Im vergangenen Monat haben sich die Besucherzahlen dieses Blogs wieder erfreulich nach oben entwickelt und die 4000er Marke überschritten. Es wurden aber auch mehr Beiträge als noch im September veröffentlicht. Der Eintrag über die erste Folge „Neues aus der Anstalt“ nach der Sommerpause hat neben der Hauptseite die meiste Aufmerksamkeit erregt.
Bei den Seitenzugriffen zeigt das System einen Wert von 11771 an. Dabei dürfte es sich um einen Fehler handeln. Es ist wohl eher von Aufrufen in der Größenordnung von 5 – 6000 auszugehen.
Ausblick
Nun ist November. Gestern zog bereits der für diesen Monat typische Nebel auf. Und morgen stehen in den USA Wahlen an. Man könnte schon fast von einem Schicksalstag sprechen, weil die aufs Zerstören von Obama gebürsteten Republikaner die bestehenden Mehrheitsverhältnisse in diesem Land mit ziemlicher Sicherheit umkehren werden. Das wird Folgen haben. Besonders mit Blick auf die Wirtschaftspolitik und die anhaltende weltweite Währungskrise. Das wäre dann in etwa so fatal für Amerika und den Rest der Welt wie die Detonation von Unterhosen- und Druckerpatronenbomben zusammen.
In Deutschland droht hingegen nur ein Landtag auseinanderzufliegen. In NRW mehren sich nämlich die Anzeichen, dass die Linke den von SPD und Grünen eingebrachten Nachtragshaushalt nicht mitragen werde, weil darin die Abschaffung der Studiengebühren nicht zufreidenstellend geregelt wurde. Die Oberwasser-Grünen zeigen sich nicht kompromissbereit und würden bei einer Abstimmungsniederlage sofort Neuwahlen beantragen und der frischgebackene Landeschef sowie der erste scheinintellektuelle Dampfplauderer der CDU Norbert Röttgen könnte wohl eine fest eingeplante Chance erhalten.
Derweil dürften Meinungsmache und Manipulationen seitens der PR-Agenturen nebst angeschlossener Medien weitergehen und für Ablenkung sorgen. Sei es bei der privaten Altersvorsorge, die noch nicht so optimal läuft oder bei Sarrazin, der sich aus dem Untergrund via Bild am Sonntag bereits zurückgemeldet hat und seine angenommene geistige Überlegenheit nunmehr im Fachblatt des intellektuellen Bürgertums weiter ausbreiten darf.
Ich habe auch davon gehört, dass Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler nach seinem großen Wurf, der ihn überraschend nicht zum Rücktritt zwang, nun auch eine Reform der Pflegeversicherung in Angriff nehmen will, weil der Fachkräftemangel immer dramatischer werden wird. Der smarte Jungschnösel setzt dabei auf PR. Er will den Ruf der Pflege durch eine Kampagne verbessern helfen, so nach dem Motto, sie dürfen nicht nach der Wertigkeit der Pflegetätigkeit fragen, sondern nach dem Wert zwischenmenschlicher Beziehungen, wenn sie alten Menschen die Windeln wechseln. Und weil der Rösler diese Tätigkeit auch in Zukunft nicht besser bezahlen will, weil er wie seine Kollegen aus FDP und Union es toleriert, dass in der Pflegebranche Dumpinglöhne gezahlt werden dürfen, so fordert er die Einführung einer privaten Versicherung, wo jeder einzelne für seine Pflege selber vorsorgen könne.
Das ist natürlich ein toller Vorschlag. Wahrscheinlich werden sich diejenigen, die sich mangels Geld schon keine Verarschung durch die Riester-Rente leisten konnten, aber jetzt mit Sicherheit für eine Police im Pflegebereich entscheiden. Denn das angst machende Bild, im Alter Opfer kollektiver Verwahrlosung zu werden, mobilisiert auch die letzten Kröten. Und sei es auch für einen weiteren Betrug, der Sicherheit verpricht. Gestern war Reformationstag. Als Martin Luther vor knapp 500 Jahren seine 95 Thesen an die Wittenberger Schlosskirche nagelte, geißelte er den Ablasshandel der katholischen Kirche. Der Papst, der mit dem Geld den Bau des prachtvollen Petersdoms in Rom finanzierte, versprach den damals ablassenden Deutschen, die das Wort Gottes nicht in ihrer Sprache lesen konnten, eine Befreiung von ihren Sünden und einen Platz im himmlischen Paradies.
Wie sich die Zeiten doch gleichen. Versicherungskonzerne und Banken betreiben mit der Demografie-Lüge Demagogie und spielen mit der Angst der Menschen, um sie zum freiwilligen Ablass zu bewegen. Das Geld fließt aber wie im Falle der Kirche nicht in eine Art sichere Vorsorge, sondern zum großen Teil in die Prachtbauten der Neuzeit, die sich vom Establishment gefeierte Lichtgestalten wie Carsten Maschmeyer gönnen, während der Rest der Beiträge nach wie vor als Spielgeld auf den internationalen Finanzmärkten landet, wo der moderne Ablassende inzwischen hofft, bloß keinen geschlossenen Immobilienfonds erwischt zu haben.
Das ist doch eine schöne Fragestellung für die Zukunft. Brauchen wir wieder einen Martin Luther, der das Unverständliche verständlich macht, der Thesen an die Eingangstür zur Deutschen Bank nagelt, damit das Volk endlich begreift? Mir würde ja schon reichen, wenn Journalisten endlich ihren Job machen würden und aufklären, statt PR-Meldungen zu transportieren.
Ein Anfang wäre zum Beispiel der Kunduz-Untersuchungsausschuss. Völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit gab es am Freitag eine Sitzung, in der zum ersten Mal eine Zeugin aus Afghanistan befragt wurde. Keiner der Mietmäuler in den Mainstream-Medien hat darüber berichtet, obwohl die Aussagen von Habibe Erfan den schneidigen Verteidigungsminister einmal mehr in Erklärungsnot hätte bringen können. Zu Guttenberg selber beklagt sich doch darüber, dass in den Medien so ein Hype um ihn veranstaltet wird. Der Kunduz-Untersuchungsausschuss zur Bombardierung zweier Tanklastzüge nahe Kunduz im letzten Jahr, bei dem 133 Zivilisten auf deutschen Befehl hin getötet wurden, wäre doch ein angemessenes Thema, um das positive Bild über zu Guttenberg zu relativieren.
Wir werden sehen.
Wie immer möchte ich mich bei allen Leserinnen und Lesern dieses Blogs sowie den Mitdiskutanten bedanken, die im abgelaufenen Monat fleißig gelesen und kommentiert haben. Falls ihnen der Blog gefällt, empfehlen sie ihn ruhig weiter. :D
NOV
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.