Nachtrag zur Regierungskrise in Schleswig-Holstein

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Auf den NachDenkSeiten findet sich ein interessanter Artikel über die Hintergründe des HSH-Nordbank-Skandals. Die Entscheidung der CDU Neuwahlen herbeizuführen, hänge demnach unmittelbar mit einer vorsätzlichen Verletzung der Aufsichtspflichten von Bafin und Bundesbank zusammen, die nur mit Einwilligung der Bundesregierung habe stattfinden können. Die Aufdeckung dieses Skandals durch den Untersuchungsausschuss soll vor der Bundestagswahl unbedingt verhindert werden.

Hier die Bemerkung des NachDenkSeiten-Lesers Ludger Klus, der den Zwischenbericht der HSH-Nordbank vom 31. März genauer studiert hat:

„Carstensen und sein Hamburger Amtskollege mussten also diesen Ausschuss und einen möglichen Zwischenbericht des Ausschusses vor der BT-Wahl verhindern. Mit parlamentarischen Mitteln und Tricksereien der Landesparlamente in HH und SH war das nicht möglich. Also musste Carstensen die Landesregierung platzen lassen. Das musste so inszeniert werden, dass eine vorgezogene Landtagswahl gemeinsam mit der Bundestagswahl ‚plausibel’ erscheint. Der ständige Hinweis auf gute Umfragewerte für eine Schwarz-Gelbe-Mehrheit lenkt von den wirklichen Motiven ab. Dass die SH-SPD das gängige Erklärungsmodell inzwischen verinnerlicht hat, zeigt, dass sie in ihrer Meinungsbildung erneut bzw. weiterhin wesentlich außengesteuert ist.“

In der Tat ergibt es einen Sinn, zu sagen, das Gerede über die schwarz-gelbe Mehrheit sei bloß ein Ablenkungsmanöver, welches bei näherer Betrachtung, nicht der Hauptgrund für vorgezogene Neuwahlen sein kann. Dennoch spielt es eine Rolle, dass die politische Stunde günstig ist, um am 27. September schwarz-gelbe Mehrheiten festzuklopfen. Somit fände im Jahr 2010 nur eine Landtagswahl in NRW statt. Erst 2011 gäbe es dann wieder ein Superwahljahr.

Zur SPD muss man sagen, dass sie mit Finanzminister Steinbrück jenen Entscheider in den eigenen Reihen hat, der für die Einhaltung der Aufsichtspflichten direkte Verantwortung trägt. Somit ist es nur allzu logisch, dass die SH-SPD nicht so reagieren kann, wie man sich das angesichts des obigen Zwischenberichts wünschen würde. Solange sich die SPD nicht von ihrem belasteten Führungspersonal trennt und deren Verflechtungen in die Finanzbranche offenlegt, wird jeder Versuch, den politischen Gegner anklagen zu wollen, im Sande verlaufen müssen.

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Carstensens durchschaubares Medienspiel

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Gestern lief in den Tagesthemen ein Interview zwischen Moderatorin Miosga und Peter Harry Carstensen. Das Interview ist wirklich schlecht. Grundsätzlich muss man mal festhalten, dass immer mehr Interviews vor den Sendungen aufgezeichnet werden. Das hat aber nichts damit zu tun, dass Politiker früh schlafen gehen und somit keine Zeit haben, sondern einfach damit, dass das Gesagte autorisiert wird. Offenbar will man vermeiden, blöd dazustehen. In dem gestrigen Interview sind mir nun die besonders verkorksten Schnitte aufgefallen. Es scheint fast so, als seien Teile des Interviews herausgeschnitten worden.

Es müssen auch Teile fehlen, denn es wurde keine Frage zur dreisten Lügerei Carstensens gestellt bzw. beantwortet. Carstensen stellt sich als Opfer dar. Er sei gezwungen worden, die Vertrauensfrage zu stellen und somit auch die SPD-Minister zu entlassen. Das ist wiederum doppelt gelogen. Erstens hätte Carstensen auch einfach nur zurücktreten brauchen und zweitens hat er letzte Woche noch vollmundig behauptet…

„Ich habe immer gesagt, dass ich keine fingierte Vertrauensfrage stellen werde“

Er würde jetzt wahrscheinlich sagen, fingiert sei die Vertrauensfrage ja nicht.

Auf die Frage nach seinem Ex-Wirtschaftsminister und Parteikollegen Werner Marnette, der ihm vorwarf zu taktieren, um das tatsächliche Ausmaß der Krise bei der HSH-Nordbank zu verdunkeln, entgegnete Carstensen lapidar mit der Bemerkung, Marnette hätte ihm eine SMS geschickt, aus der er Marnettes Zuspruch hätte erlesen können. Absurd!

Auch wiederholte Carstensen die Lüge, er sei verantwortlich dafür, dass das Kabinett und die Koalition in den letzten Monaten zusammenblieb. Eine dreiste Lüge. Denn er war es ganz allein, der die Bonuszahlungen an den HSH-Nordbankchef Nonnenmacher abnickte und behauptete, die SPD hätte auch zugestimmt. Diese Lüge hat er mittlerweile auch zugegeben. Es ist geradezu sträflich, dass dazu nichts in dem Interview zu hören war. Carstensen durfte einfach Wahlwerbung in eigener Sache anbringen und die vorsichtige Frage von Caren Miosga nach einem möglichen Rücktritt mit obiger Lüge als Begründung beantworten. Besonders diese Antwort wirkt doch sehr abgeschnitten, achten sie mal drauf. Da hat bestimmt der persönliche PR-Manager selbst Hand angelegt.

Interessant ist übrigens auch die Reaktion der Neuen Presse Hannover heute. Das Fähnchen dreht sich. Ausgerechnet Claus Lingenauber, der letzten Freitag noch auf Seite 1 im Leitkommentar (siehe auch hier und hier im Blog) gegen die Blockadehaltung der SPD wetterte, stellt nun total überraschend fest, dass Carstensen selbst Teil der Krise geworden sei. Wirklich abscheulich, was die Neue Presse da an Meinung verkauft. Ein orientierungsloses Wechselbad der Gefühle, wie mir scheint…

Freitag schreibt Lingenauber:

„Die Kieler SPD weiß natürlich, dass sie Neuwahlen nicht wirklich verhindern kann. Aber so kann sie die CDU zumindest für das Scheitern verantwortlich machen. Ob die Wähler ihr das aber abnehmen, darf bezweifelt werden. Dafür hat der Mann mit der Fliege zu häufig gestänkert und zu viele Krisen ausgelöst.“

Heute schreibt Lingenauber:

„Carstensen selbst ist Teil der Krise geworden. Der CDU-Politiker, der die Vertrauensfrage gestellt hat, um Neuwahlen zu erzwingen, muss inzwischen befürchten, dass das Vertrauen der Wähler schwindet. Denn wer einmal lügt, dem glaubt man nicht.“

Entweder hat Lingenauber ein grundsätzliches Meinungsproblem oder seine Wahrnehmung hängt stark davon ab, was sich nicht mehr verheimlichen oder ausblenden lässt. Ich denke, dieser Mist fällt unter die Rubrik Unterhaltung bei der Neuen Presse. Dann sollte Matthias Halbig aber schnell eine entsprechende Kritik formulieren und vielleicht auch mal die Kommentierung zum Thema „Wortbruch“ aufarbeiten.

Denn am 4. November 2008 schrieb Claus Lingenauber unter dem Titel Blind ins Verderben folgende Passagen…(siehe auch hier im Blog)

„Andrea Ypsilanti hat hoch gepokert – und alles verloren. Sie wollte den Machtwechsel in Hessen um jeden Preis. Auch um den einer indirekten Mitwirkung der Linkspartei, um den Preis eines gebrochenen Wahlversprechens. Ihr Ziel, Roland Koch als Regierungschef abzulösen, hat sie unempfänglich gemacht gegenüber Stimmungen in der eigenen Fraktion und taub gegenüber Bedenken aus Berlin. Dabei war sie bereits einmal gescheitert, gelernt hatte sie aus dem Debakel aber nichts. Augen zu und vorwärts … Politischer Autismus in Reinkultur.“

Ist Peter Harry Carstensen nicht mindestens auch ein politischer Autist lieber Herr Lingenauber oder drücken sie bei Wortbrüchen der Konservativen beide Augen zu?

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Carstensens Eingeständnis: Er sei ein bisschen flott gewesen

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Ach wie süß. Der Peter Harry, der Bodenständige, der Knuddeltyp aus dem schönen Land Schleswig-Holstein. Kann so ein armer Töpel ein gerissener Lügner und Betrüger sein? Ja, aber natürlich. Lassen sie sich nicht täuschen. Ersmals gesteht Carstensen nämlich ein, bzgl. der Sonderzahlung an HSH-Nordbank-Chef Dirk Jens Nonnenmacher etwas geflunkert zu haben. Bei Spiegel Online finde ich gerade folgende Passage:

Im Zusammenhang mit der umstrittenen Sonderzahlung an HSH-Nordbank-Chef Dirk Jens Nonnenmacher hat Carstensen eingeräumt, er sei möglicherweise über eine Formulierung in dem Brief an Parlamentspräsident Martin Kayenburg (CDU) „ein bisschen flott hinweggegangen“, sagte Carstensen am Sonntag in Kiel.

In dem Brief hieß es, der Präsidialausschuss der Bank habe die Boni in Höhe von 2,9 Millionen Euro „mit vorherigem Einverständnis der Spitzen der Landesregierungen in Hamburg und Schleswig-Holstein“ sowie den Spitzen der Regierungsfraktionen beschlossen. Carstensen sagte, er sei jedoch von Zustimmung der Fraktionsspitzen ausgegangen, weil er keine anderslautenden Signale gehabt habe.

Mit anderen Worten: Carstensen hat glatt gelogen und Ralf Stegner mit seinem Vorwurf recht, dass der Millionenbonus ohne Wissen der SPD gezahlt worden ist. Wie man also aus einem groben Fehlverhalten des Regierungschefs nun immer noch eine konstruierte Situation aufrecht erhalten kann, in der es so scheint, als sei die Kritik des Koaltionspartners am Alleingang des Regierungschefs Auslöser für eine Regierungskrise, ist doch absurd. Carstensen muss zurücktreten.

Das sieht übrigens auch der ehemalige Wirtschaftsminister Werner Marnette (CDU) so. Er sagt, dass das Erzwingen einer Neuwahl am 27. September 2009 deshalb mit Nachdruck betrieben würde, um die Menschen über das tatsächliche Ausmaß der HSH-Nordbank-Krise zu täuschen.

Marnette: „Ich fürchte, die bereits gewährte Kapitalspritze wird nicht reichen. Die HSH wird auch die Garantiesummen von Schleswig-Holstein und Hamburg teilweise oder sogar ganz in Anspruch nehmen müssen“

Quelle: SpOn

Dennoch läuft die Medienkampagne auf Hochtouren. Infratest dimap will schon herausgefunden haben, dass eine Mehrheit der Schleswig-Holsteiner die vorzeitige Auflösung des Landtages befürworte. Ferner habe ein schwarz-gelbes Bündnis derzeit gute Chancen. Wenn jetzt gewählt würde, bekäme die CDU zwar weniger Zustimmung, aber die FDP reiße das mit einem Traumergebnis um die 15 Prozent heraus.

Das muss man sich mal vorstellen. Ausgerechnet die FDP soll es dann richten. Wolfgang Kubicki, Fraktionschef der FDP in Schleswig-Holstein, sagt zum HSH-Nordbank-Desaster.

„Das Problem der HSH-Nordbank ist in der Tat schlecht gemanagt worden. Das wäre mit der FDP nicht passiert.“

Quelle: Tagesspiegel

Das ist doch kein Management-Problem, sondern schlichtes Versagen. Es gab klare Vorgaben des SoFFin, die durch spezielle Landesvorgaben außer Kraft gesetzt wurden. Das ist eine bewusste Tat. Und die FDP will so etwas verhindern können? Da träfe man doch die eigene Klientel. Offenbar konnten ja nicht mal die Grünen in Hamburg etwas gegen das Vorgehen ihres Koalitionspartners CDU unternehmen. Kubicki fordert außerdem einen Untersuchungsausschuss nach einer Neuwahl.

„Die FDP und die anderen Oppositionsfraktionen haben klargemacht, dass es unter jeder politisch denkbaren Konstellation, die nach einer Wahl ins Amt kommt, einen HSH-Untersuchungsausschuss geben wird.“

Wieso erst nach der nächsten Wahl? Irgendwie kann ich nicht daran glauben, dass es in solch einem Gremium um Aufklärung gehen könnte. Schon allein die Vorstellung, dass Lügenbold Carstensen mit Kubicki am 27. September freudestrahlend in die Kameras winkt und das klare Votum des Wählers für sich reklamiert, ist geradezu grotesk.

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Die Neue Presse und ihre Wahlwerbung für Union und FDP

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Gestern schrieb Claus Lingenauber noch über den Bruch der Kieler Koalition vorwurfsvoll an die Adresse der SPD:

„Eine Koalition als Eisschrank – dauergekühlt durch das frostige Klima zwischen SPD-Chef Stegner und Regierungschef Carstensen.[…]
Dafür hat der Mann mit der Fliege zu häufig gestänkert und zu viele Krisen ausgelöst. Die FDP jubelt jedenfalls schon mal. Brechen jetzt schwarz-gelbe Zeiten an?“

Heute geht die Wahlwerbung für schwarz-gelb indes unvermindert weiter. Gestern war nämlich CSU-Parteitag, bei dem Horst Seehofer Harmonie demonstrierte, obwohl er auch immer gegen den politischen Partner stänkert und unter Profilierungswahn leidet wie ein Ralf Stegner von der SPD. Für Lingenauber ist das kein Anlass, Parallelen zu ziehen und Schuldzuschreibungen über unionsinterne Krisen zu formulieren. Bei dem Thema Steuersenkungen zum Beispiel. Nein, Seehofer sei sich seiner Aufgabe bewusst. Ein kluger Kopf, der weiß was zu tun ist, wenn es um die Wurst geht.

„Mit dem begnadeten Populisten Seehofer ist es zurückgekehrt, dieses Mia-san-mia-Gefühl, das die CSU im Freistaat wieder zur 50-Prozent-Partei machen soll. Dass der CSU-Chef Angela Merkel nicht ausstehen kann, ist ein offenes Geheimnis – aber wenn es um das strategische Ziel Wahlsieg geht, lobt er die Kanzlerin auch schon mal über den grünen Klee. Der Bayer weiß natürlich, dass er zum Schulterschluss gezwungen ist. Da müssen persönliche Animositäten schon mal hintanstehen. Es geht um Berlin und die Mehrheit und das Ende der ungeliebten Koalition mit der SPD.“

So hätte Lingenauber gestern auch die Strategie des „geselligen“ Peter Harry Carstensen beschreiben können. Oder verfolgt der anscheinend so harmlose Bauer aus dem Norden kein strategisches Ziel? Nein, in Schleswig-Holstein sei aufgrund der Schlammschlachten zwischen Stegner und Carstensen keine Zukunft mehr vorstellbar. Auch nach einer Neuwahl nicht. So ist das immer bei den Rechten Zeitgenossen. Lingenauber wollte gar sowas wie eine Wechselstimmung erzeugen, als er gestern etwas von einem Klimawandel für Kiel faselte.

„Merkel, Steinmeier und Co. haben bis zuletzt verantwortungsvoll Politik gemacht, haben bisher – trotz des nahenden Wahlkampfes – Schlammschlachten vermieden. Da kann man sich hinterher wieder in die Augen sehen. Bei Carstensen und Stegner ist das nicht vorstellbar. Schleswig-Holstein braucht nicht nur eine neue Koalition, Kiel braucht einen Klimawandel.“

Das ist offene Wahlwerbung für Schwarz-gelb, gestern wie heute, wie aus Lingenaubers Abschlussbemerkung hervor geht.

„Und Merkel scheint professionell genug, die weiß-blaue Sonderstellung zu akzeptieren, wenn sie denn Erfolg verspricht. Sie braucht ein gutes CSU-Ergebnis, um ein passables Unionsergebnis zu erreichen.“

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SH: Eine weitere Schande für den Parlamentarismus

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Was ist los in Schleswig-Holstein? Um diese Frage beantwortet zu bekommen, sollten sie es tunlichst vermeiden, Zeitung zu lesen oder sonstige Nachrichtenquellen zu bemühen. Denn überall schlägt einem die immer gleiche Botschaft entgegen. Die SPD hat’s verbockt. Ich möchte das mal anhand der Kommentierung in der Neuen Presse Hannover demonstrieren. Am Donnerstag kommentiert Horst Schmuda die Krise in der Landesregierung so. Gleich der erste Satz macht deutlich, warum es zum Bruch der Koalition kommen musste.

„Wer einen wie Ralf Stegner zum Koalitionspartner hat, braucht keine Feinde mehr.“

Und die Begründung folgt gleich im Anschluss.

„Ungeduldig, von sich selbst bis zum Übermaß überzeugt, der Zweck heiligt stets die Mittel. Der Mangel an anderweitiger politischer Potenz unter den schleswig-holsteinischen Genossen macht es ihm leicht, den Sozi-König zu spielen. Kein Wunder, dass Peter Harry Carstensen, der Ministerpräsident und Stegner wie auch umgekehrt in tiefer Abneigung verbunden, endgültig die Nase voll hat von der Profilierungssucht des Koalitionspartners auf seine Kosten – Neuwahlen.“

Der Regierungschef Carstensen ist also ein Getriebener. Nur wegen persönlicher Gründe platzt also die Koalition. Die beiden können halt nicht miteinander, will uns der Hardcore Horst sagen. Komisch nur, dass Herrn Schmuda bei seiner Begründung gar nicht aufgefallen zu sein schien, dass Ralf Stegner überhaupt kein Mitglied der Regierung ist. So hätte man wenigstens die Frage stellen können, warum man einen Bruch der Koalition gerade jetzt verkündet. Das hätte man doch auch schon Ende 2007 haben können. Damals hat Carstensen ebenfalls aufgrund persönlicher Animositäten Stegner aufgefordert, die Landesregierung zu verlassen. Der tat das auch brav und verkündete im Frühjahr 2008, künftig als Spitzenmann der SPD für die Wahl im Jahr 2010 aufzutreten. Die Drohung von Stegner, eine Art von Dauerprofilierung durchzuziehen, war Herrn Carstensen und der Öffentlichkeit also bereits 2008 bekannt. Warum hat der Ministerpräsident nicht schon zu diesem Zeitpunkt eine Auflösung des Parlaments vorgeschlagen?

Aber Horst Schmuda kann natürlich nicht verschweigen, dass Carstensen selbst einen Teil zum Chaos beigetragen hat und auch so am Ende gewesen wäre.

„Natürlich wäre es jetzt einfach, Stegner allein den schwarzen Peter zuzuschieben. Doch dass Carstensen eigentlich niemanden braucht, der ihn ins Stolpern bringt, weil er das selbst auch ganz gut kann, ist der andere Teil der Wahrheit. Er wäre auch ohne Stegners Nickeligkeiten am Ende. Der goldene Handschlag für den HSH-Chef darf getrost als gelungene politische Selbstvernichtung gelten.“

Ah ja. Aber weil Horst Schmuda nicht viel vom schwarzen Peter versteht und lieber durch eine schwarz-gelbe Brille zu blicken scheint, ist die Weigerung Stegners, einer Auflösung des Landtags zuzustimmen, in seinen Augen ein „gewagtes Spiel“. Denn andersherum sehen die Karten für schwarz-gelb ziemlich sicher aus, wenn es denn zum Wunschwahltermin am 27. September käme. Dann nämlich könnte neben dem Bund auch in Schleswig-Holstein eine Koalition aus CDU und FDP antreten. Damit spart man sich ja auch eine mögliche Denkzettelwahl im Jahre 2010, falls die schwarz-gelbe Regierung unter Merkel und Westerwelle doch für Enttäuschungen bei dem ein oder anderen sorgen sollte.

Oder wie es Horst Schmuda abschließend auf seinen ganz eigenen schwarz-gelben moralischen Punkt bringt:

„Die Moral von der Geschicht: Das kommt davon, wenn der Wähler nicht für klare Mehrheiten sorgt.“

Wählerbeschimpfung in der Neuen Presse Hannover. Da unterscheidet sich Schmuda dann auch nicht vom rot-schwarzen Müntefering, der der wachsenden Gruppe von Nichtwählern vor kurzem deren politische Teilnahmslosigkeit zum Vorwurf machte. Wie soll man das nennen. Altersstarrsinn? Dummheit? Oder vielleicht ein Defizit beim Lesen von Wahlergebnissen? Der hessische Wähler zum Beispiel muss sich verarscht vorgekommen sein. Der hat sich eine neue Regierung bestellt und als Antwort bekommen, Modell leider nicht lieferbar. Nun machts der Koch halt wieder. Im Bund kann der Wähler auch wählen, was er will, er bekommt immer Ulla Schmidt als Gesundheitsministerin.

Und in Schleswig-Holstein sind die Mehrheitsverhältnisse eigentlich auch klar. CDU und FDP haben eindeutig keine Mehrheit im Landtag. Es wollte auch sonst keiner mit denen. Also gibt es rechnerisch eine andere und zwar aus SPD, Grüne und SSW. Aber auch da, hieß es gar viermal hintereinander, Modell nicht lieferbar. Einem Abgeordneten war damals der Preis für seine Stimme offenbar zu niedrig. Oder ein anderer hat mehr bezahlt. Wer weiß das schon.

Jedenfalls ist es für den Parlamentarismus eine erneute Niederlage, wenn man sich, weil die Zeiten gerade günstig scheinen, einfach so selbst auflöst und damit den Wählerwillen zur Farce erklärt. In Hessen wählte man bis es passte und in Schleswig-Holstein will man wählen lassen, weil es gerade passt. Das ist noch einmal eine Steigerung. Aber das sieht er Schmuda nicht. Claus Lingenauber in der heutigen Ausgabe der Neuen Presse übrigens auch nicht.

Denn auch in seinem Leitkommentar auf Seite 1 geht das SPD-Bashing munter weiter. Erster Satz:

„Es hat schon groteske Züge, wie hartnäckig sich die schleswig-holsteinische SPD gegen Neuwahlen stemmt und das Bündnis mit der CDU fortsetzen will.“

Das ist schon ein wenig abartig. Sich gegen Neuwahlen zu stemmen, ist also grotesk. Auch Lingenauber muss es natürlich so sehen. Denn sollte die SPD ihre Zustimmung zur Auflösung des Landtags verweigern, ginge das Ganze nur noch mit Hilfe einer „fingierten Vertrauensfrage“. Sie kennen das noch? Das hat Schröder 2005 im Bundestag auch so gemacht. Das Bundesverfassungsgericht hat diesen Blödsinn dann auch noch gebilligt. Das muss man sich mal vorstellen. „Fingierte Vertrauensfrage“, allein schon die Bezeichnung. Warum nennt man es nicht richtig. Vortäuschung falscher Tatsachen oder schlicht Betrug.

In diesem Zusammenhang verstehe ich die Rechtslage wirklich nicht. Wenn die Landesverfassung es vorschreibt, dass sich der Landtag nur mit der hohen Hürde Zweidrittelmehrheit selbst auflösen kann, wozu dann noch das Instrument der Vertrauensfrage, bei der es ausreicht, die Regierungsmehrheit nicht zu erhalten, um den Landtag auch auflösen zu können? Wenn man mit dem alten Regierungschef nicht mehr kann, wählt das Parlament halt einen Neuen. Das nennt man konstruktives Misstrauensvotum. Wo ist das Problem? Das steht auch so in dem Artikel der Landesverfassung, der die Vertrauensfrage regelt:

Artikel 36 – Vorzeitige Beendigung der Wahlperiode durch die
Ministerpräsidentin oder den Ministerpräsidenten

(1) Stellt die Ministerpräsidentin oder der Ministerpräsident in einem Antrag die Vertrauensfrage, ohne hierfür die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Landtages zu finden, so kann die Ministerpräsidentin oder der Ministerpräsident binnen zehn Tagen die Wahlperiode vorzeitig beenden. Zwischen dem Antrag und der Abstimmung müssen achtundvierzig Stunden liegen. Artikel 13 Abs. 3 ist anzuwenden.

(2) Das Recht der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsidenten zur vorzeitigen Beendigung der Wahlperiode erlischt, sobald der Landtag mit der Mehrheit seiner Mitglieder eine andere Ministerpräsidentin oder einen anderen Ministerpräsidenten wählt.

In meinen Augen ist die Vertrauensfrage das Einfallstor für die Manipulation des Wählerwillens. Ein Parlament muss in der Zusammensetzung tagen und Beschlüsse fassen können, wie es durch den Souverän in freier, geheimer und gleicher Wahl bestimmt worden ist. Das Beispiel Hessen hat gezeigt, dass das sogar ohne Regierung wunderbar funktioniert. Die Möglichkeit, des vorzeitigen Abbrechens von Wahlperioden scheint aktuell immer mehr in Mode zu kommen. Diese Entwicklung wird letztlich auch durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes bestärkt, Vertrauensfragen auch in fingierter Form zuzulassen.

Dass das ganze Chaos in Kiel natürlich nur ein Ablenkungsmanöver ist, um von der HSH-Nordbank Geschichte oder auch Krümmel abzulenken, dürfte eigentlich klar sein.

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In Deutschland gibt es jede Woche Trends

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Haben sie gestern bzw. heute auch vom neuen Deutschland Trend der ARD gehört? Jörg Schönenborn hat mal wieder rumfragen lassen. Und was kam raus? Top-Meldung: 71 Prozent finden die Arbeit von Frau Merkel toll, dahinter schon der „von und zu“, der bei 61 Prozent der Befragten beliebt sei, weil er gute Arbeit macht. Boah eh. Aber jetzt kommts. Denn 74 Prozent sagen, die CDU sei unehrlich und 75 Prozent finden, die CSU lüge auch. Na sowas. Frau Merkel und Herr zu Guttenberg werden jetzt also nicht mal mehr mit ihren eigenen Parteien in Verbindung gebracht.

Eine reife Leistung von infratest dimap. Denn die Erkenntnisse von Schönenborn sind nicht mal mehr banal, sondern schlicht gar nicht vorhanden. Stattdessen präsentiert man ahnungsloses Achselzucken.

Vier Wochen nach dem Debakel bei der Europawahl setzt sich der Schrumpfkurs der Sozialdemokraten fort. In der aktuellen Sonntagsfrage – erhoben von Montag bis Mittwoch dieser Woche – verlieren die Sozialdemokraten gegenüber dem Vormonat noch einmal zwei Punkte und stehen nun bei 23 Prozent.

Unter sinkenden Zustimmungswerten leidet auch der Kanzlerkandidat der Partei: Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat sich zwei Jahre lang die beiden Spitzenplätze der Politikerrangliste des DeutschlandTrends mit Angela Merkel geteilt. Jetzt ist er nur noch die Nummer drei hinter Kanzlerin Merkel und Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg.

Aber das Erstaunlichste an der gegenwärtigen politischen Lage ist wohl, dass die Union von dieser Schwäche so gar nicht profitieren kann. Auch sie muss gegenüber Anfang Juni einen Minuspunkt verbuchen und steht bei 35 Prozent. Das Wahlziel „40 plus X“, das CDU-Generalsekretär Pofalla immer wieder formuliert, ist in weite Ferne gerückt.

Quelle: ARD

Steinmeier leidet also unter den miserablen Werten seiner Partei und Frau Merkels Partei profitiert nicht von den tollen Werten ihrer Vorsitzenden. Tjo, in der Tat sehr erstaunlich Herr Schönenborn. Aus Scheiße wird halt nicht mehr als ein übel riechender Haufen. Vielleicht hätte Schönenborn und infratest dimap den Leuten mitteilen sollen, dass es sich bei Frau Merkel um die Vorsitzende, also die Chefin oder auch die Verantwortliche, der Partei handelt, der dieselben Leute nicht abnehmen, dass sie die Wahrheit sagt. Nebenbei hätte man dann noch sagen sollen, dass Frau Merkel auch die Chefin der Regierung ist, der man ebenfalls schlechte Arbeit und böse Absichten unterstellt. Dann hätte es vielleicht etwas werden können mit einem Ergebnis, das nicht so stinkt…

Übrigens hat Hagen Rether beim Satire Gipfel eine tolle Nummer über die Spitzenkandidaten der Parteien abgeliefert und mal nüchtern Bilanz gezogen. So gesehen, müsste der Deutschland Trend eigentlich doch anders aussehen. Dass die Forscher dennoch immer wieder so einen Müll wie oben liefern, liegt zum einen an der, den Interessen angepassten, Methode, die sich immer schneller in Richtung Slapstick entwickelt und zum anderen an der permanenten Gehirnwäsche durch die Medien, die den Schwachsinn auch noch verbreiten, ohne jegliche kritische Begleitung. Aber nun zu Hagen Rether… :>>

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Auch im Urlaub empfängt man das Erste

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Und was sieht man da am späten Abend? Beckmann. Zu Gast waren Oskar Lafontaine und Björn Engholm. Nun habe ich gedacht, dass einem hier in der Türkei das Hirn gelegentlich einen Streich spielen könnte, da es so unglaublich heiß ist. Wenn man sich aber die gestrige Sendung von Beckmann im Ersten anschaut, fragt man sich verwundert, welche Temperaturen im Hamburger Studio geherrscht haben müssen. Vor allem der Moderator Beckmann machte einen besonders debilen Eindruck. Total von der Rolle.

Außerdem fielen die stümperhaft durchgeführten Schnitte innerhalb des Interviews auf. Man wusste also gar nicht, ob da alle Antworten auf die dusseligen Fragen von Beckmann gesendet worden waren. Jedenfalls entpuppte sich Björn Engholm als Stichwortgeber und Spielpartner von Beckmann. Er nahm jeden Ball auf und lies sich als Kronzeuge gegen seine eigene Partei einspannen. Es ist immer dieselbe Medienmasche. Clement war ja auch so ein beliebter Spezi.

Des Weiteren wurden Lafontaine Ausschnitte präsentiert, auf die er gar nicht antworten durfte. Er konnte erst nach einem längeren Dialog zwischen Beckmann und Engholm auf den zuvor gezeigten Ausschnitt reagieren. Beckmann stellte aber ablenkend eine andere Frage an Lafontaine, die mit dem an ihn gerichteten Ausschnitt gar nix mehr zu tun hatte. Damit sollte es so aussehen, als ob Lafontaine selbst ablenken würde.

Zum Inhalt: Selten hat man so einen Müll gehört, obwohl: Mittlerweile läuft es in nahezu allen Medien so. Engholm behauptete, dass eine Koalition zweier linker Parteien, hier SPD und Linke, deshalb nicht möglich sei, weil es keine gesellschaftliche Mehrheit dafür gäbe. Die Menschen wollten so eine Konstellation nicht. Nun ja, seit 1998 gibt es im Bundestag jedenfalls eine brach liegende Mehrheit und im letzten Jahr gab es auch eine in Hessen. Dort hat man ja bekanntlich so lange gewählt, bis es für Roland Koch passte. Das braucht man für den Bund in diesem Herbst sicherlich nicht befürchten. Dort läuft der Auflösungsprozess der SPD munter weiter.

Besonders dümmlich war das Gespräch zwischen Beckmann und Engholm bezüglich der tollen Umfragewerte des „von und zu“, die ja ähnlich souverän seien wie die der Bundeskanzlerin. Ja der Mann mache tolle Arbeit, vertrete eine klare Linie, spreche den Bürgern aus der Seele, wenn er Millionenhilfen für größere Unternehmen ablehnt. Denn diejenigen, die befragt würden, seien vor allem in Unternehmen beschäftigt, die nicht so groß seien, sagte Engholm. Wenn es allein schon stimmen sollte, dass die Befragung nur bei Leuten in solchen Unternehmen stattgefunden hätte, wäre die Umfrage nicht zu gebrauchen. Aber Engholm hat natürlich überhaupt keinen blassen Schimmer, sondern labert nur drauf los. Solange der Moderator nickt.

Lafontaine konterte natürlich und hielt fest, dass tolle Beliebtheitswerte auch etwas mit PR zu tun haben. Er stellte weiterhin fest, dass die Menschen, die in kleineren Unternehmen tätig sind, unmittelbar abhängig sind, von der Existenz der Großen. Nicht umsonst meldeten letzte Woche zahlreiche kleinere Unternehmen im Zuge der Arcandor-Pleite ebenfalls Insolvenz an. Und ganz deutlich stellte Lafontaine fest, dass es sich eine sozialdemokratische Partei einfach nicht erlauben könne, Unternehmen mit vielen Mitarbeitern im Stich zu lassen. Welche Aufgabe hätte denn eine sozialdemokratische Partei sonst, lautete die Frage, die Lafo nicht stellte, aber jeder verstehen konnte. Da guckte der entzauberte Engholm aber ziemlich ertappt aus der Wäsche. Als Sozialdemokrat dazustehen, der gar nicht mehr seine Aufgabe zu erfassen vermag, sondern lieber die Rhetorik der Konservativen predigt, ist schon ziemlich arschig. Das konnte man in Engholms Augen deutlich sehen.

Aber gut. Auf die Napoleon-Vergleiche, die sich Lafontaine von Engholm auch wieder anhören musste, verzichte ich jetzt mal einzugehen. Ich muss jetzt wieder an den Pool. Ich brauche Abkühlung.

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Wahlanalyse

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Eine wie immer sehr schöne Analyse der EU-Wahl finden sie auf den NachDenkSeiten. Insbesondere die Verteilung der Wählermillieus ist interessant. Die Frage nach einem angeblichen Mobilisierungspotenzial bei der SPD stellt sich nämlich nicht. Es gibt schlicht keine Klientel mehr, die für einen Umschwung bei der Bundestagswahl sorgen könnte. Die SPD-Führung ist den Zahlen nach zu urteilen, einfach am Ende angelangt. Einen weiteren Absturz mal ausgenommen – der ist ohnehin wahrscheinlich. Selbst die Große Koalition wird kaum mehr zu schaffen sein. Wie sagte Steinmeier bei seiner Inthronisierung am Schwielowsee doch so kämpferisch, er spiele nicht auf Platz. In Wahrheit tat und tut er es. Deshalb wird es meiner Meinung nach auch eine neue Kampagne der SPD geben, die abermals unter dem Motto „Schwarz-gelb Verhindern“ verstärkt betrieben werden wird.

Nur was soll an einer Aussicht, dass die Große Koalition fortgesetzt werden könnte, für den angeblich zögernden Wähler der SPD motivierend sein? Schauen sie sich mal das bereinigte Ergebnis der EU-Wahl an. Es ist eher anzunehmen, dass die Gruppe der Nichtwähler auch zur Bundestagswahl im Vergleich zum Urnengang vor fünf Jahren zunehmen wird.

EU-Wahl
Quelle: blogwürdig

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Das absurde Wahlgefasel

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Da ist man mal ein Wochenende privat unterwegs, um mal etwas Anderes zu sehen, da holt einen nach der Heimkehr der geschriebene und gesprochene Müll der geistigen Elite unseres Landes ungebremst wieder ein. Zunächst einmal beklagen sich alle darüber, dass keiner zur Europawahl geganen ist. Am Samtag meckerte der Vizechef der Neuen Presse, Bodo Krüger, über meckernde Wähler, die sich nicht an die Urnen trauten. Dann, so seine Worte, würde man den Rechten Vorschub leisten. Das hätte man in Holland deutlich beobachten können. Unverschämte Worte von Krüger am Schluss seines beknackten Kommentars über, Achtung Wortspiel, Gedämpfte EU-phorie:

„Und bei allem Verständnis für eine gewisse Laxheit in europäischen Fragen – ein mit rechten Rattenfängern beladenes EU-Parlament hat Europa nun wirklich nicht verdient. Deshalb: Meckern Sie ruhig weiter, aber wählen Sie!“

Ich muss ihm ja ein bissel Recht geben. Denn die CSU mit dem ziemlich nach rechts gedrifteten Bernd Posselt von der Sudetendeutschen Volksgruppe darf wohl aller Voraussicht nach weiter machen im „Schloss Neuwahnstein“, so nennt man unter der Hand die bayerische Landesvertretung in Brüssel. Ob im bayerischen Volk die Kunde bereits angekommen ist, dass dieser Prachtbau rund 30 Millionen Euro gekostet hat? Ich weiß, Peanuts würde der neue HSH-Nordbank Aufsichtsrat und Ex-Deutsche Bank Chef Hilmar Kopper sagen, wenn er sich die Milliardenfehlbeträge der Bayern LB anguckt.

Die Bayern LB, man könnte auch sagen, die Hausbank der CSU. Seehofer will ja vor allem deshalb mit seiner CSU weiterhin in Brüssel wurschteln, weil man schärfere Auflagen der EU bezüglich der Bayern LB verhindern will. Wer weiß, welche prachtvollen Leichen da noch im Keller liegen. Aber davon erfährt man nix im allgemeinen Wahlkrampfgetöse. Bodo Krüger, von der Neuen Presse Hannover erwähnt lieber groß und breit, dass Frau Silvana Koch-Mehrin, dank der tollen FDP-Plakatierung, immerhin 13 Prozent der Deutschen als Kandidatin der FDP bekannt ist. Natürlich ist Herrn Krüger die frisch aufgedeckte und äußerst miserable Anwesenheitsquote von Frau Koch-Mehrin in Europa keine Silbe mehr wert. Wie schreibt er doch so deppert:

„Es ist einfach so: Europa findet in den Köpfen der Menschen kaum statt.“

Jawohl Herr Krüger. Und warum wundern ausgerechnet sie sich darüber? Statt aufzuklären bieten sie nur dummes Gesülze an. Machen der FDP den Hof und zitieren sogar noch deren Wahlkampfslogans, um auf die Wähler zu schimpfen. Dümmer geht es nun wirklich nicht mehr. Aber die Angst vor einem europäischen Rechtsruck ist schon irgendwie witzig. Zumal Deutschland angeblich dauernd nach links wegzubrechen droht. Diesmal offenbar nicht. Man wendet die eigene Meinung halt mit jeder Wahl aufs Neue.

Dabei ist das Ergebnis doch so, wie alle es sich gewünscht haben. Schwarz-gelb ist auf dem Vormarsch, trotz des wohl zu vernachlässigenden sechs Prozentverlustes der CDU. Die Tatsache, dass die SPD noch einmal ihren historischen Tiefststand unterbieten wird, reicht aus, um auf dieser Seite des Parteienspektrums ordentlich auf den Busch zu klopfen. Am Abend habe ich den Oberdeppen der ARD gesehen, Herrn Deppendorf, wie er den Steinmeier in die Zange nahm. Mit einer tollen Umfrage vom Vizedeppen der ARD, Herrn Schönenborn. Der, bzw. sein Umfrageinstitut infratest dimap haben nämlich Folgendes fragen lassen.

Haben sie das Gefühl, dass die SPD zu leichtfertig staatliche Gelder in die Hände von Unternehmen gibt?

Ich habe Statistik ja immer gehasst wie die Pest, und es nicht so, dass ich den Steinmeier in Schutz nehmen möchte, aber eins hat der begeisterte, in die Aussagekraft von erhobenen Daten verliebte Hochschullehrer, uns Studenten selbst in der quantitativen Sozialforschung beigegbracht. So offensichtlich gesteuert fragt man seriöser Weise nicht. Hier wird doch die Antwort dem Befragten quasi in den Mund gelegt. Die manipulative Ausrichtung der Frage sticht so dermaßen ins Auge, dass man zu dem Schluss kommen muss, hier soll einfach nur vorgeführt und abgefertigt werden. Das ist übrigens eine ziemlich linke, äh nein, klassisch rechte Nummer. Volksverdummung in der ARD.

Doch die ging noch weiter. Der Deppendorf hat auch Gregor Gysi interviewt und diesen erneut vorgeworfen, dass aus dem Programm der Linken nicht hervorginge wie man alles finanzieren möchte. Dabei war der Deppendorf doch selbst dabei, als Oskar Lafontaine im Sommerinterview 2008 der ARD alles genau vorrechnete. Aber wie man damals bereits erkennen konnte, waren die geistigen Größen der ARD ziemlich überrascht und konnten im Kopf gar nicht mehr so schnell mitdenken, weshalb sie ihren Beschuss holpernd und reflexhaft auf die persönliche Ebene verlagerten. Ja ja, alles schon wieder vergessen. Ist das etwa Ausdruck wachsender Demenz in der ARD oder schlicht das Ergebnis eines bereits stattgefundenen Rechtsruckes innerhalb der Medienlandschaft?

Gerade höre ich die Tagesthemen im Hintergrund. Da läuft ein Bericht über die mangelnde Wahlbeteiligung. Tom Buhro blickt vorwurfsvoll nach Mecklenburg-Vorpommern. Denn obwohl da massenhaft EU-Gelder hinflössen, sei das Interesse an der heutigen Wahl ziemlich gering. Empörend diese Scheiß-Ossis. Undankbar, jaulend und überhaupt liegen doch die faulen Säcke den Leistungsträgern wie Frau Koch-Mehrin von der FDP nur auf der Tasche herum. Wissen sie noch, was Westerwelle in Hannover stellvertretend für seine Partei in die Mikrofone schrie:

„Es gebe kein Recht auf staatlich bezahlte Faulheit“

Ich verkneife mir jetzt noch mal auf die Fehlzeiten von Frau Koch-Mehrin hinzuweisen, bzw. auf ihre Einkünfte, die sie trotz Abwesenheit, aber perfekter Vermarktung ihres Mandats an Lobbyinteressen, eingestrichen hat. Wir sind beim Treten gegen sozial Schwache angekommen. Am Freitag schoss Christoph Slangen, vom Berliner PR-Büro Slangen+Herholz, noch einen Kommentar zum Thema Hartz IV Überwachung ein. Darin schrieb er Folgendes:

„Verdachtsfälle und Bußgelder zeigen aber auch, dass Leistungsmissbrauch kein ganz seltenes Phänomen und Kontrolle angebracht ist. Das hat nichts mit der Stigmatisierung Arbeitsloser zu tun, sondern mit der Sorgfaltspflicht gegenüber Versicherten und Steuerzahlern.“

Verdachtsfälle und Bußgelder zeigen also gefühlt etwas, was amtliche Statistiken klar widerlegen. Sozialleistungsmissbrauch ist ein seltenes Phänomen. Nahezu vernachlässigbar. Das Gegenteil ist richtig. Das sträfliche Vorenthalten von Leistungen nimmt aufgrund des Kostendrucks in den Argen immer weiter zu. Das beweisen die zahlreichen Entscheidungen vor Sozialgerichten gegen erteilte Hartz IV Bescheide. Das ist mittlerweile so dramatisch, dass der Gesetzgeber überlegt, den Klageweg für Betroffene zu erschweren. Aber weil Slangen als Anwalt der Versicherten und Steuerzahler, zu denen er Hartz IV Bezieher offenbar gar nicht mehr zählt, Schaum vorm Mund hat, verteidigt er auch noch eine rechtswidrige Überwachungspraxis, die nur deshalb von der Bundesagentur zurückgenommen wurde, weil der Landesdatenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, klare Worte fand und das Erwerbslosen Forum Deutschland gerichtliche Schritte gegen die BA einleiten wollte.

Wenn es aber um den Leistungsmissbrauch am oberen Ende der Vermögenstabelle geht, wenn es darum geht, Steuerhinterziehung zu bekämpfen, die den Staat Milliarden kostet, hört man vom Slangen nix. Da geht es ja auch um das scheue Reh des Kapitals, das sofort erschrickt und im Dickicht verschwindet, wenn man ihm zu sehr auf die Pelle rückt. Im Gegenteil, Slangen feiert ein Steinbrück-Gesetz zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung, das nachweislich nicht mal einen Placebo-Effekt entfaltet. Da ist der Sorgfaltspflicht gegenüber Versicherten und Steuerzahlern offenbar Genüge getan.

Wenn sie hier auch einen Widerspruch in der Kommentierung sehen, sollten sie sich solche provozierenden Sprüche, wie die von Bodo Krüger vom Samstag, dass man ruhig weitermeckern darf, aber gefälligst wählen gehen soll mit Ausrufezeichen, nicht gefallen lassen. Im Grunde ist es die Laxheit unserer Journalisten, die verantwortlich dafür ist, dass den Leuten die Politik zum Halse raushängt. Wählen sie doch einfach die Neue Presse Hannover ab oder ein anderes Parteiorgan der FDP. Da können sie nichts falsch machen.

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Und noch eine Stimme weniger für Köhler

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Wie ich gerade in meiner Tageszeitung Neue Presse Hannover lese, gab es in der Bundesversammlung eine bekennende Abweichlerin. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Silke Stokar aus Hannover hat für Horst Köhler gestimmt. Und zwar weil erstens das Volk zu 70 Prozent hinter einer zweiten Amtszeit von Köhler stünde. Zweitens: Weil Köhler auf dem Kirchentag in Bremen so eine tolle Krisenrede gehalten habe und die Stimmung in der Bundesversammlung mehrheitlich für Köhler war. Und drittens: Weil Frau Stokar völlig selbstlos verhindern wollte, dass es in einem möglichen zweiten Wahlgang zu einem Stimmengeschachere kommt. Sie wollte eventuelle Verabredungen mit der Linkspartei verhindern.

Na ja. Die Gründe sind alle nicht sehr überzeugend. Ich will da jetzt auch nicht näher drauf eingehen, sondern noch einmal betonen, dass Horst Köhler somit nicht eine wie auch immer geartete scheinbürgerliche Mehrheit hinter sich versammeln konnte, wie es uns Volker Kauder, Guido Westerwelle, Angela Merkel und Horst Seehofer nach der Wahl glauben machen wollten. Ich darf noch einmal vorrechnen?

Die Bundesversammlung hatte 1224 Mitglieder, einer aus der Linkspartei war krank und wurde nicht ersetzt. Also insgesamt wurden 1223 Stimmen abgegeben. Davon waren zwei ungültig und zehn Enthaltungen. Das sog. „Bürgerliche Lager“, das uns aus allen Problemen retten soll, weil es so geschlossen ist, verfügte über insgesamt 615 Stimmen – also CDU (405), CSU (92), FDP (107), Freie Wähler (10) plus Herrn Henry Nitzsche (fraktionsloser Bundestagsabgeordneter, am 15.12.2006 aus der CDU ausgetreten).

Auf den „Superhorst“ entfielen 613 Stimmen, davon war eine nachweislich von der Grünen Frau Stokar, wie wir jetzt wissen. Somit haben aus dem super geschlossenen bürgerlichen Lager, das noch immer all unsere Probleme lösen will, nur höchstens 612 Wahlmänner und Frauen für den gelernten Sparkassendirektor votiert. Das sieht aber dann gar nicht mehr so glatt aus, wie es heute überall beschrieben wird. Nein, warum soll man nicht die Schlagzeile formulieren dürfen, dass Horst Köhler keine eigene bürgerliche Mehrheit zusammen bekam und stattdessen auf mindestens eine Stimme aus dem rot-grünen Lager angewiesen war?

Nun fragt man sich auch, wenn aus dem super geschlossenen bürgelichen Lager, das nach wie vor unser aller Probleme lösen will, mit Gottes Hilfe versteht sich, mindestens drei Wahlmänner und Frauen nicht für den „Superhorst“ gestimmt haben, für wen denn dann? Entweder für nüscht, für Frau Schwan oder Peter Sodann, der hat nämlich mindestens zwei Stimmen von anderen Parteien erhalten – außer von NPD und DVU.

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