Vorweg: Ich habe die Sendung nicht gesehen, sondern nur den Trailer. Das hat mir gereicht.
Jung, arm, chancenlos – Wie aus Kindern Hartzer werden!
Hartz-IV-Empfänger als Berufswunsch – bitterer kann ein Kind seine Zukunftsperspektive nicht sehen. Tatsache ist: Viel zu oft bleiben arme Kinder auch als Erwachsene arm – an Bildung und Chancen. Was hilft: Mehr Geld für die Eltern oder mehr staatlicher Einfluss auf die Erziehung?
Als ich den Trailer im Fernsehen sah, stellten sich mir sofort zwei Fragen.
Erstens: Wie hat es die Redaktion von „hart aber fair“ geschafft, endlich mal eine richtige Zustandsbeschreibung hinzukriegen?
Viel zu oft bleiben arme Kinder auch als Erwachsene arm – an Bildung und Chancen.
Und zweitens: Wieso stellt dieselbe Redaktion einmal mehr die völlig falschen Fragen?
Was hilft: Mehr Geld für die Eltern oder mehr staatlicher Einfluss auf die Erziehung?
Aha, mehr Geld für Eltern vs. Erziehungszwang. Da freut sich der Stammtisch. Warum die Kinder nicht gleich zur Zwangsadoption freigeben? Ein toller Themeneinstieg, lenkt er doch auch von der wichtigen Frage ab, was an einem System nicht stimmen könnte, das nicht nur Armut produziert und Bildungspolitik vernachlässigt, sondern auch eine Reservearmee von Arbeitslosen den herrschenden Interessen vorhält, die diese unbedingt brauchen, um ihre idiotische Wirtschaftspolitik fortzuführen, die seit Jahren auf radikaler Umverteilung von unten nach oben beruht.
Was der Titel der Sendung eigentlich noch mit der Sendung zu tun hat, bleibt auch in dieser Woche wieder ein Rätsel.
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Wie sie vielleicht schon mitbekommen haben, gehört es zur Amtsführung des Außenministers Westerwelle, Vetternwirtschaft zu betreiben. Frontal 21 hatte ja bereits vorgestern darüber berichtet. Nun springen nach und nach auch die Mainstream-Medien auf den Zug mit auf und berichten über die zum Teil familiären Verbindungen, die bei Westerwelles Reisepolitik zum Tragen kommen. Doch fällt in diesem Zusammenhang immer der Satz, dass Westerwelle den „Anschein“ oder den „Eindruck“ der Vorteilsnahnme nur erwecken würde. Warum immer noch so vorsichtig? Fürchtet man etwa Klagen eines ausgebildeten Rechtsanwalts, der statt Fälle vor Gericht zu verhandeln, für viel Geld lieber zig Vorträge des immergleichen Referats hält?
Wenn ich in meiner unmittelbaren Umgebung einen laut hörbaren Furz lasse, erweckt das ja auch nicht bloß den Anschein eines Geräusches. In der Regel verwandelt sich im Anschluss die Luft in ein übelriechendes Gemisch. Und das wiederum ist genau der Punkt. Spätestens wenn es stinkt, sollten Journalisten aufhören, vorsichtig zu sein. Wo andere angewiedert das Weite suchen, fangen sie eigentlich erst an, so richtig in der Scheiße herumzuwühlen. Doch heute macht man sich die eigenen Finger schon längst nicht mehr schmutzig. Schließlich schmecken dann die Schnittchen nicht mehr so gut, die auf den Empfängen und Pressekonferenzen gereicht werden.
Es ist schon lustig, wie vorsichtig die Journaille mit Westerwelle umgeht. Bei Ypsilanti, Lafontaine und Gysi wurden aus dem Nichts Verleumdungs- und Rufmordkampagnen am laufenden Band produziert. Guido Westerwelle hingegen erweckt nur einen „Anschein“, obwohl die Fakten schon peinlich offen und für jeden sichtbar zu Tage treten. Dass Westerwelle korrupt ist und nur eine spzielle Geld-Klientel im Blick hat, beweisen eine Reihe von Tatsachen. Die deutsche Vermögensberatung DVAG gratulierte einen Tag nach der Bundestagswahl im eigenen Unternehmensblog, dem damaligen Beiratsmitglied Guido Westerwelle und lieferte ein politisches Wunschprogramm gleich mit.
(PS: Die Seite wurde kurz nach der Veröffentlichung wieder gelöscht. Warum? Wegen dem „Anschein“, den man nicht erwecken wollte?)
Westerwelles Partei nahm nachweislich die bislang höchste Parteispende in ihrer Geschichte von einem Hotelier entgegen, um diese ganz spezielle Zuwendung dann in einem völlig unsinnigen Gesetz zur Entlastung der gesamten Hotelbranche zu vergelten. Und was ist mit Westerwelles Nebeneinkünften? Interessiert die Medien etwa nicht, was Klaus Ernst in seinem offenen Brief an Westerwelle zu fragen wagte?
„Laut Abgeordnetengesetz sind Nebenverdienste grundsätzlich veröffentlichungspflichtig; vollständige Angaben sind der vorgeschriebenen Listung jedoch nicht zu entnehmen. Insgesamt haben Sie demnach von 2005 bis 2009 (16. WP) 35 Vorträge bei Versicherungen, Banken, Unternehmen, etc. gehalten, für die Sie jeweils mehr als 7000,- Euro erhalten haben und einen Vortrag, der mit weniger als 7000,- Euro vergütet wurde. Ihre Nebentätigkeiten als Abgeordneter summieren sich demnach in der 16. WP auf mindestens 270.000 Euro. Es kann auch eine Million gewesen sein oder weitaus mehr. Niemand weiß das besser als Sie selbst.
Doch es ist nicht nur die Quantität Ihrer Nebeneinkünfte, die von Interesse ist. Ins Auge fällt auch, wo und für wen Sie aktiv sind. So erhalten Sie Nebeneinkünfte aus Ihrer Beiratstätigkeit bei der Deutschen Vermögensberatung AG, Frankfurt/Main. Die DVAG hat seit Ihrem Parteivorsitz in der FDP rund 550.000 Euro an Ihre Partei gespendet. Sie hielten einen Vortrag bei der Bank Sal Oppenheim, die 2008 100.000 Euro an die FDP zahlte. Sie referierten bei der LGT Schweiz, einer Tochter der Lichtensteiner LGT Gruppe, die durch hundertfache Beihilfe zum Steuerbetrug seit 2008 in die Schlagzeilen geriet. Das prominenteste Opfer der damals enttarnten Steuerhinterzieher war der ehemalige Deutsche Post Chef Klaus Zumwinkel.“
Und nun die Mitnahmepraxis des reisenden Außenministers. Wie viel Material brauchen die Medien eigentlich noch, das nicht mehr nur den „Anschein“ erweckt, Westerwelle verstoße gegen Gesetze und Regeln. Wo bleibt die öffentliche Anklage? Es wird Zeit.
Bei der FDP gilt ja der Grundsatz, jeder darf mal Müll erzählen. Nun ist wieder Gesundheitsminister Dr. Philipp Rösler dran, der nach seiner Kopfpauschalen-Pleite noch nicht, wie versprochen, den Rückzug angetreten hat, sondern sich erstmal wieder Luft verschaffen will. Klingt ja auch gut, was der schwer kompetente liberale Senkrechtstarter von einst da in Bezug auf hohe Arzneimittelpreise von sich gab.
Herr Rösler habe ein Konzept, wie er gegen die überhöhten Arzneimittelpreise vorgehen will. Das verriet der Gesundheitsminister aber nicht dem Parlament, sondern der Bild-Zeitung. Schließlich weiß der Herr Rösler genau, wer in diesem Land die Fäden zieht.
Das Konzept lässt sich ganz einfach zusammenfassen.
„In Deutschland sind viele Medikamente zu teuer. Deshalb werden wir die Pharmafirmen in Vertragsverhandlungen mit den Krankenkassen zwingen.“
Uiuiui. Und dann wird die unsichtbare Hand des Marktes schon alles richten. Dazu eine passende Karikatur von Klaus Stuttmann:
Dieser Vorschlag ist übrigens nicht auf dem Mist des Herrn Rösler gewachsen, sondern ihm von der Pharma-Lobby eingeflüstert worden. Dazu genügt ein Blick in die Archive der Tageszeitungen. Im Februar diesen Jahres traf sich Minister Rösler nicht nur mit den Vertretern der Krankenkassen, sondern auch mit der Pharma-Lobby. Und was schlugen die vor? Zur Erinnerung lesen sie bitte mal folgenden Bericht im Tagesspiegel vom 11.02.2010:
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) schlug dagegen Einzelverhandlungen mit den Kassen vor. Wenn 30 Prozent der Arznei derart ausgehandelt sei, könne der vereinbarte Betrag für alle Kassen gelten. Der Chef des Ersatzkassenverbands VdEK, Thomas Ballast, wies dies gegenüber dieser Zeitung sogleich als Versuch, sich für kleine Münze freizukaufen, zurück.
Das deckt sich ja wohl in etwa mit dem zur Zeit heiß diskutierten Vorschlag Röslers. Im Bild-Interview sagt Rösler weiter:
„Als Liberale geben wir dem Wettbewerb den Vortritt. Das ist doch klar. Aber wenn es nicht anders geht, dann müssen wir im Interesse der Versicherten handeln.“
Aha, also nur wenn es nicht anders geht, will er im Interesse der Versicherten handeln, ansonsten immer für die eigene Klientel und dazu zählt auch die Pharmaindustrie. Dabei könnte der Minister die Preise einfach per Gesetz festlegen, wie das andere Staaten auch tun. Denn offensichtlich funktioniert der Wettbewerb auf diesem Markt ja nicht.
In der Vergangenheit hat die Gesundheits-Ulla das auch gemacht, um ihre bescheuerten Reformen, wie die Praxisgebühr, durchzusetzen. Damals hat sie mit der Pharmaindustrie für einen gewissen Zeitraum einen Deal geschlossen, in dem die Preise nicht erhöht werden durften. Als die Vereinbarung auslief, schossen die Preise natürlich und zur Verwunderung vieler nach oben. Das muss endlich aufhören. Der Branche gehören die Preise per Gesetz diktiert und nichts anderes!
Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anhand vorläufiger Ergebnisse mitteilt, wurden im Januar 2010 von Deutschland Waren im Wert von 63,9 Milliarden Euro ausgeführt und Waren im Wert von 56,0 Milliarden Euro eingeführt. Die deutschen Ausfuhren waren damit im Januar 2010 um 0,2% höher und die Einfuhren um 1,4% niedriger als im Januar 2009. Im Vormonatsvergleich war die Entwicklung von Aus- und Einfuhren kalender- und saisonbereinigt gegenläufig: Während die Ausfuhren im Januar 2010 gegenüber Dezember 2009 um 6,3% sanken, nahmen die Einfuhren um 6,0% zu.
Uff. Damit hat natürlich wieder niemand gerechnet. Die Entwicklung komme völlig überraschend, so die scheinbürgerliche Märchen-„Welt“ des Axel Springer Verlags. Dort heißt es, wir sind mit unserem Latein am Ende. Ach quatsch, bei genauerem hinsehen steht da:
Ökonomen ratlos wegen starken Export-Rückgangs
Und im Text können sie dann die Sprachlosigkeit ratloser aber überbezahlter Experten verfolgen, auf deren Gehalt ich gern einen Anspruch anmelden möchte. Sie können sich dem gern anschließen. Aber lesen sie zunächst mal selbst:
Mehrere Analysten konnten in ersten Reaktionen die Ergebnisse des Statistischen Bundesamts nicht erklären. „Produktion und Aufträge waren zuletzt okay. Da muss bei den Ausfuhren ein Sondereffekt eine Rolle gespielt haben. Denn diese Zahlen passen nicht in das Bild der anderen Wirtschaftsindikatoren.
Ja ja, irgendwas muss da eine Rolle gespielt haben, was die Analysten so nicht haben sehen können oder wollen. Verflixte Wirtschaftsindikatoren. Vielleicht sollte man sich endlich von den Glaskugelblicken des ifo-Instituts verabschieden und den eigenen Kopf zum Denken benutzen. Wenn ich schon lese, dass die Zahlen nicht zum nachweislichen Schuss ins Blaue passen würden, wird mir schlecht. Da erschlägt einen quasi die geballte Wirtschaftskompetenz… 88|
Aber es wird noch besser:
Auch Commerzbank-Analyst Simon Jun ist überrascht. „Ich kann nicht genau sagen, was da passiert ist. Ich bin überrascht, dass die Zahlen so schlecht sind. Anscheinend ist die Binnennachfrage gut, wenn die Importe so stark steigen. Das ist aber auch das einzige Positive, was man aus den Daten herausziehen kann. Die Zahl ist eine Katastrophe.“
Die Binnennachfrage sei gut? HÄH??? 88| Wenn man keine Ahnung hat, sollte man wirklich die Klappe halten. Wie kommen solche Volldeppen eigentlich in ihre hochbezahlten Positionen und als Experten tituliert in Zeitungsberichte? Immerhin stimmt das mit der Katastrophe. Nachdem man die Krise schon als weitgehend überstanden betrachtet hat, kann man nicht mehr beschönigend um den heißen Brei herumreden. Allerdings ist diese Analystenzunft auch Teil der Katastrophe.
Und zum Schluss darf die Exit-Strategie der düpierten Analysten nicht fehlen:
Die Außenhandelszahlen dürften die Konjunktur im ersten Quartal belasten. Citigroup-Ökonom Jürgen Michels sagte, „Es sieht im Moment nicht danach aus, dass der Außenhandel die Konjunktur im ersten Quartal gestützt hat. Aber es gilt, die Ergebnisse für Februar und März abzuwarten.“
Abwarten!? Toll! Solche Experten sind wirklich wichtig. Die Bundesregierung ist da übrigens PR-technisch schon weiter. Bei denen heißt Nichtstun übersetzt „Prüfen“.
Und weil es mal wieder so gut passt. Volker Pispers über Berufsgruppen, die diese Welt nicht braucht.
Guido Westerwelle bzw. sein FDP-Bambi, Christian Lindner, beschweren sich ja darüber, dass gegen den Parteivorsitzenden im Augenblick eine „billige Kampagne“ gefahren würde. Doch so billig ist die Kampagne nicht. Ich habe selten so eine gut recherchierte und auf Fakten basierende Kampagne gesehen. Da wird ja nicht nur diffamiert, was bei Westerwelle meiner Meinung nach auch reichen würde, sondern akribisch aufgezeigt, welchen Dreck dieser offenbar korrupte Politclown am Stecken hat. Gestern war Frontal 21 im ZDF dran. Die Autoren Herbert Klar und Steffen Judzikowski haben sich mit Westerwelles dubiosen Berater in privaten wie in dienstlichen Dingen Cornelius Boersch genauer befasst und stellen fest, dass zwischen der Spendenbereitschaft solcher Freunde, dem Tatbestand der Steuerhinterziehung und Guido Westerwelle ein enger Zusammenhang besteht.
Nu ist schon wieder Dienstag. Mensch, wie die Zeit vergeht. Ob ich die auch einfach „wegsehe“, weil ich nicht mehr ertragen kann, was sich da vor meinen Augen abspielt? Über den Prozess des kollektiven „Wegsehens“, dass bei Misslingen wahlweise auch durch das Schlagen der Hände vors Gesicht ersetzt wird, geht Volker Pispers heute der Frage nach, warum Einzeltäter wie die „Fleischlichen unter den Geistlichen“ bei uns so leichtes Spiel haben und hatten. Es gilt wohl das Motto: „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.“
Worin besteht eigentlich der Unterschied zwischen Westerwelles Radikalforderung nach einem „Arbeitszwang“ für Langzeitarbeitslose und Hannelore Krafts Kuschelangebot an ALG-II-Empfänger, „freiwillige Arbeit“ gegen nunmehr einen „symbolischen Aufschlag“ auf die Regelsätze abzuleisten?
Richtig! Es gibt keinen. Beide Modelle führen zu dem gleichen Bild:
Vorhin erreichte mich von meinem Leser Jens K. noch folgende Karikatur zur Hartz-IV-Diskussion aus der Zeitschrift Erziehung und Wissenschaft 3/2010. Sie trifft den Sachverhalt ebenfalls sehr genau.
Vom 9. bis 11. April 2010 wird Attac Deutschland in Zusammenarbeit mit der Berliner Volksbühne ein öffentliches Tribunal durchführen, das die Ursachen des Finanzcrashs, die Beugung der Demokratie durch fragwürdige Rettungsmaßnahmen und die fahrlässige Vorbereitung neuer Krisen öffentlichkeitswirksam beleuchten soll.
Das Tribunal wird am Freitag Abend (9.4.) mit einer Eröffnungsrede von Albrecht Müller, einer Lesung der Volksbühne zum Thema Banken und Beiträgen der Kabarettisten Urban Priol und Georg Schramm beginnen.
siehe auch hier im Blog:
http://tautenhahn.blog.de/2010/01/04/attac-aktion-stoppt-krisenkoeche-vermoegen-umverteilen-7690588/
Die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Hannelore Kraft hat sich ja via Spiegel Online mehr oder weniger auf das Niveau der Westerwelle begeben.
Hartz-IV-Empfänger ohne Aussicht auf reguläre Arbeit sollten „die Chance bekommen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten für die Gesellschaft etwas zu leisten“, sagte die Spitzenkandidatin der Sozialdemokraten für die nordrhein-westfälische Landtagswahl im Mai in einem SPIEGEL-Interview.
„Wir müssen endlich ehrlich sein: Rund ein Viertel unserer Langzeitarbeitslosen wird nie mehr einen regulären Job finden“, begründete Kraft ihre Initiative. Diese Menschen bräuchten ein neues Angebot, das ihnen eine „würdevolle Perspektive“ gebe.
Mir geht’s dabei jetzt nicht um den inhaltlichen Schwachsinn und die offensichtliche Tatsache, dass Frau Kraft die Wahl in NRW nicht gewinnen will, sondern vielmehr um die Logik dieser Frau. Schließlich hält sie nach eigenem Bekunden die Tür der NRW-SPD für rückkehrwillige Linke weit offen und ist zudem auch noch überzeugt davon, dass da tatsächlich jemand vorbeischaut.
Damals sagte sie:
„Ich glaube, wir können jetzt wieder ein gutes Angebot für viele SPD-Abwanderer und Gewerkschafter sein. Die sind bei uns gut aufgehoben.“
Natürlich ist mal wieder eine Infratest dimap Umfrage scheinbarer Auslöser einer neuerlichen medial gestützten Werbekampagne für Schwarz-Grün. Im gestrigen Bericht aus Berlin in der ARD konnte man einmal mehr im Vorfeld einer Wahl den Versuch absichtlicher Stimmungsmache in Richtung einer solchen Konstellation studieren. Zuletzt wurde das ja bei den Wahlen in Hamburg und im Saarland praktiziert. Dabei gibt es dafür überhaupt keinen Grund. Zwar sagen die Wahlforscher, dass sich die Bevölkerung in Deutschland ein solches Bündnis lieber wünschen würde als das bisherige, doch diese Klimaforschung deckt sich ja nicht einmal mit den gemessenen Abstimmungszahlen.
Demnach würde es im Augenblick eindeutig weder für schwarz-gelb, noch für schwarz-grün in NRW reichen. Das Thema der Sendung ist also absolut nicht zu verstehen. Man hätte eher danach fragen sollen, wie die sich abzeichnende große Koalition die Arbeit angehen will.
Doch um seriöse Berichterstattung ging es am Sonntag in der ARD nicht. Moderator Rainald Becker bezeichnete schon zu Beginn der Sendung das griechische Sparprogramm wahrheitswidrig als „alternativlos“ und die Finanzkrise gar als ein Ereignis, das bereits ein Jahr zurückläge. So ein Blödsinn. Zur Politik der Bundesregierung in Sachen Griechenland und der internationalen Finanzmärkte wurde im Anschluss der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel befragt. Zum Ende des Interviews dann der entscheidende unseriöse Dreh auf die „Das Volk liebt Schwarz-Grün“ Geschichte. Dabei müssen sie in dem folgenden Audio-Ausschnitt mal darauf achten, mit welchen Wahlforschungs-Ergebnissen derselben Umfragefirma da beide Geprächspartner hantieren. Ich kläre das am Ende einmal auf.
Moderator Becker unterstellt, dass alle von Schwarz-Grün reden würden und bezieht sich dabei auf ein Umfrageergebnis, welches er auch Gabriel ins Wort spricht und wonach rund 46 Prozent der Deutschen Schwarz-Grün toll fänden. Das ist eine grobe Manipulation und eine sträfliche Verletzung journalistischer Sorgfaltspflichten. Denn das Umfrageergebnis, das selbst ein Manipulationsstück ist, stellt sich in Wirklichkeit wie folgt dar:
Bundesweit wurde also eine Alternativfrage gestellt nach dem Muster entweder oder. Andere Optionen wurden gar nicht gemessen. Sigmar Gabriel bezog sich nun auf ein Umfrageergebnis desselben Instituts zur NRW Wahl, welches auch am selben Tag veröffentlicht wurde. Und da sieht das Ganze nun so aus:
Also deutlicher kann man die absichtliche Meinungsmanipulation schon gar nicht mehr treiben. Nach dem Interview behauptete Moderator Becker erneut wahrheitswidrig und auf der Grundlage eines äußerst dubiosen Umfrageergebnisses, dass sich eine Mehrheit der Deutschen eine andere Politehe wünschen würde und Schwarz-Grün dabei ganz vorne stünde. Er behauptete auch, dass es nach der NRW-Wahl ganz schnell gehen könne mit Schwarz-Grün, weil es diese Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene bereits gibt. Es ist unerträglich wie in diesem Beitrag darauf hingesteuert wurde, positive Stimmen und Stimmungen einzufangen. Das ist kein Journalismus, das ist einfach billige PR.
Und das anschließende Interview mit Claudia Roth müssen sie sich anhören. Offenbar überrascht von der „theoretisch“ gehaltenen Frage Beckers, ob ein Trio aus Seehofer, Merkel und Roth besser funktionieren würde, als ein Trio Seehofer, Merkel, Westerwelle, musste die Parteivorsitzende der Grünen notgedrungen mit ja antworten: Einfach witzig, aber hören sie selbst:
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Link zur Sendung:
http://www.tagesschau.de/bab/
Das komplette Video zur Sendung:
http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video666274.html