Schwarz-gelber Sozialstaat bei Anne Will

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Gestern konnte man bei Anne Will sehr schön die hässliche Fratze der schwarz-gelben Sozialpolitik bestaunen. Ich hoffe, dass sich viele CDU und FDP Wähler die Sendung angeschaut haben. Am Widerlichsten war dabei der Vergleich der Kfz-Versicherung mit der gesetzlichen Krankenversicherung. Da fühlte man sich gleich an den Wahlkampf 2005 erinnert. Der FDP-Schmierlappen Martin Lindner und die CSU Frau Haderthauer reagierten auf einen Einspieler, in dem Autofahrer die Höhe ihre Kfz-Prämie nannten und provokativ gefragt wurden, warum sie denn nicht auch Geld in eine Krankenvericherung investieren würden.

Lindner und Haderthauer meinten dann auch unverblümt, dass derjenige, der viel Geld im Jahr für die Versicherung seines Autos übrig hat, auch einen Beitrag abführen könne, um sich selbst vor den Krankheitsrisiken abzusichern. Da fiel dann auch das zu Beginn geheuchelte Sozialausgleich-über-Steuern-Getue der beiden. Besonders amüsant fand ich Martin Lindners Argument. Der wollte doch den Zuschauern allen Ernstes weißmachen, dass das alte Bismarcksche Sozialsystem deshalb nicht mehr zeitgemäß sei, weil sich die Bevölkerungspyramide verändert habe. Zu Bismarcks-Zeiten hätte es viel mehr Jüngere Menschen gegeben, die mit 17 Jahren angefangen hätten zu arbeiten und weniger ältere Menschen, die mit 60 gestorben seien. Heute hätten wir dagegen eine Alterspyramide, die sich umdrehe. Darauf müsse man dann halt „radikal positiv“, wie er es selbstlobend nannte, reagieren.

Bei so einem wirren Scheiß von jemanden, der als bekennender, bereits einmal geschiedener, Katholik einmal vorschlug, ein Sitzrecht für Kirchensteuerzahler in Weihnachtsgottesdiensten zu gewähren, dreht sich mir der Magen um. Zu Bismarcks Zeiten muss es den Menschen ja richtig gut gegangen sein, weil die Bevölkerungspyramide so toll aussah. Aber nein, in dieser Zeit herrschte große Armut, es gab noch Kinderarbeit. Erst 1904 trat das Kinderschutzgesetz in Kraft, das gewerbliche Arbeit für Kinder unter 12 Jahren verbot. Und 60 Jahre alt wurden die damaligen Beitragszahler auch nicht, wie Märchenonkel Lindner uns erzählen will. Die meisten starben mit 40. Das Renteneintrittsalter lag unter Bismarck aber bei 70. Und eine Rente bekam nur der, der auch 30 Jahre eingezahlt hat, bei einer 60 Stunden Arbeitswoche.

Die Veränderung der Bevölkerungspyramide scheidet als Argument für eine Privatisierung der Sozialversicherung aus, weil nicht eine höhere Anzahl jüngerer Menschen im Vergleich zu den Alten entscheidend für das Generationensystem ist, sondern die Frage, wie viel von der volkswirtschaftlichen Leistung, ugs. Kuchen, verteilt wird. Wenn es aber dann so ist, dass sich Reichtum zunehmend in den Händen weniger ansammelt, während der Mehrheit Verzicht gepredigt wird, sollte man doch eher nach der wirklichen „Hirnverbranntheit“ der FDP fragen, als diesen gelben Versicherungsvertretern in ihrem „radikalen Zerstörungswillen“ auch noch freudig zuzujubeln. Angesichts der Wirtschaftskrise bleibt mir die Reaktion des Publikums ein Rätsel.

Aber sehen sie sich die Sendung selbst an.
http://daserste.ndr.de/annewill/videos/annewill1428.html

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blogintern: Statistik 10/09

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Nach der Verlinkung des Blogeintrages „Mitternachtsspitzen: Das Kabarett wehrt sich gegen die politischen Verhältnisse“ auf den NachDenkSeiten haben sich die Besucher und Zugriffszahlen in diesem Monat deutlich nach oben entwickelt. Erfreulich daran ist, dass sich nach dem einmaligen Peak der Schnitt der täglichen Besucher erhöht hat und stabil zu bleiben scheint. Das finde ich ganz toll und möchte mich daher wie immer bei allen Leserinnen und Lesern sowie den Mitdiskutanten herzlich bedanken. Wenn ihnen der Blog gefällt, sagen sie es ruhig weiter… :D

Stats_1009

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Die Umsätze im Einzelhandel sinken auch im September 2009 deutlich um real 3,9%

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Von Januar bis September 2009 wurde im deutschen Einzelhandel nominal 2,6% und real 2,2% weniger als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum umgesetzt.

Quelle: destatis

Die Binnennachfrage geht immer weiter zurück. Dramatisch könnte man sagen. Doch das sehen nicht alle so. Die GfK zum Beispiel. Am Montag kommt sie für den September zu folgendem Ergebnis:

Konsumklima erhält nur leichten Dämpfer

Das Konsumklima hat im Herbst einen leichten Dämpfer erhalten. Sowohl die Einkommenserwartung als auch die Anschaffungsneigung müssen Einbußen hinnehmen. Die Konjunkturerwartung dagegen kann ihren Aufwärtstrend auch im Oktober fortsetzen.

Im Zuge sinkender Einkommenserwartungen muss auch die Anschaffungsneigung Einbußen hinnehmen. Ein Grund dafür ist sicher auch die Ende September ausgelaufene Abwrackprämie

Der von mir unterstrichene Satz lässt ja beinahe auf wissenschaftliches Fachwissen schließen. Doch gemach, gemach. Alles nur ein leichter Dämpfer. Die Neue Presse Hannover druckte am Dienstag, 27.10.2009 dazu folgenden Kasten ab.

Konsumklima_NP_27.10.2009

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Zu den Arbeitslosenzahlen

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Zum vierten Mal in Folge sinkt die offizielle Zahl der Erwerbslosen, obwohl die Wirtschaft am Boden liegt. Und wieder lauten die Schlagzeilen „Überraschende Entwicklung“ oder „Goldener Oktober am Jobmarkt (NP von heute)“ garniert mit der beliebten Floskel,

„Der deutsche Arbeitsmarkt zeigt sich einen weiteren Monat in Folge robuster als noch zu Jahresanfang erwartet worden war.“ (Zitat aus heutigen NP-Kommentar von Anja Schmiedeke)

Toll. Trotz des klaren Widerspruchs von Zahlen und Wirklichkeit spricht man davon, dass sich der Arbeitsmarkt krisenfest behaupte. Wieso kommt eigentlich keiner auf das Näherliegende? Den offensichtlichen Beschiss. Die Bundesagentur für Arbeit sowie das Arbeitsministerium dürfen weiter froh die Leute belügen.

Im Oktober 2009 wurden von der Statistik der BA insgesamt 3,229 Millionen Arbeitslose registriert, 232.000 bzw. 7,7% mehr als im Oktober 2008. Von diesen 3,229 Millionen Arbeitslosen waren 1,074 Millionen (33,3%) im Rechtskreis SGB III und 2,155 Millionen (66,7%) im Rechtskreis SGB II (Hartz IV) registriert. Als Arbeitsuchende waren im Oktober 2009 insgesamt 5,940 Millionen Frauen und Männer registriert, 524.000 (9,7%) mehr als im Oktober 2008.

Quelle: Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe e.V.

Insgesamt hatten im Oktober 2009 5,867 Millionen erwerbsfähige Menschen Anspruch auf Leistungen nach SGB II und SGB III. Und! Was viel wichtiger ist, rund 1,4 Millionen Menschen sind derzeit in Kurzarbeit. Sollte man die nicht in die Rechnung miteinbeziehen? Das Kurzarbeitergeld kann ja nicht ewig weiterlaufen. In diesem Zusammenhang ist die erste Aussage vom neuen Arbeitsminister Franz Josef Jung schlicht falsch.

„Die gewaltigen staatlichen Investitionen haben die richtigen Anreize gesetzt, die Konjunkturpakete haben gewirkt.“

Nicht die viel zu klein bemessenen Konjunkturpakete wirken hier auf die Arbeitslosenzahlen, sondern die statistischen Tricksereien. Denn wenn man sich die Zahlen genauer anschaut, wird man feststellen, dass nur noch knapp 55 Prozent aller Arbeitslosengeld I + II Bezieher auch als arbeitslos gezählt und in der Statistik ausgewiesen werden. Da kann man doch nicht von Robustheit und richtigen Anreizen faseln, sondern muss eigentlich zu der Erkenntnis gelangen, dass bisher viel zu wenig für die Stabilisierung von Beschäftigung getan wurde.

Doch die Lösung kann auch nicht heißen, immer mehr Kurzarbeitergeld auszuzahlen. Das ist doch bekloppt. Dadurch etsteht doch keinerelei Nachfrageimpuls. Und allein auf die sich erholende US-Wirtschaft zu setzen, ist naiv. Die überwinden die Rezession übrigens deswegen so schnell, weil sie massive Konjunkturhilfen auf den Weg gebracht haben. Nur bleibt es doch nach wie vor fraglich, ob die Amerikaner jenen Schulden finanzierten Konsummotor wieder anschmeißen werden, von dem die deutsche Exportwirtschaft ja so prächtig gelebt hat. Das wird nicht passieren. Die Lage auf dem amerikanischen Arbeitsmarkt ist weiterhin angespannt und die Schulden in den Privathaushalten noch lange nicht abgetragen. Noch ist die Kreditkartenblase nicht geplatzt. Aus diesem Grund wird die amerikanische Wirtschaft als weltwirtschaftliches Zugpferd, auf das schon wieder einige „Experten“ und Journalisten wie Anja Schmiedeke von der NP setzen, mit Sicherheit ausfallen.

„Allerdings gibt es auch Hoffnung. Dort, wo die Krise ihren Anfang nahm, in den USA, ist sie auch schon wieder vorüber. Das Ende der US-Rezession wird die Weltwirtschaft ankurbeln helfen. Die Trendwende wird auch bei uns ankommen – doch wann, ist ungewiss. Für die Arbeitnehmer wie für die Steuereinnahmen des Bundes wäre ein schnelles Ende der Krise ein Segen.“

Gerade der letzte Satz drückt einmal mehr das verinnerlichte Prinzip Hoffnung aus, weil zu mehr einfach der Sachverstand fehlt und der Wille, alternative Konzepte auch nur zur Kenntnis zu nehmen. Wie wurden die Linken im Wahlkampf beschimpft. Die würden das Blaue vom Himmel versprechen, seien unseriös und wage. Gestern nun durfte ich bei Maybritt Illner erleben, wie der FDP-Fan Helmut Markwort vom Focus zum Fahren auf Sicht und Hoffen der neuen Bundesregierung stand. Frau Merkel müsse es doch wenigstens versuchen mit den Steuersenkungen. Was solle sie sonst auch tun? Wir hätten nun halt mal diese vielen Schulden wegen der Krise.

Tjo, das klingt ja nun nicht sehr kompetent und überzeugend. Mit anderen Worten, die haben keine Ahnung, was sie tun sollen. Okay, die alten Rezepte taugen nicht viel, das hat die Realität bewiesen, aber weinigstens versuchen müsse man doch irgend was. Da kann man nur mit dem Kopf schütteln. Hätte die Bundesregierung gleich zu Beginn der Krise mehrere Milliarden in die Hand genommen und ein kreditfinanziertes Wachstumsprogramm im Bereich Infrastruktur, Bildung und Umweltschutz aufgelegt von mindestens einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts pro Jahr, was für Deutschland 25 bis 30 Milliarden bedeutet hätte, dann müsste man jetzt nicht sinnlos Geld für Kurzarbeit, die Verwaltung von Arbeitslosigkeit, die Sozialkassen und für unsinnige Steuersenkungen herausschmeißen. Dieses Geld kommt nie wieder zurück.

In einem Konjunkturprogramm wäre es tatsächlich an den Staat zurückgeflossen, weil Beschäftigung und Binnennachfrage stabilisiert worden wären. So aber hofft und zittert man sich von einem Monat zum nächsten. Westerwelles Aufgabe in Brüssel hätte sein können, für einen EU-weiten Konsens zu sorgen, um mit einer abgestimmten makroökonomischen Wirtschaftspolitik gemeinsam gegen die Weltwirtschaftskrise vorzugehen. Doch was qualifizierte diesen Schaumschläger doch gleich?

„Mehr Netto vom Brutto!, Deutschland braucht ein niedriges, einfaches und gerechtes Steuersystem!, Versprochen – gehalten!“

Damit kann er bestimmt in Europa punkten.

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Zwei Röcke gehen durch Deutschland – Eine kleine Bilanz

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Zwei Röcke gehen durch Deutschland. Den Satz hörte ich gerade von einer Radiopastorin auf NDR 2. Dabei treten beide, Angela Merkel und Margot Käßmann, in der Regel gar nicht in Röcken auf. Im Alltag tut es doch noch immer der Hosenanzug? Aber sie teilen noch mehr. Eine fragwürdige politische Einstellung, die Religion und eine Scheidung. Ist das nicht lustig? Beide haben den Namen ihrer Ex-Männer behalten. Warum nur? Aus Marketinggründen? Zumindest bei Frau Schulze, äh Käßmann, ist das wohl anzunehmen. Ihre Ehe scheiterte im Jahr 2007. Also mitten im beruflichen Aufstieg. Bei Frau Kasner, äh Merkel, liegt der Fall anders. Ihre Ehe ging bereits 1982 baden und erst 1984 lernte sie, nach Wikipedia-Informationen, ihren jetzigen Mann, Joachim Sauer, kennen.

Okay, dessen Name hätte jetzt zwar zu ihrem Gesicht gepasst, aber vielleicht nicht zu einer ambitionierten Karriereplanung. Schließlich mussten ihr mit einem Studienaufenthalt in Moskau und als FDJ-Freundschaftsratsvorsitzende sowie als FDJ-Leitungssekretärin alle sozialistischen Türen offen stehen. Agitation und Propaganda haben ihr zum Beispiel immer sehr viel Spaß gemacht, wie sie selbst 1992 bestätigte. Sie behauptet zwar immer noch, dass sie die ihr vorgelegte Verpflichtungserklärung, als IM für die Stasi tätig zu werden, nie unterzeichnet habe, doch ich persönlich glaube das nicht. Nur zum Verständnis: Hier geht es ja im engeren Sinne um einen Glaubenstext. Also glauben sie doch, was sie wollen. Ich jedenfalls glaube das deshalb nicht, weil ihr engstes Umfeld, also Familie und ihr Lover vor dem Sauer, der auch ihr Arbeitskollege war, nachweislich Stasi-Spitzel gewesen sind.

Doch die Unterlagenbehörde tut sich bei Mitgliedern von CDU und FDP recht schwer für Klarheit und Transparenz zu sorgen. Althaus, Tillich und Merkel sind offenbar Leute, denen man nachweisen könnte, dass sie mit dem DDR-Regime leidenschaftlich zusammengearbeitet haben, doch weil sie in der CDU sind, ist das kein Problem.

„Man kann wirklich sagen, was man will. Die CDU/CSU hat kein Stasiproblem, oder hat sie einfach nur kein Problem mit CDU-Stasileuten?“

Quelle: Duckhome

Warum schreibe ich das? Weil ich heute gesehen habe, wie eine Regierungsmannschaft vereidigt wurde, in der so einige Mitglieder eine Aufarbeitung ihrer zum Teil kriminellen Vergangenheit bitter nötig hätten. Als Dr. Wolfgang Schäuble zum Mikrofon rollte und seinen bereits fünften Amtseid seiner Karriere schwor, wenn ich mich nicht verzählt habe, konnte einem wirklich schlecht werden. Das Thema Spendenaffäre ist ja hinlänglich bekannt. Für alle die das noch nicht wieder richtig auf dem Schirm haben, hier noch einmal zur Auffrischung Volker Pispers mit einem sehr guten Referat. :DD

Wenn sie noch Ekelreserven haben, können sie aus Merkels Gruselkabinett jetzt auch den Franz-Josef „nie wieder Krieg aus meinem Mund“ Jung nehmen, dessen politische Lebensleistung darin besteht, seinem wirklichen Boss, Roland Koch, zu Zeiten der Schwarzen Kassen, den Arsch gerettet zu haben.

Als Chef der Staatskanzlei in Hessen organisierte er die Unterschriftenkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, mit der sein Freund Roland Koch (CDU) zum Ministerpräsidenten des Landes aufstieg. Später dann, als Ende 1999 die schwarzen Kassen des ehemaligen Bundesinnenministers Manfred Kanther entdeckt werden, ist es Jung, der in der CDU-Spendenaffäre um die vermeintlichen jüdischen Vermächtnisse zurücktritt und Koch den Kopf rettet. Hessens Regierungschef zeigte seine Dankbarkeit, indem er seinen treuen Freund 2005 ins Bundeskabinett bugsierte. Angela Merkel konnte dies nicht ablehnen, weil Koch nach ihrem schlechtem Wahlergebnis den Mund hielt.

Quelle: jetzt.de (Süddeutsche)

Na ja und über Dirk Niebel muss man nichts mehr sagen. Über ihn hat heute der ganze Bundestag gelacht, als Norbert Lammert ihn als Minister für „Ab“, äh Entwicklunghilfe und so vorstellte. Ich verstehe gar nicht, warum sich Lammert auch noch darüber beschwert, dass ARD und ZDF lieber Spielfilme und Seifenopern zeigen, als das Geschehen im Bundestag. Wenn man sich künftig diese „Wunschkoalition“ anschauen muss, der es am Ende doch nicht gelang, alle freudetaumelnden Mitglieder bei der Wahl der Bundeskanzlerin mitzunehmen, dann kann man das Fernbleiben der öffentlich rechtlichen Hauptsender nur begrüßen. Auch deshalb, um nicht noch ein blödsinniges Kommentatorenduo ertragen zu müssen, wie heute auf Phoenix.

Da war Christoph Schwennicke vom Spiegel am Co-Mikrofon. Eine wichtige Frage, die ihn unheimlich beschäftigte, war, welchen wirklichen Grund Oskar Lafontaine für sein heutiges Fernbleiben gehabt haben könnte. Der von Petra Pau im Interview vorgebrachte Urlaub, klang für Schwennicke wenig glaubhaft. Nun ja, vielleicht war ihm angesichts der Tagesordnung und den zahlreich vorgeheuchelten Amtseiden mit Gottesformel einfach nur schlecht geworden. Verständlich wäre es jedenfalls. Schwennicke hingegen hatte keine Bauchschmerzen, als er die Merkelsche Nietentruppe beobachten und sprachlich begleiten durfte. Geredet wurde unter anderem über zu Guttenbergs neue Sturmfrisur und Röslers erkennbar ehrliche Freude, die er aber nicht mit Sigmar Gabriel teilte, wie von den beiden Schwachköpfen in der Kommentatorenkabine vermutet, sondern mit Patrick Döring. Dieses markant schelmische Grinsegesicht kennt man wohl außerhalb Hannovers noch nicht.

Gerade eben lese ich noch, dass der neue kriminelle Finanzminister Dr. Wolfgang Schäuble, den ebenfalls als kriminell zu bezeichnenden Steinbrückschen Staatssekretär Jörg Asmussen (SPD) einfach übernimmt. Der darf einfach weitermachen. Die bürgerliche Presse spricht bereits von einer dicken Überraschung. Ich würde das bitter böse Kontinuität nennen. Die gute Vernetzung von Asmussen will auch Schäuble für sich nutzen. Die Interessen der Finanzindustrie bleiben damit gewahrt. Doch was ist mit den Interessen der Bevölkerung? Die können sich nun Trost holen, bei der neuen Heulmutti der Nation von der Evangelischen Kirche Deutschlands. Herzlichen Glückwunsch.

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Die Neue Presse Hannover und der "FDP-Shootingstar"

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Die heutige Ausgabe der Neuen Presse ist wirklich das Allerletzte. Ich habe bereits einen Beitrag dazu geschrieben. Nun führt auf Seite 3 auch noch Heiko Randermann ein Interview mit dem neuen „Shootingstar“ Philipp Rösler. Beim Lesen der Überschrift verspürt man nun kein misstrauischen Ton oder eine gewisse skeptische Haltung zur von Rösler beabsichtigten Gesundheitspolitik.

Philipp Rösler neuer Shootingstar: „Es ist ein Riesenschritt und kam für mich absolut plötzlich“

Irgendwie scheint Herr Randermann, zuständig für die Landespolitik, den Knall noch nicht vernommen zu haben. Man kennt sich halt, hat lange vertrauensvoll zusammengearbeitet und deshalb ist es nur konsequent, den netten Herrn Rösler auch nicht nach der Radfikalreform zu befragen, sondern danach, ob er nun in Hannover bleiben oder lieber nach Berlin ziehen möchte. Schließlich könnte es ja sein, dass der nette Herr Rösler den sicherlich netten Herrn Randermann irgendwann einmal anspricht, weil er die Zusammenarbeit intensivieren möchte. Könnte ja sein. Denn für deutsche Journalisten ist es nicht sonderlich erstrebenswert, bei einem Politiker kritisch nachzufragen, wie das der niederländische Kollege in der Bundespressekonferenz tat, sondern vielleicht einmal einen Vertrag als Pressesprecher oder Redenschreiber zu unterzeichnen.

Toll fand ich auch einen Nebenkasten zum Interview von einem Mitarbeiter der NP mit dem Kürzel „dir“.

Anfangs etwas Bammel

Noch am Freitagvormittag hatte Philipp Rösler in einem Interview erklärt, er gehe definitiv nicht nach Berlin. Eine Stunde später war alles anders. Um 12 Uhr erfuhr der 36-jährige Hannoveraner, dass er Bundesgesundheitsminister wird. „Der schwierigste Job in der neuen Bundesregierung“, sagt Walter Hirche. Rösler hatte seinen Förderer, der ihn 2000 zum Generalsekretär der Niedersachsen-FDP gemacht und ihm 2006 den Landesvorsitz und vor acht Monaten das Amt des Wirtschaftsministers übertragen hatte, um Rat gefragt. Da war es 17 Uhr. Hirche bat um Bedenkzeit und riet ihm zehn Minuten später, die Chance als erster FDP-Bundesminister aus Niedersachsen zu nutzen. Rösler hatte etwas Bammel. Inzwischen, so Hirche gestern, „hat er die Angst überwunden“. Geholfen hat dabei auch eine personelle Unterstützung: Der Gesundheitsexperte der FDP-Bundestagsfraktion, Daniel Bahr (32), wird sein Staatssekretär. Gespräche der beiden Liberalen könnten schwarz geprägt sein: Beide haben eine Schwäche für Lakritz.

Ist das nicht nett. Bammel, Wortbruch, Lakritz und der „Gesundheitsexperte“ Daniel Bahr, der doch nicht deshalb einer ist, weil er im Beirat der ERGO Versicherungsgruppe und des privaten Versorungsunternehmen DUK.e.V. sitzt? Ich würde jedenfalls nicht widersprechen, wenn man solch einen „Experten“ schlicht als verlängerten Lobbyistenclown bezeichnen würde. Aber egal, der Jugendwahn scheint ausgebrochen. Und mit ihm der Versuch, scheinbare Sympathieträger zu erfinden, unter derem künstlichen Glanz jeder noch so bekloppte politische Scheiß Platz finden soll. Freiherr zu Guttenberg wird künftig den Krieg und die Taliban einfach weggrinsen und einem Philipp Rösler werden wir eine grausame Gesundheitsreform abkaufen, weil uns seine persönliche Lebensgeschichte fast zu Tränen rührt. Und dank Heiko Randermann von der Neuen Presse Hannover wissen wir jetzt auch, dass er seine Frau Wiebke beim Abendessen in zweiter Verhandlungsrunde noch überzeugen musste.

Zu Röslers eigentlicher Aufgabe fragt Randerman nix. Er darf aber auf die Frage nach dem Gefühl, wenn er unter den zu erwartenden Lobbydruck gerät, antworten, dass „wir“ für 80 Millionen Menschen ein vernünftiges und robustes Gesundheitssystem auf den Weg bringen müssen. Worin die Vernunft und die Robustheit nun konkret besteht, will weder Randermann wissen, noch Rösler wahrscheinlich bekannt geben. Gut zu wissen, dass es da aber noch andere Journalisten gibt, die ihren Beruf noch ernst nehmen und sich fern ab von der Personalie Rösler Gedanken darüber machen, was uns mit dem Kopfprämienmodell Schlimmes blühen könnte.

Hörfunkkorrespondent Peter Mücke vom NDR hat dazu einen, wie ich finde, sehr guten Kommentar verfasst, den sie auf tagesschau.de nachlesen können. Kurz, knapp und auf den Punkt. Man hätte natürlich noch deutlicher die von Zensursula von der Leyen getätigte unsinnige Behauptung widerlegen können, dass ein Solidarausgleich übers Steuersystem sozial gerecht sei. Und zwar über die Zusammensetzung des Steueraufkommens insgesamt und die Tatsache, dass der Staat seine Einnahmen immer mehr aus den für alle Einkommensgruppen gleich hohen indirekten Steuern bezieht, denn aus direkten Steuern, die zudem, wie Peter Mücke richtig schreibt, auch noch gesenkt werden sollen und zwar bei den Besserverdienenden sehr viel deutlicher als bei den unteren Einkommensgruppen.

Weitere kritische Kommentare zur gesundheitspolitischen „Wählertäuschung“ aus deutschen Tageszeitungen finden sie zusammengefasst hier.

http://www.netzeitung.de/presseschauen/1500459.html

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Der große Medienschwachsinn geht weiter

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Einmal für eine Wahlkampagne entschieden, muss man sie auch durchhalten. So oder so ähnlich könnte das Motto der Neuen Presse Hannover lauten. Am Samstag kommentierte der Vizechef Bodo Krüger bereits den Start der neuen Bundesregierung mit den schwachsinnigen Worten:

„Vom erwarteten Kälteschock keine Spur, stattdessen wärmen die schwarz-gelben Koalitionäre das Wahlvolk mit Wohltaten. Mehr Geld für Familien, Erleichterungen für Hartz-IV-Empfänger, Steuersenkungen und gute Nachrichten für alle.“

Und damit sich diese verlogene wie gelogene Botschaft auch in den Hirnen der Leser manifestiert, schreibt es heute ein anderer Redakteur in seinem Kommentar auf Seite 1 glatt noch einmal. Christian Lomoth ist der Übeltäter.

„Schwarz-Gelb wirbt um Vertrauen. Die Koalition will die Menschen erreichen, sie optimistisch stimmen in diesen harten Zeiten. Und verteilt großzügig Geschenke. Mehr Geld für Familien und für Hartz-IV-Bezieher, Steuersenkungen für alle, und für die Bildung wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Das hört sich alles sehr gut an und soll die schlechteren Nachrichten (Erhöhung der Pflegeversicherungs- und Krankenversicherungsbeiträge) aus den Köpfen verdrängen.“

Aus den angeblichen Erleichterungen für Hartz-IV-Empfänger beim NP-Vizechef ist beim Vizeverantwortlichen für Nachrichten und Politik Christian Lomoth schon mehr Geld für Hartz-IV-Bezieher geworden. Dümmer und dreister gelogen geht es ja wohl nicht mehr. Aber im Verlauf seines Kommentars entpuppt sich Christian Lomoth als richtige Wirtschaftsleuchte.

„Derzeit scheinen Merkel, Westerwelle und Seehofer voll und ganz darauf zu hoffen, dass durch größeres Wachstum wieder mehr Steuereinnahmen fließen. Ob das aber so sein wird, das weiß niemand. Es fehlt entweder die Kraft oder vielleicht auch die Fantasie, konkret zu werden.“

Wie soll man das bitteschön verstehen? Das Prinzip Hoffnug als anerkannte Wirtschaftspolitik? Wenn jemand auf Wachstum hofft, und ja, es ist richtig beobachtet, dass Merkel und Co darauf nur hoffen, kann man doch nie und nimmer auch nur in Erwägung ziehen, dass wirtschaftliches Wachstum vielleicht tatsächlich eintreten könnte. Unter der Annahme von Hoffnung als politisches Prinzip, ist es schlichtweg falsch zu behaupten, man könne vorher nicht wissen, was dann passieren wird. Diese Haltung zeugt von großer Dummheit. Aber das ist mal wieder typisch. Christian Lomoth hat sich mit dem Koalitionsvertrag wahrscheinlich gar nicht selbst auseinandergesetzt, sondern aus Agenturmeldungen, dem PR-Müll, den das Berliner Büro Slangen & Herholz anliefern und dem, was sein Chef am Samstag zusammengezimmert hat, einen neuen Text geformt.

Hätte er sich den Koalitionsvertrag angeschaut, wäre ihm sicherlich aufgefallen, dass die Schwarz-Gelben beabsichtigen, keinerlei konjunkturelle Maßnahmen mehr zu ergreifen, sondern ankündigen, mit dem Ausstieg aus einer angeblich expansiven Wirtschaftspolitik bald zu beginnen. Das steht übrigens auf Seite eins des Koalitionsvertrages unter der Überschrift Wachstum und Aufschwung (siehe unter anderem hier).

Wir werden drittens in der schwierigen Phase, in der der Arbeitsmarkt, die Unternehmen und die Banken noch die unmittelbaren Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise zu verkraften haben, Beschäftigung sichern und den Unternehmen Hilfe bei der Finanzierung insbesondere ihrer Investitionen bereit stellen. Zwar erforderte die Weltwirtschaftskrise eine vorübergehend stärkere Rolle des Staates. Aber CDU, CSU und FDP sind sich einig: Die Beteiligung des Staates an Wirtschaftsunternehmen und Finanzinstituten ist so eng wie möglich zeitlich zu begrenzen. Dazu werden wir jetzt mit einer Ausstiegs-Strategie beginnen.

Allein in diesem Absatz erkennt man die klar wirtschaftsliberale Ausrichtung der neuen Koalition, die sich ausschließlich einzelnen Interessen verpflichtet fühlt und nicht dem Wohl des gesamten Volkes, dessen Steuergeld zur Rettung von Banken und Wirtschaft gern genommen wurde, ohne sich eine nennenswerte Gegenleistung zu sichern. Christian Lomoth gibt nun vor, diesen einseitigen und volkswirtschaftlich schädlichen Kurs nicht zu sehen. Er schreibt fast schon mitleidserregend:

„Eine grundsätzliche Neuausrichtung ist nicht zu erkennen, dafür verbergen sich im Koalitionsvertrag erneut viele Kompromisse und neue Schulden. Das erinnert schmerzlich an Schwarz-Rot. Und man ahnt, dass noch etliche Nachtsitzungen nötig sind, um die Konflikte auf den Dauerbaustellen der Finanz- und Gesundheitspolitik zu lösen. Nein: Dieser Koalitionsentwurf ist nicht der große Wurf. Es fehlt vor allem der Mut zur Wahrheit.“

Mut zur Wahrheit. So lautete auch der Titel eines Buches von Utz Claassen, in dem er sich beklagt, dass die Deutschen über ihre Verhältnisse leben würden. Sich selbst hat er natürlich nicht gemeint, obwohl er erst kürzlich einen Vergleich mit seinem Ex-Arbeitgeber EnBW erzielte und sich mit 2,5 Millionen Euro Übergangsgeld zufrieden gab. Sieben Millionen hätten ihm laut Vertrag bis zur Altersgrenze zugestanden, auf den er medienwirksam pochte. Nach der Übergangszeit im Jahr 2026, da ist Claassen übrigens 63 Jahre alt, kassiert er weiterhin 400.000 Euro Rente pro Jahr von EnBW, obwohl er nur fünf Jahre beschäftigt war und 12 Millionen Euro Gehalt bekam. Inzwischen arbeitet Claassen für die Heuschrecke Cerberus, weshalb es überhaupt zu Streitigkeiten wegen des Übergangsgelds kam.

Nun ja, in diesem im Jahr 2007 erschienen Buch, auf das Lomoth bewusst oder unbewusst verweist, steht Ähnliches geschrieben, wie Lomoth kurz umreißt. Das Wort Dauerbaustelle ist so eine Floskel. Bei Claassen heißt es schwarzmalerisch:

„Wenn wir unserer strukturellen, sich schon seit vielen Jahren schleichend aufbauenden Krise nicht endlich klar und mutig entgegenwirken, werden wir vielleicht in 30 Jahren in unserem Land keinen einzigen international wettbewerbsfähigen industriellen Arbeitsplatz mehr haben.“

Vor so einem schwachsinnigen Gesülze knien dann Horden von Mediendeppen nieder und übernehmen einfach die geistlosen Formulierungen, ohne je einen kritischen Gedanken selbst zu Papier bringen zu wollen, um vielleicht einmal für ihre Leser Licht in das scheinbare Dunkel zu tragen, mit dem uns die Schwarz-Gelbe Koalition umhüllen und irreleiten will.

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Schäuble präsentiert sein perverses Weltbild auch bei Anne Will

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Eben bei Anne Will gesehen:

Der designierte Finanzminister Dr. Wolfgang Schäuble spricht über die Hartz-IV-Regelsätze für Kinder. Er sagt, dass es natürlich klar sei, die Regelsätze zu überprüfen, so bald das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht abgeschlossen sei. Auf den Vorwurf, warum man das nicht schon jetzt tue, sagt Schäuble:

„Stellen sie sich doch mal vor, die Bundesregierung würde jetzt eine Prüfungskommission einsetzen, wo gerade die Anhörung vor dem Bundesverfassungsgericht stattgefunden hat. Da würde sich die Bundesregierung ja der Lächerlichkeit preisgeben.“

Mit anderen Worten: Nach Dr. Schäuble ist die Tatsache zwar schlimm, dass Kinder in Deutschland auch weiterhin in Armut leben müssen. Aber viel schlimmer wäre es, wenn die neue Bundesregierung bereits zu Beginn ihrer Amtszeit blöd dastünde.

Dieses perverse Weltbild des Dr. Schäuble erinnert doch wieder sehr an das, was er einst über den Irak-Krieg sagte. Und deshalb noch einmal Volker Pispers mit seiner klaren Analyse.

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Nachtrag zur Eignung Schäubles als Finanzminister

Geschrieben von:

Gerade eben auf Youtube gefunden. Die Auslandspresse (Rob Savelberg, Journalist der niederländischen Tageszeitung „De Telegraaf“) fragt Merkel nach der Personalie Schäuble, in deutscher Sprache wohlgemerkt, und danach, wie Merkel jemanden vertrauen kann, der Schwarzgeld von einem Waffenhändler in der Schublade einfach vergessen hat. Es ist unglaublich, wie Merkel darauf reagiert. Deutsche Medienvertreter hätten so etwas nicht gefragt.

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Die Reaktion der Neuen Presse Hannover auf den Koalitionsvertrag

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Dass Philipp Rösler Gesundheitsminister wird, ist für die Neue Presse Hannover ein Grund zum Feiern. Ein weiterer Niedersachse in der Bundesregierung. Vizechef Bodo Krüger kommentiert auf Seite eins am Samstag und spricht bei der Personalie Rösler vom zu Guttenberg der Liberalen.

„Philipp Rösler, der junge Hoffnungsträger aus Hannover, soll Gesundheitsminister werden. Ein deutliches Signal der FDP, dass sich Leistung wirklich wieder lohnen soll, und zugleich ein Zeichen, dass es ein Weiter-so in der Gesundheitspolitik nicht geben wird. Philipp Rösler ist so etwas wie der zu Guttenberg der Liberalen. Klug, unverbraucht und beliebt.“

Allein diese Einschätzung wäre schon eine Beschwerde wert, weil der Autor gar nicht die Qualifikation Röslers bemisst, sondern mit dem zu Guttenberg-Vergleich sagen will, dass er sich aufgrund seiner Aura, wie auch immer sie entstanden sein mag, für jedes Amt empfehle. Man hat ohnehin ein wenig das Gefühl, als würden in Berlin die Posten ausgewürfelt. Zu Guttenberg durfte sogar zwischen zwei Ressorts wählen. Geht’s noch? Nach fachlichen Qualifikationen fragt in diesem Zusammenhang wohl keiner?

Im Gegenteil, am Schluss kommen noch als Journalisten getarnte PR-Mitarbeiter wie Krüger, schreiben alles schön und faseln von Leistungen, die sich bei den Personalentscheidungen nun niederschlagen würden. Dabei fällt zum Beispiel völlig unter den Tisch, was ein schmieriger Typ wie Rösler in Interviews der jüngeren Geschichte so von sich gab. Mit seiner Entscheidung für Berlin begeht der „kluge“ Rösler nämlich einen astreinen Wortbruch. Am 17. Februar diesen Jahres antwortete er in der Süddeutschen Zeitung auf die Frage, ob er sich denn nicht bald in Berlin sähe, klipp und klar mit nein (siehe Süddeutsche Zeitung).

SZ: Da sind Sie längst in Berlin, wo die großen Aufgaben locken.
Rösler: Nein, ich habe ja auch gesagt, dass ich nie nach Berlin gehe.

SZ: Weil die Politik den Menschen zu sehr verändert?
Rösler: Mein Vater sagt immer: Gute Schauspieler und Politiker haben eins gemeinsam. Sie gehen, wenn noch jemand klatscht. Es ist bedrückend, dass Politiker mit einer großen Lebensleistung, wie Helmut Kohl oder Heide Simonis, den richtigen Absprung verpasst haben. Man muss irgendwann was anderes machen.

SZ: Warum wollen Sie Berlin meiden?
Rösler: Weil ich das misstrauische Klima dort nicht für gesund halte. Wenn ich hier meine zwei Stellvertreter zusammen Kaffee trinken sehe, denke ich: Das sind nette Kerle – und setze mich dazu. In Berlin muss ich mich fragen, ob die gerade überlegen, wer von beiden mich ablöst.

SZ: Sie sind aber doch regelmäßig beim FDP-Präsidium in Berlin.
Rösler: Das ist in Ordnung. Aber hier in Hannover ist meine Welt, alles sehr familiär. Niemand würde sagen, da kommt der Herr Doktor Rösler, unser Vorsitzender. Ich bin der Philipp.

SZ: Wer passt jetzt auf, dass Sie nicht werden, wie Sie nie werden wollen?
Rösler: Meine Mitarbeiter. Das sagt zwar jeder Chef, aber wir sind hier ein sehr junges Team. Außerdem mein Vater. Und natürlich meine Frau. Die sagt, wenn ich nach Hause komme, schon mal: Jetzt ist erst mal gut, kümmere dich mal um deine Kinder, danach kannst du von deinen Heldentaten berichten.

Wäre Rösler jetzt Oskar Lafontaine, hätte NP-Vizechef Bodo Krüger aber sofort den Wortbruch parat gehabt und behauptet, der Mann sei verrückt, unberrechenbar und ein tricksender Demagoge. Aber da gibt es noch eine andere Sache. Der Wechsel kommt wohl zur rechten Zeit. Denn beim Cabriospezialisten Karmann in Osnabrück steht eine Pleite unmittelbar bevor. Im Ergebnis hätte der niedersächsische Wirtschaftsminister Rösler ziemlich blöd dagestanden. Der „kluge“ Rösler sagte nämlich am Tag der Karmann-Insolvenz am 8. April 2009 laut Nachrichtenagentur ddp Folgendes:

„Das Land steht mit seinen Instrumenten der Wirtschaftsförderung bereit. Eine Insolvenz muss jetzt für die geordnete Fortführung der überlebensfähigen Teile des Unternehmens genutzt werden.“

Das klang souverän und vielversprechend, genau wie beim zu Guttenberg. Wahrscheinlich nutzen die beiden auch denselben PR-Berater.

Aber all das interessiert unserern Vizechef der Neuen Presse Hannover scheinbar nicht. Er schreibt völlig realitätsfern von „Richtigen Signalen“.

„Vom erwarteten Kälteschock keine Spur, stattdessen wärmen die schwarz-gelben Koalitionäre das Wahlvolk mit Wohltaten. Mehr Geld für Familien, Erleichterungen für Hartz-IV-Empfänger, Steuersenkungen und gute Nachrichten für alle. Selbst jetzt, da der Koalitionsvertrag ausgehandelt ist, lässt sich kaum erkennen, dass die nächste Regierung eigentlich eine schwere Finanzkrise bewältigen muss.“

Für wie dumm hält Herr Krüger eigentlich seine Leser? Besser hätte das ein offiziell für die neue Regierung tätiger PR-Berater nämlich auch nicht hinschreiben können. Gerade bei der Behauptung, dass Familien mehr Geld zu erwarten hätten, lässt sich die Manipulationsabsicht klar erkennen. Denn mit einer deutlichen Anhebung des Grundfreibetrags und einer moderaten Erhöhung des Kindergeldes werden Kinder von besserverdienenden Eltern deutlich stärker gefördert als andere Kinder. Auf die politisch gewollte Ungleichbehandlung habe ich bereits an anderer Stelle im Blog hingewiesen (siehe hier).

Was bedeutet denn die Erhöhung des Kinderfreibetrags von von 6024 auf 8004 Euro, die mit drei Milliarden Euro zu Buche schlagen wird, da bereits fest vereinbart? Von dieser Maßnahme profitieren rund ein Fünftel der Familien, die über ein entsprechend hohes Haushaltseinkommen verfügen.

Also drei Milliarden fix für ein Fünftel!

Die Erhöhung des Kindergeldes, die laut den Koalitionären, abhängig von der Haushaltslage des Bundes, die Herr Solms von der FDP übrigens „überraschend“ als entsetzlich beschrieb, höchstens sieben Milliarden Euro kosten soll, beträfe aber die restlichen vier Fünftel der Familien, die nicht über ein für den Kinderfreibetrag relevantes hohes Einkommen verfügen.

Also unsichere sieben Milliarden für vier Fünftel!

Ist das gerecht? Sozial? Sozial gerecht? Nach Dreisatzrechnung müsste die Entlastung für Normal- und Geringverdiener mindestens 12 Milliarden Euro betragen und nicht maximal sieben.

Die Erleichterungen für Hartz-IV-Empfänger sind auch keine. Ein höheres Schonvermögen nutzt den Wenigsten. Viele Betroffene verfügen schlicht über kein Vermögen. Zudem wurde bekannt, dass die verfassungswidrige Mischverwaltung in den JobCentern einfach beendet werden soll und künftig die kommunale Verwaltung für Leistungen zur Unterkunft und die Arbeitsagenturen für die Leistungen zum Lebensunterhalt zuständig sein sollen. All das ignoriert Bodo Krüger, um seinen Lesern am Schluss die Wahnsinnsentscheidung Schäuble als künftigen Finanzminister teuer wie möglich zu verkaufen. Diese Lobhudelei ist nicht zum Aushalten.

„Merkels größter Coup: Wolfgang Schäuble bekommt das Finanzministerium. Dieser erfahrene und selbstbewusste Minister im Zentrum der Macht – vielleicht ist das der wichtigste Hinweis darauf, was Deutschland von Schwarz-Gelb in Zukunft wirklich zu erwarten hat.

Denn irgendwann wird die „Wir-haben-im-Wahlkampf-nicht-gelogen-Strategie“ nicht mehr durchzuhalten sein. Irgendwann werden sich die Wohltäter mit der Wirklichkeit befassen müssen, und dann braucht es einen, der dem Wähler die Zumutungen erklärt. Einen, der dafür sorgt, dass der Schuldenberg nicht in den Himmel wächst, und den Menschen begreiflich macht, dass der Staat nicht mehr ausgeben kann, als er hat. Es braucht einen, der seinen Kabinettskollegen entschlossen die Stirn bietet. Und einen, der für die Banken nicht nur Schutzschirme aufspannt, sondern den nadelgestreiften Herren in den gläsernen Türmen auch klar macht, dass Gier keine Tugend ist. Schäuble könnte der Richtige dafür sein.

Denn was auch immer man vom bisherigen Innenminister halten mag: Er ist ein Mann, den die Politik bereits in viele Ämter und auch in existenzielle Grenzbereiche geführt hat. Ein Mann, der keine Kompromisse mehr eingehen und nichts mehr versprechen muss, weil die nächste Wahl bevorsteht. Schäuble ist einer für die Überraschungen.“

Oder einer aus dem Gruselkabinett. Ausgerechnet einem Herrn Schäuble zu bescheinigen, dass er den Banken die Stirn bieten könne und klar machen würde, dass Gier keine Tugend sei, kann wirklich nur ein schlecht gemeinter Scherz vom Vizechef der Neuen Presse Hannover sein. Hat Bodo Krüger völlig vergessen, welche Rolle Dr. Wolfgang Schäuble im CDU-Spendenskandal gespielt hat? Wer hat 100.000 Mark in bar vom Waffenlobbyisten Schreiber angenommen? Ob gierig oder nicht, spielt dabei ja keine Rolle.

Also manchmal frage ich mich, wer schlimmer ist. Unsere Regierung oder die Medien. Bodo Krüger sollte jedenfalls seinen Posten räumen und als PR-Berater auch offiziell tätig werden. Dass er sich als Journalist bezeichnen darf und als Vizechef einer Zeitung lange Schwachsinnskommentare schreibt, geht über die Grenze des Erträglichen weit hinaus. Aber Krüger scheint seinen ganz persönlichen existenziellen Grenzbereich weiter ungehindert ausloten zu können. Pfui Teufel.

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