Finstere Mienen in Brüssel

Geschrieben von:

Finstere Mienen in Brüssel, heißt es in den Tagesthemen. Die Nachrichtensendung füllt die Halbzeitpause im DFB-Pokal. Deshalb spricht keiner lange um den heißen Brei herum, sondern kommt gleich auf den Punkt. Die Völker Südeuropas (das sind übrigens die aus den „Problemländern“) lehnen und wählen den „Reformkurs“ mehrheitlich ab und das verschärfe die Spannungen und die Eurokrise wieder, wenn die Menschen bei ihrer Haltung blieben. Und das wiederum gebe Anlass zu großer Sorge, meint Rolf-Dieter Krause für die ARD in Brüssel.

Mit unendlicher Mühe hätten die offenbar vernünftigen Krisenmanager, wahrscheinlich ist auch Monti damit gemeint, ein wenig Ruhe in die Eurozone gebracht, so Krause. Doch nun zeige sich, wie dünn der Lack auf all dem ist. Die Risikoaufschläge steigen wieder. Was meint Herr Krause damit? Dass die Italiener gar nicht hätten wählen dürfen, um den Lack nicht zu beschädigen? Dabei haben die Deutschen, die Brüsselaner und die Banken alles dafür getan, um den Lackspezialisten Monti zu unterstützen. Doch auch so lassen sich keine Wahlen gewinnen. Ihr müsst sie schon verbieten.

Oh man ist das finster und Ingo Zamperoni lässt sich das mit einem Lächeln im Gesicht gefallen. Ach, die Halbzeitpause ist schon wieder rum…

0

Olli Rehn: “Es dauert leider noch etwas länger”

Geschrieben von:

Da hat der IWF nun auch herausgefunden, dass die eingeschlagene Kürzungspolitik in Europa falsch war, weil sie der Konjunktur schadet und die sogenannten Multiplikatoren viel höher ausfallen als angenommen, heißt: die Wirtschaftsleistung deutlich schneller schrumpft, als die sogenannten Experten das Wort “sparen” sagen können, da regt sich umgehend Widerstand in Brüssel. Währungskommissar Olli Rehn wartet nun mit einem schlagenden Argument auf. Der Sparkurs™ könne gar nicht falsch sein, weil es einen positiven Effekt gebe.

Die Fehleranalyse des IWF sei keine Basis für „harte Politik-Urteile“. Die flächendeckende Kritik an der EU-Sparpolitik unterschätze „den positiven Effekt auf die Finanzmärkte“, sagte Rehn einem Bericht des EU-Observer zufolge.

Und für den positiven Effekt auf den Finanzmärkten müssen die Menschen in diesem Jahr mit einer „schweren Zeit“ und mit „sozialen Spannungen“ rechnen, da es halt noch etwas länger dauert, bis sich eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen einstelle. Doch bevor das passiert, registriert die EU-Kommission mit einem Achselzucken eine neue Rekordarbeitslosigkeit. Im November waren 18,8 Millionen Menschen allein in der Eurozone ohne Job, zwei Millionen mehr als vor einem Jahr.

Besonders rasant hat die Arbeitslosigkeit in den Ländern zugenommen, die nach Olli Rehn noch ein wenig auf die Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse warten sollen. Doch was bedeutet eigentlich ein Anstieg der Arbeitslosigkeit. Na klar, vor allem höhere Kosten für die, die sich gern als Retter in Szene setzen. Denn wenn die Wirtschaft schneller schrumpft als Ausgaben gekürzt werden können, steigt die Verschuldung und das Defizit ganz automatisch. Das heißt wiederum, das neue Rettungsmilliarden in Bewegung gesetzt werden müssen.

Doch was sagen die beiden beteiligten Parteien Merkel (Deutschland) und Samaras (Griechenland)? Das Glas ist halbvoll, wir liefern und Europa hilft. Mit anderen Worten: Es geht weiter so wie bisher, egal wie teuer es wird und wie viele Menschen dabei draufgehen. Es dauert halt noch etwas länger oder wie Schäuble in einem vermeintlich unbeobachteten Moment sagte, wir müssen das den deutschen Wählern so verkaufen.

4

Jens Berger erklärt die “Rettungsroutine”

Geschrieben von:

Wohin fließen eigentlich die Rettungsgelder? Dieser Frage geht Jens Berger im dritten NachDenkSeiten Podcast nach. Dabei finde ich folgende Grafik über die Änderung der Gläubigerstruktur Griechenlands sehr aufschlussreich. Die Rettungspolitik hat vor allem den privaten Gläubigern genutzt. Alle bisher getroffenen Maßnahmen dienten augenscheinlich dem Zweck, den Anteil der öffentlichen Gläubiger gemessen an der Gesamtverschuldung zu erhöhen. Das bedeutet natürlich umgekehrt ein Bail-out des Privatsektors aus der Risikohaftung. Denn sollte es zu einem weiteren Schuldenschnitt kommen, wie es die Spatzen bereits von Dächern pfeifen, werden die öffentlichen Gläubiger, also die Steuerzahler, auf Forderungen verzichten müssen.

Die Änderung der Gläubigerstruktur ist nicht per se schlecht, da die öffentliche Hand auch andere Modalitäten wie etwa ein Moratorium vereinbaren kann. Das funktioniere aber nur solange, wie die solventen Staaten nicht selbst unter den Beschuss der Spekulanten geraten. Wie wir alle wissen ist der EFSF und der ESM kürzlich durch Moody’s abgewertet worden. Am Ende könne also nur die Zentralbank die notwendige Feuerkraft aufbringen, um Angriffe dieser Art gegen einzelne Eurostaaten abzuwehren.

Gläubigerstruktur

0

Fassadendemokratie

Geschrieben von:

Sahra Wagenknecht im Bundestag zur Abstimmung über die jüngsten „Griechenland-Hilfen“:

„Warum spielen sie alle als brave Marionetten in dieser Fassadendemokratie mit und lassen eine Koalition weiter herumstümpern, die offenbar glaubt, die soziale Realität in Deutschland und Europa ließe sich genauso leicht frisieren wie der Armuts- und Reichtumsbericht?“

2

Wie Merkel Bosbach kritisiert, verrät viel

Geschrieben von:

Es ist bekannt, dass Wolfgang Bosbach (CDU) als Kritiker der Euro-Rettungspolitik gilt und immer neue Hilfszahlungen an Griechenland ablehnt. Er sieht Europa auf dem Weg in eine Haftungs- und Transferunion. Ob Bosbach den Durchblick hat, sei mal dahingestellt. Richtig ist aber, dass die Risiken weiter zunehmen und die Krisenpolitik Angela Merkels bisher nur eines bewirkt hat. Der Schlamassel wird immer teurer. Da kann Schäuble noch so oft behaupten, die Kosten und Risiken würden so gut es geht minimiert.

Nun ist aber höchst aufschlussreich, mit welcher kruden Logik die rhetorisch minderbemittelte Kanzlerin ihrem Kritiker während der CDU/CSU Fraktionssitzung entgegen trat. Sie soll gesagt haben, dass kein anderes Land der deutschen Regierung folgen würde, wenn sie den Geldhahn einfach zudrehe. Wieso hat man dann nur immer wieder damit gedroht? Doch jetzt kommt es. Sie, die Kanzlerin, habe mit der griechischen Führung gesprochen, ob sie „freiwillig“ aus dem Euro-Raum ausscheiden wolle. Die Antwort sei „Nein“ gewesen. Sie habe weiter gefragt, ob das Land trotz der damit verbundenen Härten im Euro-Raum bleiben wolle. Die Antwort habe „Ja“ gelautet. (Quelle: FAZ Online)

Es ist wahrscheinlich nur ein Übersetzungsfehler. Doch in ihrer gewohnt irrationalen Art hat die gläubige Physikerin aus der Uckermark ein weiteres Mal die Erpressung eines souveränen Nachbarstaates zugegeben. Doch wieso sollte die griechische Führung und meinetwegen auch die deutsche nicht aus dem Euro-Raum ausscheiden? Freiwillig müssten das Samaras, Venizelos, Merkel und Schäuble auch nicht tun. Demokratische Wahlen würden anfänglich schon reichen, um die politischen Versager zumindest aus ihren Ämtern zu jagen.

Da Merkel ohnehin davon überzeugt ist, der besten Regierung seit über 20 Jahren anzugehören, sollte doch der Grundsatz gelten, auf dem Höhepunkt einfach mal abzutreten.

0

Husch, husch durch den Bundestag

Geschrieben von:

Wie soll man das nennen, was der Bundestag nach dem Willen der schwarz-gelben Bundesregierung am Donnerstag beschließen soll? Ein Rettungspaket? Wie viele durch deutsche Parlamentarier unbesehene Sendungen dieser Art hat es in der Vergangenheit schon gegeben? Ich zähle nicht mehr mit. Peer Steinbrück offenbar schon. Seine Sorge gilt aber nicht dem Irrsinn, den die Bundesregierung als neuerlichen Plan zur angeblichen Wiederherstellung europäischer Stabilität verkaufen will. Nein, den Kanzlerkandidaten der SPD bedrückt allein die Frage, was die von Deutschland aus betriebene Zerstörung Griechenlands den deutschen Steuerzahler kostet.

Die Zustimmung der SPD und auch der Grünen zum abermaligen und damit verfassungswidrigen Husch, husch Gesetz der Bundesregierung könne es nur dann geben, wenn die Folgen für den Bundeshaushalt klar seien, so der große Arbeiterführer mit volkswirtschaftlicher Halbbildung. Die Frage aber, welche Folgen der beschlossene Unfug der vermeintlichen Euroretter konkret für Griechenland haben wird, übersteigt die gedanklichen Fähigkeiten der Bundes-SPD.

Jens Berger klärt an dieser Stelle weiter auf…
http://www.nachdenkseiten.de/?p=15263

PS: Wolfgang Schäuble hat kürzlich darauf hingewiesen, dass man bei der Eurorettung einen großen Schritt vorangekommen sei. Das stimmt, bis zum nächsten Krisengipfel ist es wieder ein Tag weniger.

0

Baroin enthüllt geheime Geschichten

Geschrieben von:

Wenn Regierungsmitglieder aus dem Amt scheiden, schreiben sie in der Regel Bücher, in denen sie aus dem Alltag ihrer politischen Arbeit berichten. Der ehemalige französische Finanz- und Wirtschaftsminister François Baroin sorgt nun mit seiner ersten Veröffentlichung “Journal de crise”, die am 7. November erscheinen soll, für einen Paukenschlag. Darin schildert er, wie Merkel und Sarkozy im November 2011 auf den damaligen griechischen Premierminister George Papandreou Druck ausgeübt haben. Papandreou hatte seinerzeit ein Referendum über den Kürzungskurs angekündigt und wenige Tage später widerrufen.

Baroin behauptet nun, dass Merkel und Sarkozy ein Ultimatum formulierten. Entweder Papandreou nehme Abstand von seinem Plan, eine Volksabstimmung durchzuführen, oder aber die Finanzhilfen würden nicht ausgezahlt. Sarkozy zu Papandreou:

„On te le dit clairement, si tu fais ce référendum, il n’y aura pas de plan de sauvetage.“ 

[…]

Merkel lui redit la même chose de façon très ferme.

Auszüge hier…

Das war ja schon immer irgendwie klar. Nur hat noch niemand, der an dem Vorgang direkt beteiligt war, die aggressive Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten so deutlich bestätigt. Die Passagen lesen sich wie ein Krimi. Papandreou habe geschwitzt, gewankt und am Ende nach zwei Stunden intensiver Bearbeitung die Waffen gestreckt.

Darüber hinaus soll es innerhalb der französischen Regierung nicht protokollierte Gespräche und Überlegungen gegeben haben, die sich mit den Folgen eines Austritts Griechenlands aus der Eurozone befassten. Baroin nennt das Ergebnis dieses Gedankenspiels “Black Swan” und erklärt, dass bei einem Griechenland-Exit auch Frankreich die Eurozone hätte verlassen müssen.

Man sollte natürlich nicht außer Acht lassen, dass hier ein abgewählter Politiker und Ex-Journalist mit einem Buch Kasse machen will.

Wer mehr über die aktuellen Entwicklungen erfahren möchte, auch im Hinblick auf die Schonung von griechischen Steuerflüchtlingen, sollte hier weiterlesen…

http://www.querschuesse.de/griechenland-meldung-des-monats-warum-papandreou-das-referendum-uber-die-austeritatspolitik-im-november-2011-stoppte/

3

Was sie sich sparen können

Geschrieben von:

Die Morgensendung bei NDR1 Niedersachsen heißt “Hellwach mit Christiane Köller”. Besonders ausgeschlafen zeigte sich die Moderatorin heute am Weltspartag aber nicht. Die Deutschen besäßen viel Geld, stellte Köller fest und staunte über 4811 Milliarden Euro Geldvermögen. Da seien wir ja alle reicher geworden, lautete die dümmliche und gleichfalls naive Bemerkung der Moderatorin, die sich zuvor mit dem “Experten” von der Zeitschrift Finanztest, Hermann-Josef Tenhagen, über attraktive Anlageformen unterhalten hatte.

Seit der Einführung des Dummfunks und der parallelen Züchtung von notorisch gut gelaunten Morgenmoderatoren, die bereits um fünf Uhr in der früh ihre aufgesetzte Freude und Heiterkeit durch den Äther jagen, beginnen die Tage mit einem verstärkten Adrenalinausstoß infolge rasant zunehmenden Ärgers. Das Anhören solcher Sendungen können sie sich also getrost sparen. Am Abend ist es aber kaum besser. Aktuell denke ich noch über die Schlagzeile nach, dass der “Herbstaufschwung” schwächer als sonst ausgefallen sei.

Aber das spare ich mir auch und freue mich zur Abwechslung über den Unterhaltungswert der SPD. Wie blöd muss man eigentlich sein. Steinbrück lässt zwar seine Hosen runter und allerorten wird von Transparenz gefaselt. Das aber das politische Ziel zur Herstellung von Transparenz keineswegs die mangelnde Qualität einer Führungsspitze ausgleichen kann, haben schon die Piraten bewiesen. Nun glaubt offenbar die SPD daran, mit dem entblößten Steinbrück den politischen Gegner im Regierungslager vorführen zu können. Ein Schuss, der gehörig nach hinten losgehen wird.

Denn nicht die Koalition ist jetzt am Zug, wie einige offenbar zahlenblinde Menschen meinen, sondern Steinbrück selber, der unverschämt hohe Honorare von im Schnitt 14.000 Euro kassiert hat. Es drängt sich doch die Frage auf, was er und natürlich auch andere vor Vertretern aus der Wirtschaft und der Hochfinanz denn geleistet haben, das soviel wert ist? Mit der Antwort könnte der Kanzlerkandidat der SPD dann sicherlich auch beim Supertalent auftreten. Die Prüfung als Pausenclown für Union und FDP hat er jedenfalls schon bestanden. In deren Kreisen kursiert bereits der Gag, den Steinbrück können wir uns als Referenten gar nicht leisten.

Die fremdbestimmte SPD macht sich mal wieder nur lächerlich. Mit Steinbrücks detaillierter Offenlegung will sie erreichen, dass andere Nebeneinkunft-Spitzenverdiener Gesetzen zustimmen, die mehr Transparenz regeln und mögliche Korruption verhindern. Sie selbst findet aber die nun bekannten hohen Honorare des Herrn Kanzlerkandidaten gar nicht anstößig. Der Inhalt seiner Vorträge sei “unverdächtig”, hieß es verteidigend von Parteichef Gabriel. Steinbrück habe als Vortragsreisender ja nichts gesagt, was er nicht auch schon im Bundestag gesagt hätte. Aha. Bleibt nur das Problem, warum dann jemand bis zu 25.000 Euro dafür zahlt. Ein Video wäre billiger gewesen.

Das bereits bestehende massive Glaubwürdigkeitsproblem der SPD hat sich durch Steinbrücks größtmögliche Offenheit noch einmal verstärkt. Der Show-Effekt, den sich die Opposition nun beim Vorführen der Regierung erhofft, wird hinter den 1,25 Millionen Euro für im Prinzip inhaltsgleiche Vorträge verschwinden. Selbst bei der berühmten Mövenpick-Großspende an die FDP in Höhe von 1,1 Millionen Euro war der Verwendungszweck offensichtlich.

Die Verknüpfungen zwischen Steinbrücks politischen Entscheidungen und nachgelagerten Honoraren dürften sehr schnell zum Thema werden. Das ist eine leichte Übung für den politischen Gegner. Es bleibt dabei, mit der Nominierung Steinbrücks hat sich die SPD klar für Merkel als nächste Kanzlerin entschieden. Doch darüber nachzudenken, sollten sie sich vor dem Hintergrund der zunehmenden Unruhen in Südeuropa sparen. Übrigens raten Investoren von einem Engagement in Griechenland ab. Dann sollten sie lieber Syrien nehmen.  Das nur am Rande, falls sie wie Tenhagen und der NDR über sinnvolle Anlagestrategien für ihre Millionen nachdenken. 

1

Viele Nullen pflastern einen Weg auf Trümmern

Geschrieben von:

Seit dieser Woche wissen wir, dass man zwar mit Redakteuren, aber nicht in deren Arbeit hinein reden dürfe. In zahlreichen Interviews, vornehmlich mit sich selbst, stellten die Journalisten klar, dass eine Aushöhlung der Pressefreiheit für sie nicht in Frage komme. Zumindest nicht, wenn das Ganze auf so plumpe Weise vorgetragen wird, wie aktuell von der CSU.

Dennoch kann das alberne Gebrüll der besser gestellten Medienleute, die ihren Status gerade einer guten Vernetzung in ebenso gut situierte gesellschaftliche Kreise zu verdanken haben, nicht über Inkompetenz und mangelnde Qualität in der Berichterstattung hinwegtäuschen.

Beispiel Griechenland:

Laut einem Bericht des Spiegels soll die Troika einen neuen Schuldenerlass für Griechenland vorgeschlagen haben. Aber nicht nur das. Gleichzeitig habe die „Expertengruppe“ aus IWF, EZB und Europäischer Kommission in ihrem Bericht 150 neue Vorschläge unterbreitet. Wofür das gut sein soll, ist allerdings nicht ganz klar. Denn was die Lockerung des Kündigungsschutzes, eine Aufweichung des Mindestlohns und eine Aufhebung bestimmter Berufsstandsprivilegien mit dem Abbau des Staatsdefizits zu tun haben sollen, bleibt ein Rätsel, das keinen weiter interessiert.

Auf der anderen Seite steht die Schlagzeile, dass Schäuble einen weiteren Schuldenschnitt ablehne, weil das mit dem Haushaltsrecht nicht vereinbar sei. Freilich fällt der Eingriff in das Budget Griechenlands mit Kürzungsprogrammen, Sperrkonten und automatischen Steuererhöhungen oder Sanktionen bei fehlender Umsetzung nicht darunter. Schließlich könnten die Griechen auch dafür verantwortlich sein, dass Deutschland seinen ausgeglichenen Haushalt verfehlt.

Nächstes Jahr soll dieser „nahezu“ ausgeglichen und 2014 ein Bundeshaushalt ganz ohne neue Schulden möglich sein. Angesichts dieser vermeintlich tollen Aussichten – niemand kann sagen, wofür ein ausgeglichener Haushalt gut sein soll – frohlocken deutsche Medien und übersehen dabei, dass Schäuble plötzlich über ein Schuldenrückkaufprogramm zu niedrigen Zinsen verhandeln möchte.

Da eine Insolvenz oder ein Euroaustritt Griechenlands bereits ausgeschlossen wurden (Schäuble: „I think, there will no, it will not happen that there will be a Staatsbankrott in Greece.“), lassen sich Eurobonds (freilich unter einer anderen Bezeichnung, weil sonst Angela Merkel sterben müsste) zur Staatenfinanzierung nicht länger leugnen. Doch statt danach zu fragen, wie sich Schäuble eine künftige Staatenfinanzierung genau vorstellt oder wie es zum abermaligen Positionswechsel der Bundesregierung kommen konnte, liegt hierzulande der Fokus auf dem bevorstehenden Koalitionsgipfel, dessen Teilnehmer zwischen Betreuungsgeld und Praxisgebühr einen Weg zur „Schwarzen Null“ pflastern wollen.

Und diesen Weg auf den Trümmern Europas werden dann schwarz-gelbe und rot-grüne Nullen mit den vermeintlich unabhängigen Schreiberlingen gemeinsam gehen.

2

Merkels Nummerngirl und Schäubles Vergewaltigung

Geschrieben von:

Person und Gewissen heißt Annettes Doktorarbeit. Ob Plagiat oder nicht, spielt eigentlich keine Rolle. Von Bildungspolitik hat Schavan keine Ahnung. Nicht nur, dass ihr Ministerium wegen der Föderalismusreform praktisch überflüssig geworden ist, selbst als Nummerngirl der Regierung ist sie weder ein Hingucker, noch versteht sie die Zahlen auf den von ihr hochgehaltenen Pappschildern.

Stichwort öffentliche Bildungsausgaben: Da hat es im vergangenen Jahr die peinliche Verwechslung zwischen einer nominalen Steigerung und einer realen Stagnation gegeben. Zwar konnte gegenüber dem Jahr 2005 ein Zuwachs bei den Bildungsausgaben um knapp 20 Milliarden Euro verzeichnet werden. Gemessen am BIP hätten sich die Ausgaben damit aber kaum verändert. Mit 4,1 Prozent am BIP gibt Deutschland demnach genauso viel für Bildung aus wie im Jahr 1995.

Im Vergleich zu anderen OECD-Staaten hat Deutschland eine unterdurchschnittliche Entwicklung genommen. Andere haben seit 1995 ihre Bildungsausgaben in Relation zum BIP kräftig steigern können. Die Deutschen hingegen wollten unter Merkel 10 Prozent erreichen und versuchen das statt über Ausgaben vor allem mit Rechentricks zu bewerkstelligen. Das ist vergleichbar mit der Ermittlung der Arbeitslosenzahlen. Nur das hier keine Menschen heraus, sondern bereits vorhandene Ausgaben in die manipulierte Statistik hinein gerechnet werden.

Nun ist die Aufgabe eines Nummerngirls bekanntlich die, das Publikum während der Pause zu unterhalten. Für diesen Zweck inmitten der Krise taugt Schavan allemal. Denn eigentlich müssten wir ja über Minister Schäuble diskutieren, der im fernen Singapur die Finanzschallmauer nicht im freien Fall, wohl aber mit der Kraft der zwei Sprachen durchbrach. Leider klappte die übliche Verschleierung mit Worten gleich doppelt nicht.

„I think, there will no, it will not happen that there will be a Staatsbankrott in Greece.“

Entgegen der deutschen Vernebelungstaktik, wonach eine Hilfszusage immer an strenge Bedingungen geknüpft wird, ist in Südostasien ein griechischer Staatsbankrott für Schäuble praktisch ausgeschlossen. Es geht auch gar nicht anders, müsste es doch langsam in den Reporterhirnen dämmern. Selbst wenn die Griechen sich dazu entschließen würden, der Merkelschen Kürzungspolitik zu trotzen, müsste der Exportweltmeister und Nettogläubiger Deutschland weiter Geld in den Süden transferieren, um die eigene innenpolitische Stabilität nicht zu gefährden.

Schäuble ist nun auf Werbetour, um neue Gläubiger für die alten Schuldner zu finden. Das wiederum streitet gegen jenes in der Heimat gebetsmühlenartig vorgetragene Lied über die böse Schuldenmacherei. Denn in Deutschland und Europa soll mit Hilfe von Schuldenbremsen eine „Zukunft ohne Schulden“ möglich werden. Dieser Blödsinn ist populär, hilft aber nicht aus der Krise. Denn…

„Zukunft ohne Schulden wäre deshalb Zukunft ohne Geld. Wer das propagiert, ist antikapitalistischer als die SED. In der DDR gab es wenigstens Alumünzen.“

Quelle: Zeit Online

Deshalb müssen Schäuble und Merkel die Sprache vergewaltigen, um sie als Mittel der Kommunikation unbrauchbar zu machen. Was gemeint oder beabsichtigt ist, soll bewusst nicht erkennbar sein, weil es der herrschenden Ideologie widersprechen könnte. Befürchtet wird ein Schock inmitten der Schocktherapie. Um dem auszuweichen, wundert man sich lieber öffentlich über das Ausnutzen jener Spekulationsräume, die die eigenen Aussagen naturwüchsig produzieren.

1
Seite 12 von 21 «...1011121314...»