicherheit den Fragen auf den Grund gehen, warum Christian Wulff noch immer Bundespräsident ist und die CSU mit dem Verfassungsschutz im Bett, Jagd auf die Linken macht. Wahrscheinlich, weil Friedrich, Dobrindt und Co. auf Wiedergutmachung aus sind. Schließlich haben ihre Vorgänger in der CSU zusammen mit der KPD bei Gründung der Republik gegen die Einführung des Grundgesetzes gestimmt. Das schreit nach Aufklärung.
Die Sendung läuft wie immer live und direkt nach dem heute journal.
Das Jahr 2012 ist schon in vollem Gange, wenn in den Fluren der Anstalt wieder Leben einkehrt. Frisch erholt aus der Winterpause ziehen Urban Priol und Erwin Pelzig mit ihren Gästen eine erste satirische Bilanz.
Zum Wiedersehen im neuen Jahr stehen Carmela de Feo, Piet Klocke und Arnulf Rating auf dem Belegungsplan.
Am Wochenende hörte ich einen Experten im Radio sagen, dass es schon wünschenswert wäre, wenn das griechische Volk an den Fiskalentscheidungen beteiligt würde. Allerdings sei doch klar, dass Sparmaßnahmen im Augenblick nicht so populär seien, das Bestreben den Euro zu retten aber Vorrang habe. Diese absurde Logik wird auch bei der Diskussion um einen Sparkommissar benutzt, von dem heute, nachdem die Empörung ob des deutschen Vorschlags in Griechenland enorm war, niemand mehr etwas wissen will.
Scheinbar.
Denn die Hasardeure des voreilig gesprochenen Wortes haben ihre PR-Berater konsultiert und beauftragt, den Sachverhalt in Sprechblasen so zu verpacken, dass jeder annehmen muss, sie seien gegen die Einsetzung eines Sparkommissars, nicht aber gegen dessen Funktion, was bekanntlich nur die wenigsten checken.
Da ist zum Beispiel unsere Bundeskanzlerin, die heute im generalbestreikten Brüssel zu einem Sparkommissar Stellung bezog und so tat, als würde sie Schadensbegrenzung betreiben (zumindest nehmen das viele in ihrer gespielten Naivität an):
Ich glaube, dass wir eine Diskussion führen, die wir nicht führen sollten. Es geht darum: Wie kann Europa unterstützen, dass in Griechenland die Dinge eingehalten werden, die als Auflagen gegeben werden. Aber alles geht nur, indem Griechenland und die anderen Staaten das miteinander diskutieren.
Ich verstehe nicht, wie man da schreiben kann, Merkel hätte die Wogen zu glätten versucht. Denn in Wirklichkeit hat sie die Funktion des Kommissars, nämlich zu unterstützen (überwachen), dass die Auflagen (Spardiktat) eingehalten (umgesetzt) werden, bloß umschrieben. Ob dieser Jemand nun Sparkommissar, Troika oder Papademos (von Merkels Gnaden, nicht vom Volk gewählt) heißt, ist doch egal.
Im Kern bleibt doch die Erkenntnis, dass alle Bemühungen, durch Haushaltsdisziplin, Kürzungen und mehr Kontrolle der Exekutive vor Ort eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage herbeizuführen, grandios gescheitert sind. Damit das aber keiner merkt, wird in einer Tour die Dosis des schädlichen Gifts erhöht, in der Hoffnung, so die eigenen Leute hinter sich zu versammeln und gegen die Empörten in Griechenland in Stellung zu bringen. Denn wenn mehr Menschen wüssten, was eigentlich los ist, wäre vielleicht was los hier.
Aber so ist es bekanntlich nicht, weil auch Sätze wie die vom EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz (SPD) ihre Wirkung nicht verfehlen. Er meinte ganz direkt, dass man solche Begriffe wie Staatskommissar und Sparkommissar vermeiden solle, wohl aber dafür Sorge tragen müsse, dass die Sparmaßnahmen umgesetzt würden. Diese Floskelei dient schließlich nur als Futter für das Wahlvolk an der Heimatfront, welches durch Merkel, Dschungelcamp und Co. vollkommen sediert vor sich hin dämmert und nicht mehr zwischen Phase und Phrase zu unterscheiden weiß.
In Griechenland und in zunehmend mehr europäischen Ländern wird aber sehr wohl die Absicht der deutschen Kanzlerin verstanden, die europäischen Völker als Sünder zu brandmarken und in die Knechtschaft zu treiben.