Die neuen Arbeitslosenzahlen sind da. Das wissen sie wahrscheinlich schon seit gestern. Dem öffentlichen Orgasmus von Frau von der Leyen konnte man auch kaum aus dem Wege gehen. Aber haben sie auch den vorzeitigen Samenerguss des Rainer Brüderle mitbekommen?
Quelle: BMWi
„Nun ist es amtlich: Die Arbeitslosigkeit unterschreitet im Oktober die Drei-Millionen-Grenze. Wir befinden uns auf der Schnellstraße zur Vollbeschäftigung. Das ist ein Grund zur Freude. Der positive Trend ist keinesfalls eine Eintagsfliege, sondern stabil. Angesichts des Wirtschaftsaufschwungs bestehen gute Chancen, dass wir auch im kommenden Jahr im Jahresdurchschnitt weniger als drei Millionen Arbeitslose haben werden.
Der Arbeitsmarkt ist aktuell in der besten Verfassung seit der Wiedervereinigung. Es kommen immer mehr Menschen in Beschäftigung. Der deutsche Arbeitsmarkt entwickelt sich damit vom Sorgenkind zum Musterschüler.“
Medienschaffende werden vielleicht wissen, dass die Meldungen der Arbeitsagentur zu den monatlichen Arbeitsmarktdaten immer einer Sperrfrist unterliegen. Eine vorherige Bekanntgabe der Informationen ist daher strengstens untersagt. Natürlich wird das für von der Leyen und Brüderle, die fest an den Endsieg auf dem Arbeitsmarkt glauben, keine Folgen haben, denn Sinn dieser vorzeitigen Bekanntgabe war ja nicht, die Menschen über einen Sachverhalt aufzuklären, sondern vielmehr das eigene Image aufzupolieren.
Die Arbeitslosigkeit sinkt, aber nach wie vor gilt, dass anders gezählt wird. Wenn von der Leyen und Brüderle sowie sämtliche Medien, die den Quatsch der beiden einfach nachbeten, davon sprechen, dass man die niedrigste Arbeitslosenzahl seit der Wiedervereinigung gemessen habe, so ist das sachlich und fachlich einfach falsch. Es ist schlicht und ergreifend gelogen. In den Neunziger Jahren wurde ganz anders gezählt. Als arbeitslos galten damals auch noch jene erwerbslose Personen, die älter als 58 Jahre waren. Es gab auch keine Zwangsarbeit in Form von Ein-Euro-Jobs, die heutzutage nicht nur reguläre Beschäftigung verdrängt, sondern auch einen Beitrag zur Schönung der Statistik liefert. Was es auch nicht gab, waren Erwerbslose, die nur deshalb nicht als arbeitslos galten, weil sie durch private Vermittlungsagenturen betreut wurden.
Wer also die Arbeitslosenzahlen von heute mit denen von 1991 vergleicht, handelt nicht nur unseriös, sondern auch fahrlässig. Es soll ja noch Menschen geben, die den Blödsinn tatsächlich glauben, weil sie wie der Brüderle total besoffen über eingebildete Schnellstraßen heizen.
Wenn man aber die statistischen Tricks zusammenrechnet, kommt man auf einen realistischeren Wert, der um die vier bis fünf Millionen liegen dürfte. Laut statistischem Bundesamt suchen in diesem Land zudem weit mehr als acht Millionen Menschen eine neue Arbeit. Aber nehmen wir ruhig die knapp drei Millionen, die noch als arbeitslos gezählt werden. Auch bei dieser Jubelzahl könnten sich die mitjubelnden Medien einmal fragen, wie das mit der Vollbeschäftigung eigentlich klappen soll, wenn die Arbeitsagentur gleichzeitig meldet, dass nur 401.000 offene Stellen in diesem Land zur Verfügung stehen.
Sollen noch mehr Vollzeitstellen in Teilzeit, Mini- oder Midi-Jobs umgewandelt werden? Die kaum gewürdigten Zahlen der Arbeitsagentur sprechen jedenfalls dafür:
Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung lag im August nach der Hochrechnung der BA bei 27,98 Millionen; gegenüber dem Vorjahr war das ein Zuwachs um 436.000. Dabei hat die sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung im Vorjahresvergleich um 243.000 und die sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung um 190.000 zugenommen.
D.h., dass inzwischen rund 44 Prozent des Beschäftigungszuwachses auf prekäre Arbeitsverhältnisse entfällt. Ein Grund zum Jubeln ist das eigentlich nicht.
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OKT