Ich habe heute keine Nachrichten gehört oder gelesen und schon gar nicht die Generaldebatte im Deutschen Bundestag verfolgt. Der gestrige Auftakt zur Sitzungswoche hat mir gereicht. Ich habe heute nach der Arbeit Rasen gemäht, weil endlich einmal wieder die Sonne schien. Da lasse ich mir die lange aufgeschobene Gartenarbeit doch nicht von einer langweilig daherschwafelnden Bundeskanzlerin verderben. Sie soll ja in ihrer Verzweiflung allen ernstes das bereits heute schon zum Milliardengrab mutierte und von den Bürgern heftig zurückgewiesene Bahnprojekt Stuttgart 21 als Beispiel für die Zukunftsfähigkeit der Regierung angeführt haben. Da beschleicht nicht nur Volker Pispers das Gefühl, dass in diesem Land nach dem Motto regiert würde, jetzt sei eh alles egal…
Am kommenden Samstag, den 11.09.2010 – Vorsicht: Ein Datum mit Geschichte -, um 20:15 Uhr stellt Volker Pispers auf 3sat wieder junge Kabarettkollegen vor. Im Rahmen des 24. 3sat-Festivals treten auf: Nils Heinrich, Max Uthoff und Martina Schwarzmann. Und dazwischen natürlich Volker Pispers mit Auszügen aus seinem tagesaktuellen Dauerprogramm „…bis neulich“. Also nicht verpassen.
Wilfried Schmickler hat jetzt auch ein Buch heraus gebracht. Und zwar mit dem Titel „Deutschland: Ein Abwasch“. Das gab der polternde Schlussredner der Mitternachtsspitzen am letzten Samstag bekannt. Es steht zwar nix drin in dem neuen Buch, aber dafür können sie selber etwas reinschreiben, was sie schon immer einmal sagen wollten, aber nicht durften, was aber mal gesagt werden müsste. Das Buch ist übrigens auch fünf Euro billiger als das von Sarrazin. ;)
Und Volker Pispers befasst sich heute mit der neuen Zeitrechnung und der soeben stattgefundenen Revolution nach dem Atomkompromiss(t)es vom Montag. Danach schossen die Börsenkurse der Energiekonzerne in die Höhe. Wer es nicht mitbekommen haben sollte. Das waren die Böllerschüsse der Revolution. Nun strahlen alle um die Wette und zwar mit dem Atommüll. Doch worin besteht die Veränderung, fragt sich Pispers. Werden jetzt etwa alle Stammtischrassisten gezwungen das Licht in ihrem geistigen Dark-Room anzuschalten? Hören sie selbst. Die Schluss-Pointe ist mal wieder genial. :>>
Am kommenden Samstag gehen die Mitternachtsspitzen im WDR Fernsehen wieder auf Sendung.
Die Ferien gehen zu Ende, Deutschland kommt aus dem Urlaub zurück. Frau Merkel hat scheinbar ihre Amtsgeschäfte wieder aufgenommen zumindest hängen alle Hosenanzüge frisch aufgebügelt im Schrank. Selbst die Wirtschaft kommt trotz halbgar geschnürtem Sparpaket angeblich wieder in Fahrt. Guido Westerwelle bekommt eine La-Ola aus der eigenen Partei, die Rente erwartet uns zukünftig mit 97, wenn es so weitergeht, und Thilo Sarrazin verdingt sich einmal mehr als Provokateur vom Dienst.
Grund genug also für Jürgen Becker, seine gnadenlos komische, kabarettistische Bestandsaufnahme zu wagen wie immer gemeinsam mit seinen kongenialen Mitstreitern Wilfried Schmickler und Uwe Lyko alias Berufsnörgler Herbert Knebel. Die Drei dürfen sich nicht minder scharfzüngiger Unterstützung sicher sein: Eingeladen sind der Hamburger Comedian und Buchautor Sebastian Schnoy sowie die Paradekabarettisten Hagen Rether und Lisa Fitz.
Mit Thilo Sarrazin dürfte sich Hagen Rether ganz aktuell beschäftigen. Darauf bin ich schon gespannt. Volker Pispers tat das schon heute in seiner wöchentlichen Glosse auf WDR 2. In der bezeichnete er Sarrazin als Zwerg des Abendlandes. Da die Sonne am Abend tief stünde, würden im Abendland, das ständig unterzugehen drohe, auch die Zwerge so lange Schatten werfen, die sich prima vermarkten ließen. Das Gegenteil des Muezzin sei der Sarrazin. Der gar nicht so einsame Rufer in seiner eigenen geistigen Wüste. :>>
Keine Angst, ich habe weder eine Niere gespendet noch bin ich in die SPD eingetreten, sondern einfach nur umgezogen. Da hat man wenig Zeit, sich mit Dingen zu beschäftigen, die außerhalb von Wohnung A und B liegen. Das Prinzip eines Umzugs ist recht einfach. Alte Wohnung rasch leerräumen, damit möglichst bald begonnen werden kann, den Wohnraum in einen vertragsgemäßen Zustand zu versetzen, also gänzlich unbewohnbar zu machen. Denn in den meisten Fällen heißt es beim Auszug, Tapeten runter und Bodenbelag raus. In der neuen Behausung ist es dann ganz anders. Dort ist alles neu. Der Einzug erfolgt vorsichtig. Bloß keine Kratzer an die frisch gestrichenen Wände machen und ja keinen Dreck auf die neue Auslegware.
Aber dieses obligatorische Prozedere ist noch harmlos im Vergleich zu dem, das man einleiten muss, um seine neue Adresse bei allen potentiellen Absendern von Briefen bekannt zu machen. Eine Möglichkeit ist natürlich, alle möglichen Briefeschreiber selbst zu kontaktieren und über den Umzug in Kenntnis zu setzen. Akzeptiertes Verfahren ist dabei ein Brief oder der persönliche Kontakt. Wegen der Sicherheit, gähn. Komfortabel ist dagegen schon der Nachsendeauftrag bei der Deutschen Post. Früher war der mal kostenlos, inzwischen verlangt man schlappe 15 Euro für den Service, der einem im Prinzip kaum etwas nutzt. Denn immer mehr Unternehmen und Behörden steigen auf einen anderen Postdienstleister wie Pin oder Citipost um. Bei denen kann man freilich auch einen Nachsendeauftrag stellen, aber warum sollte ich das tun? Das ist doch bekloppt oder um es mit den Worten der Reformer zu sagen, ineffizient.
Und so bin ich notgedrungen wieder mittendrin in der tagespolitischen Auseinandersetzung. Und zwar mit der Frage, welcher hirnamputierte Idiot es sich ausgedacht hat, die unteilbare und hoheitliche Aufgabe der Briefzustellung einem freien Wettbewerb zu unterwerfen. Das ist doch total bescheuert. Natürlich stellen die meisten umziehenden Menschen keine zig Nachsendeaufträge bei den verschiedensten Postdienstleistern. Denn dazu müsste man nicht nur wissen, wer einem schreiben könnte, sondern auch, welchen Dienst er benutzen würde. Ein absurder Zustand, genau wie die Tatsache, dass neben gelben Briefkästen nun auch schon blaue des Wettbewerbers stehen.
Ich habe schon Nachbarn umziehen sehen. Die Anspannung stand ihnen ins Gesicht geschrieben und auch die Erleichterung, wenn denn alles aus der alten Wohnung getragen wurde. Die Mitarbeiterin von Pin oder Citipost hingegen kennt dieses Gefühl nicht, wenn sie ein paar Tage später einen oder mehrere Briefe zustellen will, aber keinen entsprechenden Namen am Briefkasten mehr vorfindet. Denn da gibt’s Gehalt ja nur für erfolgreich zugestellte Sendungen. Verzweifelt werden dann Zettel an der Eingangstür angebracht mit der Bitte an die anderen Mietparteien, den Verbleib der gesuchten Person doch aufzuklären und der zustellenden Gesellschaft telefonisch mitzuteilen.
Was für ein Wahnsinn. Dabei betont doch die Kanzlerin in ihrem neuesten Interview mit dem „Altgriechen“ Dieter Wonka, dass die Menschen ja auch mitgenommen werden müssten. Von Schröder hat man diesen Satz auch immer gehört und auch den, dass man die eigene Politik dem Bürger nur besser vermitteln müsse. Dabei braucht niemand diese schwachsinnige Klientelpolitik, die in einem flotten Zweisitzer an der Masse der Menschen vorbeirast. Dies belegt im Übrigen auch ein Satz der Kanzlerin zum Atomstreit, wie Volker Pispers in seiner WDR-Kolumne am Dienstag herausfand:
Merkel: „Wir müssen eine rechtliche Form der Verlängerung finden, die verfassungsfest ist und die ein zustimmungsfreies Gesetz möglich macht.“
Und genau dies sei eine Spezialität der Pennelemente des von der Mehrheit der Bevölkerung längst abgeschriebenen schwarz-gelben Pannenkabinetts. Denn bislang waren noch alle Gesetze dieser Bundesregierung in der Bevölkerung völlig zustimmungsfrei, so Pispers. Und ich darf hinzufügen, die Liberalisierung des Postwesens auch.
Dieses Wochenende zieht auch die Technik um. D.h., ich werde bis voraussichtlich Montag nix mehr schreiben können. Mal abgesehen davon, dass ich auch kaum Zeit dafür haben werde. Also genießen sie das Wochenende, den Bundesligastart oder das schöne Wetter. Und lassen sie sich nicht ärgern. Falls doch, greifen sie in Gedanken einfach zum ganz dicken Dreschflegel, um der selbsternannten Elite die Arroganz aus dem Leistungsschädel zu prügeln… ;)
Auch Volker Pispers hat das Wortspiel mit dem Wegpixeln von Guido Westerwelle in seiner heutigen Glosse auf WDR 2 aufgegriffen. Sehr schön.
Aber richtig toll ist natürlich die Formulierung, dass das Erklingen der Stimme Westerwelles gerade bei denjenigen, die bisher ihrem Herrchen in der freudigen Erwartung auf baldige Steuersenkungen hinterhergelaufen sind, obwohl sie mitunter kaum Steuern zahlten, nun nicht mehr dazu führe, dass ihnen das Wasser im Munde zusammenliefe, sondern vielmehr als Tränen in die Augen schieße…
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Vor dem Hintergrund des Aufwärmens einer absurden Steuersenkungsdebatte wirken die Auftritte von Westerwelle und Niebel in der Öffentlichkeit, bei denen sie an die Spendenbereitschaft der Deutschen appellieren, um den Menschen in Pakistan zu helfen, mehr als albern.
Wer sein Geld einer seriösen Hilfsorganisation gebe, könne sicher sein, dass es die Opfer auch erreicht.
Die FDPler müssen das ja wissen. Die haben ja Erfahrung mit Spenden. Nur das für Spenden an die FDP neue Opfer in anderen Bereichen erbracht werden müssen. Zum Beispiel auch bei den humanitären Hilfsgeldern, die dem Außenministerium zustehen. Da wird im kommenden Jahr um 20 Prozent gekürzt. Kein Wunder also, dass Westerwelle zu einer noch größeren Spendenbereitschaft aufruft. An den Steuergeschenken für die Hoteliers vom Frühjahr wird schließlich nicht gerüttelt.
Bundesfamilienministerin Kristina Schröder will die Familienpflegezeit. Das ist bekannt. Dabei hätte dann ein Arbeitnehmer Anspruch darauf, zwei Jahre lang nur die Hälfte der im Arbeitsvertrag festgeschriebenen Arbeitszeit bestreiten zu müssen, aber dennoch 75 Prozent des bisherigen Gehalts zu erhalten. Die dadurch freigewordene Zeit könnte der Arbeitnehmer dann seinen pflegebedüftigen Angehörigen widmen. Nach dieser, durch den Gesetzgeber freihändisch vorgegebenen Pflegezeit, müsste der Arbeitnehmer dann wiederum zwei Jahre voll arbeiten zu ebenfalls 75 Prozent des Gehalts, um seine Schuld gegenüber dem Arbeitgeber wieder abzutragen. So weit der Vorschlag der Ministerin.
Natürlich kann man bereits an dieser Stelle eine Menge Kritik äußern. Zum Beispiel, ob eine zweijährige Pflegezeitvorgabe der Pflegerealität entspricht oder ob es überhaupt Arbeitnehmer mit pflegebedürftigen Angehörigen gibt, die sich eine Gehaltskürzung um 25 Prozent leisten können. Gerade in Zeiten von sich ausbreitender Leih- und Zeitarbeit und eines wuchernden Niedriglohnsektors könnte man die Familienpflegezeit auch unter der Rubrik, an der Wirklichkeit vorbei, abheften.
Aber es kommt noch besser. Frau Schröder hat sich nämlich beraten lassen. Und zwar von der MaschmeyerRürup AG. Und die meinten nun, dass es auf Seiten der Arbeitgeber ein Risiko gäbe, falls der Arbeitnehmer seinen „Lohnvorschuss“ nach Ablauf der Pflegezeit durch nachfolgende Arbeit nicht mehr zurückzahlen kann. Für diesen Fall soll der Arbeitnehmer nun eine private „Lohnvorschussausfallversicherung“ abschließen. Kompetenten Rat fände der Arbeitnehmer dann wahrscheinlich bei der Ex-Firma von Carsten Maschmeyer, dem AWD, dessen Berater mit ziemlicher Sicherheit eine Police bei der Nürnberger Versicherung empfehlen würden. Die hat nämlich an dem Gutachten für das Familienministerium, in dem die Einführung einer solchen „Lohnvorschussausfallversicherung“ angeregt wird, mitgeschrieben.
Das Ministerium weist übrigens jegliche Vorwürfe gerade mit dem Argument zurück, dass die MaschmeyerRürup AG als angeblich unabhängiges Unternehmen das Gutachten anfertigte. Also dreister geht es ja nun wirklich nicht mehr.
Das Familienministerium sieht in der Beteiligung der Versicherung an dem Konzept dagegen nichts Verwerfliches. Die geplante Lohnvorschussausfallversicherung sei nicht in Absprache mit der Versicherungswirtschaft erarbeitet worden, sagte eine Ministeriumssprecherin. Vielmehr habe man das Gutachten bei der MaschmeyerRürup AG in Auftrag gegeben und dieser Firma keine Vorgaben hinsichtlich der Einbindung von weiteren Akteuren gemacht.
Auch Volker Pispers hat sich auf WDR 2 in seiner Dienstagsbotschaft diesbezüglich gemeldet und „Lohnvorschussausfallversicherung“ zu seinem neuen Lieblingswort gekürt. Dabei bringt er einmal mehr auf den Punkt, worum es bei diesem abenteuerlichen Vorschlag eigentlich geht. Und zwar nicht um eine Absicherung, sondern um die Sicherheit, dass die Kasse der großen Versicherungskonzerne auch weiterhin ordentlich klingelt. Die verdienen nämlich gut an der schleichenden Privatisierung der gesetzlichen Sozialversicherung.
Was bei Rente und Krankheit bereits praktiziert wird, soll nun auch im Bereich der Pflege eingeführt werden. Dabei ist die Strategie immer die gleiche. Die Umleitung von Beiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung auf die Mühlen der privaten Versicherungswirtschaft. Ein Milliardengeschäft. Dafür lohnt es sich, ein paar Millionen für „Scheinexperten“, Gutachten, Kampagnen und Presseleute auszugeben. Der Gewinn ist immer bedeutend höher. Bei der Pflegeversicherung ist die schwarz-gelbe Koalition übrigens noch einen Schritt weitergegangen als unter den rot-grünen Rentenreformern. Dort soll die bisher geltende Freiwilligkeit durch die Pflicht, eine privat finanzierte Zusatzversicherung künftig abschließen zu müssen, ersetzt werden.
Das LoveParade-Desaster in Duisburg wirft Fragen auf. Vor allem aber die Frage, wie das mit dem „Tragen der Verantwortung“ eigentlich gemeint ist. Volker Pispers geht dem nach und kommt zu dem Ergebnis, dass der gemeine Verantwortliche in Wirklichkeit nur jemand sei, der die Verantwortung trage, sie aber nicht übernehme, weshalb er immer wieder zur selbigen gezogen werden müsse. Irgendwie passt das aber nicht zur Stellenbeschreibung und zur Vergütung, die ja für das Übernehmen der Verantwortung gezahlt wird und nicht nur für ihre zur Schaustellung.
Volker Pispers ist mit seiner Dienstags-Botschaft wieder zurück bei WDR 2.
Endlich auf Youtube abrufbar. Georg Schramms Referat über den Zorn bei den Mitternachtsspitzen. Auf der Suche nach dem Bösen, dem man mit Vernunft und Zorn begegnen müsse, findet Schramm eine Formulierung von John Maynard Keynes.
Schramm: Wer habgierig ist, dessen Wunsch nach mehr Geld und Besitz wird nicht dadurch gestillt, dass er in Erfüllung geht, der Wunsch. Nicht der Besitz, nein, der Erwerb stillt die Gier.
Keynes: Der Kapitalismus basiert auf der seltsamen Überzeugung, dass widerwärtige Menschen, mit widerwärtigen Motiven, irgendwie für das Gemeinwohl sorgen werden.
(The General Theory of Employment, Interest and Money, zu deutsch Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes, John Maynard Keynes, 1936)