Eine (Bild)erbuch-Kampagne

Geschrieben von: am 20. Dez 2011 um 7:30

In der Causa Wulff legt die Bildzeitung nach und bringt eine lukrative Verbindung zwischen dem Bundespräsidenten und Carsten Maschmeyer aus der Vergangenheit ans Licht. Doch keiner fragt danach, woher die Informationen stammen.

Bild-Kampagne-Wulff

Quelle: Bild.de

Derzeit stürzen sich alle Medien auf den Bildbericht. Doch keiner fragt danach, woher die Bildzeitung die Informationen hat. Die Zeitungsanzeigen sollen im Jahr 2007 durch Maschmeyer finanziert worden seien. Es ist anzunehmen, dass das Springerblatt schon zu diesem Zeitpunkt davon wusste und die pikanten Details im hauseigenen Leichenkeller deponierte.

Als die Panorama-Redaktion gegen den Drückerkönig aus Hannover recherchierte und die schillernde Persönlichkeit aus der Finanzbranche mit harten Fakten vom Sockel stieß, war die Bild die einzige Zeitung, mit der Herr Maschmeyer ein Interview führte. Erschwerend hinzu kommt, dass der Autor des “Wulff-Buches” Hugo Müller-Vogg – bekannt unter dem Spitznamen “Kanzlerinnenzäpfchen” – ist, der selbst für den Springer-Konzern und die Bildzeitung schreibt.

Daher ist doch viel interessanter zu erfahren, warum die Bildzeitung gerade jetzt eine so durchschaubare Kampagne gegen den Bundespräsidenten fährt. Doch die scheinbar ganz neuen Enthüllungen um einen Mann, dessen Verstrickungen in die Wirtschaft nie ein Geheimnis waren, sondern schlicht keinen interessierten, beschäftigen den Mainstream-Journalismus. Dabei hängen sich auch die als seriös geltenden Medien genüsslich und unkritisch an die Bildzeitung dran.

Im Hause Springer dürfte man entzückt darüber sein, wie einfach es noch immer ist, die Öffentlichkeit und die Politik in Deutschland am Nasenring durch die Manege zu ziehen. Und keiner merkt’s.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Peleo  Dezember 20, 2011

    „warum die Bildzeitung gerade jetzt eine so durchschaubare Kampagne gegen den Bundespräsidenten fährt“

    Ja – warum? Derzeit kann man nur spekulieren. Geht es gegen ihn selbst (Islam, vorsichtig kritische Äußerungen zur Finanzkrise) oder gegen die Kanzlerin? Sind Einzelheiten seiner geplanten Weihnachtsansprache durchgesickert?

    • adtstar  Dezember 20, 2011

      Ich denke mit Wulff hat das nur am Rande zu tun. Zwei Dinge kann man aber zweifelsfrei feststellen. Die großen Medienhäuser machen mit der Geschichte erstens richtig Kasse, weil sich die Leute zweitens mal wieder ablenken und beschäftigen lassen. Mit Leute sind aber nicht unbedingt Leser gemeint, sondern Journalisten, die andere Themen, wie den europäischen „Selbstmord-Pakt“ zum Beispiel aus den Augen verlieren.

      Es gibt Wichtigeres als den Bundespräsidenten. Und weil das so ist, wird er zum Thema gemacht. Ich gehe derzeit davon aus, dass er zurücktreten wird. Dann sind wieder mindestens 30 Tage gewonnen, in denen nichts wichtiger ist, als die Neubesetzung eines Postens, der im Grunde genommen bedeutungslos geworden ist.

      Der Regierung, also Merkel, muss das Theater nicht schaden. Als Zweckgemeinschaft zur Verhinderung von Neuwahlen ist gewonnene Zeit mit Ablenkung ein kostbares Gut.