Kein Witz. So steht’s bei Spiegel-Online:
Begeisterter Empfang für den neuen Minister
Es war eine kurze Nacht für den neuen Verteidigungsminister gewesen. Bis zum späten Abend musste der Chef der Bundeswehr im nordafghanischen Masar-i-Scharif entweder Autogramme geben oder für die Kameras der Soldaten posieren. Kaum stellte sich der Minister, der einen langen Tag mit politischen Gesprächen in Kabul hatte, an einen Tisch, wurde er schon von den nächsten Soldaten umringt und zu einem neuen Gruppenfoto gebeten.
Der Abend im größten deutschen Lager glich zeitweise dem Auftritt eines Popstars. Gefeiert wurde der neue Minister, der den Soldaten in einer kurzen Rede, die er ohne Manuskript hielt, Mut und Respekt zusprach. „Wir bauen nicht nur Brunnen in Afghanistan“, rief er den Soldaten zu. Das müsse endlich auch in Deutschland ankommen, so Guttenberg. Viel deutlicher konnte man den Bruch mit dem Mantra seines Vorgängers Franz Josef Jung nicht ausdrücken, der den Einsatz stets als Stabilisierungs- und Wiederaufbaumission bezeichnet hatte.
Das war jetzt mal der nette Einstieg. In der Neuen Presse Hannover ist der Ton heute schon etwas heftiger.
Guttenberg an der Front
Im Maßanzug übrigens, wie das Bild unter der Überschrift zeigt.
Der begleitende Kommentar von Hardcore Horst Schmuda ist bemerkenswert. Nachdem nun klar ist, dass auch die politische Führung in unserem Land zumindest schon einmal von kriegsähnlichen Zuständen spricht, kann man auch gleich ganz die vorsichtige Fassade fallen lassen und dafür eintreten, dass wir Deutschen wenigstens als militärische Sieger vom Platz gehen.
Kein Witz. Lesen sie den letzten Absatz in Horst Schmudas Kommentar.
„Denn die Sache Afghanistans steht schlecht. Das Debakel um die Präsidentenwahl hat die Hoffnung auf eine parlamentarische Demokratie westlicher Prägung in den Bereich des Irrglaubens verbannt. Man muss die Ziele wohl tiefer hängen, sie mehr militärisch-strategisch definieren, als weiter politischen Idealen nachzuhängen, wenn wenigstens eins gelingen soll: die Taliban nachhaltig auszuschalten.“
Dass der Export von westlicher Demokratie ziemlich anmaßend und arrogant auf die Menschen in Afghanistan wirken könnte, kommt dem journalistischen Hirnzwerg Schmuda wohl nicht in den Sinn. Bemerkenswert aber ist, dass er die Taliban ausschalten will. Das verstehe ich nicht. Warum sind wir doch gleich in Afgahnistan? Doch wegen al-Qaida und dem 11. September, dachte ich? Oder habe ich da was falsch verstanden? Die NATO hat militärisch in Afghanistan interveniert, weil al-Qaida von dort aus die Attentate des 11. September geplant haben sollen oder nicht? Ist ja schon lange her mit dem Kriegsbeginn. Am 7. Oktober 2001 war das. Eine lange Zeit, da kann man schon mal ein bissel tütelich werden, was die Kriegsgründe anbelangt.
Nun gibt’s aber al-Qaida gar nicht mehr in Afghanistan. Die sind längst nach Pakistan ausgewandert. Das hat der Schmuda wohl noch nicht mitbekommen, wie mir scheint. Ist ja auch egal. Hauptsache die militärisch-strategischen Ziele hängen künftig tief genug. Schmudas geistiges Niveau wird aber auch dort nicht heranreichen.
NOV
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.