Frag nicht die Kanzlerin in Trennungsfragen

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Heiner Flassbecks Beitrag „Trennt euch!„, der diese Woche unter anderem auf den NachDenkSeiten erschien, ist zuweilen enttäuschend, weil die Aussage des Textes wohl gern ignoriert werden und im Gegenteil dazu führen wird, dass sich die “Horden engstirniger deutscher Provinzpolitiker”, wie Flassbeck sie nennt, in deren Auffassung bestätigt sehen. Und kaum ist die Woche rum, wartet die Bild am Sonntag mit einem Interview zweier Generalsekretäre auf, die über den Austritt Griechenlands fabulieren, obwohl ein Gespräch über den Eintritt von Intelligenz in die Köpfe von Dick und Doof, pardon, Dobrindt und Döring allemal sinnvoller gewesen wäre.

Am Abend hat dann die Kanzlerin in der ARD mal wieder das Wort und darf mit Sicherheit erneut eine Frage von Deppendorf und Becker nach den vermeintlichen Unruhen innerhalb der Koalition beantworten. Das geht schon seit Jahren ihrer Regentschaft so. Ein bissel Gezänk im eigenen Laden, das lenkt von den Problemen ab, die Merkel ebenfalls seit Jahren nur vor sich herschiebt und dennoch als Machtpolitikern mit klarem Kompass und Ziel überall geachtet wird.

Bereits im letzten Jahr versicherte sie den beiden Fragestellern der ARD, zum nächsten Euro-Sondergipfel nur reisen zu wollen, wenn dieser auch zu einem Ergebnis führe. Inzwischen sind zwölf Monate und dutzende weitere Krisengipfel ohne Ergebnisse rum. Die Lage ist schlimmer als vorher und wieder wollen Deppendorf und Becker nur wissen, wie es mit Europa weitergeht, anstatt danach zu fragen, wann die Kanzlerin endlich damit aufhört so zu tun, als täte sie was.

Aber das wird nicht passieren. Stattdessen ist im Vorspann zur Sendung die Rede von der mächtigsten Frau der Welt, zu der Angela Merkel kürzlich wieder gekürt wurde. Doch wäre sie die mächtigste Frau, trüge sie doch auch Verantwortung für das Desaster, in dem sich Europa und die Welt befinden. Nein, so weit reicht der Hirnschmalz im Führungsduo des Hauptstadtstudios der ARD aber nicht. Denn die Schuld am Schlamassel tragen immer die anderen, die Auflagen nicht erfüllen und trotz radikaler Kürzungen noch immer über ihre Verhältnisse leben würden. Merkels Politik “aus dem hohlen Bauch” trifft da eher den Geschmack der Berichtenden und kritisch nicht wirklich Nachfragenden.

Dank Merkels Krisenmanagement befindet sich Europa bereits in der Rezession und nun taumelt auch Deutschland hinterher. Natürlich ist sie und ihre Regierung nicht dafür verantwortlich, sondern “der Wunsch nach mehr Staat und mehr sozialen Wohltaten”, wie es etwa von der Pfeife aus dem Wirtschaftsministerium heißt.

Ich kann Heiner Flassbeck schon verstehen, wenn er meint, dass eine Trennung nun das richtige wäre. Allerdings dürfe die nicht zwischen Nord- und Südeuropa vollzogen werden, sondern eindeutig zwischen dem Souverän und der von ihm bestellten Bundesregierung. Um das zu erreichen ist weiter Aufklärungsarbeit zu leisten.

Trennt Euch endlich von dieser Kanzlerin und ihrer Regierung! Und wenn ihr schon dabei seid, trennt euch auch von amtlichen Regierungspropagandisten mit Presseausweis.

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Vermutlich, weil es nicht sein eigenes Geld ist

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CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagt:

„Der sanfte Weg zurück zur alten Währung ist für Griechenland besser als ein harter Schnitt.“

Quelle: Focus

Umgekehrt wäre ein harter Schlag vor das offenbar nicht vorhandene Hirn des CSU-Generals kaum besser als das sanfte Ertragen seines Geplappers.

Wenn die Krisenpolitik scheitert, sind natürlich diejenigen Schuld, deren Wirtschaft durch erzwungene Einsparmaßnahmen kaputtgemacht und in die Depression getrieben wurde. Bei uns heißt das dann lapidar, Merkel werde den Bundestag nicht noch einmal um ein Hilfspaket bitten. Damit ist ja dann nur der Bankrott Griechenlands in Kauf zu nehmen und nicht der Bankrott der Regierung Merkel, die mit ihren sogenannten Rettungspaketen zwar jämmerlich versagt hat, aber, um sich zu retten, nur zu behaupten braucht, dass Griechenland seine Auflagen nicht erfüllt habe. Dieses absehbare Manöver reicht aus, um den Blick auf die eigenen Unzulänglichkeiten zu verstellen und die Öffentlichkeit ein weiteres Mal hinters Licht zu führen.

Wo ist sie aber hin, die gebetsmühlenartig vorgetragene Alternativlosigkeit beim Bewilligen von zahlreichen Rettungsmilliarden, die die europäische Währung als Ganzes vor dem Untergang bewahren sollte? Ist Merkels vielbeschworene Schicksalsgemeinschaft nun doch nicht so verhängnisvoll wie behauptet? Plötzlich ist Griechenland entbehrlich und niemand fragt Frau Merkel oder den Rösler – wo kommt der eigentlich auf einmal her – danach, was sich im Vergleich zur letzten Abstimmung im Bundestag, am 27. Februar, als die “Voraussetzungen” für das zweite Griechenlandprogramm bis zum Jahr 2014 angeblich vorgelegen haben, geändert hat.

Bevor Geld fließt, muss das Land bis Ende Februar vordringliche Reformen gesetzlich in Kraft setzen. Ziel ist, dass Griechenlands Haushalt und Volkswirtschaft auf Dauer gesunden.

Hat das Sonderkonto, das die prioritäre Bedienung des Schuldendienstes sicherstellen sollte, seine Aufgabe schon erfüllt und die Rettungsmilliarden vorbei am Zugriff Griechenlands auf die Konten jener Gläubiger transferiert, die zunächst einen Verlust zu fürchten hatten und später dank der von Schirmen hinuntertröpfelnden Milliarden einen zusätzlichen Gewinn realisieren wollten? Worin hat die bisher betriebene Rettung Griechenlands dann eigentlich bestanden?

Etwa darin?

Arbeitsmarkt ankurbeln: Die hohe Arbeitslosigkeit muss bekämpft, die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden. Die Privatwirtschaft muss die Lohnstückkosten senken. Der staatliche Mindestlohn muss sinken und der öffentlichen Sektor 150.000 Stellen bis 2015 abbauen.

Das ist die krude Logik der Retter, nachdem eine hohe Arbeitslosigkeit durch Massenentlassung bekämpft werden könne. Sollte das aber nicht funktionieren, was anzunehmen ist, beklagen die gleichen Experten die zu hohen Sozialausgaben, die einer wirksamen Bekämpfung von Arbeitslosigkeit im Wege stünden. Dass diese Ausgaben aber steigen, weil die Arbeitslosigkeit hoch ist und die Wirtschaft insgesamt an Leistungsfähigkeit verliert, ist aus der Sicht der Retter nicht logisch, sondern abwegig.

Deshalb haben auch wieder die “Furchtlosen” wie der Rösler und der Dobrindt  Konjunktur, die mit ihrem dummen Geschwätz mal wieder jene Unsicherheit auf den sogenannten “Märkten” heraufbeschwören, die zu vermeiden, das ständig formulierte Ziel dieser Schwachsinns-Regierung ist. Und Röslers Vergleich mit den eigenen privaten Schulden ist so kreuzdämlich, dass man einfach nur noch ausrasten könnte. Schon allein die Tatsache, dass er seine privaten Schulden von jener üppigen Apanage bedient, die er als Wirtschaftsminister vom Steuerzahler für seine Abwesenheit innerhalb der Regierung überwiesen bekommt, ist zum Kotzen. Über diese Verschwendung von Sozialleistungen, die Rösler ganz selbstverständlich sein eigen nennt, redet aber kein Mensch.

Der Chef des IMK Gustav A. Horn schreibt Rösler ins Stammbuch:  

„Wir haben es aber mit einer Krise der Finanzmärkte in Kombination mit einer Euro-internen Zahlungsbilanzkrise zu tun. Dies hat viel mit fehlender Regulierung und mangelnder Einhaltung von Inflationszielen in beiden Richtungen zu tun, aber nichts mit der privaten Verschuldung im Hause Rösler.“

Quelle: Handelsblatt

Doch zu fehlender Regulierung hört man vom gut abgesicherten Häuslebauer und Wirtschaftsminister nichts, ebenso kein Wort zu den Zinsmanipulationen von Banken, deren riskante Einsätze noch immer bedingungslos von dieser Regierung gerettet werden. Vermutlich, weil es nicht sein eigenes Geld ist.

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Der Käse ist gegessen

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Antonis Samaras wurde als neuer griechischer Ministerpräsident vereidigt. Neben seiner Partei ND unterstützen ihn PASOK und Dimar, die allerdings ihrerseits auf Ministerposten verzichten. Offiziell heißt das dann trotzdem noch Koalition. Wie die Regierung nun auch aussieht, es spielt im Prinzip keine Rolle, weil nicht sie oder irgendein Kabinett mit der Troika in Verhandlungen eintreten werden, sondern ein parteiübergreifendes „Verhandlungsteam“. Wer diesem „demokratisch“ legitimierten Spitzenteam nun angehören wird, ist indes nicht bekannt.

Es könnte also sein, dass beim EU-Gipfel am Freitag im Danziger Fußballstadion ein dubioses Verhandlungsteam auf der Ehrentribüne neben Angela Merkel Platz nehmen wird, um der erstmals seit Beginn der Griechenlandkrise auf Augenhöhe stattfindenden fairen Begegnung zwischen Deutschland und Griechenland beizuwohnen. Allerdings muss das ZDF dann leider aus Gründen der Geheimhaltung die Übertragung der Partie ausfallen lassen. Dafür wird Lanz vorgezogen und Béla Réthy als Gast mit der Erklärung der UEFA-Tabellenarithmetik betraut. In der Verlängerung wird dann mit Hilfe der ZDF-Show-Köche jener Käse zubereitet, den Réthy beim Spiel der Kroaten gegen die Spanier plötzlich entdeckt und gegessen haben will.

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Um was wird bei der Euro2012 gespielt?

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Die vergangene Woche stand ganz im Zeichen der Euro2012. Nein nicht der in Polen und der Ukraine, sondern der in Brüssel, Berlin, Athen und Madrid. Wer darf den Euro behalten und wer nicht? Wer bekommt den Euro gegen Auflagen, um Banken zu retten und wer die Zustimmung zu seinem Fiskalpakt?

Gestern in der Halbzeitpause des Auftaktspiels der deutschen Mannschaft begrüßte Wolfgang Schäuble in den Tagesthemen die “Entscheidung” Spaniens, unter den europäischen Rettungsschirm zu schlüpfen. “Wir lösen die Probleme in den Ländern schrittweise”, so Schäuble in der ARD. Damit war er einen Tick offensiver eingestellt als Jogis Jungs, die im Spiel gegen Portugal oftmals einen Schritt zu spät kamen.

Auf die Frage, warum die ominöse Telefonkonferenz am Samstag stattfand, antwortete Schäuble souverän: “Weil da die Märkte geschlossen haben.” Ist das nun unfair gegenüber den Spekulanten, denen bei der Euro2012 gute Siegchancen eingeräumt werden oder einfach nur taktisch klug gespielt, um die vermeintlichen Rettungsgelder auch als solche erscheinen zu lassen?

Jedenfalls sieht der Plan aus Schäubles Schublade “Hilfs”Gelder von bis zu 100 Milliarden Euro vor, die laut dem deutschen Finanzminister ausreichen, um das Problem Spanien zu lösen. Die ganz große Endlösung ist derweil noch nicht in Sicht, da sich bedauerlicherweise erst vier Länder freiwillig dazu “entschlossen” haben, den sogenannten Rettungsfonds in Anspruch zu nehmen.

Neben den “faulen Griechen” und den zu “stolzen Spaniern” haben bereits Portugal und Irland unter dem Schirm ihren Platz einnehmen dürfen. Wer folgt nun als nächstes und sorgt damit für eine kollektive “Erleichterung”? Kandidaten sind reichlich vorhanden. Die Finanzmärkte werden bei ihrem Gegenangriff am Montag eine erste Duftmarke in diese Richtung setzen wollen. 

Unklar ist aber noch, ob die Berliner Variante der Euro2012 auf Fanfesten mit Public Viewing Angeboten begleitet wird. Denn nachdem SPD und Grüne mit ihrer Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer einen linken Flügellauf erneut bloß antäuschten und nicht mal das Erreichen des Spielfeldes bereits als Durchbruch feierten, dürfte sich die Begeisterung der deutschen Schlachtenbummler eher in Grenzen halten.

Außerdem ist der deutsche Michel dank Aufklärungssendungen wie “Mein Revier – Ordnungshüter räumen auf” bestens informiert über den Fauxpas von Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel, der einen Orientteppich an Zoll und Steuer vorbei mit Hilfe des BND ins Land schmuggelte. Allerdings sind einige Zuschauer irritiert darüber, dass es neben dem grünen und roten Kanal auch einen gelben für FDP-Minister außerhalb des Terminals zu geben scheint.

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By this point, there should be no debate

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In diesem Punkt sollte es keine Diskussion geben, meint die New York Times nach dem mal wieder ergebnislos verlaufenden EU-Sondergipfel in dieser Woche und zielt damit auf eine Tatsache ab, die man in hiesigen Gazetten vergebens sucht.

„By this point, there should be no debate: Austerity has been a failure, shrinking economies and making it ever harder for indebted countries to repay their debts. The political costs are also rising.“

Ganz nüchtern analysieren die Amerikaner die Lage in Europa. Die Politik der brutalen Sparsamkeit, die Angela Merkel noch einmal in Brüssel verteidigte, obwohl sie nach der Wahl Hollandes Kompromissbereitschaft zu signalisieren schien, ist gescheitert. Die Austeritätsprogramme zerstören die Volkswirtschaften und machen es den betroffenen Staaten schwerer, ihre Verbindlichkeiten zurückzuzahlen. Und dann kommt der wichtigste Satz. Das gesamte Rettungsmanöver mit der Sparpolitik als Dreh- und Angelpunkt treibt die Kosten immer weiter in die Höhe.

Aus dieser Perspektive wird das in Europa und vor allem in Deutschland aber gar nicht betrachtet, weil man felsenfest davon überzeugt ist, dass nicht die Kanzlerin und ihr absurdes Krisenmanagement Schuld an der Misere sind, sondern die betroffenen Länder selber, die die verordneten Kürzungen nicht richtig umsetzen würden. Es wird ja bereits an der Legende gestrickt, wonach die Krisenstaaten ihren mangelnden Willen zum Sparen dadurch zum Ausdruck brächten, indem sie andere Parteien wählen, als die, die seit zwei Jahren die brutalen Sparauflagen der Troika exekutiert haben.

Gleichzeitig weist die Times darauf hin, dass nicht nur die Linke in Griechenland hinzugewonnen hat, sondern auch eine nationalistische und militant auftretende rechtsextreme Partei, die zu ignorieren sich eigentlich keine europäische Regierung leisten dürfe.

“In parliamentary elections earlier this month, Greece’s voters rejected candidates from the two major political parties that had agreed to a German-dictated “rescue” package, and the country has been unable to form a government since. In that vote, the far-right party, Golden Dawn, whose xenophobic members perform Nazi salutes, did frighteningly well — a warning that no responsible political leader in Europe can afford to ignore.”

Zu Beginn des Beitrags in der New York Times heißt es resignierend: “They blew it, again.” Sie haben es wieder vergeigt. Dem ist nichts hinzuzufügen.

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Krisengipfel: Immer dieselben dämlichen Fragen

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Vor dem neuerlichen EU-Sondergipfeltreffen in Brüssel hat Bundesfinanzminister Schäuble noch einmal betont, an den Spardiktaten festhalten und gemeinsamen Staatsanleihen eine Absage erteilen zu wollen. Die griechische Wirtschaft sei nicht wettbewerbsfähig und müsse daher tiefgreifende Einschnitte und Reformen akzeptieren, so Schäuble. Ich wundere mich immer wieder, dass Moderatoren und Journalisten nicht einmal die Frage stellen, wo denn die Erfolge der seit Jahren andauernden Reform- und Sparpolitik in Griechenland zu beobachten seien. Es ist doch das Gegenteil von dem eingetreten, was Schäuble permanent predigt.

Trotz aller Bemühungen und des Verzichts hat sich die Krise verschlimmert und der Schuldenstand erhöht. Als objektiver Berichterstatter muss man doch zu dem Ergebnis kommen, dass die Rettungspolitik der Troika krachend gescheitert ist, zumindest mit Blick auf Griechenland. Der Finanzsektor kann sich ja nach wie vor über eine Absicherung seiner Risiken freuen.

Gleichzeitig streut die Bundesregierung mit ihrer Haltung der deutschen Öffentlichkeit Sand in die Augen. Wachstum durch Strukturreformen ist ein hanebüchener Unsinn und trotzdem fallen reihenweise Redakteure darauf herein. Strukturreformen heißen doch übersetzt Kürzungen bei den Löhnen und Sozialleistungen. Wie soll das aber, zumal die Kanzlerin ja auch kein Geld für Konjunkturprogramme ausgeben will, zu Wachstum führen. Werden die Menschen in Griechenland, Spanien, Portugal oder Italien mit weniger Geld in der Tasche etwa mehr konsumieren?

Ich begreife einfach nicht, warum Volkswirte und Journalisten immer denselben dämlichen Fragen nachgehen wie die, ob Eurobonds der richtige oder falsche Weg aus der Krise sind. Viel wichtiger ist doch die Frage, warum die Bundesregierung mit der Bemerkung, ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone wäre verkraftbar, die Spekulationen gegen das Land fahrlässig wieder anheizt und die Krise damit insgesamt verschärft.

Könnte man nicht auch einfach kriminelles Kalkül unterstellen, wenn Schäuble am Wochenende mit seinem Statement über den Verbleib Griechenlands in der Eurozone den Grundstein dafür gelegt hat, um heute eine Bundesanleihe von über vier Milliarden am Kapitalmarkt zu platzieren, für die der deutsche Finanzminister keine Zinsen mehr zahlen muss?  

Deutschland profitiert von der Krise. Kann es deshalb ein Interesse an einer schnellen Lösung haben? Die Diskussion um eine Pleite Griechenlands macht deutsche Staatsanleihen immer beliebter, so dass Anleger sogar noch Geld drauflegen, damit sie ihr Kapital an den deutschen Finanzminister verleihen dürfen. Gleichzeitig hat die deutsche Wirtschaft nach einer Meldung des statistischen Bundesamtes im Jahr 2011 den bestehenden Exportüberschuss noch einmal auf 158,1 Mrd. Euro steigern können.

Doch was heißt das? Die richtigen Strukturreformen müsste eigentlich Deutschland vornehmen, das mit seinen wieder zunehmenden hohen Bilanzüberschüssen die Stabilität der gesamten Eurozone gefährdet. Doch über die Überschüsse redet man auf dem Sondergipfel nicht, sie gehören schließlich zum Qualitätsnachweis des selbsternannten Musterschülers, der solange wie möglich von der Krise profitieren will. Die nächste Bundestagswahl rückt schließlich auch immer näher.

Apropos Wahlen. Die Griechen dürfen bald wieder ran, weil der letzte Urnengang keine “stabilen Verhältnisse” zu Stande brachte. Unter “stabilen Verhältnissen” versteht Herr Schäuble zum Beispiel eine Regierung aus jenen Parteien, die der griechischen Bevölkerung über Jahre hinweg den Schlamassel erst eingebrockt haben.   

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Der Tag nach dem Tag danach

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Nach der ersten Aufregung über das politische Erdbeben, das Europa am Sonntag heimsuchte, brechen nun die vermeintlich sachlich geführten Diskussionen vom Zaun. Dabei setzt sich die Behauptung der düpierten Sparer durch, dass in ihren Fiskalpakten schon immer auch ein Wachstumsprogramm gesteckt habe, so zumindest der Schäuble. Doch welche Strategie er wirklich verfolgt, konnte man bei einem unfreiwilligen Mitschnitt eines Gesprächs zwischen ihm und einem Vertreter Portugals studieren. 

Die öffentliche Meinung in Deutschland müsse glauben, dass wir es ernst meinen. Und natürlich muss sie das, weil etwas anderes ja bedeuten würde, dass die Deutschen ihren Gürtel all die Jahre umsonst enger geschnallt hätten. Sollte sich nämlich Hollandes Neustart für Europa durchsetzen, wären die deutschen Exportüberschüsse, die die deutschen Arbeitnehmer durch Lohnverzicht und Verlängerung von Arbeitszeit und Arbeitsintensität über mehr als ein Jahrzehnt bezahlt haben, vergebens gewesen.

Lustig ist in diesem Zusammenhang Schäubles Bemerkung, dass Europa gut damit gefahren sei, nicht nach jeder Wahl bereits geschlossene Verträge neu zu verhandeln. Das sagt einer, dessen Chefin innen- wie außenpolitisch von einer Kehrtwende zur anderen stolpert, wenn es ihr nur opportun erscheint.

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Straubhaar ruft nach einem Gauleiter für Griechenland

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Der Leiter – Ökonom will ich ihn nicht nennen – eines privaten think tanks, Thomas Straubhaar, fordert neuerdings ein “europäisches Protektorat Griechenland”. Da sträuben sich ja einem die Haare. Volksverhetzung geht also auch wieder auf akademischen Niveau. Lustig, dass es ein Schweizer ist.

Ausführlich hat sich mit dieser Entgleisung flatter in seinem Beitrag, “Die Springerstiefel der Finanzwirtschaft” beschäftigt…

Warum eigentlich nicht? Ich möchte Leistungsträgern wie Thomas Straubhaar die Chance geben, ihre Ideen und ihr diplomatisches Fingerspitzengefühl auszuprobieren. Sie sind doch wie es heißt stets mit der Bürde der großen ‘Verantwortung’ beladen. INSM-Straubhaar soll bitte nach Athen fahren und sich der öffentlich Debatte über seine Vorschläge stellen. Das würde vermutlich mehr bewegen als jede Parlamentswahl und das Verhältnis der Finanzbranche zur Bürgerschaft sehr wirksam zurechtrücken. Ich fürchte allerdings, die Fingerspitzen könnten dabei empfindlich leiden.

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Der Tag danach

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Einen Tag nach den für Europa bedeutenden Abstimmungen in Frankreich und Griechenland ist ein absurder und zugleich zu erwartender Zustand eingetreten. Die Börsen, das Sinnbild für Vertrauen, brachen ein und die Warnungen vor allem deutscher Politiker in Richtung Paris und Athen sind nicht zu überhören. Häufigste Floskel dabei ist, das irgendein politischer Hanswurst in Brüssel, nennen wir ihn Graf Lambsdorff, die Wahlen mit Sorge betrachtet habe. „Die wirtschaftspolitische Realität wird auch François Hollande relativ schnell einholen und auch er wird feststellen, dass man an einem Sparkurs nicht vorbei kommt“, sagt der Vorsitzende der Gruppe der FDP im Europäischen Parlament.

Und der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), mahnte die neuen radikalen und euroskeptischen Parteien die Versprechen für das 130 Mrd. Euro Hilfspaket einzuhalten. „Wenn da eine neue Regierung, ein neues Parlament die griechischen Zusagen zum Sparen und Umbauen des Staates zurücknimmt, dann geraten wir sicher in eine ganz schwere Krise“, sagt er. Mal angenommen die Faschisten treten in eine “stabile Dreiparteienregierung” ein und trügen das Sparpaket mit, hätte der Sozialdemokrat Schulz offenbar kein Problem damit.

Die Furcht vor dem Ende der Sparpolitik

Denn allgemein gehe in Europa die “Furcht vor einem Ende der europäischen Sparpolitik um”. Das muss man sich einmal vorstellen. Furcht vor dem Ende der Sparpolitik. Was sind denn das für Luxusprobleme? Wie kann man sich vor dem Ende einer Sparpolitik fürchten, die überall in Europa nicht nur Angst und Schrecken verbreitet, sondern gnadenlos die Volkswirtschaften sowie die Perspektiven von Menschen zerstört? So bescheuert ist wohl nur der Deutsche. Er fürchtet sich mehr vor dem Ende der Sparpolitik, einer Phantominflation und dem Russen, als vor dem wirklichen ENDE, das durch die von ihm wieder und wieder unterstützte Sparorgienpolitik immer wahrscheinlicher wird.

Sollten die Griechen ihre unter Zwang abgegebenen Versprechen nicht einhalten, sei das der Beginn vom Rausschmiss aus der Eurozone poltern die nächsten Deppen, die völlig verkennen, was so ein Schritt für die deutsche Wirtschaft und deren Arbeitsplätze bedeuten würde. Diese Hornochsen glauben doch immer noch, ein Austritt aus der Eurozone käme den deutschen Steuerzahler irgendwie billiger oder sei umsonst zu haben. Außerdem ist überhaupt nicht einzusehen, warum das griechische Volk für Maßnahmen artig Beifall klatschen soll, die ihnen von einer fernen Troika aufgenötigt wurden, und die alles unter dem bis zur Unkenntlichkeit deformierten Begriff “Reformen” kaputtmachen – demokratische Grundrechte eingeschlossen.

Wer kann an so einen Mist nur ernsthaft glauben? Der Fiskalpakt ist offenbar zu einer Religion geworden. Nur ist es bei den Deutschen die Lust am Untergang, die Lust an der eigenen Qual und der Bestrafung anderer oder ist es einfach nur Dummheit? Ich weiß es nicht. Schon allein die Feststellung, dass das Wahlergebnis in Griechenland Besorgnis auslöse, weil die Fortführung des Sparkurses gefährdet sei und nicht, weil zum Beispiel eine faschistische Partei deutliche Gewinne verbuchte und ins Parlament einzog, spricht für diese verschrobene Wahrnehmung.

Es darf keine Alternative zur Alternativlosigkeit geben

Nein, der Sparkurs muss fortgesetzt werden und die griechische Bevölkerung Opfer bringen, weil Europas Steuerzahler ebenfalls schwere Opfer als Gegenleistung erbringen würden, meint Rolf-Dieter Krause, Leiter des Brüsseler ARD-Studios. Auch er stellt sich nicht im Ansatz die Frage, wer in dieser Finanzkrise keine Opfer erbringen muss, obwohl er oder sie zu den Verursachern derselben gehören. Es ist diese arrogante Ignoranz, mit der deutsche Medien durch diese Krise stolpern und zuweilen chauvinistische Ratschläge erteilen. Leute wie Krause würden wahrscheinlich Rechtspopulisten oder gar Faschisten, aber auch die Linken in einer Regierung akzeptieren, wenn nur die vereinbarten Maßnahmen eingehalten würden, die als Voraussetzung für Europas Solidarität gelten. Es darf keine Alternative zur Alternativlosigkeit geben.

Und Europa ist natürlich Deutschland, das nur ganz bescheiden das Vertrauen der Finanzmärkte wiederherstellen möchte, so Krause weiter. “Niemand will den Griechen mehr Geld leihen, weil man nicht darauf vertraut, dass man es zurückbekommt. Vertrauensbildung wäre also jetzt das wichtigste. Da schadet es, wenn die griechische Regierung nicht eindeutig zu den Vereinbarungen der vergangenen Monate steht.” Da spricht einer, der offenbar keine Ahnung davon hat, dass das mangelnde Vertrauen durch Äußerungen der deutschen Bundesregierung selbst immer wieder neu entsteht. Griechenland ist nicht Herr über seine eigene Währung, sondern abhängig davon, ob Frau Merkel es für wahrscheinlich hält, dass Griechenland seine Sparziele erreicht.

“Beide – Samaras und Hollande – müssen eine entscheidende Frage beantworten: Woher soll das Geld kommen, das sie nicht mehr einsparen wollen?” Hier zeigt sich die ganze Blödheit des ARD-Studioleiters. Haben denn die bisher eingesparten Milliarden in Griechenland zu einer Verringerung der Schuldenlast geführt? Oder ist es nicht eher so, dass mit dem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts, hervorgerufen durch die Sparmaßnahmen, die relative Schuldenlast gemessen am BIP gestiegen ist? Warum sollten also Einsparungen vorgenommen werden, wenn sich der Sparerfolg als Anstieg des Defizits entpuppt?

Warum ist es so schwer, sich die französische Position zum Thema Wachstumspolitik einmal genauer anzuschauen? Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel entschied sich im Krisenjahr 2009 nicht für Strukturreformen, sondern ganz bewusst für Konjunkturprogramme mit der Bemerkung , antizyklisch gegensteuern zu müssen, weil man aus der Geschichte und hier vor allem aus dem Fehler Heinrich Brünings, der in die Krise prozyklisch hineinsparte, gelernt habe. Daran erinnert sich heute von den Premium-Journalisten keiner mehr, weil sie die Milliarden für die Banken permanent mit den Milliarden für Konjunkturprogramme verwechseln und die höheren Schuldenstände der europäischen Staaten allein einer zügellosen Ausgabenpolitik zuschreiben, wohingegen die geretteten Privatvermögen einiger Weniger überhaupt keine Rolle zu spielen scheinen.

Das kann doch nicht wirklich das geistige Niveau sein, auf dem über die Zukunft und das Leben von Menschen diskutiert und entschieden wird.

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Der Anchorman mit dem Überblick

Geschrieben von:

Ingo Zamperoni ist Moderator der Tagesthemen und kündigte einen Beitrag über Griechenland und die dort anstehende Parlamentswahl mit den Worten an, dass die harten Sparprogramme nun erste zaghafte Früchte tragen würden, weil Ratingagenturen das Land mal nicht herab, sondern nach oben gestuft hätten. Mal abgesehen davon, dass Griechenland mit „zahlungsunfähig“ bereits auf der niedrigsten Ratingstufe stand, ist es doch ziemlich albern, dass Urteil der Agenturen als Beleg für die Richtigkeit der zerstörerischen Sparpolitik zu betrachten.

Man muss sich nur mal anschauen, auf welcher fruchtigen Stufe die Griechen nun stehen. Das Land ist um sagenhafte vier Wertungsplätze nach oben gestiegen und bei der Note CCC angekommen, was in der Ratingsprache soviel bedeutet wie „überwiegend oder grundsätzlich riskant“ um nicht zu sagen „hochspekulativ“. Da sieht so mancher Tagesthemen-Grünschnabel aber schon die Wende gekommen oder jenen Aufschwung, in den er als Journalist quasi hineingeboren wurde.

Dass die Ratingagenturen mit ihrem politischen Spiel auch nur die politische Wahl beeinflussen wollen, erschließt sich dem auf seine Bildschirmwirkung bedachten Anchorman hingegen nicht.

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