Die schändliche Agenda-Formulierung Fördern und Fordern hat sich in den Sprachgebrauch fast aller Lebensbereiche eingenistet. In der Politik, in Schulen, in Betrieben und in Behörden dient diese vergiftete Floskel als schmückendes Beiwerk für Reden, Businesspläne und Strategien. Den Adressaten soll das Gefühl vermittelt werden, eine Gegenleistung zu erhalten, wenn sie sich einem mitbestimmungsfreien Forderungskatalog unterwerfen.
Ende Dezember gab die Arbeitsagentur nun einen überraschenden Überschuss von rund 2,5 Milliarden Euro bekannt und begründete diesen zunächst mit dem angeblich andauernden Jobboom und gestiegenen Weihnachtsgeldzahlungen und Jahresendprämien im letzten Monat des Jahres. Inzwischen ist klar, dass die Behörde sehr viel weniger Geld für die aktive Arbeitsmarktförderung ausgegeben hat.
Statt der zur Verfügung stehenden 11 Milliarden Euro wurden nur 9,4 Milliarden ausgegeben, schätzt die Behörde. Demnach wurden 1,6 Milliarden Euro nicht genutzt.
Rund 300 Millionen Euro für Hartz-IV-Fördermaßnahmen blieben ebenfalls übrig.
Quelle: Welt Online
Die Meldung ist nicht neu. Bereits auf eine Anfrage der Linksfraktion im Deutschen Bundestag musste die Regierung vor rund zwei Wochen einräumen, dass mehr als zwei Milliarden Euro, die als Eingliederungshilfen für Langzeitarbeitslose in 2012 zur Verfügung standen, ungenutzt in den Bundeshaushalt zurückfließen werden. Demnach seien bis November 2012 nur drei Viertel der zur Verfügung stehenden 15,4 Milliarden Euro abgeflossen, heißt es.
Damit liegt die Regierung aber voll im Plan, will sie doch bis 2014 bei der Arbeitsmarktpolitik 20 Milliarden Euro einsparen. Sie rühmt sich einer angeblich guten Beschäftigungslage, die einmal mehr durch die Propaganda des statistischen Bundesamts scheinbare Bestätigung erfährt. Die Zahl der Erwerbstätigen habe im Jahr 2012 mit 41,5 Millionen einen neuen Höchststand erreicht. Diese Schlagzeile passt prima in das verklärende Weltbild der Bundeskanzlerin, die den hohen Beschäftigungsgrad kurzerhand mit Sicherheit gleichsetzt.
Die Wahrheit neben der geschönten Arbeitsmarktstatistik wird einfach geleugnet, wie Wolfgang Lieb heute auf den NachDenkSeiten schreibt:
Dass jeder fünfte Beschäftigte (20,6 %) für einen Niedriglohn arbeiten muss und damit alles andere als berufliche Anerkennung erfährt, dass über vier Millionen prekäre Beschäftigungsverhältnisse in Form von Teilzeitarbeit und geringfügiger Beschäftigung in Gestalt von Mini-Jobs und Leiharbeit entstanden sind, die alles andere als eine sichere Zukunft garantieren, schiebt die Kanzlerin ohne jeglichen Skrupel beiseite.
Dass prekäre Arbeitsverhältnisse wie Praktika und befristete Jobs gerade junge Leute besonders betreffen und mehr als die Hälfte aller Erwerbstätigen bis 24 Jahren befristet oder in Leiharbeit beschäftigt sind, ist doch wohl alles andere als Sicherheit. Dass nahezu jeder dritte Bewerber um einen Ausbildungsplatz (28,4 %) in einer Warteschleife landet und rund 2,2 Millionen Jüngerer im Alter zwischen 20 bis 34 Jahren (15 % dieser Altersgruppe) keinen Berufsabschluss hat, ist doch alles andere als ein guter Start ins Leben.
Dennoch rechnet die Politik aufgrund des konjunkturellen Abschwungs mit einem Anstieg der Kurzarbeit in diesem Jahr. Die Bezugsdauer wurde daher und weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit von sechs auf zwölf Monate verlängert. Arbeitsmarktforscher gehen davon aus, dass sich die Zahl der Kurzarbeiter in 2013 mindestens verdreifachen wird und Kosten von rund einer halben Milliarde verursachen könnte.
JAN