Normalerweise bringen Regierungschefs eigene Bücher erst nach Beendigung ihrer Amtszeit heraus, um ihre Erfahrungen mit dem Umgang der Macht einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Da ein Ende der Regierungszeit Merkels in den nächsten 50 Jahren unwahrscheinlich ist, kommt am Dienstag, dem 3. Juli das Ergebnis ihres Zukunftsdialoges gebunden und mit Schutzumschlag auf den Markt. Nicht weniger als über Deutschlands Zukunft will Merkel in dem Buch informieren. Dabei gehören solche Erkenntnisse, die aus einem Dialog mit Bürgern und Experten gewonnen werden, meiner Meinung nach in eine Regierungserklärung und nicht in ein Buch, dass der Bürger für üppige 20 Euro kaufen soll.
Das ist viel Geld für die Niederschrift eines durch und durch gescheiterten Projektes der Bundesregierung, an dem nun ein Verlag und wohlmöglich die Herausgeberin selbst noch etwas verdienen will.
In enger Abstimmung mit der Kanzlerin habe der von ebendieser beauftragte Journalist Christoph Schlegel Ergebnisse und Erkenntnisse aus den Gesprächen mit Bürgern sowie Beratungen mit Experten festgehalten. Wer könnte daran ein Interesse haben, zumal gerade eben Bundesfinanzminister Schäuble die Zukunft Deutschlands mit einem Referendum über eine neue Verfassung, verbunden mit einer weiteren Abgabe nationaler Souveränität auf neu zu schaffende europäische Institutionen klar umrissen hat.
Aus seiner Sicht seien die Grenzen des Grundgesetzes erreicht. Das darf einer sagen, der natürlich nicht unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht, aber als Mitglied der Bundesregierung sicherlich der Richtlinienkompetenz der Kanzlerin zu folgen hat. Wenn die nun aber ein Jahr lang einen Dialog mit den Bürgern des Landes über die Zukunft Deutschlands führt, um dann wohlmöglich die Umsetzung von Ideen europäischen Institutionen zu überlassen, stellt sich unweigerlich die Frage nach der Betrugsabsicht.
Es kommt viel zusammen. Der Euro-Spielplan sieht es bereits vor: Am Donnerstag Halbfinale mit deutscher Beteiligung und Start des EU-Gipfels in Brüssel, am Freitag Verabschiedung des Fiskalpaktes mit 2/3 Mehrheit (plus ESM) im Bundestag und Bundesrat. Anschließend wird beim EU-Gipfel über Schäubles Zukunftspläne zur Beseitigung der Ordnung beraten. Da der Bundes-Gauck die Gesetze zum Fiskalpakt und ESM nicht so zügig, wie vom Verfassungsorgan Merkel gefordert, unterzeichnen wird, findet das Inkrafttreten am 1. Juli, dem Tag des Endspiels um die Europameisterschaft, vorerst nicht statt.
Falls noch jemand Zweifel an der Zukunftsplanung unserer Bundesregierung (mit möglichst wenig Bürgerbeteiligung) hat, braucht nur Wolfgang Schäuble zitieren, ein lupenreiner Demokrat mit hehren Absichten.
Zur verstärkten EU-Integration gibt es aus Sicht Schäubles keine Alternative. Bei einem Auseinanderbrechen des Euro – wovon er nicht ausgehe – bestehe die Gefahr, dass Vieles infrage gestellt werde, vom EU-Binnenmarkt bis zur Reisefreiheit. Ein Auseinanderbrechen der EU in einer Zeit, in der die Welt enger zusammenrücke, wäre absurd: „Das kann, darf und wird nicht sein.“
JUN