Bevor wir uns mit dem Fachkräftemangel beschäftigen, sollten folgende Fragen von Gustav A. Horn, Leiter des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung in der Hans-Böckler-Stiftung (IMK), aus der Frankfurter Rundschau beantwortet werden:
Es ist auffällig, dass gerade in der Industrie bislang das Beschäftigungsniveau der Vorkrisenzeit nicht erreicht wurde. Da die seinerzeit beschäftigten Arbeitskräfte nicht alle spontan in Rente oder ins Ausland gegangen sein dürften, müssten sie noch auf dem Arbeitsmarkt verfügbar sein. Warum werden sie nicht eingestellt ? Und überhaupt, warum steigt das Lohnniveau der Fachkräfte nicht, wenn sie denn so knapp sind ? Und warum verweigern sich die Firmen einer Übernahmegarantie für Auszubildende, wenn sie dadurch die angeblich fehlenden Fachkräfte an sich binden könnten ? Erst wenn diese Fragen zufriedenstellend beantwortet sind, kann glaubwürdig gejammert werden.
So und nun zur Jammermeldung des ifo-Instituts:
Ab 2015 rechnen zwei Drittel der Unternehmen mit einer mittleren oder starken Verknappung von Fachkräften, ergab eine am Dienstag vorgestellte Umfrage des Münchner Ifo-Instituts unter den Personalleitern von 1500 Firmen. Ab 2020 befürchten dies sogar 71 Prozent. Aktuell geben 40 Prozent der Unternehmen an, dass sie Schwierigkeiten bei der Besetzung von Stellen haben.
Ich halte mich zwar nicht für eine Fachkraft, aber neulich habe ich mich auf eine Stelle beworben, die über das Jobportal der Arbeitsagentur ausgeschrieben war und habe folgende Antwort vom Urheber der Anzeige erhalten.
Leider können wir Ihre Bewerbung nicht berücksichtigen.
Wir sind eine private Arbeitsagentur, benötigen einen Vermittlungsgutschein, den Sie nur erhalten, wenn Sie arbeitslos und bei einem Leistungsträger gemeldet sind.
Tolle Begründung. Man hätte auch schreiben können, wenn wir sie einfach so vermitteln würden, springt ja für uns nichts dabei heraus. Insofern Pech gehabt. Das man so etwas noch für seriös hält, ist mir ein Rätsel. Ich bin ja nicht arbeitslos, sondern nur in einem Beruf unterbeschäftigt tätig, der nicht meiner Qualifikation entspricht und würde daher gerne wechseln, weil ich gehört habe, dass ein großer Fachkräftemangel besteht. Aber so wie es aussieht, haben auch arbeitssuchende Beschäftigte ganz schlechte Karten. Laut statistischem Bundesamt wünschen sich ja rund neun Millionen Menschen in diesem Land mehr Arbeit.
Insgesamt 8,6 Millionen Menschen in Deutschland würden gerne mehr arbeiten, als sie es derzeit tun. Für die Betroffenen bedeutet der unerfüllte Wunsch nach Arbeit oder Mehrarbeit mitunter starke Einbußen in der Lebensqualität. Für die Volkswirtschaft ist es ungenutzte Arbeitskraft.
Die Zahl der Menschen mit unerfülltem Arbeitswunsch setzt sich aus unterschiedlichen Personengruppen zusammen. Neben den Erwerbslosen spielen bei der Diskussion um ungenutzte Arbeitskapazitäten noch unterbeschäftigte Erwerbstätige und Personen in der sogenannten Stillen Reserve eine Rolle.
Ob die Wirtschaft diese Tatsache einfach wissentlich ausblendet?
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DEZ