Bankentribunal – "Das Volk muss selbst Anklage erheben!"

Geschrieben von:

Wolfgang Lieb von den NachDenkSeiten eröffnete das Attac-Bankentribunal. Hier der Audio-Mitschnitt seiner Rede:

Quelle: NachDenkSeiten
Quelle: Youtube (siehe unten)

Ganze Staaten seien in die Fänge einer skrupellosen Finanzwirtschaft geraten, die, der Logik der Mafia folgend, ihren wahren Charakter verberge. Das Bankentribunal sei unersetzlich, weil es der bisher erste und gemeinsame Versuch sei, der Moral und der Gerechtigkeit, auch in der Öffentlichkeit wieder zum Durchbruch zu verhelfen. Den Begriff Moral hätte ich jetzt weggelassen, da er bereits negativ durch den Bundespräsidenten besetzt wurde. Der Bundeshorst sieht ja die Gründe der Finanzkrise in persönlichen Verfehlungen von einzelnen, gierigen Menschen, deren moralische Instanzen versagt hätten. So ist das freilig nicht, wenn ich mir die Logik mafiöser Strukturen vor Augen führe.

Es gehe schließlich um Betrug, Hehlerei und Erpressung, der quasi die Außerkraftsetzung parlamentarischer und damit demokratischer Kontrolle folgte.

„Dem Betrug und der Hehlerei folgte die Erpressung.
Wie etwa im Protokoll der zum Drama hochgespielten Nachtsitzung anlässlich der Rettung der Hypo Real Estate nachzulesen ist, drohte der Deutsche Bank-Chef Ackermann mit dem „Tod des deutschen Bankensystems“ als er und die versammelten Top-Banker der Kanzlerin und dem Finanzminister über Telefon die erste Rate von 8,5 Milliarden Staatsgelder abpresste. Dass das nur die erste Abschlagszahlung war, das wussten die versammelten Banker mit ziemlicher Sicherheit schon an diesem Abend.

Sich durch Androhung eines empfindlichen Übels zu Lasten eines anderen zu bereichern, das erfüllt den Tatbestand der Erpressung.

Das Parlament hat sich bei diesen epochalen Entscheidungen selbst entmachtet und bis heute ist der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung – SoFFin – einer echten demokratischen Kontrolle entzogen. Über eine halbe Billion an Steuergeldern – das ist mehr als das Anderthalbfache des Bundeshaushalts und mehr als ein Fünftel der Jahresleistung unserer gesamten Volkswirtschaft – wird quasi ohne öffentliche Kontrolle von einem Netz von Verursachern der Krise verfügt.“

Man kann das Finanzmarktstabilisierungsgesetz vom Herbst 2008, ein Eilgesetz, welches binnen einer Woche von Bundestag und Bundesrat versabschiedet und vom Bundespräsidenten unterzeichnet wurde, auch als das bezeichnen, was es ist. Ein Ermächtigungsgesetz! Man muss sich das mal vorstellen. Dieses Gesetz, das die Schaffung des SoFFin beinhaltet, ist ganz offenkundig verfassungswidrig, weil es das Haushaltsrecht des Parlaments defacto außer Kraft setzt und die Kontrolle über eine unvorstellbare Summe in die Hände des Bundesfinanzministers übertrug, sowie einer im geheimen tagenden Gruppe von Parlamentariern, die den Anschein von öffentlicher Kontrolle wahren sollen, aber selbst unter Strafandrohung öffentlich kein Wort über das verlieren dürfen, was hinter verschlossenen Türen besprochen wird, geschweige denn, etwas ablehnen oder beschließen dürfen.

Dabei wäre eine echte parlamentarische Kontrolle die Grundvoraussetzung, um überhaupt gewährleisten zu können, dass öffentliche Hilfen nicht wieder missbraucht und zurück in den Zockereikreislauf mafiös organisierter Banken geleitet würden. Denn…

„Von den Bankern Aufklärung oder gar Abhilfe zu erwarten, hieße die Frösche zu befragen, ob der Sumpf trocken gelegt werden darf.

Das rafinierteste Gauklerstück war die Erfindung des Begriffs „systemrelevant“. Banken, die „systemzerstörend“ handelten, wurden für „systemrelevant“ erklärt. Unter dem Tarnwort „systemisches Risiko“ organisierte der Staat eigentlich strafbare Insolvenzverschleppungen zahlreicher Banken.
Kaum jemand wagt es zu sagen, dass dem „systemischen Risiko“ eine „systemische politische Korruption“ vorausging.
Bis heute hält die Regierung die Namen der Gläubiger geheim, die auf Staatskosten bedient wurden. Die Bürger müssen bluten, aber für wen, das sollen sie nicht wissen.“

Damit schließt sich auch der Kreis bei der juristischen Verfolgung von Verbrechen, die durch Banker, Berater, Politiker im Auftrag des Kapitals begangen wurden. Die Justiz sei machtlos angesichts der finanziellen Größe der Beklagten. Sie können sich das Recht buchtäblich kaufen und kontrollieren zudem die veröffentlichte Meinung. Denn während die staatlichen Verfolgungsbehörden systematisch ausgeblutet werden, da spielt die Politik ihre Rolle nahezu perfekt, siehe z.B. die hessische Steueraffäre oder den Fall Zumwinkel, kann sich die Kapitalseite zurücklehnen und darauf vertrauen, wenn überhaupt, mit einem milden Urteil bestraft zu werden, da man an der Aufklärung seiner eigenen Verbrechen gönnerhaft mitwirkt, und damit den überforderten Verfolgungsbehörden die Lösung der komplizierten Fälle erst ermöglicht.

„Gegen Systemkriminalität gibt es offenbar kein Sanktionsrepertoire. Die unerhöhte Höhe der Schäden, übersteigt die Kraft einzelner Menschen zur Kompensation.
Dem „Too big to fail“ folgt das „too big for justice“.

Es gibt also keine Gleichheit mehr vor dem Gesetz, sondern vielmehr eine mit Geld konstruierte Scheinwirklichkeit, die dabei behilflich ist, schuldhaftes Verhalten zu verschleiern oder begründeten Zweifel an der Schuld zu säen. Es sei die gekaufte wissenschaftliche Expertise, die nicht nur der Politik als Begründung für falsche Entscheidungen dient, sondern auch die Rechtssprechung nachhaltig beeinflusst.

„In seinem unbelehrbaren Dogmatismus hat der Mainstream der Wirtschaftswissenschaft nicht nur die Prinzipien der Wissenschaftlichkeit verraten, viele sog. „unabhängige“ Experten hängen sogar unmittelbar am Brotkorb der Finanzwirtschaft und ihrer PR-Agenturen.

Für sie gilt nach wie vor: Umso schlimmer für die Praxis, wenn sie unserer Theorie nicht entspricht.“

Und die Medien versagen auf ganzer Linie. Auch wenn man ihnen nicht unterstellen will, dass sie absichtlich manipulieren, absichtlich Kampagnen fahren, um die Gehirne der Menschen zu waschen, dann doch aber Dummheit bei der Betrachtung und Bewertung der Vorgänge, die nicht zuletzt zum selben Ergebnis führen. Denn was der Leser oder Zuschauer nicht durch diejenigen erfährt, die originär für die Vermittlung von Nachrichten und Politik verantwortlich sind, sie sich ihrem Selbstbild entsprechend, als vierte (Kontroll-)Gewalt im Staat verstehen, dann bedarf es mühsamer Eigenarbeit, um sich die entstandenen Defizite selbst anzueignen. Die Wenigsten werden das aus sicherlich nachvollziehbaren Gründen tun und sich dem transportierten Meinungsbild schlichtweg ausliefern oder ohnmächtig ergeben, wie Wolfgang Lieb es sagt. Deshalb ist die Schaffung einer Gegenöffentlichkeit so wichtig. Es muss nämlich einfach sein, sich umfassend zu informieren! Das wird in der Gehirnwäschediskussion immer wieder vergessen. Eine arbeitsteilige Welt erfordert auch Arbeitsteilung. Nicht jeder kann alles. Deshalb ist Manipulation auch so leicht möglich, wenn die Medien ihren Job nicht richtig erledigen. Bei uns Deutschen sowieso, aber das hat zudem spezifisch gesellschaftliche Gründe.

Dieses Bankentribunal soll ein Beitrag zur Aufklärung sein. Ein Beitrag, der daran erinnert, dass das Volk eine Stimme hat und nicht bloß Untertan einer Elite ist, die bestimmt, wo es lang geht.

Leider erheben weder die Volksvertretungen, noch Gerichte im Namen des Volkes Anklage. Offenbar muss das Volk selbst Anklage erheben. Und welcher Ort wäre dazu passender als eine „Volks“bühne.

Wir fühlen uns aufgefordert und ermächtigt anzuklagen durch unser Grundgesetz. Dort heißt es im Artikel 20: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.““

Ergänzend zu Artikel 20, Abs. 2 sollte man auch den Abs. 4 zitieren:

Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

;)

Audio-Mitschnitt:


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Kontraste: Die PKW-Maut wird kommen

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Am 29. Januar 2010 schrieb ich anlässlich des Verkehrsgerichtstages in Goslar Folgendes hier im Blog:

In Goslar tagen mal wieder die Verkehrsexperten und beraten darüber, wie sie das Leben der Autofahrer mit neuen Regelungen bereichern könnten. Dabei wird auch über eine Reform des im Volksmund bekannten „Idiotentests“ gesprochen. Die Einzelheiten dazu erspare ich ihnen. Ich steige nur deshalb mit dieser Meldung ein, weil sie in den Nachrichten rauf und runter läuft, ohne dass einem mal klar gemacht werden würde, warum das Thema nun so wichtig sein soll. Bis dann natürlich der Groschen fällt. In Goslar redet man ja nicht nur über den Idiotentest, sondern auch über Dinge, die das Volk gar nicht so direkt mitbekommen soll. Zum Beispiel die Diskussion über die Pkw-Maut, die der Präsident des Verkehrsgerichtstages, Kay Nehm, für unumgänglich hält.

Mit anderen Worten, der Verkehrsgerichtstag soll schon einmal Vorarbeit leisten, wenn es nach der NRW-Wahl zur Klärung der Frage kommen wird, wie die Bundesregierung ihr Wachstumsbeschleunigungsgesetz gegenfinanzieren will. Schließlich wird man zu diesem Zeitpunkt völlig überraschend feststellen, dass die erhofften Steuermehreinnahmen noch ein bissel auf sich warten lassen und die Tiefe des Haushaltslochs aus unerfindlichen Gründen nicht mehr bestimmbar sei. Dann wird neben vielen anderen Fachministern auch Peter Ramsauer (Verkehrsminister) vor die Kameras treten und ein neues verkehrspolitisches Zukunftsprogramm verkünden, in dem die Pkw-Maut als Beitrag zur Wahrung der hiesigen Infrastruktur vorgestellt wird. Da möchte der Ramsauer dann bestimmt von den Ösis lernen, die beim Hypo Alpe Adria Deal ja gezeigt haben, wie gut sie (auf Kosten anderer) wirtschaften können.

Rund 10 Milliarden Euro wären da für den Fiskus drin. So ein verheißungsvolles Geschäft können sich unsere Wachstumsbeschleuniger natürlich nicht entgehen lassen. Schließlich soll das ganze Geld zweckgebunden in den Straßenbau fließen, um Vorwürfen gleich entgegen zu treten, die Bundesregierung würde die zusätzlichen Einnahmen in das tiefe Haushaltsloch verfüllen. Man fragt sich nur verdutzt, was eigentlich mit den über 50 Mrd. Euro geschieht, die bereits jetzt durch Kfz-Steuer, Mineralölsteuer und Lkw-Maut eingenommen werden. Aus diesen Mitteln fließen schließlich nur rund ein Drittel zurück in den Straßenbau. Natürlich ist es denkbar, dass die „zweckgebundenen“ Maut-Einnahmen in voller Höhe in den Straßenbau fließen. Dabei ist es aber sehr wahrscheinlich, dass Bund, Länder und Kommunen im Gegenzug die Mittel aus den anderen Steuereinnahmen zurückfahren werden.

Beim Verkehrsgerichtstag war die Geschichte mit der PKW-Maut noch nebensächlich. Kaum jemand berichtete darüber. Sind halt alles Idioten. ;) Gestern gab es nun endlich einen Bericht in der Sendung Kontraste zum Thema PKW-Maut. In der Anmoderation heißt es deutlich:

„Die Maut, die sich nicht traut. NOCH traut sie sich nicht – aber: Sie können sich drauf einstellen: sie wird kommen, vermutlich schon sehr bald.“

Die Argumente für eine Maut sind natürlich verlogen. In meinem Januar-Text oben habe ich bereits geschrieben, dass der Straßenbau keine Mehreinnahmen braucht, da ihm aus den speziellen Steuerabgaben wie Kfz-Steuer, Mineralölsteuer und Lkw-Maut theoretisch genügend Steuergelder zufließen müssten. Warum geschieht das aber offenkundig nicht, müsste die Frage lauten? Es geht dabei immerhin um 50 Mrd. Euro jedes Jahr, von denen nur ein Drittel tatsächlich beim Straßenbau landet. Was würde denn mit den zusätzlichen Einnahmen in Höhe von 10 Mrd. Euro aus einer PKW-Maut haushaltspolitisch passieren? Fließt das Geld wirklich in den Straßenbau oder doch eher in jene Haushaltslöcher, die Bankenrettung und Hotelgeschenke im Rahmen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes hervorgerufen haben?

Wenn sie also demnächst 120 Euro im Jahr für eine Vignette zahlen müssen, um über kaputte und verstopfte Fernstraßen zu schleichen, dann sollten sie mindestens kostenlose Hotelübernachtungen beim Bundesfinanzminister einklagen und Herrn Westerwelle als Kronzeugen benennen. Ihr Kreuzverhör beginnen sie dann bitte mit den Worten, mehr Netto vom Brutto für den immer teurer werdenden Gebührenstaat. Doch nun zum Video.

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Bild gibt den Takt vor und die Kanzlerin tanzt danach

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Es ist Krieg und Menschen sterben. Die Frage müsste eigentlich lauten, warum und für was zum Beispiel deutsche Soldaten ihr Leben riskieren und verlieren. Doch das bewegt die Meinungsführer in diesem Land nicht so sehr wie die Frage, ob die deutsche Regierungschefin an der Trauerfeier für die zuletzt gefallenen Kameraden teilnimmt oder nicht. Ursprünglich wollte Kanzlerin Merkel die delikate Angelegenheit wie immer unauffällig aussitzen. Schließlich hatte Kronprinz Gutti sein Kommen bereits angekündigt.

Doch heute rief Springers Sturmgeschütz Bild laut nach der Kanzlerin und sogar dem Bundespräsidenten. Und Merkel reagiert prompt und kündigt ebenfalls ihr Kommen zur Trauerfeier an. Ich erinnere noch einmal an Georg Schramm in Neues aus der Anstalt – Folge 28 (siehe hier im Blog):

„Ein Handstreich von Friede Springer würde reichen, und ihre Tintenknechte schreiben die Kanzlerin vom Thron herunter und werfen sie ihrer eigenen Partei zum Fraß vor.

Die wahrhaft Mächtigen, das ist gewiss, haben die Gunst des Volkes längst verloren. Deswegen ist diese Frau so wertvoll für sie. So lang die Frau die Gunst des Volkes hat, hat sie die Gunst der Macht.“

Es geht um die Macht der Mächtigen in diesem Land. Die ist nämlich bedroht, weil die Bevölkerung mit deutlicher Mehrheit den nutz- und sinnlosen Einsatz in Afghanistan verurteilt und ablehnt und damit auf sichtbare Distanz zum Puppentheater geht. Auf Dauer kann das eine Marionettenregierung wie die unsere nämlich nicht durchhalten, weshalb sie daran erinnert werden muss, ihre Außendarstellung oder ihr Spiel zu verbessern, damit der Pöbel bei Umfragen weiterhin angibt, dass Frau Merkel und Herr zu Guttenberg als einzelne Persönlichkeiten einen tollen Job machen, die Regierung als Ganzes aber nicht.

Der afghanische Präsident Hamid Karsai ist kein Verwirrter, der seine Verbündeten nur deshalb vor den Kopf stoße, weil er innenpolitisch etwas unter Druck geraten sei. Nein, er ist der einzige, der begriffen hat, dass der Krieg der NATO verloren und die ganze Operation nach acht Jahren sinnlosen Kampfes defacto gescheitert ist. Dass Karsai sich angesichts dieser Faktenlage andere Optionen sucht, ist logisch. Auf der anderen Seite sind die Schwachsinnsbekundungen eines Guido Westerwelle zum Beispiel völlig unlogisch und wirr. Ebenfalls via Bild lässt der Außenminister verbreiten:

„Es wäre falsch, jetzt einen exakten Abzugstermin festzulegen. Dann wüssten die Terroristen, wie lange sie noch durchhalten müssten, bis wir weg sind.“
[…]
„Wir haben vor wenigen Wochen eine neue Afghanistan-Strategie mit einer klaren Abzugsperspektive beschlossen. Wir wollen möglichst 2013 die Sicherheitsverantwortung an die Afghanen übergeben und 2011 erstmalig mit der Reduzierung des Bundeswehrkontingents beginnen.“

Ich bin ja immer noch dafür, dass es die bessere Strategie wäre, anstatt Soldaten lieber Herrn Westerwelle auf Staatskosten nach Afghanistan zu fliegen, er darf ruhig auch seine gewohnte Reisebegleitung als Unterstützung mitnehmen. Vor Ort könnte er dann den Kampf gegen die Taliban aufnehmen, indem er sich hinstellt und Vorträge über ein einfaches und gerechtes Steuersystem hält. Ich bin sicher, dass die Taliban und andere vor dem Westerwellschen Pickelgesicht und seinem rechtspopulistischen Geschrei in Scharen flüchten würden. Oder sie reagieren anders. Es wäre kein Verlu… >:XX

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Arbeitsrecht: Ein dummer Unternehmens-Anwalt vor Gericht

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Rechtsunwissenheit und Rechtsirrtümer sind ja weit verbreitet. Aber das sich geschulte Anwälte vor einem Arbeitsgericht so dumm verhalten, wie der, der die Geschäftsführung der Fluggesellschaft Germania vertrat, ist neu. Das Unternehmen hatte vor kurzem sechs Piloten entlassen, weil diese von ihrem Grundrecht der Vereinigungs und Koalitionsfreiheit nach Art. 9 GG Gebrauch machten. Die Kündigungen waren schon dumm, aber noch dümmer war nun der Auftritt der juristischen Vertretung vor dem zuständigen Arbeitsgericht Berlin.

Quelle: Junge Welt

Vor den Richtern bestätigte die Unternehmensseite auch noch ihren Verstoß gegen das Grundgesetz mit der inzwischen in Mode gekommenen Begründung einer akuten wirtschaftlichen Notlage, die durch das Verhalten der Piloten hervorgerufen worden sei. Es fiel sogar wörtlich der Satz:

„Die Geschäftsführung fühlte sich durch die Wahl der Tarifkommission erheblich unter Druck gesetzt.“

Wie kann ein Anwalt für Arbeitsrecht (die arbeitsrechtliche Kompetenz unterstelle ich jetzt mal) nur so etwas sagen? Aus taktischer Sicht ein lupenreines Eigentor. Wie heißt es doch gleich in Art. 9, Abs. 3 GG:

Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig.

Wenn die Wahl der Tarifkommission als Grund für die Kündigungen angeführt wird, hat der Beklagte doch überhaupt keine Chance, den Fall zu gewinnen. Das hätte dem Germania-Anwalt doch klar sein müssen. Aber es kommt noch besser. Der redete sich regelrecht um Kopf und Kragen:

Die „Gefahr, daß Mitbestimmung etabliert wird“, habe man abwehren müssen, die Tarifkommission hätte „die Wettbewerbsfähigkeit der Germania gefährdet“, ein „Warnstreik könnte maximal einen Tag lang abgepuffert werden“ usw. usf.

:crazy:

Somit hatte die Klageseite leichtes Spiel und konnte quasi den Richterspruch vorweg nehmen:

„Dankenswerterweise hat die Gegenseite ausgesprochen, daß die Wahl in die Tarifkommission der eigentliche Grund für die Kündigung war. Und genau das macht sie sittenwidrig und damit unwirksam.“

:))

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TV-Tipp und wieder im ZDF-Programm versteckt: Die Afghanistan-Lüge

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Falls sie ihren Videorekorder noch nicht programmiert haben, um 0:35 Uhr gibt es mal wieder zu später Stunde einen interessant klingenden Beitrag im Programm des ZDF. Ich bin auch nur durch Zufall darauf gestoßen.

Die Afghanistan-Lüge
Die Soldaten, die Politik und der Krieg

Für die Politik ist das Bundeswehr-Engagement in Afghanistan ausdrücklich kein Krieg. „Kriegerische Auseinandersetzungen – bürgerkriegsähnlicher Zustand“ – so die offizielle Sprachregelung. Acht Jahre Einsatz am Hindukusch – was hat sich eigentlich geändert? „Gar nichts“, sagen Experten. Der ehemalige Verteidigungsminister Volker Rühe spricht gar von einen „Desaster“. Wo wurden Fehler gemacht? Hat man den Einsatz unterschätzt oder die Bevölkerung und die Soldaten bewusst im Unklaren gelassen? Sind Wiederaufbau und die Friedensmission am Hindukusch ein politisches Märchen?

Acht Jahre Bundeswehreinsatz am Hindukusch: Die Dokumentation zieht eine Bilanz aus den politischen Visionen und beleuchtet, was in der Realität daraus geworden ist.

Quelle: ZDF

Das sind wichtige Fragen von öffentlichem Interesse. Warum die nur in der Nacht beantwortet werden können, bleibt nach wie vor ein Rätsel.

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Kurz zu Schäubles geheimen Sparplänen

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Gestern las ich einen Bericht in der Financial Times Deutschland über Schäubles geheime Sparpläne. Ob geheim oder nicht, soll hier keine Rolle spielen, sondern nur die Aufzählung der üblichen Verdächtigen, was die Sparliste anbelangt. Darin findet sich einmal mehr eine grobe Missachtung journalistischer Sorgfaltsplichten.

Kein Mangel an Ideen

Ausgaben: Knapp 320 Mrd. Euro will der Bund allein in diesem Jahr ausgeben. Damit ist der Etat 2010 der größte Bundeshaushalt in der Geschichte der Republik. Ein Großteil der Ausgaben ist aber durch Gesetze gebunden – und deshalb kaum zu reduzieren. Das gilt etwa für den Zuschuss zur Rentenversicherung, der fast 80 Mrd. Euro jährlich ausmacht ebenso wie für die Zuschüsse zur Kranken- und Arbeitslosenversicherung. Hinzu kommen die Zinsausgaben, die den Spielraum des Finanzministers weiter einschränken. Dennoch verbleiben – je nach Schätzung – zwischen 15 und 25 Prozent, bei denen man durchaus sparen könnte.

Subventionen: Insgesamt belaufen sich die Subventionen des Bundes auf 24,4 Mrd. Euro. Davon entfallen 6,8 Mrd. Euro auf Hilfen an Unternehmen und private Haushalte. Dahinter verstecken sich Zuschüsse für energetische Gebäudesanierung, Hilfen für die Autoindustrie zur Entwicklung von Elektromotoren oder staatliche Beteiligungen an Forschungsprojekten von Privatfirmen.

Steuervergünstigungen: Darüber hinaus spendiert der Bund steuerliche Vergünstigungen. Diese kosten 2010 rund 17,6 Mrd. Euro. Zu den Vergünstigungen zählen ermäßigte Mehrwertsteuersätze, etwa auf Lebensmittel und Zeitungen, aber auch auf Tierfutter und Schnittblumen. Auch die Pendlerpauschale oder die Steuerfreiheit von Wochenend- und Feiertagszuschlägen sind steuerliche Vergünstigungen.

Die Senkung der Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen zu Beginn des Jahres fällt anscheinend nicht unter Steuervergünstigungen. Das haben die Redakteure der FTD beim schnellen Abschreiben des obigen Standardtextes wohl übersehen. In diesem ist das großzügige „Mövenpick-Geschenk“ in Höhe von rund einer Mrd. Euro pro Jahr noch nicht eingepflegt. Wird wahrscheinlich auch nicht mehr passieren. Das Gedächtnis ist halt kurz und die Vorurteile starr und fest.

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Weitere Infos zum attac-Bankentribunal

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Zwischen dem 9. und 11. April findet in der Berliner Volksbühne das von attac initiierte Bankentribunal statt. Das Verfahren ist auch bitter nötig. Im Deutschlandfunk wurde der „Finanzexperte“ der FDP Hermann Otto Solms zu einer Beteiligung der Banken an den Kosten der Finanzkrise befragt. Folgender Dialog kam dabei zu Stande:

Spengler: Nun hat Ihr Parteivorsitzender Guido Westerwelle gesagt, mit der Abgabe würden die für die Finanzkrise Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen. Das stimmt doch nicht! Das ist doch ein Satz für die Wähler in Nordrhein-Westfalen, oder?

Solms: Sie können das nicht auf die Goldwaage legen. Es geht jetzt darum, natürlich ist der Anlass die Finanzkrise von vor zwei Jahren und die Schäden, die dort ausgelöst worden sind, aber Ziel dieser Bankenabgabe ist, einen Restrukturierungsfonds sozusagen zu bilden, der für die Zukunft wirkt und verhindert, dass die Banken den Finanzmarkt wieder in diese Lage bringen.

Spengler: Herr Solms, auf die Zukunft will ich gleich zu sprechen kommen. Kurz noch ein Blick auf die Vergangenheit. Das politische Hauptziel, was die schwarz-gelbe Regierung lange genannt hat, nämlich die Banken an den gigantischen Kosten der Krise zu beteiligen, dieses Ziel ist zu den Akten gelegt?

Solms: Das ist zu den Akten gelegt.

Spengler: Warum?

Solms: Natürlich haben viele Banken da bluten müssen. Es ist ja nicht so, dass sie da so einfach dran vorbeigekommen sind. Einige Banken leiden ja darunter jetzt noch und wahrscheinlich noch für viele Jahre. Das sehen Sie daran, dass wir ja ein “Bad Bank”-Gesetz gemacht haben, in dem diese Altlasten dann in der Zukunft abgewickelt werden müssen. Also die Banken leiden unter der Krise bis heute.

Da verschlägt es einem doch glatt die Sprache. Die Banken leiden? Unter was denn? Unter dem knapp 500 Mrd. Euro schweren Rettungsschirm? Wissen die Banker etwa nicht, wohin mit dem vielen Geld der Steuerzahler? Wahrscheinlich meint Solms, dass der Zeitraum für die Abwicklung über den gemeinen Bürger im Rahmen der Steinbrückschen Bad Bank-Lösung mit etwa 20 Jahren zu großzügig gewählt wurde. Banker denken da ja vor allem kurzfristig.

Aber nun zu den letzten attac-Infos.

Das Programm
Bankentribunal

Die Anklageschrift
http://www.attac.de/fileadmin/user_upload/Kampagnen/casino/Aktionen/Bankentribunal/Anklageschrift_Bankentribunal_attac.pdf

Vorladungen zum Bankentribunal

Am 26. Februar wurden die Vorladungen an die Angeklagten des Bankentribunals versandt. Zu den Angeklagten zählen die aktuelle Bundesregierung und ihre zwei Vorgängerinnen, vertreten durch Gerhard Schröder, Angela Merkel und Peer Steinbrück; die Deutsche Bank, vertreten durch Josef Ackermann; sowie Hans Tietmeyer, ehemaliger Aufsichtsrat von Depfa und HRE, Chef-Kurator der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und früherer Bundesbankpräsident. Ihnen werfen die Ankläger „Aushöhlung der Demokratie und Vorbereitung der Krise“, „Zerstörung der ökonomischen Lebensgrundlagen in Nord und Süd“ sowie „Verschärfung der Krise“ vor.

Präsentation/Vortrag zum Bankentribunal
Vortrag_Bankentribunal

Die Veranstaltung wird im Internet auch als Livestream übertragen. Allerdings ist die Stabilität solcher Streams von der Nutzerzahl abhängig. Da attac selber einräumt, nur begrenzten Traffic zur Verfügung zu haben, dürfte mit steigenden Zugriffen auch die Verbindungsqualität leiden.

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Volker Pispers über die Rente

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Den heutigen Beitrag für seine wöchentliche Dienstagsbotschaft hat Volker Pispers aus seinem laufenden Programm entnommen. Das ist aber überhaupt nicht schlimm. Das Thema Rente kann gar nicht oft genug angesprochen werden, zumahl eine Mehrheit in der Bevölkerung tatsächlich glaubt, dass die gesetzliche Rente un- und die kapitalgedeckte Altersversorgung hingegen bombensicher sei. Dabei ist es genau umgekehrt, wie Volker Pispers einmal mehr sehr klar zum Ausdruck bringt. Der Schlussatz ist natürlich wieder für die Galerie:

„Wenn Guido Westerwelle in die gleiche Rentenkasse einzahlen müsste, wie seine eigene Putzfrau, dann würde der so viele Pickel kriegen, dass sie den gar nicht mehr wiederfinden.“

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