Die Wahlforschung am Ende?

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Es ist eigentlich zum Schreien komisch. Schon wieder lagen alle Umfrageinstitute meilenweit vom Wahlergebnis entfernt. In Hessen wurde der CDU wochenlang ein Ergebnis von über 40 Prozent prognostiziert. Und nun zeichnet sich ab, dass die Partei genau da landet, wo sie vor einem Jahr auch schon war. Nämlich bei rund 37 Prozent. Das ist im Grunde der Offenbarungseid für die Wahlforschung. Die wöchentlich erscheinenden Umfragen taugen nur etwas für bizarre Medienkampagnen, nicht aber für seriöse Prognosen.

Und noch etwas wird deutlich. Diese Wahl war überflüssig. Sie diente nur dazu, die gewünschte Mehrheit aus CDU und FDP herbeizuführen und damit einen Schlusspunkt unter eine einzigartige Medienkampagne zu setzen, an der sich nicht zuletzt, auch Demoskopen zu beteiligen schienen. Anders lassen sich die Ergebnisse für Grüne und Linke nicht erklären. Die Grünen erreichen wohl ihr bestes Ergebnis in einem Flächenland überhaupt und die Linken ziehen wahrscheinlich erneut in den Landtag ein. Lediglich die SPD verliert deutlich, was nicht sonderlich verwunderlich war, nachdem die öffentliche Hatz zur Verhinderung einer alternativen Regierungsoption rund um Wortbrüche und Machtgeilheit ihre Wirkung nicht verfehlte. Die Wahlbeteiligung sank derweil noch einmal auf einen historischen Tiefstand – von 64 Prozent in 2008 auf 60 Prozent in 2009.

Roland Koch darf einfach weitermachen und sich als „Klarer Sieger“ feiern lassen. Seine Glaubwürdigkeit und die, der abermals düpierten Wahlforscher werden in den nahezu gleichgerichteten Medien kaum zur Sprache kommen. Spätestens zur nächsten Wahl ist das heutige Ergebnis Schnee von gestern und alle dürfen wieder fröhlich drauf los wetten und sind dann wieder gefragte Experten im Voraussehen. Interessant dürften auch die kommenden Deutungen dieser Wahl sein. Irgendwo habe ich schon von einem „deutlichen Trend“ für die Bundestagswahl gelesen. Der Schulterschluss zwischen herrschender Ideologie einerseits und den Medien andererseits bleibt somit ungebrochen.

Das ist einfach nur krank…

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Die panische Angst vor Schulden

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Da hat sich die Bundesregierung nun endlich dazu durchgerungen, ein Konjunkturpaket zu beschließen (Keine Angst, es ist noch lange nicht in Kraft, erst im Sommer soll es soweit sein!) und alles was man darüber hört, ist die panische Angst der Medien vor der hohen Neuverschuldung. Hilfe, wer soll das alles bezahlen? Na ja, die Leiharbeiter werden künftig weniger beisteuern können, hat doch die Bundesregierung gerade beschlossen, das betriebene Lohndumping auf niedrigem Niveau festzuschreiben. Aber relativ gesehen, dürfen die Menschen, die von Leiharbeit betroffen sind, mehr von ihrem kärglichen Lohn zur Finanzierung der abzusehenden Haushaltslöcher beisteuern. Denn wenn beim Staat über direkte Steuern nix mehr reinkommt, kürzt er wie bisher vor allem bei den Sozialtransfers oder erhöht vielleicht noch mal die nicht nach der Größe des Einkommens gestaltete Konsumsteuer, um so doch noch an die Kröten von zum Beispiel Geringverdienern zu kommen, die ihren Lohn fast vollständig verkonsumieren müssen. Dazu braucht man keine Glaskugel.

Aber ich schweife ab. Es geht ja mal wieder um die Schulden. Die Rekordneuverschuldung wird nun zum Anlass genommen, eine schizophrene Debatte loszutreten, die überhaupt nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun hat. Es geht doch nun wahrlich nicht darum, ob Schulden gemacht werden dürfen oder nicht. Diese Krise trifft die Volkswirtschaft so hart, dass die Defizite in den öffentlichen Haushalten so oder so massiv ansteigen werden. Das hat ja auch die Kanzlerin nach langen Überlegungen scheinbar richtig begriffen. Sie sagte selber, wenn sie nichts tun würde, wäre das Haushaltsdefizit am Ende viel höher und die Krise von längerer Dauer. Man fragt sich an der Stelle nur, warum einzelne Maßnahmen, wie die Steuer- und Beitragssatzsenkungen erst zum 1. Juli in Kraft treten sollen.

Ein Konjunkturpaket, das im Kern auf die wirtschaftliche Belebung abzielt, gerade weil es viel Geld in den Kreislauf pumpt und somit die für die Wirtschaft so wichtige Nachfrage generiert, hilft die Krise im Ergebnis zu verkürzen. Manchmal fragt man sich deshalb, welche Gehirnamputierten da in den Redaktionen rumhocken bzw. im Dunstkreis der Politiker ihr üppiges Dasein fristen und anscheinend überhaupt nicht Willens sind, einmal über volkswirtschaftliche Wirkungszusammenhänge nachzudenken. Besonders Christoph Slangen, der in Berlin unter anderem für die Neue Presse schreibt, fällt erneut mit dusseligen Fragestellungen auf.

Heute erscheint in der Neuen Presse ein Interview von ihm mit Peter Bofinger, der Mitglied des Sachverständigenrates ist. Slangens erste Frage an den Wirtschaftsweisen ist natürlich nicht jene, die nach der Wirkung des beschlossenen Konjunkturpakets auf die Wirtschaftsleistung und die Dauer der Krise abzielt, sondern einfach nur dümmlich darauf, ob am Ende höhere Schulden übrig bleiben würden. Diesen Möchtegern-Journalisten interessiert dann auch nicht Bofingers Antwort, dass die Verschuldung sich erstens nicht umgehen lässt und zweitens ein Nichtstun während einer wirtschaftlichen Krise, nicht nur noch höhere Schulden zur Folge hätte, sondern auch historisch bereits einmal bitter bestraft wurde.

Doch am Ende fragt Slangen noch einmal nach der Schuldenbremse, die 2015 greifen soll und ob bis dahin das konjunkturelle Tal durchschritten sei und nicht, ob diese Maßnahme angesichts der volkswirtschaftlichen Bedeutung von Schulden, die Bofinger in seiner ersten Antwort erläutert hat, überhaupt sinnvoll sei. Deshalb muss Bofinger auch hier die offensichtliche Dummheit und Lernunfähigkeit des Fragestellers mit seiner Antwort kompensieren. Kein anderes großes Industrieland nutze ein solches Instrument. Und in der Schweiz, dem einzigen Land, das eine Schuldenbremse kennt, wurde diese 2003 außer Kraft gesetzt, weil sie schlicht bedeutet, dass sich die Politik ihrer Gestaltungsspielräume beraubt und den Staat somit handlungsunfähig macht.

Heiner Flassbeck sagt heute im manager-magazin über solche Leute, die auf eine Verschuldungsbremse pochen, sie hätten den Ernst der Lage nicht begriffen und machten sich schlichtweg lächerlich. Dem möchte ich mich anschließen und hinzufügen, dass das auch für Journalisten gilt. Christoph Slangen ist eine Lachnummer, dass habe ich schon mehrfach hier belegen können, aber nicht nur er. Gestern auf der Bundespressekonferenz stellte doch tatsächlich jemand die Frage, ob die Einführung einer Lohnuntergrenze bei der Leiharbeit in der Krise nicht kontraproduktiv sei. Da ich nicht so schön formulieren kann, wie die akkreditierten Kollegen vor Ort, hier die hirnverbrannte Fragestellung, die den unterirdischen Geisteszustand unserer Journalisten sehr schön beschreibt: (nachzulessen in der Mitschrift der Pressekonferenz auf regierung-online)

FRAGE: „Frau Bundeskanzlerin, Sie sagen, Sie wollen Arbeitsplätze sichern. Wie verträgt sich dieses Ziel denn mit der Tatsache, dass Sie sich auf Lohnuntergrenzen bei der Zeitarbeit geeinigt haben, also ein neues Hemmnis auf dem Arbeitsmarkt schaffen, gerade vor dem Hintergrund, dass die Zeitarbeit in Krisenzeiten besonders wichtig ist?“

Wo soll man sich da noch hinfassen? :|

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Hessen statt Zumwinkel

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Über die Neue Presse muss ich mich heute schon wieder wundern. Anja Schmiedeke kommentiert die bevorstehende Wahl zum Hessischen Landtag. Überschrift: „Eine Wahl ohne Alternative“. Auf der nächsten Seite wird groß über den kommenden Sonntag berichtet. Unter der Schlagzeile „Die ungleichen Hessen-Wahlkämpfer“ liest man bezeichnenderweise weiter: „Schäfer-Gümbel stemmt sich gegen die Niederlage“ (wohlgemerkt, es ist nicht von einer „drohenden Niederlage“ die Rede) und „Stehaufmänchen Roland Koch peilt Wiederwahl an“ (so als ob es kein Wahldebakel gegeben hätte, aus dem heraus auch Roland Koch keine tragfähige Regierung hat basteln können).

Frau Schmiedeke zeigt sich dann in ihrem Kommentar erleichtert über künftige „stabile Verhältnisse“, die durch eine schwarz-gelbe Mehrheit per se hergestellt würden und beklagt gleichzeitig die fehlende Alternative. Und jetzt lesen sie mal, wie sie das begründet.

„Statt ihrer umstrittenen Landesfürstin Ypsilanti schickt die SPD einen Unbekannten ins Rennen, der schon froh sein kann, wenn die Zeitungen seinen Namen richtig schreiben.

Wieder mal sehr sachlich ausformuliert. Aber ich glaube der Frau Schmiedeke das. Über eine Alternative zum „in Krisenzeiten verlässlichen Bürokraten Koch“, wie sie ein paar Zeilen weiter schleimt, bestimmt ja nicht die SPD oder der Wähler, sondern die Zeitungen, die entscheiden, ob sie über eine Sache oder eine Person richtig schreiben oder eben falsch. Das ist der Journalismus von heute, quod erat demonstrandum. B)

Deshalb wundert es mich nach diesem Gedankengang eigentlich auch nicht mehr, dass man das Zumwinkel-Thema einfach mal weiter hinten im Innenteil als Meldung platziert, ohne Kommentar. Dennoch hätte es mich interessiert, was Frau Schmiedeke zum Beispiel über die Neuigkeit geschrieben hätte, dass der wegen Steuerbetrugs angeklagte Ex-Post-Chef Zumwinkel voraussichtlich gar nicht ins Gefängnis muss, weil die Staatsanwaltschaft unter Umständen bereit wäre, nur eine Bewährungsstrafe zu fordern.

In Analogie zur Ernennung Kochs zum „verlässlichen Krisen-Bürokraten“, unter Ausblendung seiner in der Vergangenheit liegenden Schandtaten, müsste der NP-Redakteurin zur Person Zumwinkel doch auch etwas Tolles einfallen. Der Mann wird doch sicherlich noch in einer Führungsposition gebraucht, nachdem er jetzt zeitnah wieder auf freien Fuß gesetzt wird? Er könnte sich ja, wie Peter Hartz nach seinem Verfahren, wieder als Reformer und Macher betätigen.

Ach ja, die Demokratie wird in Hessen buchstäblich zu Grabe getragen und vor Gericht der Rechtsstaat beerdigt. Aber gut, dass wir so fähige Leute, wie Frau Schmiedeke aus der NP-Redaktion haben, die immer noch hellwach und vorurteilsfrei, ihre Meinung publizistisch vertreten können… :wave:

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Der angebliche "Weihnachts-Kaufrausch" nutzt nichts

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So jedenfalls muss man das niederschmetternde Jahresergebnis interpretieren, das Hubertus Pellengahr, Sprecher des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE), nun für 2008 präsentierte (siehe FR). Nach Abzug der Inflation sanken demnach die Umsätze erneut um ein Prozent.

Was hat nicht alles in den Zeitungen gestanden. Ein Superlativ nach dem anderen. Die Menschen würden der Krise trotzen. Kaufrausch überall. „Experten“ sagten sogar, der private Konsum würde den einbrechenden Export abfedern. Dabei zeichnet sich auch dieses Mal ab, was kritischen Beobachtern bereits viel länger bekannt ist. Bei der Massenkaufkraft herrschte schon längst Krise, als die Dogmatiker noch von Boom und Aufschwung fantasierten. Spätestens seit dem Jahr 2007 konnte man erkennen, dass die Binnennachfrage dramatisch eingebrochen war. Damals betrug ihr Anteil am 2,5 Prozent Wachstum gerade einmal 0,2 Prozent.

Tja, wäre der Aufschwung mal bei den Menschen angekommen, würden die Daten zu den Umsätzen im Einzelhandel vielleicht nicht so schlecht aussehen. Stattdessen läuft der Kampagnenmotor auf Hochtouren. Pellengahr gewinnt diesen Zahlen sogar noch etwas Positives ab. Man fasst es nicht. Na ja, der Mann ist halt an schlechte Nachrichten gewöhnt.

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"Nichts ist vereinbart, bevor nicht alles vereinbart ist."

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So spricht Steinmeier im jüngsten Interview mit der NP, das sicherlich nicht nur in der NP, sondern auch in anderen regionalen Zeitungen, wie der Passauer NP z.B. abgedruckt sein dürfte. Darin mal wieder Christoph Slangen als einer der Fragensteller.

Es wird erneut der Eindruck erweckt, als bewege sich etwas in Sachen Krisenbekämpfung. Dabei bringt Steinmeier selbst, die Untätigkeit auf den Punkt.

„Nichts ist vereinbart, bevor nicht alles vereinbart ist.“

So tönt es aus dem Mund des Vizekanzlers und die Journalisten lässt das kalt. Auf Seite 1 bemüht sich nun auch der Chefredakteur Harald John um einen Leitkommentar. Man hat lange nichts von ihm gelesen. Offenbar war er auch sonst geistig ziemlich abwesend. Denn er schreibt Erstaunliches.

„Was noch gestern tabu war, ist heute erlaubt und morgen viel zu wenig. Nur vor diesem Hintergrund ist zu erklären, warum sich SPD und CDU sehr schnell über das zweite Konjunkturpaket verständigen konnten.“

Sehr schnelle Einigung? Worüber wurde sich verständigt? Was beschlossen? Und warum sagt Steinmeier im „eigenen“ Interview, dass noch nichts vereinbart sei? Und wie nennt Harald John eigentlich die rasante Einigung über den Bankenschirm im letzten Oktober?

Und warum hetzt John am Ende gegen den Osten?

„Bei aller europäischen Wettbewerbsfreiheit kann es nicht sein, dass vor allem Kleinstbetriebe aus dem Osten gewinnen. Nur wenn das Geld hier in der Region investiert wird, kann verhindert werden, dass der Mittelstand als Wachstumsmotor oder wenigstens als Rezessionsbremse ausfällt. Es nutzt keinem, wenn die Krise ein Land gebiert, in dem die Arbeitsverhältnisse marode und die Straßen frisch geteert sind.

Wettbewerb ist das, was die NP im Einklang mit der Politik im Reformeifer seit Jahren unterstützt. Der Wettbewerbsförderalismus ist das Ergebnis einer von der NP immer für gut befundenen falschen Politik. Und nun hat der Wessi John Angst vor denen, die günstiger am Markt ihre Dienstleistung anbieten können. Ist da wer plötzlich für Protektionismus, dessen Gefahr man ansonsten beim bisherigen Kurs der Bundesregierung in bezug auf die große Weltwirtschaft gar nicht sonderlich ernst nehmen wollte? :DD

So recht werde ich aus diesem Chefredakteur, seiner Zeitung und seinen Mitarbeitern nicht schlau. Ein dämlicher Bock nach dem anderen…

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Bankenverstaatlichung und Dividendenzahlungen

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Nach der stillen Einlage des Bundes bei der Commerzbank sollen nun auch weitere Banken teilverstaatlicht werden – d.h. Staatsgelder ja, Staatseinfluss nein. Denn man muss sich schon fragen, warum die HSH-Nordbank und die HRE, die beide mit dem Rettungsschrim liebäugeln bzw. schon mächtig zugelangt haben, Dividenden in karibische Steueroasen überweisen.

Wo ist eigentlich da Herr Steinbrück? Der wollte doch Steueroasen austrocknen. Und nun? Die HRE zum Beispiel bekam bereits 50 Mrd. Euro per Gesetz überwiesen, ohne dass der Staat eine Sicherheit für sein/unser Geld verlangte. Dabei sind an dem Finanzinstitut Fonds aus karibischen Steueroasen mit mindestens 10,47 Prozent beteiligt. Doch Steinbrück tut nichts außer dumme Sprüche abzugeben. Wenn man sich das Ganze so betrachtet, bekommt das Gerede von der “Einlagensicherung” eine ziemlich hässliche Fratze.

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Die SPD und ihre Garantien

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Haben sie sich mal angeschaut, wer alles von Garantien und Schutzschirmen profitiert? Nun ja, sie gehören wahrscheinlich nicht dazu, wenn sie abhängig beschäftigt sind. Ganz aktuell zum Beispiel bringt es ein sozialdemokratischer Arbeitsminister fertig, Garantien für die Wirtschaft abzugeben, auf Kosten der Arbeitnehmer, die sich mit dem realen Szenario Arbeitslosigkeit auseinandersetzen müssen.

Herr Scholz möchte den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung dauerhaft bei 2,8 Prozent belassen und nicht, wie bisher geplant, nur bis zum Jahr 2010 befristen. Er bezeichnet das als eine Art „Garantie“ vor weiteren Belastungen für die Betriebe. Das muss man sich mal vorstellen. Der SPD-Mann Scholz folgt immer noch blind dem Arbeitgeber-Mythos der angeblich zu hohen „Lohnnebenkosten“. Inzwischen bleibt den Arbeitnehmern die gesetzliche Garantie auf „Hartz IV“ bzw. die Gewissheit, dass mit dem Ausdünnen des Etats der Agentur für Arbeit, auch deren Leistungen weiter radikal zusammengestrichen werden. Mit den veranschlagten 300 Millionen für Kurzarbeitergeld kommt der Minister nie und nimmer hin. Vor allem dann nicht, wenn die Krise länger dauert. Der Chef der Agentur rechnet deshalb auch mit rund einer Milliarde.

Damit hält die SPD auch in der Krise an ihrer Agenda-Reform-Dogmatik fest und ruiniert weiter die gesetzlichen Sozialsystme zu Gunsten von zweifelhaften Garantien für die Klientel anderer Parteien und wirtschaftlicher Einzelinteressen. Eine Arbeitslosenversicherung, die ihren Namen verdient, wird es dank der SPD nicht mehr geben. Selbst Union und FDP staunen über so viel Eifer, im Hinblick auf den von den Soziademokraten weiter voran getriebenen Sozialstaatsabbau.

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Die Crux mit der ideologischen Verblendung…

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…diese konsequent durchzuhalten fällt zunehmend schwerer. Nachdem Udo Harms schon gestern einen ziemlichen Bock zum Thema Konjunkturpaket II geschossen hat, meldet er sich heute wieder auf Seite 1 mit einem Leitkommentar zu Wort. Diesmal zu den Arbeitsmarktdaten.

„In den vergangenen Monaten hat sich der Arbeitsmarkt sehr robust gezeigt, […] Der Job-Boom ist vorbei. Beunruhigend ist nicht nur der aktuelle Anstieg der Arbeitslosenzahlen. Auch die Kurzarbeiter-Zahlen sind drastisch hochgeschnellt. Viele Firmen haben ihre Mitarbeiter zudem in Zwangsurlaub geschickt. Und zehntausende Leiharbeiter mussten Ende des vergangenen Jahres gehen. Inzwischen geraten auch Zeitarbeitsfirmen in Not.“

Wie kann man eigentlich schreiben, der Arbeitsmarkt sei robust gewesen, wenn man gleichzeitig zur Kenntnis nehmen muss, dass nun vor allem zehntausende Leiharbeiter auf die Straße gesetzt werden und damit auch Zeitarbeitsfirmen in Not geraten? Schöner kann man eigentlich nicht das Scheitern der sog. „Reformen“ beschreiben. Denn die entlassenen Leiharbeiter kriegen ja nicht mal das verlängerte Kurzarbeitergeld, sondern die sichere Gewissheit, zeitnah in Hartz IV zu landen. Wie kann man also von einem vorausgegangenen Job-Boom sprechen, wenn Harms weiter unten über die Verlängerung des Kurzarbeitergelds schreibt, dass diese Maßnahme im Grunde nur Arbeitslosigkeit verdecke? Hat denn dann Leiharbeit keine Arbeitslosigkeit verdeckt und die Statistik geschönt?

Aber Harms vergisst natürlich auch wieder bewusst eine Menge wichtiger Fakten. Die NachDenkSeiten haben dankenswerterweise mal aus dem aktuellen Arbeitsmarktbericht aufgelistet, worin dieser angebliche „Job-Boom“ eigentlich bestand.

Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung

  • Im Juni waren 27,46 Mio. Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig beschäftigt, 603.000 oder 2,2 Prozent mehr als vor einem Jahr.
  • Dabei nahm die Vollzeitbeschäftigung um 373.000 oder 1,7 Prozent auf 22,44 Mio. zu, während die Teilzeitbeschäftigung um 230.000 oder 4,8 Prozent auf 5,00 Mio. zulegte.
  • In Westdeutschland hat die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in den letzten drei Jahren um 1,03 Mio oder 4,9 Prozent zugenommen. Damit wurde der letzte Höchststand des Jahres 2001 allerdings immer noch knapp um 28.000 oder 0,1 Prozent verfehlt.
  • Vor allem bei unternehmensnahen Dienstleistungen gab es einen kräftigen Anstieg. Von Juni 2007 bis Juni 2008 um 6,2 Prozent oder 225.000 auf 3,85 Mio erhöht. Zum Teil beruht dieser Zuwachs auf Arbeitnehmerüberlassung, die um 61.000 oder 9,6 Prozent zugenommen hat; ihr Anteil an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten belief sich auf 2,6 Prozent.
  • Die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten stellen mit 68,0 Prozent zwar den größten Teil der Erwerbstätigen; ihre Bedeutung hat aber im Trend über die Jahre abgenommen: 2000 lag der Anteil noch bei 71,1 Prozent und 1994 bei 75,3 Prozent. Über die Jahre an Gewicht gewonnen haben vor allem Selbständigkeit und geringfügig entlohnte Beschäftigung.
  • Bei den Minijobs gab es 2008 ein weiteres deutliches Plus. Ihre Zahl ist um 160.000 oder 7,8 Prozent auf 2,20 Mio. gestiegen. Beinahe jeder 12. oder 8,0 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten hat einen solchen Nebenjob.
  • Die Zahl der ausschließlich geringfügig entlohnt Beschäftigten blieb im Vorjahresvergleich praktisch unverändert bei 4,88 Mio. Ihr Anteil an allen Erwerbstätigen beläuft sich auf 12,1 Prozent.
  • Die Arbeitsgelegenheiten in der Mehraufwandsvariante, die als Rechtsverhältnisse eigener Art in die Erwerbstätigenrechnung eingehen, lagen etwas unter dem Vorjahresniveau. Ihre Zahl hat sich um 10.000 auf 291.000 verringert.

Quelle: NachDenkSeiten

Was Harms also als „Job-Boom“ bezeichnet ist vor allem eine Ausweitung prekärer Beschäftigung, die alles andere als „robust“ ist. Herr Harms will seine Leser somit täuschen bzw. bewusst in die Irre führen. Ganz zum Schluss schreibt er, dass die Reserven der Agentur in der Rezession nicht reichen würden. Er sucht aber nicht wirklich nach Gründen und fragt schon gar nicht, warum die Bundesregierung trotz dieser bekannten Lage, dennoch die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung senkt. Die Entlassenen haben nämlich davon überhaupt nichts und mehr Arbeitsplätze entstehen dadurch auch nicht, obwohl man das immer noch behauptet. Kurzum: Herr Harms entzieht sich mal wieder der kritischen Aufarbeitung und gibt sich stattdessen einer sehr bedenklichen Manipulationstechnik hin.

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Deutschland eine Bananenrepublik

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Für viele wird diese Überschrift nicht sonderlich aufrüttelnd sein, weil sie schon längst der Überzeugung sind, Deutschland sei schlicht eine Bananenrepublik. Doch bisher fehlten anschauliche Beispiele aus dem poiltischen Alltag, die das auch belegen. Hinter die Fassade von PR-Kampagnen ließ sich nur schwerlich direkt blicken. Umso erstaunlicher ist da ein Bericht aus der Süddeutschen über die Montägliche Sitzung des Koalitionsausschusses zum Thema Konjunkturpaket II.

Wenn man das liest, kann einem wirklich schlecht werden. Was wurde nicht alles im Vorfeld über den 5. Januar geschrieben und berichtet. Da sollte endlich etwas Handfestes gegen die Krise beschlossen werden. Selbst die Bundesregierung tat immer wieder so, als würde das Ende der besonnenen Zurückhaltung an diesem Termin erreicht werden und von da an forsch ans Werk gegangen. Doch dann liest man davon, dass die CDU nicht mal ein Konzept bzw. eine eigene Tagesordnung mitgebracht hat und sich lieber darauf beschränkte, den Maßnahmenkatalog der Sozialdemokraten gewohnt unsachlich nach dem Motto, Daumen hoch, Daumen runter zu beantworten.

Von Sachverstand keine Spur. Volker Kauder etwa quittiert den Vorschlag der SPD, einen Kinderbonus zu zahlen, plump mit dem Satz: „Von dem Geld kaufen die Leute dann Flachbildschirme aus Japan.“ Genauso hatte Steinbrück (SPD) die angedachte Kindergelderhöhung im letzten Jahr kommentiert, als er sagte, dass Geld würde doch nur versoffen und verraucht. Was soll man dazu noch sagen? Vielleicht mehr unbeschrankte Bahnübergänge im Berliner Regierungsviertel fordern? Ich fürchte nur, es gibt nicht so viele vorbereitete Nachrufe.

Jedenfalls ist klar, das unsere Regierung kein Interesse an der Lösung dieser Krise zu haben scheint, nicht nur, weil sie sich konsequent einem Lernprozess verweigert, sondern auch wegen der Tatsache, dass sich die Beteiligten auf solche lang vorher angekündigten und als richtungsweisend deklarierten Treffen offenbar überhaupt nicht vorbereiten und diese dann auch entsprechend armselig gestalten.

Derweil faseln Medien wie die Neue Presse Hannover von einer „Fetten Geldspritze“ und spinnen weiter an dem Schuldenmärchen, wonach hohe kreditfinanzierte Investitionen den Staatshaushalt und künftige Generationen über Gebühr belasten würden. Noch immer haben diese medialen Mietmäuler nicht begriffen, dass der Staat noch mehr Schulden macht, wenn er die Wirtschaft stattdessen in eine tiefe Rezession abgleiten lässt. Irgendwann ist einfach kein Platz mehr da für neue Ösen auf dem immer enger zu schnallenden Gürtel.

Wie dämlich in der Birne muss man eigentlich sein, um sowas zu schreiben, wie Udo Harms es heute auf Seite 1 in seinem Leitkommentar tut:

„Denn auf Dauer lässt sich Wachstum nicht auf Pump finanzieren – das ist die wichtigste Lehre der aktuellen Krise.“

In dieser dummen Aussage verbirgt sich der gesammelte Unverstand aus einer offenbar fremdgesteuerten Denkrichtung. Plötzlich ist nicht mehr die zerstörerische Dimension eines deregulierten Finanzsektors die wichtigste Lehre, sondern die Pflege alter wirtschaftspolitischer Feindbilder. Man ignoriert weiterhin bewusst die Fakten. Zum Beispiel, dass durch höheres Wachstum auch Schulden abgebaut werden und zwar deshalb, weil die Produktivität durch zuvor getätigte Investitionen steigt. Deshalb sollte auch alles getan werden, um das Wirtschaftswachstum zu stützen. Deutschland steht doch deshalb so schlecht da, weil bis zu letzt geleugnet wurde, dass es unsere angeblich robuste Wirtschaft hart treffen werde. Und sie wird deshalb hart getroffen, weil die bisherige Wirtschaftspolitik und vorherrschende Denkrichtung falsch sind, weil sie statt Produktivität zu fördern, lieber auf die Reduzierung von allem setzt, was Kosten verursacht – einschließlich der menschlichen Arbeitskraft.

Die schwache Binnennachfrage hätte man schon viel früher beklagen können, wenn man denn die volkswirtschaftlichen Daten fachkundig und ohne ideologische Verblendung analysiert hätte. Doch damals hat man über Konjunkturprogramme nicht nur gespottet, sondern sie auch als weltfremd zurückgewiesen. Stattdessen hat man von einem Boom gefaselt, der Dank der Reformen angeblich zu Stande gekommen sei und nicht wegen der guten Entwicklung der Weltwirtschaft. Von den Reformen will Udo Harms wohl jetzt in der Krise nichts mehr wissen. Die sei freilich in ihrer weltweiten Dimension Schuld an unseren Problemen. Wo sind denn aber die Nachweise für den Erfolg dieser zwingend „notwendigen“ Reformen geblieben? Wo die viel beschriebene „Nachhaltigkeit“? Wo stehen wir denn jetzt besser da?

Wie blind muss man sein? Es wird immer noch so getan, als bewege sich tatsächlich etwas. Dabei hören wir seit Monaten nur von Ankündigungen und Spitzentreffen. Nach dem Bericht der Süddeutschen ist doch außer den Glückwünschen zu Steinmeiers Geburtstag überhaupt nichts weiter passiert. Eine fachliche Diskussion fand doch gar nicht statt. In den Redaktionsbüros unserer Medien offenbar auch nicht. Dort ist man emsig darum bemüht, aus dem nachweislichen Nichts eine Geistergeschichte zu zimmern, nur um zu verhindern, dass sich etwas an der herrschenden Meinung ändert.

Aus dem Bericht der Süddeutschen zum Beispiel geht hervor, dass die SPD überhaupt nicht daran denkt, höhere Einkommen befristet stärker zu besteuern. Dennoch wurde dieses Detail gezielt gestreut, wahrscheinlich von der SPD Spitze selber, damit unsere Medien eine Skandalgeschichte daraus machen konnten. Gestern bezeichnete Anja Schmiedeke die SPD in der Neuen Presse deshalb auch als Partei, der nicht mehr zu helfen sei, weil sie sich als Steuersenkungsverhinderungspartei profiliere.

Die Kampagnen laufen also ganz gezielt gegen eine Alternative zur bisherigen Wirtschafts- und Sozialpolitik. Ziel ist eine Erhöhung der Dosis des bisherigen Gifts, an dessen Verkauf eine Minderheit ordentlich verdient. Und breit angelegte Irreführung, Betrug und Scharlatanerie sollen die schädlichen Wirkungen für die Masse verdecken helfen.

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Ruf nach der "Schuldenbremse"

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Über den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses im Deutschen Bundestag Otto Fricke habe ich ja schon geschrieben. Sein moralisches Pathos im Hinblick auf die Staatsverschuldung ist vor dem Hintergrund des Milliarden-Rettungsschirms für den unproduktiven Bankensektor einfach lächerlich.

Doch was ist von einer „Schuldenbremse“, wie sie jetzt gefordert wird zu halten? Nützt sie tatsächlich der künftigen Generation etwas? Nein. Denn Staatsschulden sind doch kein Problem zwischen den Generationen, sondern „ein sich von der Gegenwart in die Zukunft fortpflanzendes Verteilungsproblem innerhalb der Gesellschaft zwischen Reich und Arm.“ (Quelle: Das kritische Jahrbuch 2008/2009, S.18)

An der unterschiedlichen Bewertung der beschlossenen Milliardenpakete und der geplanten kann man das gut erkennen. Während der üppige Bankenschirm, dessen Effekt gleich Null ist, da wir uns gegenwärtig in einer Kreditklemme befinden, überhaupt nicht kritisiert wird, werden zum Beispiel die läppischen 10 Mrd., die die SPD in Bildung und Infrastruktur investieren will, als viel zu hoch erachtet. Dabei ist gerade das Gegenteil richtig. Es müsste viel mehr investiert werden, damit überhaupt eine Wirkung erzielt werden kann.

Dennoch erheben sich die angeblichen Weltversteher und Schützer künftiger Generationen und fordern die Einhaltung des europäischen Stabilitätspaktes. Dabei wurde dieser eingeführt, um Inflation zu verhindern. In der jetzigen Krise geht es aber nicht um Inflation, sondern um ein tiefgreifendes Wirtschafts- und Wachstumsproblem, wie Rodolf Hickel, Professor für Finanzwirtschaft und Direktor des Instituts Arbeit und Wirtschaft (IAW) an der Universität Bremen, hier schreibt.

Künftige Generationen werden also nicht darunter leiden, wenn der Staat jetzt kreditfinanziert massiv in die wirtschaftliche Entwicklung eingreift, sondern darunter, dass es unterlassen, hinausgezögert oder unzureichend durchgeführt wird. Und wer zahlt eigentlich die Milliarden für die Banken? Es ist mehr als seltsam, dass diese Maßnahme nicht als Generationenbelastung empfunden wird. Denn wenn man solchen Idioten wie Fricke folgt, dürfen künftige Generationen in Form von weiteren Einsparungen diese Maßnahmen teuer bezahlen.

Gestern hörte ich bei Freunden folgenden Satz:

„Der Gürtel muss wieder enger geschnallt werden, die Politik stanzt gern weitere Ösen für sie!“

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