Gestern ist der Grünenpolitiker Dieter Salomon erneut zum Bürgermeister der Stadt Freiburg im Breisgau gewählt worden. Er hat dabei Stimmenverluste hinnehmen müssen. Als Begründung wird angeführt, dass Salomons „pragmatischer“ Stil im Amt zahlreiche Stammwähler vergrault habe (Siehe u.a. Badische Zeitung).
Das regt mich auf! Wieso ist ein grüner Bürgermeister, der in seinem Amt eine neoliberale Schwachsinnspolitik betreibt, indem er z.B. Wohnungsbestände im öffentlichen Eigentum an sog. private Investoren verscherbelt, um die Stadtfinanzen zu verbessern, immer ein Prgmatiker? Ich habe diese Meldung heute morgen im Deutschlandfunk um 5:00 Uhr gehört. Der Kaffee schmeckte danach nicht mehr so gut. Als die Sprecherin dann auch noch von einem Bürgermeister faselte, der nicht nur pragmatisch sei, sondern auch gewissen Sachzwängen Rechnung trage, hätte ich einen Wutanfall kriegen können, habe mich aber mit Rücksicht auf die noch schlafenden Familienmitglieder zurückgehalten.
Wer aus dem Umstand schlechter Stadtbilanzen heraus einen Sachzwang ableitet, öffentliches Eigentum an private und vermeintliche Finanzinvestoren zu verscherbeln und dann noch meint, das hätte etwas mit Pragmatismus oder Real(o)politik zu tun, der hat schlicht nicht mehr alle Tassen im Schrank. So als ob die Finanzkrise nicht längst bewiesen hätte, dass solche Privatisierungen im großen Stil zum Bummerrang für die öffentliche Hand geworden sind.
Ich finde es zum kotzen, wenn ein Politiker, der einst durch ein sozialdemokratisches Wahlprogramm zum ersten grünen Bürgermeister einer deutschen Großstadt gewählt wurde, nach seinem Schwenk zur CDU hin, nun als ein pragmatischer und verantwortungsbewusster, weil sachzwangorientierter, Politiker betrachtet wird. Es sind einmal mehr die entkernten Begriffe der Konservativen, die hier so etwas wie Stabilität und Verlässlichkeit vorgaukeln sollen, obwohl das, was als pragmatisch bezeichnet wird, dumpfe ideologische Glaubenspolitik ist, die durch die Wirtschaftskrise eigentlich widerlegt worden ist.
In diesem Zusammenhang bleibt es einfach ärgerlich, dass die Medien die manipulierten Begriffe der konservativen PR-Strategen gedankenlos übernehmen und somit dazu beitragen, Zuhörer, Zuseher und Leser in die Irre zu führen.
Bei dem schönen Wetter sollte man sich die gute Laune nicht verderben lassen, auch nicht durch den Schreihals Guido Westerwelle, der gestern noch in seiner Funktion als Außenminister vor den Särgen toter deutscher Soldaten stand und schweigend trauerte, sich aber vor den Kameras der Bild-Zeitung dazu hinreißen ließ, eine Hinterbliebene in die Arme zu schließen. Heute hat er den Schalter wieder umgelegt und ist zum ersten Volksverhetzer im Lande mutiert. Mit Sätzen wie…
„Die Bürger dürfen nicht den Eindruck bekommen, es ist für alles Geld da: für die Banken ist Geld da, für die Automobilindustrie ist Geld da, für die europäische Solidarität ist Geld da, aber für eine Entlastung der Mittelschicht ist kein Geld da.
Wir wollten im Herbst nicht regieren, damit es einen Regierungswechsel gibt, wir wollten regieren, damit es einen Politikwechsel gibt. Das macht nicht immer beliebt.
Wir sind denen zu erfolgreich geworden.
Das hat unser Land nicht verdient, dass 20 Jahre danach Sozialisten und Kommunisten wieder etwas zu sagen kriegen.“
…spulte er als FDP-Bundesvorsitzender sein altbekanntes Programm herunter. Er vergaß nur zu erwähnen, dass für Hoteliers und reiche Erben auch Geld dagewesen war. Ich weiß, für Westerwelle zählen wohlhabende Erben und die Mövenpicks und Co. auch zur Mittelschicht. Die Kritiker der FDP würden ja immer vergessen, dass nur der Steuern zahle, der auch Geld habe.
Was Westerwelle damit meint, hatte Hermann Otto Solms kürzlich im ZDF-Morgenmagazin präzisiert. Er antwortete auf die Frage, was er davon halte, dass mehr als die Hälfte der Bevölkerung Steuersenkungen derzeit nicht für sinnvoll hielten, so:
„Mehr als die Hälfte der Bevölkerung zahlt keine Steuern!“
Das ist natürlich gelogen und der Versuch eine volksverhetzende Demagogie zu platzieren. Egon W. Kreutzer findet diesbezüglich die richtigen Worte:
„Das ist glatt und elend gelogen!
Wer konsumiert, zahlt Steuern. Kindern wird das Taschengeld besteuert und Rentnern die Rente, Hartz-IV-Empfängern wird der Regelsatz besteuert und Arbeitslosen das Arbeitslosengeld.
Wer im Monat 350 Euro zum Leben hat, und davon 60% für Lebensmittel und andere Waren mit ermäßigtem Steuersatz ausgibt, zahlt dem Finanzminister jeden Monat 36 Euro an Mehrwertsteuer zurück. Ein Tank voll Benzin und eine Stange Zigaretten dazu – und der Fiskus kassiert noch einmal 50 Euro ab.
Dass der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag so tut, als habe er keine Ahnung, wer in Deutschland in Wahrheit den Löwenanteil der Steuern zahlt, ist mehr als nur peinlich.
Und wenn er sich darauf hinausreden wollte, er habe natürlich nur von der Lohn- und Einkommensteuer gesprochen, und wer die nicht zahlt, habe in der Diskussion um die Senkung des Einkommensteuertarifs nicht mitzureden, dann vergisst er, dass die Konsumsteuerzahler letztlich für das aufkommen müssen, was den Einkommensteuerzahlern erlassen wird.
Und wenn er sich darauf hinausreden wollte, dass die Steuersenkung ja gerade denen zugute kommen, die wenig verdienen, dann lügt er schon wieder.
Steuersenkungen in der Progressionszone kommen allen zugute, deren Einkommen die entsprechende Höhe erreicht und natürlich auch allen, deren Einkommen darüber liegt!
Und wenn Steuerfreibeträgte erhöht werden, dann haben die mit den niedrigen Einkommen nichts oder wenig davon, während die mit den höchsten Einkommen am stärksten entlastet werden, weil der Freibetrag nämlich immer „von oben“ wirkt, also da, wo die höheren Steuersätze zum Ansatz kommen.
Zwei Bemerkungen des SPD-Chefs heute rufen bei mir akuten Brechreiz hervor. Erstens: Gabriel könne sich ein Bündnis mit Grünen und der FDP in NRW vorstellen (siehe u.a. hier). Gabriel setzt dabei auf die bereits mehrfach gescheiterte Ausgrenzungsstrategie zur Partei die Linke. Er lässt wieder Beton anrühren, damit die SPD ihre Mauer um sich herum noch höher bauen kann.
Und zweitens, und das ist noch viel schlimmer: Gabriel fordert von der Kanzlerin eine Klarstellung über die Bezeichnung des Afghanistan-Einsatzes. Wenn Merkel das deutsche Engagement am Hindukusch für einen Krieg hält, müsse sie im Bundestag ein neues Mandat beantragen. Auf Spiegel-Online lese ich völlig entsetzt:
Wenn Merkel den Einsatz für einen Krieg halte, müsse sie ein neues Bundestagsmandat beantragen. „Dann würde mit Sicherheit die Abstimmung anders verlaufen.“
Häh? Was will uns der Harzer Roller denn damit sagen? Wenn die Bundesregierung das Offensichtliche beim Namen nennen würde, dann würde die SPD nicht mitstimmen, weil es sich bei der SPD um eine große Anti-Kriegs-Partei handelt? Ist der Gabriel jetzt völlig bescheuert? Seine Erläuterung zu diesem Unsinn ist noch unsinniger:
Gabriel sagte, er verstehe die Gefühle in der Bevölkerung, fügte aber hinzu: „Trotzdem müssen Politiker etwas anderes tun.“ Der Uno-Einsatz in Afghanistan diene dem Schutz der Regierung und dem „Kampf gegen die terroristischen Bastionen der Taliban“. Er sei an ein klares völkerrechtliches Mandat gebunden. Wenn die Bundesregierung der Meinung sei, dass dieses Mandat nicht mehr ausreiche, müsse sie das offen sagen, „und die Bundesrepublik Deutschland muss entscheiden, ob sie sich an einem Krieg beteiligen will“, sagte Gabriel.
Für die Sozialdemokraten ist es also entscheidend, genau zu wissen, wie man etwas nennt, als zu wissen, was tatsächlich in Afghanistan vor sich geht, um daraus dann die entsprechenden Schlüsse zu ziehen? Das ist ein starkes Stück. Wenn die Regierung also offiziell von Krieg spräche, würde die SPD ihre Zustimmung verweigern, um wahrscheinlich das sinnlose Sterben von Unschuldigen zu verhindern und um deutsche Soldaten vor einem lebensgefährlichen Kriegseinsatz zu bewahren. Solange aber die Bezeichnung stimmt, darf gekämpft, gemordet und gefallen werden. Das trägt die SPD dann aus Überzeugung mit oder wie? Ich fasse es nicht.
Italien hat soeben rechts gewählt. Warum? Was steckt dahinter? Das System Berlusconi im Fokus. Medien, Macht und Macho heißt eine interessant klingende Dokumentation, die mal wieder im Nachtprogramm, heute um 0:35 Uhr im ZDF, nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit versendet wird.
Die Italien-Korrespondentin des ZDF, Antje Pieper, dokumentiert das „System Berlusconi“ und zeigt sein unbestrittenes politisches Gespür. Exemplarisch: Das Erdbeben von l’Aquila. Silvio Berlusconi hat die Ausnahmesituation genutzt. Der Einsatz der freiwilligen Helfer, das schnelle Eingreifen des Zivilschutzes wurden zu seinem ganz persönlichen Erfolg. Kritische Nachfragen hingegen, wie es zu dem Unglück überhaupt kommen konnte, werden zur Nebensache erklärt.
Es ist schon lustig. Vorhin habe ich mir den Bericht aus Berlin im Ersten angetan, weil es einen Themenblock zu den Linken gab. Das war ja auch klar, nachdem die Partei, aus Sicht der scheinbürgerlichen Medienwelt, am Wochenende nun endlich ein Programmentwurf vorgelegt hatte. Und natürlich nutzte die Hauptstadtredaktion des ersten deutschen Fernsehens die Stunde, um da mal beim Nochvorsitzenden nachzuhaken.
Der Moderator der Sendung Rainald Becker bleibt diesbezüglich auch weiterhin eine totale Vollnull und Fehlbesetzung. Seine erste Frage an Lafontaine kam wie ein Reflex, der keiner Übung mehr bedurfte. Und dennoch musste Becker die Schlagworte aus dem Programmentwurf ablesen, um sie dann Lafontaine vorzuhalten:
„Verstaatlichung von privaten Banken, Generalstreik, Systemwechsel!“
Mit dem Programm entferne man sich doch in Berlin von jeglicher Regierungsbeteiligung?, so die Frage von Becker. Lafontaines Antwort einfach genial. Man könne schließlich was die Verstaatlichung von Banken angehe auch mit Frau Merkel koalieren, die ja die Verstaatlichung der HRE zu verantworten habe und die 18 Mrd Euro Finanzspritze an die Commerzbank. Immerhin gut das Sechsfache des damals tatsächlichen Wertes dieser privaten Bank.
Aber die spießbürgerliche Dummheit eines Rainald Beckers soll hier auch gar nicht das Thema sein. Für solche Leute hat die Partei die Linke auf ihrer Webseite extra den kompletten Programmentwurf als Hörbuchfassung zur Verfügung gestellt. Bezeichnender Weise heißt es dort:
Die nachfolgenden MP3-Dateien mit dem Text des Programmentwurfes für Blinde und Sehbehinderte wurden mit dem Programm „NaturalReader9“ und der Stimme „Sarah“ (www.naturalreaders.com) erstellt. Entsprechend der Gliederung des Programm- entwurfes wurde der Text in 54 einzelne Dateien aufgeteilt.
(Vorsicht Satire – ich will hier keine Menschen beleidigen, die wirklich nicht oder nur eingeschränkt sehen können, sondern nur die, die volle Sehkraft besitzen und dennoch nichts erkennen wollen. So wie Rainald Becker.)
Ich empfehle daher noch einmal die Einleitung Lothar Biskys anzuhören und insbesondere seine Bemerkung bzgl. der Medien, konkret der Struktur der Medien, genau zu verfolgen. ;)
Aber zurück zum eigentlichen Thema. Frankreich hat gewählt. Und zwar nicht einfach nur links, sondern noch weiter links. In der union de la gauche haben sich nicht nur die Sozialisten und die Grünen am Stichwahl-Wochenende zusammengefunden, sondern auch die Kommunisten. Sie können sich vorstellen, dass diese Parteien im Vergleich zu unserer Linken, na ja, etwas entschlossener und selbstbewusster auftreten. Während man sich bei uns über Verstaatlichungen, Gereralstreik und Systemwechsel aufregt und darin wahrscheinlich den Wahnsinn des Irrsinns erkennen will, so wie das Rainald Becker von der ARD offensichtlich tut, ist es in Frankreich gerade umgekehrt. Da regt man sich über den Systemwechsel Sarkozys auf, der reformerisch unbedingt Frau Merkel hinterherlaufen will.
In der Präambel des Programmentwurfs der deutschen Linken steht nun:
DIE LINKE steht für Alternativen, für eine bessere Zukunft. Wir sind und werden nicht wie jene Parteien, die sich devot den Wünschen der Wirtschaftsmächtigen unterwerfen und gerade deshalb kaum noch voneinander unterscheidbar sind. Wir verfolgen ein konkretes Ziel: Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der kein Kind in Armut aufwachsen muss, in der alle Menschen in Frieden, Würde und sozialer Sicherheit leben und die gesellschaftlichen Verhältnisse demokratisch gestalten können. Um dies zu erreichen, brauchen wir ein anderes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem: den demokratischen Sozialismus.
Das ist schön und gut, aber viel zu lang. Von den Franzosen lernen, heißt die Devise. Da bleibt nur die Frage, ob das Leute wie Rainald Becker auch aushalten würden. Bei der Parti socialiste, der wohl wichtigsten linken Partei in Frankreich, heißt es nun als Erstes:
Art. 1
Être socialiste, cest ne pas se satisfaire du monde tel quil est, cest vouloir changer la société. Lidée socialiste relève, à la fois, dune révolte contre les injustices et du combat pour une vie meilleure. Le but de laction socialiste est lémancipation complète de la personne humaine.
Kurz und knapp umrissen, worum es eigentlich geht. Um einen Kampf gegen die Ungerechtigkeit und für ein besseres Leben. Während die deutsche Linke vorsichtig für etwas kämpfen will, haben die Franzosen den Feind klar vor Augen. Das fehlt den Deutschen leider noch. Ihren abgebrochenen Präsidenten jagen unsere Nachbarn regulär spätenstens in zwei Jahren aus dem Élysée-Palast. Es könnte aber auch früher soweit sein, wenn die Franzosen zu der Auffassung gelangen, der fünften Republik vielleicht eine sechste Version folgen zu lassen. Wer weiß das schon so genau. Jedenfalls werden wir unseren Pudding im Hosenanzug noch lange behalten und wiederwählen.
Vielleicht gehen die Franzosen dann auch mal für uns auf die Straße und üben ein wenig Druck auf die behäbige Bundesregierung aus. Die hat sich nämlich vorhin mal wieder zu einem Gipfel getroffen, um über dringende Probleme zu sprechen. Ergebnis? Es ist wie immer kurz und knapp. Der Vizekanz-nicht meinte:
„Die Dinge finden zueinander und wir haben konkrete Fortschritte bei der Bankenregulierung und Bankenverantwortung erreicht.“
Worin die nun bestehen, erfährt die Öffentlichkeit wie immer nicht. Hauptsache ein bissel heiße Luft abgelassen und die Schlagzeile vordiktiert, dass die Regierung tatsächlich etwas unternehme. Was will man mehr, um den Pöbel ruhig zu stellen?
Entgegen meiner Empfehlung durfte Guido Westerwelle doch wieder einreisen und heute auf dem Landesparteitag der NRW-FDP in Siegen zugleich wieder gegen die ihm angetane Ungerechtigkeit wettern. Ich will nur ein Zitat kommentieren:
Es sei ein bisher einmaliger Vorgang, dass ein Minister auf einer Auslandsreise mit einer solchen Kampagne überzogen werde.
Da hat der Mann wohl Recht. Er geht da schließlich mit gutem Beispiel voran und beschimpft auch keine Hartz-IV-Empfänger, die sich im Ausland aufhalten. In diesem Sinne, weiter so Guido! Die allseits bekannten NRW-Kommunisten dürfen nach 20 Jahren Einheit gerade in NRW nicht mehr an die Macht kommen. Jawoll, wer erinnert sich nicht an die kommunistische Vorherrschaft in NRW bis 1990.
In Geschichte kauft dem Westerwelle niemand den Schneid ab.
Die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Hannelore Kraft hat sich ja via Spiegel Online mehr oder weniger auf das Niveau der Westerwelle begeben.
Hartz-IV-Empfänger ohne Aussicht auf reguläre Arbeit sollten „die Chance bekommen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten für die Gesellschaft etwas zu leisten“, sagte die Spitzenkandidatin der Sozialdemokraten für die nordrhein-westfälische Landtagswahl im Mai in einem SPIEGEL-Interview.
„Wir müssen endlich ehrlich sein: Rund ein Viertel unserer Langzeitarbeitslosen wird nie mehr einen regulären Job finden“, begründete Kraft ihre Initiative. Diese Menschen bräuchten ein neues Angebot, das ihnen eine „würdevolle Perspektive“ gebe.
Mir geht’s dabei jetzt nicht um den inhaltlichen Schwachsinn und die offensichtliche Tatsache, dass Frau Kraft die Wahl in NRW nicht gewinnen will, sondern vielmehr um die Logik dieser Frau. Schließlich hält sie nach eigenem Bekunden die Tür der NRW-SPD für rückkehrwillige Linke weit offen und ist zudem auch noch überzeugt davon, dass da tatsächlich jemand vorbeischaut.
Damals sagte sie:
„Ich glaube, wir können jetzt wieder ein gutes Angebot für viele SPD-Abwanderer und Gewerkschafter sein. Die sind bei uns gut aufgehoben.“
Auch Rechtspopulisten wie der verstorbene Jörg Haider bezeichnen sich selbst als liberal und ihre Politik als freiheitlich. Sollte es Westerwelles Ziel sein, ein deutscher Jörg Haider zu werden und die FDP in die rechtsliberale Ecke zu steuern?
Hm, wenn es ihn dabei auch irgendwo aus der Kurve tragen würde, wäre das ja nicht verkehrt. Hauptsache er bekommt posthum kein eigenes Museum. Vorsicht, bissiger Humor! :>>
Aber Spaß beiseite. Westerwelle ist eine ganz traurige Gestalt. Im Volksmund würde man sagen, Westerwelle ist ein ganz armes Würstchen, welches uns aber teuer zu stehen kommen wird. Seine verbalen Eskapaden sind Ausdruck von grenzenloser Dummheit und selbstherrlicher Arroganz. Ein wahrhaftiger Demagoge, dem man die politische Verantwortung umgehend entziehen sollte, bevor noch etwas Schlimmeres passiert. Besonders interessant finde ich da Bergers Analyse, dass die bisherige Wählerklientel der FDP nunmehr verschreckt sein könnte.
Westerwelle ist ein Volkstribun ohne Volk. Seine unsägliche Hetze gegen die Dekadenz der Hartz-IV-Regelsätze kommt allenfalls bei einer kleinen Schicht bildungsferner Stammtischbewohner an. Das Groß- und Bildungsbürgertum weiß, dass die Schere zwischen oben und unten sich bereits zu weit geöffnet hat. Es weiß auch, dass es bei einer zunehmenden Radikalisierung der Diskussionskultur nichts gewinnen kann.
Auch in den klassischen FDP-Wählerschichten, dem akademischen Mittelstand und den Freiberuflern, hält man nicht viel von derlei reaktionären Anwandlungen. Westerwelles Stammwählerschaft ist zwar sicher nicht sozialistisch, weiß aber wesentlich besser als ihr politischer Arm, dass man die Hand, die einen füttert, nicht beißen sollte. Die Hand ist der soziale Frieden, eine Errungenschaft der Nachkriegszeit, die mittlerweile nicht nur in Deutschland wieder zur Disposition steht.
Westerwelle hat es ja versucht. Die Erhöhung des Schonvermögens bei Hartz-IV-Empfängern sollte der FDP ein sozialeres Image verschaffen. Kein Erfolg. Die jungen Emporkömmlinge wie Lindner, Rösler und wie sie nicht alle heißen, haben sogar ein Buch geschrieben, in dem sie die FDP zwar nicht neu erfinden, aber die Öffentlichkeit so geschickt täuschen wollten, dass man ihnen abnähme, sie hätten mehr zu bieten, als kalten Neoliberalismus. Der Versuch ist auch gründlich in die Hose gegangen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil sich diese jungen Minderleister permanent vor aller Welt blamieren mussten.
Es ist wirklich nicht zu begreifen, welche Dampfplauderer und Dummköpfe da in Amt und Würden gekommen sind. Ist der Urnenpöbel wirklich so bescheuert? In den aktuellen Umfragen liegt die FDP ja immer noch bei 8 Prozent. Mit welcher Begründung eigentlich? Oder bildet dieser Stimmenanteil bereits den brauen Rest dieser Republik ab?
Heute liefert das Umfrageinstitut Forsa neue Zahlen. Bundestrend und NRW-Trend. In beiden Projektionen sieht es für Schwarz-Gelb ziemlich schlecht aus. Die Grünen hingegen legen deutlich zu. Was will uns Manfred Güllner, Chef von Forsa, damit sagen. :>> Richtig. Schwarz-Grün ist das Projekt der Zukunft, dafür solle die Öffentlichkeit doch bitte rechtzeitig sensibilisiert werden.
Es ist schon lustig, wie die Stimmungslage „gewechselt“ wird. Nachdem sich Schwarz-Gelb nach nicht einmal 100 Tagen als astreiner Rohrkrepierer entpuppt hat, wird der Urnenpöbel systematisch zur nächsten Schwachsinnskonstellation hingeleitet. Schwarz-Grün ist dran. Wer da jetzt wegen der Farbe eher ökologisch denkt, ist schief gewickelt. Unter Schwarz-Grün assoziiert man in der Regel militärische Bekleidung und Gerät. Und das passt dann auch wieder ins Konzept. Freigeist zu Guttenberg plant ja, etwas unbemerkt von den Medien, „einen weiteren Meilenstein zur Militarisierung Deutschlands zu setzen.“ (siehe Spiegel und Freysinn, daraus auch die Zitate)
„Eine Militärstaatsanwaltschaft hätte er gern, Leute, die vom Fach sind und wohl aus der Perspektive des Metzgers den Tierschutz betrachten. Der stille Abschied vom Bürger in Uniform und der Parlamentsarmee, die Schritt für Schritt zum Staat im Staate wird, kommt im Schatten der humanistischen Mission Afghanistan hervorragend voran.“
Dafür stehen die Grünen doch wieder bereit oder nicht? ;D
Am Sonntag fiel in der ARD-Serie „Lindenstraße“ folgender Satz:
„Unsere Super-FDP: Die steckt’s den Hoteliers und den Ärzten hinten und vorne rein. Aber wir vom Handwerk, wir sind die Dummen. Wahrscheinlich, weil wir nicht gespendet haben.“
Diese Einschätzung einer fiktiven Serienfigur rief natürlich sofort die FDP-interne Zensurabteilung auf den Plan und deren Sprecher Burkhardt Müller-Sönksen ließ dazu via Bildzeitung verbeiten:
„Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat überparteilich zu sein gerade in Unterhaltungssendungen. Ich wage zu bezweifeln, ob sich die ARD mit einer solchen einseitigen Parteinahme einen Gefallen tut.“
Ich weiß jetzt gar nicht, was der FDP-Mann, so sieht er übrigens aus,
mit einseitiger Parteinahme und Pflicht zur Überparteilichkeit meint. Der Satz ist doch nicht pateiisch, sondern eine objektive Darstellung der Wirklichkeit. Die FDP sollte vielleicht endlich mal zur Kenntnis nehmen, dass ihre Politik von niemanden verstanden bzw. tolleriert wird. Und gerade die Partei, die die Interessen einer kleinen Gruppe von Wohlhabenden über die Belange der Mehrheit stellt und damit grob einseitig handelt, sollte nicht anderen Parteinahme unterstellen.
Aber auch aus Sicht der liberalen Marktgläubigkeit ergibt das Gejaule der FDP keinen Sinn. Was geht es denn die FDP an, was in Unterhaltungssendungen verbreitet wird? Unterliegen die Inhalte nicht der Gestaltungsfreiheit der Produzenten? Wenn auf RTL laufend gegen Hartz-IV-Empfänger gehetzt wird, bleibt der FDP-Sprecher doch auch hörbar stumm.