Schlagkräftige Geschäftsbeziehung

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Die Bundesregierung begründet die Beendigung der schlagkräftigen Geschäftsbeziehung mit Weißrussland damit, dass man bis zur Verhaftung von Oppositionellen vor der letzten Wahl 2010 gehofft hatte, in dem Land könne sich etwas verändern. Und das wollte der Bundesinnenminister mit Schlagstöcken und Überwachungsgerät unterstützen oder wie? Nein, für Schlagstocklieferung gebe es keine Anhaltspunkte, sagte ein Sprecher des Innenministeriums heute.

Das heißt, man kann so etwas erst offiziell zugeben, wenn die Presse einen Schlagstock aus weißrussischen Beständen mit der Aufschrift „Made in Germany“ präsentiert. Bis dahin gilt das bewährte Prinzip, nur das zuzugeben, was ohnehin bekannt ist und sich nicht mehr leugnen oder schreddern lässt.

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Merkel liest in asiatischen Think Tanks mit

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Wieder ist ein Sommerinterview mit Angela Merkel rum und der Zuschauer bleibt ratlos zurück. Top-Meldung bei der ARD ist, wie erwartet, Merkel weist CSU in die Schranken. Das war vorhersehbar, nach der plumpen oder wahrscheinlich eher abgesprochenen Vorlage, die Dick und Doof in der BamS lieferten. Den entscheidenden Satz Merkels hat die Nachrichtenabteilung der ARD aber nicht dokumentiert. Nämlich den, als sie darüber sprach, was sie in einer Einschätzung eines asiatischen Think Tanks kürzlich gelesen haben will.

Darin hieß es, in Europa fehle etwas und zwar flächendeckend. Merkel erklärt das dann so:

“Wir können nicht einfach sagen, das ist unser Sozialstandard, auf dem bleiben wir stehen, und wir können nichts anderes machen, sondern wir müssen schauen, wenn wir Arbeitsplätze haben wollen, dass wir auch in der Lage sind, wettbewerbsfähige Kosten, vernünftige Produkte anzubieten, auf den Weltmärkten möglichst innovative Produkte, dann können wir nämlich auch gute Erlöse und Gehälter dafür zahlen.” 

Mal abgesehen vom gewohnt anstrengenden Satzbau (wortwörtlich von den Lippen der Kanzlerin abgeschrieben) will Angela Merkel doch sagen, dass unser dringendes Problem Sozialstandards seien, die Arbeitsplätze, Wettbewerbsfähigkeit und eine gute Bezahlung behindern würden. Klar sei es “extrem ärgerlich” wenn während der Finanzkrise die Reichen mit ihrem Geld irgendwo hin verschwinden, vornehmlich über die Berge (meint sie damit etwa die Schweizer Alpen?), doch könne man offensichtlich nichts gegen diese Ungerechtigkeit unternehmen, weil die bescheuerten ARD-Interviewer einfach nicht nachfragen!!!

Es klingt wie ein schlechter Scherz, wenn Deppendorf am Ende des zusammengestückelten Interviews sagt, dass er und sein minder begabter Kollege Becker noch viel mehr hätten fragen können und wollen. Jedenfalls wissen wir jetzt, dass die mächtigste und weiseste Frau der Welt den Eindruck hat, dass sich andere ernsthaft anstrengen. Doch wie sieht es bei der Kanzlerin aus, darüber bleibt der Zuschauer im Unklaren. Sie wolle abwarten. Diesmal den Troika-Bericht und Urteile des Bundesverfassungsgerichts. In der Zwischenzeit führt das Land eine Debatte, in der es den Anschein hat, als bestimme die deutsche Bundesregierung oder der deutsche Bundestag über den Verbleib Griechenlands in der Eurozone.

“Jeder sollte seine Worte wägen”, ist Merkels kurze Antwort, die in der ARD mit einem angeblichen Zurechtweisen sehr durchschaubar übersetzt wird. Gleichzeitig stärkt die Kanzlerin dem Bundesbank-Präsidenten den Rücken, der mit seinem Geschwätz nicht nur die Vorlage für Dobrindts “Falschmünzer-Äußerung” lieferte, sondern damit auch eine absolute Minderheitenposition im EZB-Rat vertritt. Die Notenbank-Finanzierung mache süchtig wie eine Droge, lässt Weidmann einfach mal so verbreiten. Anscheinend hat er schon vergessen, dass die Staatenfinanzierung aktuell genauso funktioniert. Der Unterschied liegt nur darin, dass die privaten Geschäftsbanken den Job gegen eine hübsche Provision erledigen.

Weidmann geht es also nicht um die Ideologie der Geldwertstabilität, denn Inflationsgefahren sieht er ja nach eigener Aussage auch nicht, sondern um handfesten Einfluss, den Berlin und damit seine Chefin Merkel im EZB-Rat nachweislich nicht hat. Deshalb wird sie und er auch nicht müde zu betonen, dass die EZB unabhängig zu bleiben, aber sich dennoch auf ihre vertraglich fixierten Pflichten zu beschränken habe. Allein die EZB könnte mit ihrer Geldpolitik den von Merkel angezettelten und immer noch durchgehaltenen Austeritäts-Wahnsinn durchbrechen, ohne dass sie oder ihr ergebener Diener Weidmann etwas daran ändern könnten.

Innenpolitisch stünde Merkel vor einem Scherbenhaufen, noch machtloser und noch isolierter. Schließlich könnte sie die Kontrolle über den aus strategischen Gründen und mit chauvinistischen Parolen geschürten Volkszorn verlieren. Die Zeit des Aussitzens und des Spielens auf Zeit wäre vorbei. Da hilft dann auch kein mahnender Appell mehr, wonach jeder seine Worte sorgfältig wägen sollte.

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Frag nicht die Kanzlerin in Trennungsfragen

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Heiner Flassbecks Beitrag „Trennt euch!„, der diese Woche unter anderem auf den NachDenkSeiten erschien, ist zuweilen enttäuschend, weil die Aussage des Textes wohl gern ignoriert werden und im Gegenteil dazu führen wird, dass sich die “Horden engstirniger deutscher Provinzpolitiker”, wie Flassbeck sie nennt, in deren Auffassung bestätigt sehen. Und kaum ist die Woche rum, wartet die Bild am Sonntag mit einem Interview zweier Generalsekretäre auf, die über den Austritt Griechenlands fabulieren, obwohl ein Gespräch über den Eintritt von Intelligenz in die Köpfe von Dick und Doof, pardon, Dobrindt und Döring allemal sinnvoller gewesen wäre.

Am Abend hat dann die Kanzlerin in der ARD mal wieder das Wort und darf mit Sicherheit erneut eine Frage von Deppendorf und Becker nach den vermeintlichen Unruhen innerhalb der Koalition beantworten. Das geht schon seit Jahren ihrer Regentschaft so. Ein bissel Gezänk im eigenen Laden, das lenkt von den Problemen ab, die Merkel ebenfalls seit Jahren nur vor sich herschiebt und dennoch als Machtpolitikern mit klarem Kompass und Ziel überall geachtet wird.

Bereits im letzten Jahr versicherte sie den beiden Fragestellern der ARD, zum nächsten Euro-Sondergipfel nur reisen zu wollen, wenn dieser auch zu einem Ergebnis führe. Inzwischen sind zwölf Monate und dutzende weitere Krisengipfel ohne Ergebnisse rum. Die Lage ist schlimmer als vorher und wieder wollen Deppendorf und Becker nur wissen, wie es mit Europa weitergeht, anstatt danach zu fragen, wann die Kanzlerin endlich damit aufhört so zu tun, als täte sie was.

Aber das wird nicht passieren. Stattdessen ist im Vorspann zur Sendung die Rede von der mächtigsten Frau der Welt, zu der Angela Merkel kürzlich wieder gekürt wurde. Doch wäre sie die mächtigste Frau, trüge sie doch auch Verantwortung für das Desaster, in dem sich Europa und die Welt befinden. Nein, so weit reicht der Hirnschmalz im Führungsduo des Hauptstadtstudios der ARD aber nicht. Denn die Schuld am Schlamassel tragen immer die anderen, die Auflagen nicht erfüllen und trotz radikaler Kürzungen noch immer über ihre Verhältnisse leben würden. Merkels Politik “aus dem hohlen Bauch” trifft da eher den Geschmack der Berichtenden und kritisch nicht wirklich Nachfragenden.

Dank Merkels Krisenmanagement befindet sich Europa bereits in der Rezession und nun taumelt auch Deutschland hinterher. Natürlich ist sie und ihre Regierung nicht dafür verantwortlich, sondern “der Wunsch nach mehr Staat und mehr sozialen Wohltaten”, wie es etwa von der Pfeife aus dem Wirtschaftsministerium heißt.

Ich kann Heiner Flassbeck schon verstehen, wenn er meint, dass eine Trennung nun das richtige wäre. Allerdings dürfe die nicht zwischen Nord- und Südeuropa vollzogen werden, sondern eindeutig zwischen dem Souverän und der von ihm bestellten Bundesregierung. Um das zu erreichen ist weiter Aufklärungsarbeit zu leisten.

Trennt Euch endlich von dieser Kanzlerin und ihrer Regierung! Und wenn ihr schon dabei seid, trennt euch auch von amtlichen Regierungspropagandisten mit Presseausweis.

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Eine Katastrophe nach der anderen

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Es gibt Formulierungen, da fasst man sich an den Kopf. Eigentlich braucht man die Hände von dort gar nicht mehr wegzunehmen. 

Im Grundgesetz steht unter Artikel 87a, Abs. 2, Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zulässt. Und da steht nicht, dass in “Ausnahmesituationen katastrophischen Ausmaßes” militärische Mittel eingesetzt werden dürfen, sondern eine Mobilisierung der Streitkräfte im Rahmen der Amtshilfe nur bei Naturkatastrophen und Unglücksfällen erlaubt sei. Mit der schönen Formulierung “Ausnahmesituation katastrophischen Ausmaßes” stehen den neoliberalen Hohlköpfen nun sämtliche Interpretationsebenen offen. Deshalb begrüßten de Maizière und Friedrich die Entscheidung umgehend.

Denn plötzlich erscheint es ja auch im Bereich des Möglichen, eine Bombe präventiv auf ein Haus im Sauerland zu schmeißen, weil dort nach geheimdienstlichen Erkenntnissen eine vermeintliche Gruppe von Terroristen einen Anschlag geplant haben soll, dessen geglückte Durchführung zu einer “Ausnahmesituation katastrophischen Ausmaßes” geführt hätte. Möglicherweise werden aber auch die im Zusammenhang mit der Eurokrise immer wieder bemühten “unabsehbaren Folgen” künftig als “Ausnahmesituationen katastrophischen Ausmaßes” bezeichnet. Demzufolge könnte die Bundesregierung jetzt schon Panzer nach Karlsruhe schicken, da die Entscheidung der Verfassungsrichter zum ESM und Fiskalpakt negativ auszufallen droht.

Der Unglücksverlauf muss aber bereits begonnen haben und der Eintritt eines katastrophalen Schadens mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unmittelbar bevorstehen.

Quelle: BverfG

Dieser Satz trifft doch exakt Schäubles Warnungen vor den “unabsehbaren Folgen” und der Bestrafung durch die Finanzmärkte. Über die beinahe sichere Wahrscheinlichkeit werden sich dann, wenn es mal soweit ist, wieder Juristen das Hirn zermartern müssen. Wichtig ist, die Tür steht offen, man braucht sie nur noch aufzustoßen und einen entsprechenden Einsatz im Innern als alternativlos zu erklären. 

Der Einsatz der Streitkräfte wie der Einsatz spezifisch militärischer Abwehrmittel ist zudem auch in einer solchen Gefahrenlage nur als ultima ratio zulässig.

Viele begnügen sich ja damit, dass auch in Zukunft keine “Ferienflieger” abgeschossen werden dürfen. Puh, da atmet der Michel wieder auf. Doch kaum einer, Heribert Prantl und Wolfgang Lieb einmal ausgenommen, beschäftigt sich mit dem Sondervotum des Richters Gaier, der in dem Plenarbeschluss des Gerichts eine Verfassungsänderung erkennt, die Spielraum für subjektive Einschätzungen, wenn nicht gar voreilige Prognosen zulasse.

Fakt ist aber auch, dass die Bundeswehr im Innern bereits verfassungswidrig eingesetzt wurde, etwa als dutzende Tornados zu Aufklärungszwecken über Demonstranten in Heiligendamm hinwegdonnerten. Das solle in Zukunft nicht mehr passieren, hielten die Verfassungsrichter fest, doch was oder wer sollte eine Bundesregierung daran hindern, die mit Blick auf das Grundgesetz nach dem Motto verfährt, Gesetze erst einmal zu beschließen und abzuwarten, ob jemand dagegen klagt?

Pausenlos wird durch die Bundesregierung gegen die Verfassung verstoßen. Hartz-IV-Regelsätze und das Wahlrecht sind nur einige Beispiele von vielen. Mich wundert ehrlichgesagt die Haltung der Verfassungsrichter. Bei Bundeswehreinsätzen wird mal eben eine neue Rechtslage geschaffen, wohingegen bei existenziellen Entscheidungen wie über die Höhe des Regelsatzes oder einem gültigen Wahlrecht regelmäßig der Schwanz eingezogen und auf den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers verwiesen wird. Gleichzeitig gelten großzügige Fristen, die dennoch tatenlos verstreichen. Und dann? Nichts. Eine Kodifikation wie jetzt im Falle der Bundeswehr im Innern findet nicht statt.

Dafür wird sich der Gesetzgeber jetzt daran machen, die neu geschaffene Rechtlage mit Leben zu füllen und die “Ausnahmesituation katastrophischen Ausmaßes” für ihre Zwecke zu definieren.

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Unschuldslämmer wollen Frieden schließen

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Der Chef der Schweizer Großbank UBS, Axel Weber, will erreichen, dass der deutsche Fiskus mit seinen Steuerbürgern Frieden schließen kann. Dafür müsse das Steuerabkommen zwischen der Schweiz und Deutschland recht bald ratifiziert werden. Gleichzeitig distanziert sich der Ex-Bundesbankchef aber von dem Vorwurf, die UBS würde Deutschen bei der Steuerhinterziehung behilflich sein. Wieso aber, frage ich mich, braucht es dann noch ein Abkommen, in dem eine großzügige Amnestieregelung verabredet wird?

Damit soll ein Schlussstrich unter die Vergangenheit gezogen werden, sagt Weber. Doch gerade das darf nicht passieren, weil es die Aufarbeitung von Sachverhalten, die Anklage von Straftätern und damit auch deren Bestrafung verhindert. Offensichtlich bereiten sich verschiedene Staatsanwaltschaften auf Verfahren vor. Das würde sie nicht tun, wenn keinerlei Verdacht bestünde. Dass gerade die UBS kein Unschuldslamm ist, hatte ja bereits ein Mitarbeiter der Bank vor einem amerikanischen Gericht gestanden.

Doch viel interessanter als der Streit um ein Steuerabkommen, der ja nur aus Gründen des Wahlkampfes geführt wird, ist doch auch die Frage, ob es überhaupt noch einer solchen Vereinbarung bedarf. Denn relativ unbemerkt von der deutschen Öffentlichkeit hat die Schweiz am 17. Juli der Neuauslegung des OECD-Musterabkommens zur Vermeidung von Doppelbesteuerung in Paris zugestimmt. (Quelle: WOZ)

In diesem Abkommen wurde ebenfalls im Juli 2012 der Artikel 26 “Informationsaustausch” überarbeitet. Demnach hätte nach Überzeugung von Experten beispielsweise Deutschland als “ersuchender Staat” das Recht zu entscheiden, welche Informationen relevant seien und welche nicht. Folglich müsse die Schweiz als “ersuchter Staat” praktisch jede gewünschte Information liefern, Bankgeheimnis hin oder her.

Doch einen Trend in Richtung eines automatischen Informationsabgleichs ist natürlich nicht im Sinne der Banken, von denen auch die Idee der Abgeltungssteuer stammt. Es scheint auch nicht im Sinne deutscher Finanzpolitiker wie Schäuble zu sein, die nach wie vor auf ein Abkommen drängen, das SteuerdelinquentInnen ermögliche, abzuschleichen, wie es SP-Finanzpolitikerin Margret Kiener sagt.

Darüber hinaus würden sie auch noch mit Anonymität und “tiefen Ablasssteuern” belohnt: “Wenn Steuerbetrug keine Strafverfolgung mehr erfährt, stecken wir mitten in der Korruption.”

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Ärzte als Unternehmer

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In der Diskussion um die Förderung von Verkaufsseminaren für Ärzte, die ihren Patienten individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) schmackhaft machen wollen, scheint die Nutzlosigkeit solcher Angebote klar geworden zu sein. Allerdings führt die Einsicht nicht etwa zu einem Verbot dieser Untersuchungspraktiken. Vielmehr hat das verantwortliche Ministerium die bisher – aus welchen Gründen auch immer – bestehende Förderkulisse bloß einkassiert.  

Eine aktiv betriebene Vermarktung von individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) sei mit den ethischen Grundsätzen des Berufsrechts der Ärzte nicht vereinbar, hieß es zur Begründung. “Holen sich Ärzte zur Entwicklung entsprechender Verkaufsstrategien externe Hilfe, ist dies vor allem unter gesundheitspolitischen und ethischen Gesichtspunkten nicht unterstützungswürdig”, teilte das Ministerium mit.

Quelle: Tagesschau

Ärzte, die eine Verkaufsstrategie verfolgen, haben aufgrund von gesundheitspolitischen und ethischen Gesichtspunkten keinen Anspruch auf entsprechende öffentliche Unterstützung. Offenbar erlauben es aber die gleichen gesundheitspolitischen und ethischen Gesichtspunkte, die Vermarktung von individuellen Gesundheitsleistungen trotzdem fortzuführen. Schließlich ändert die Einsicht des Rösler-Ministeriums zu den Förderrichtlinien nichts an der praktisch für richtig gehaltenen Markt-Ideologie. Andernfalls hätte die Bundesregierung ja nicht nur die Finanzierung von Verkaufsseminaren unterbunden, sondern auch die Vermarktung durch die Ärzte insgesamt.

Ärzte sollen aber unternehmerisch denken und wie alle anderen Akteure im Gesundheitswesen auch, einen “gesunden” Wettbewerb austragen. Gesundheit als Ware, dieses Leitbild bleibt im Ergebnis ungebrochen. Dabei lohnt ein Blick in das entsprechende Sozialgesetzbuch, um zu verstehen, in welchem Umfang medizinische Leistungen angeboten werden sollten.

§ 12 Wirtschaftlichkeitsgebot

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

Dass die Leistungserbringer, vulgo Ärzte, dennoch unnötige Leistungen verkaufen können, funktioniert nur, weil diese explizit außerhalb des § 12 SGB V abgewickelt werden. Gleichzeitig wird durch sie jedoch der Eindruck erweckt, bei der angebotenen Dienstleistung handele es sich um eine notwendige (“sinnvolle”) Untersuchung. Das führt wiederum zu einer Verunsicherung bei Patienten, die plötzlich als Verbraucher entscheiden sollen. Doch sollte dieser Bereich überhaupt als Geschäft betrieben werden?

Der heutige Bundeswirtschaftsminister Rösler begann seine Berliner Karriere als Gesundheitsminister und trat mit dem Ziel an, im Gesundheitssystem mehr Wettbewerb und Eigenverantwortung durchsetzen zu wollen. Seine Vorstellung von Solidarität lautete, die starken Gesunden helfen den schwächeren Kranken. Und so ist es auch gekommen, die starken Gesunden helfen den schwächeren Kranken, bei der Erleichterung ihrer Portemonnaies. Denn Wettbewerb heißt, der eine setzt sich durch und der andere nicht. Der eine erzielt einen Überschuss und der andere nicht.

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Der Kampf ist weder heroisch noch hoffnungslos

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In einem Kommentar des Handelsblattes meint Karl-Heinz Paqué:

“Kaum jemand regt sich in Deutschland darüber auf, wie ungeniert die Bundeskanzlerin die EZB wiederholt in die Pflicht genommen hat. Das Maß, mit dem gemessen wird, ist unterschiedlich: Geht es um die Rettung deutscher Sparguthaben, ist das Mittel recht; geht es um die Rettung südeuropäischer Haushalte, dann nicht. In Deutschland misstraut man dem Staat und den Menschen in Italien und Spanien.”

Das ist schon richtig, allerdings ist der angebliche Kampf von Weidmann und Merkel weder heroisch noch hoffnungslos, sondern dumm und dennoch innenpolitisch erfolgreich. Merkel wird die nächste Wahl wieder gewinnen. Und dafür ist ihr jede noch so große Dummheit und einkalkulierte Abscheulichkeit recht.

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Plänkeleien im Sommerloch

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Von der Vermögenssteuer, die in Deutschland nicht abgeschafft, sondern wie die Wehrpflicht bloß ausgesetzt ist, über einen lächerlich geringen Ehegattensplittingvorteil, der unter viel „Getöns“ gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften mehr oder weniger vorenthalten werden soll, damit die Moralvorstellungen von Sittenaposteln bestehen bleiben können, bis hin zur milliardenschweren Umverteilung durch die Mehrwertsteuer, über die niemand redet, obwohl sie gespartes Einkommen (also Vermögen) schont, hat sich Egon W. Kreutzer im aktuellen Paukenschlag einmal Gedanken um das Steuergeplänkel im Sommerloch gemacht.

Passend dazu lohnt sich aber auch ein Blick auf die Pläne der Sozialministerin Ursula von der Leyen, die den Beitragssatz in der Rentenversicherung mal eben um 0,6 Prozentpunkte absenken will, um auch weiterhin Armutsrenten ab 67 garantieren zu können. Offensichtlich wirft das gesetzliche Rentensystem trotz permanent betriebener politischer Demontage unter dem Vorwand eines dramatisch stattfindenden demografischen Wandels immer noch Überschüsse ab. Die dürfen aber keinesfalls den Rentnern zugute kommen, weil sonst ja der Eindruck entstehen könnte, dass man sich den ganzen Schwachsinn mit der teuren und verlustreichen privaten Altersvorsorge auch sparen könnte, ja müsste.

Da die “Ölquelle” (Zitat: Maschmeyer) der Versicherungsgesellschaften aber weiterhin sprudeln soll, haben nun jene Arbeitnehmer die Chance auf ein “Sozialhilfe plus” im Alter, die jetzt von ihren ohnehin schon niedrigen Einkommen trotzdem noch etwas an Allianz und Co verschenken. Damit würden die Betroffenen bei der Rente aber erneut über den Tisch gezogen. Denn erst findet aus haltlosen demografischen Gründen heraus eine politisch veranlasste Kürzung der Rente statt, die bei vielen kaum mehr das Grundsicherungsniveau übersteigen wird. Und nun sollen die Betroffenen aus ihren bisweilen viel zu niedrigen, aber politisch immer noch tolerierten Einkommen, Geld locker machen, um im Armenhaus später eine privilegiertere Position einnehmen zu können.

Über den Rest des Einkommens, das ja vollständig in die Lebenserhaltung und damit in Konsumgüter des täglichen Bedarfs fließen muss, freuen sich dann wiederum die Versicherungsgesellschaften, denen dank Riesterförderung der Zugriff auf zusätzliche Steuermilliarden erlaubt wurde. Diese, aus Sicht der Bundesregierung absolut notwendige Subvention, macht natürlich Einsparungen an anderer Stelle erforderlich.

Und so folgt nach der angeblich so segensreichen Arbeitsmarktreform “Hartz IV” nun mit Blick auf die sich abzeichnende Altersarmut ein “Beschiss im Quadrat”.

Denn Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble meinte heute in einem anderen Zusammenhang: “Wir halten nichts von Steuergerechtigkeit nach dem Zufallsprinzip.” Doch hält er überhaupt etwas von Gerechtigkeit? Bundesländer, die Steuer-CDs kaufen würden, hätten aus Sicht der Union “jedes Maߔ verloren und nicht etwa die kriminellen Steuerhinterzieher, denen Schäuble mit einer günstigen Nachveranlagung strafrechtliche Amnestie verspricht. Das Land habe ja auch kein Einnahmen- sondern ein Ausgabenproblem, wie es die Gegner des Aktionsbündnisses “Umfairteilen – Reichtum besteuern!” der Öffentlichkeit weismachen wollen. 

umFAIRteilen

Das “Qualitätspersonal” in der Bundesregierung und in den Redaktionen der großen Blätter bestimmt die öffentliche Meinung und das Sommerloch. Da passt es auch, dass der Bundeswehr-Oberst Georg Klein nun wegen seiner Verdienste in den Rang eines Generals erhoben wird. Ein Ministeriumssprecher sagte, der Oberst sei “dafür gut geeignet”. Zudem erfülle er auch alle fachlichen Voraussetzungen. Zu Guttenberg hätte ihn wahrscheinlich lobend als Original im wahrsten Sinne des Wortes bezeichnet.    

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Mit Bildung abnehmen

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Bundesbildungsministerin Annette Schavan lobt die Einführung von Bachelor und Master. Aus der Hochschulreform sei eine europäische Erfolgsgeschichte geworden. Die Zahl der Studienabbrecher habe in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen. Dafür gibt es aber deutlich mehr Bildungserbrecher. Auch das hat etwas mit Abnehmen vor allem im Geiste zu tun. Das aber verschweigt die Ministerin. Die durch Bologna ausgelöste Bildungsbulimie ist alles andere als zukunftstauglich!

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Generationenfolge bietet ein schlechtes Programm

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Ein CSU-Politiker, der auf den Namen Norbert Geis hört und in der Vergangenheit schon mehrfach durch bedenkliche Äußerungen unangenehm aufgefallen ist, lehnt die steuerliche Gleichbehandlung von homosexuellen Partnerschaften neuerdings aus “naturwissenschaftlichen Gründen” ab. Die Privilegierung der Ehe zwischen Mann und Frau liege, so Geis,  darin begründet, dass sie die Generationenfolge sichere. Ja, leider, möchte man angesichts dieses Herrn und dessen geistlos aus dem Gesicht gefallenen Worte sagen.

Was genau befürchtet denn Herr Geis? Dass sich mit einer Gleichstellung vermehrt heterosexuelle Frauen und Männer nun spontan für eine andere Form der Partnerschaft entscheiden, weil es steuerlich günstiger für sie ist?

Da spricht wohl ein treues Schäfchen der katholischen Kirche, dessen Überzeugung, gleichgeschlechtliche Partnerschaften seien wider Gott und die Natur, um den Aspekt marktkonformer Irrationalität erweitert wurde. Dass das Bundesverfassungsgericht die bisherige Regelung für grundgesetzwidrig hält, kümmert ihn nicht.

“Hier will nun die Fraktion oder will ein Teil der Fraktion dem Verfassungsgericht gewissermaßen zuvorkommen. Ich halte das für falsch, ich bin der Meinung, wir müssen gerade in einer solchen Auseinandersetzung klar machen, auf welcher Seite wir stehen”

Und auf dieser geistlosen Seite steht jedenfalls nicht das Grundgesetz, wie das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung zur Ungleichbehandlung von Ehegatten und eigetragenen Lebenspartnern im Grunderwerbssteuerrecht heute mitteilte. Aber das scheint dem Herrn Geis egal zu sein, obwohl ihm Egalität grundsätzlich missfällt.

“Wenn etwas egalisiert wird, dann ist beides egal. Also da muss man schon ein bisschen mehr aufpassen, und da muss man schon auch in der Gesetzgebung den Unterschied wahren.”

Ah ja. Der G(r)eis fürchtet sich also davor, das eine vom anderen nicht mehr unterscheiden zu können. Nur wen interessieren die Wahrnehmungsschwierigkeiten eines Darstellers, der in einer ziemlich schlechten Generationenfolge spielt? Auf das gebotene Programm kann man gut und gerne verzichten. Nur schalten sie alle – ich auch – mal wieder ein statt ab.

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