Konjunkturdaten: Mal wieder zwischen Wunsch und Wirklichkeit

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Ich habe natürlich auch deshalb zwei Tage lang nix geschrieben, weil ich die offizielle Verlautbarung des statistischen Bundesamts zu den Einzelhandelsumsätzen von heute abwarten wollte und die neuesten Arbeitsmarktdaten von der Arbeitsagentur. Beide Meldungen widerlegen einmal mehr die auch diesmal wieder vorausgegangenen Jubelschreie über eine boomende Wirtschaft und angeblich brummenden Konsum.

Das statistische Bundesamt führt dabei mal wieder komplett in die Irre. Einzelhandelsumsatz im August 2010 real um 2,2% gestiegen heißt es in der Meldung von heute. Gemeint ist der Vergleich zum Vorjahresmonat August 2009. Dieser Monat war bekanntlich ein Krisenmonat, der schlimmste wenn ich mich nicht irre, in dem viele Menschen entweder keinen Job hatten oder in der Kurzarbeit zu entsprechend weniger Bezügen verharrten. Ein Vergleich ist daher nur zulässig, wenn man das Vorkrisenjahr 2008 miteinbezöge. Das tun die Statistiker natürlich nicht, weil man sonst sofort erkennen würde, dass es sich aktuell nicht um einen neuerlichen Kaufrausch handeln kann, sondern lediglich um eine Anpassung der Umsätze im Vergleich zum Einbruch im Krisenjahr 2009.

Ich habe die Meldung von damals natürlich wieder für sie herausgesucht und am 1. Oktober 2009 hieß es entsprechend verkartert:

Einzelhandelsumsatz im August 2009 real um 2,6% gesunken

Hier wird also keine Krise weggekauft, wie man Anfang der Woche in nahezu allen Medien unter der Schlagzeile „Kaufrausch“ nachlesen konnte, sondern lediglich ein katatrophal tiefes Niveau beim privaten Konsum beibehalten und noch nicht einmal egalisiert. In der heutigen Nachricht ist auch wieder zu lesen, dass die Umsätze im Einzelhandel mit Lebensmitteln, Getränken und Tabakwaren abermals rückläufig waren. Das liegt zum einen an der nach wie vor bestehenden Kaufzurückhaltung, aber auch an dem ruinösen Preiswettbewerb der Handelsketten, die inzwischen nicht mehr darum kämpfen, mehr Marktanteile bei höheren Gewinnen zu erzielen, sondern bei weniger Verlusten im Vergleich zu den Konkurrenten. Wirtschaftlich gesund ist das nicht.

Für Wirtschaftsminister Brüderle ist das natürlich kein Argument. Eine Pulle Wein in den Rachen geschüttet – er kann es sich ja leisten, da er schließlich Diäten und nicht Hartz-IV aus Steuermitteln kassiert – und schon sieht die Welt im Taumel des Rausches wieder positiv aus. Die Wirtschaft boome nach Auffassung des Ministers. Eine Herbstbelebung sei angesagt, da die Arbeitsmarktdaten blendend aussehen würden. Nüchtern betrachtet muss man klar festhalten, dass die Beschäftigungsentwicklung seit Monaten stagniert. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist sogar zurückgegangen. Zum scheinbar positiven Ergebnis beigetragen, haben neue Jobs in der Leiharbeit und vor allem der Rückgang an Arbeitskräften durch demografische Effekte. Joachim Jahnke bringt es in seinem Infoportal auf den einfachen wie wahren Satz:

Ohne die demographische Entwicklung und ohne die minderwertige Leiharbeit wäre die Arbeitslosigkeit also gestiegen.

Zur Leiharbeit fällt mir noch etwas ein, was ich heute morgen im Deutschlandfunk gehört habe. In der morgendlichen Presseschau um kurz nach halb sechs wurden Kommentare zum Tarifabschluss in der Metallbranche verlesen. Nahezu alle ausgewählten Zeitungen geißelten die zwischen den Tarifparteien vereinbarte Gleichbehandlung von Leiharbeitern und Festangestellten. Springers Märchen-Welt mal wieder vorne weg mit diesem unsäglichen Schwachsinn:

Besorgt stimmt eher, wie unbekümmert dabei zugleich einem der wesentlichen Motoren für den Jobaufschwung, der Zeitarbeit, neue Fesseln angelegt werden. So richtig es ist, Dumpinglöhne zu unterbinden – die Leiharbeit jeglichen Kostenvorteils zu berauben bedeutet, langfristig auf wirtschaftliche Dynamik und damit auch auf neue Beschäftigungschancen für Arbeitslose zu verzichten. Hier werden nicht die Früchte des Geleisteten geerntet – es handelt sich schlicht um einen Fall von Übermut.

Sie können davon ausgehen, dass die Bundesregierung und weite Teile von SPD und Grünen ganz genauso borniert denken und in der Leiharbeit noch immer einen Motor für den kostengünstigen „Jobaufschwung“ sehen, der die Arbeitslosenzahlen zu schönen vermag, aber gleichzeitig dafür sorgt, dass reguläre Arbeitsplätze unwiederbringlich verdrängt werden. Zu etwas anderem taugt die deutsche Leiharbeit, die Wolfgang Clement reformiert und deformiert hat, nämlich auch nicht. Und wer heute die Debatte um die Rente mit 67 aufmerksam im deutschen Bundestag verfolgt hat, konnte schnell begreifen, worum es der Regierung auf allen Feldern ihres asozialen Tuns geht. Um Planungssicherheit für die Wirtschaft und die Unternehmen. Das ist primäres Ziel. An die Planungssicherheit von Arbeitnehmern, Rentnern und Sozialleistungsbeziehern, die der Definition nach eigentlich auch Teil des Volkes sind, wurde hingegen kaum ein Gedanke verschwendet.

Rückblickend auf 20 Jahre Deutsche Einheit lässt sich daher feststellen, dass das mit der Planwirtschaft im Osten anscheinend besser funktioniert hat. Da hätte man sich durchaus etwas abgucken können.

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blogintern: Statistik 09/10

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Ich habe jetzt mal zwei Tage geschwiegen, weil ich mir über die Frage den Kopf zerbrochen habe, wann denn die Bundeskanzlerin nun endlich zurücktritt oder zurückgetreten wird. Zur Blogstatistik komme ich später.

Zu Beginn des Jahres hatte Egon W. Kreutzer in seinem ersten Paukenschlag die kühne Behauptung aufgestellt, dass Angela Merkel das Jahr 2010 politisch nicht überleben werde. Ich bin dieser Auffassung gern gefolgt, frage mich aber jetzt, was eigentlich noch passieren muss, damit die Voraussage Kreutzers auch tatsächlich eintritt.

Denn im Augenblick sieht es doch so aus, als ob die Kanzlerin fester denn je im Sattel säße, trotz verlorener Ministerpräsidenten und Mehrheit im Bundesrat und trotz der schwierigen Haushaltslage. Da könnte es zu einem Aufstand in Stuttgart kommen oder ein Atomkraftwerk explodieren, ihre Regentschaft wäre doch nicht bedroht? Laut dem ZDF-Politbarometer von letzter Woche liegt sie immerhin noch auf Platz fünf der beliebtesten Deutschen Politiker. Es führen zu Guttenberg und, man glaubt es kaum, Frank-Walter Steinmeier auf den ersten beiden Plätzen. Dabei hat FWS eine Niere gespendet und war überhaupt nicht präsent in der Öffentlichkeit. Okay vorher, als er noch den Oppositionsführer üben durfte, ist er auch nicht weiter aufgefallen. Seine Reden hatten immer einen gewissen Schwundcharakter. Vielleicht hat nun auch sein physisches Verschwinden die Menschen überzeugt.

Aber ich war ja noch bei der Kanzlerin. Vor dem Hartz-IV-Entscheidungswochenende, vor der Werbung für höhere Mieten und vor dem Bahnhof Super-Gau in Stuttgart, aber nach dem geheimen Atomdeal und nach dem Gesundheitsmurks von Rösler immerhin noch Platz fünf im wichtigsten Index der Wahlforschung. Das schreit doch nach einer Erklärung. Schließlich seien rund 60 Prozent der Deutschen mit der Bundesregierung eher unzufrieden. Wie kann da die Regierungschefin auf Platz fünf, der Guttenberg auf Platz eins, Frau von der Leyen auf der drei und das Arschgschwür Schäuble auf Platz vier der Beliebtheitsskala sein? Vier Regierungsmitglieder und ein sozialdemokratisches Phantom unter den Top 5. Was läuft denn da eigentlich schief bei der Wahlforschung? Nur der Schnöselverein FDP wird mehr oder weniger realitätsnah gemessen und abgebildet.

Nur was nutzt das schon, wenn die FDP unter der Fünf-Prozent-Hürde veschwindet oder knapp darüber landet? Der nächste Kanzlerkandidat der SPD heißt aller Voraussicht nach Peer Steinbrück. Und der hält erklärtermaßen sehr viel mehr von der Großen Koalition und Angela Merkel als von den Grünen und seiner eigenen Partei. Und dann schlösse sich auch der Kreis zu Egon W. Kreutzers Voraussagen. Im ersten Paukenschlag 2009 kündigte er ja treffsicher an, dass Peer Steinbrück am Ende des Jahres nicht mehr Finanzminister sein würde.

Wenn es denn so kommen sollte, dass Peer Steinbrück nach dem 31.12.2009 immer noch Finanzminister der Bundesrepublik Deutschland ist, dann fresse ich einen Besen. Bevorzugt aus Marzipan.

Vom Wiederkommen als „Ich kann Kanzler“ war ja nie die Rede. Doch so wird es wohl sein, wenn man sich die Pro-Steinbrück-Kampagnen anschaut. Immerhin liegt Steinbrück, der im letzten Jahr politisch gar nicht aufgefallen war, weil er lieber gutdotierte Vorträge auf den Veranstaltungen der Finanzbranche hielt, anstatt sich um sein Bundestagsmandat zu kümmern, schon auf Platz zwei in einer Umfrage nach dem besseren SPD-Kanzlerkandidaten. Vor ihm steht nur noch das Phantom Frank-Walter Steinmeier. Aber der will ja Ende Oktober in das politische Geschehen wieder eingreifen. Spätestens dann dürfte sich das Blatt wenden. Im Augenblick gefällt sich Steinbrück in der Rolle des früheren Helmut Schmidts, als Krisenmanager und jemand, der nicht lange fackelt.

Falls es wider Erwarten doch noch zu einem Sturz der planlosen Merkel in diesem Jahr kommen würde, wie von Kreutzer vorausgesagt, dann aber nur unter der Bedingung, dass Steinbrück den Job unter gleichen Mehrheitsverhältnissen, also im jetzigen Bundestag übernimmt. Neuwahlen wären ja für die Union nicht so günstig und eine Alternative zu Merkel aus den eigenen Reihen ist nicht wirklich in Sicht. Zu Guttenberg oder von der Leyen als Krisenmanager? Kann sich das jemand vorstellen? Dafür müssten die PR-Leute der beiden ihre Strategie kurzfristig komplett ändern.

Auf der anderen Seite sollte man dem statistischen Müll um Beliebtheiten auch nicht all zu viel Bedeutung beimessen. Sonst wird das mit der Entsorgung von Frau Merkel ja nie etwas. Mit Blick auf die Bundesregierung und die Beliebtheitswerte einzelner Mitglieder derselben bin ich aber nach wie vor ratlos.

Dennoch möchte ich mich wie immer im ersten Beitrag des Monats, bei allen Leserinnen und Lesern dieses Blogs sowie den Mitdiskutanten bedanken, die im abgelaufenen Monat fleißig gelesen und kommentiert haben. Die Statistik bleibt mehr oder weniger konstant. Daher die Bitte, empfehlen sie den Blog ruhig weiter, wenn er ihnen gefällt. :D

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Klientelpolitik: Frau Merkel kommt auch der Industrie entgegen

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Als große Jahrhundertanstrengung wurde das Sparpaket der Bundesregierung angekündigt. Vor allem im sozialen Bereich sind die Einschnitte bekanntlich hart. Um das nicht so einseitig aussehen zu lassen, hat die Regierung in das 80 Mrd. Paket auch Belastungen für die deutsche Wirtschaft hineingeschrieben und diesen Umstand bei jeder unpassenden Gelegenheit zu Protokoll gegeben. Alles nur Schein, wie sich heute einmal mehr herausstellt.

Laut Ankündigung sollten die Vergünstigungen bei der Ökosteuer für besonders energieintensive Unternehmen reduziert werden, um Mitnahmeeffekten einen Riegel vorzuschieben (siehe tagesschau.de). Der Finanzminiser wollte dadurch eine Milliarde Euro in 2011 und in den darauffolgenden Jahren jeweils 1,5 Milliarden Euro einsparen.

Nun aber schrie der Cheflobbyist der deutschen Industrie Hans-Peter Keitel die altbekannte Schreckensmeldung in die Republik hinaus, dass die beabsichtigte Politik Arbeitsplätze gefährde und schon kuscht die Staatsratsvorsitzende auf einer Veranstaltung des Industrieverbandes BDI in Berlin mit den Worten…

„Ich sage Ihnen zu, dass wir über diese Regeln noch einmal sprechen.“

Es ist nicht unser Ansinnen, die guten Arbeitsmarktzahlen zu verschlechtern, indem wir an dieser Stelle etwas tun, was Arbeitsplätze kostet.“

Quelle: Tagesschau

Sie hätte Herrn Keitel auf dessen Veranstaltung auch ganz offen einladen können, bei der Finanzplanung des Bundes bis zum Jahre 2014 aktiv mitzuarbeiten und seine Wünsche in den Gesetzestext einfließen zu lassen. Andere Zweige der Wirtschaft haben das ja bereits erfolgreich getan, wie wir alle wissen.

Und so wird vom 80 Mrd. Sparpaket am Ende nur ein Sozialstaatskürzungsprogramm übrig bleiben, wie urprünglich auch geplant, als man sich überlegte, wie man die Mrd. Verluste an den Finanzmärkten PR-mäßig am besten sozialisiert.

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Kanzlerin Merkel ist halt auch nur ein Papagei: Zur Falschaussage über Stuttgart 21

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Die Grünen Abgeordnete im Europaparlament Heide Rühle hat auf ihrer Internetseite einen offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel veröffentlicht, in dem sie Frau Merkel der Falschaussage bezichtigt. Merkel hatte in einer Rede auf dem Landesparteitag der rheinland-pfälzischen CDU am 25. September 2010 behauptet, dass die Europäische Union und auch das Europäische Parlament den Umbau des Bahnhofs in Stuttgart beschlossen hätten.

„Wir bedauern, dass Sie diesen Grundsatz europäischer Kooperation in Ihrer Rede am vergangenen Samstag nicht beherzigt haben, indem Sie fälschlicherweise behaupteten, die Europäische Union und speziell das Europäische Parlament hätten einem Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs in einen unterirdischen Bahnhof zugestimmt.

Dabei stehen die Fakten seit mehren Jahren unmissverständlich fest: Auch wenn es zutreffend ist, dass sich vom Gemeinderat bis zum Bundestag die Mehrheit der gewählten Abgeordneten für Stuttgart 21 aussprach, so entspricht es auch der Wahrheit, dass das Europäische Parlament – anders als Sie behaupten – zu keinem Zeitpunkt über den Bahnhofsumbau abgestimmt hat.

Offensichtlich haben Sie, Frau Bundeskanzlerin, die Falschaussagen Ihrer beiden Parteifreunde, des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Stefan Mappus und des Stuttgarter Oberbürgermeisters Dr. Wolfgang Schuster, wiederholt.“

An diesem Vorgang werden gleich zwei Dinge deutlich. Merkel plappert einfach nur nach, was der Parteiapparat und das Zentralkomitee der CDU in Baden-Württemberg sich aus den Fingern saugen. Das ist jetzt nicht besonders hervorhebenswert für jemanden, der in der FDJ Erfahrungen auf dem Gebiet Agitation sammeln durfte. Nein, viel interessanter ist doch die Strategie, die hier einmal mehr zum Tragen kommen sollte. Man wollte es so aussehen lassen, als sei man selbst gar nicht verantwortlich. Schließlich habe man das auf europäischer Ebene so beschlossen und als gute Europäer und Demokraten halten wir uns an diese Vereinbarungen.

Der protestierende Bürger könne sich ja dann in Brüssel oder Straßburg beschweren, so wohl das Kalkül der Kanzlerin, aber nicht beim deutschen Obermichel. Nun wird aus diesem Täuschungsmanöver aber nix, wie auch aus der perfiden Strategie, den Demonstranten in Stuttgart die Schuld am Amoklauf in Lörrach in die Schuhe schieben zu wollen, weil die Sicherheitskräfte wegen der Dauerdemo am Bahnhof zu beschäftigt waren.

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Der Hartz-IV Referentenentwurf im absurden Wortlaut

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Wer den Referentenentwurf von Ursula von der Leyen zur Ermittlung von Regelbedarfen einmal nachlesen möchte, hier der Link:

Klicke, um auf 2010__09__26__referentenentwurf__regelsaetze__sgb2.pdf zuzugreifen

Auf der Seite WEISSGARNIX gibt es einen sehr schönen und bezeichnenden Auszug aus dem Machwerk zur transparenten Ermittlung des Flüssigkeitsbedarfs eines auf deutsche Sozialleistungen angewiesenen Menschen.

“Ausgaben für Nahrung und alkoholfreie Getränke gehören zum unverzichtbaren Grundbedarf und damit zum physischen Existenzminimum. Deshalb werden die von den Referenzhaushalten hierfür durchschnittlich getätigten monatlichen Verbrauchsausgaben – wie bereits in der entsprechenden Sonderauswertung 2003 – in voller Höhe (100,0%) als regelbedarfsrelevant berücksichtigt. Insgesamt ergeben sich für das Jahr 2008 in Abteilung 01 regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgaben in Höhe von 128,46 Euro, einschließlich des eingerechneten Betrags für die Substitution der durch den Konsum von alkoholischen Getränken konsumierten Flüssigkeitsmenge durch alkoholfreie Getränke. In der Sonderauswertung EVS 2003 waren in Abteilung 02 alkoholische Getränke zu 100 % regelsatzrelevant. Alkohol stellt allerdings ein gesundheitsgefährdendes Genussgift dar und gehört als legale Droge nicht zu dem das Existenzminimum abdeckenden Grundbedarf. Daher wird Alkoholkonsum nicht mehr als regelbedarfsrelevant berücksichtigt. Wird auf Alkohol verzichtet, muss die damit verbundene Flüssigkeitsmenge allerdings zumindest zum Teil durch alkoholfreie Getränke ersetzt werden. Daher wird statt der Ausgaben für Alkohol in Abteilung 01 ein zusätzlicher Betrag für alkoholfreie Getränke anerkannt.

Dieser Betrag berechnet sich folgendermaßen:

Nach der Sonderauswertung wurden für Einpersonenhaushalte der Referenzgruppe im Jahr 2008 durchschnittliche Verbrauchsausgaben von 8,11 € für alkoholische Getränke ermittelt. Davon entfielen – nach dem Wägungsschema des allgemeinen Preisindex – rechnerisch 11,35 % für Spirituosen, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht dem Zweck der Flüssigkeitsaufnahme dienen. Es verbleiben dann von den 8,11 € noch 7,19 € für alkoholische Getränke, die durch alkoholfreie Getränke zu substituieren sind.

Es gibt für die Umrechnungen des Preises alkoholischer in alkoholfreie Flüssigkeitsmengen keine Vorgaben, so dass hier eine Plausibilitätsrechnung erforderlich ist. Für 7,19 € lassen sich etwa 12 Liter preiswertes Bier kaufen. Im Durchschnitt sind Bier oder gar Wein deutlich teurer, so dass sich ein deutlich niedrigeres Volumen an zu substituierender Flüssigkeit ergeben würde. Ausgehend von 12 Litern Flüssigkeitsbedarf ergibt sich das maximal durch alkoholfreie Getränke zu substituierende Flüssigkeitsvolumen. Da die Flüssigkeitsmenge mit einem preisgünstigen Getränk berechnet wurde, ist es angemessen, auch die alkoholfreien Getränke mit dem niedrigpreisigem Mineralwasser anzusetzen. Für die anzusetzenden 12 Liter Mineralwasser wurde ein Betrag von 2,99 € eingesetzt, für den Supermärkte flächendeckend eine entsprechende Menge Mineralwasser anbieten. Legt man die Preise der preisgünstigen Discounter für 1,5 Liter Mineralwasserflaschen zugrunde, ergibt sich für 12 Liter Mineralwasser sogar nur ein Preis von 1,52 €. Bei den als regelbedarfsrelevant berücksichtigten 2,99 € ist also bei preisbewusstem Einkauf durchaus Spielraum für Saft oder andere alkoholfreie Getränke. Diese 2,99 Euro werden bei Abteilung 01 zusätzlich berücksichtigt.”

Das staatliche Bedürfnis, die Menschen nicht verdursten zu lassen, ist schon auffallend. Dabei finde ich noch interessant, dass die willkürliche Herausnahme von Alkohol und Tabak aus dem Regelsatz mit der Gefahr für die eigene Gesundheit begründet wird („gesundheitsgefährdendes Genussgift“). Da fragt man sich, welche billigen Lebensmittel, auf die sich die Bezieher von Sozialleistungen ja beschränken sollen, die Kriterien einer ausgewogenen und gesunden Ernährung erfüllen. Für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke sind künftig nur 4,21 EUR pro Tag vorgesehen, für Jugendliche zwischen 7-14 Jahren gar nur 3,17 EUR. Allein diese Zahlen bergen meiner Meinung nach ein erhebliches Gesundheitsrisiko.

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Im Schatten von Hartz-IV: Die Sauerei mit der Klientelpolitik geht weiter

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Die Diskussion um Hartz-IV verdeckt einmal mehr die Schamlosigkeit der Bundesregierung an anderer Stelle. Während sich der Urnenpöbel gegenseitig angiftet und sich um die immer kleiner werdenden Krümel vom immer größer werdenden Kuchen streitet, bringt die Bundesregierung klammheimlich eine weitere Ungeheuerlichkeit auf den Weg. Die Pharmalobby setzt eine Änderung beim neuen Arzneigesetz durch, die den Versicherten teuer zu stehen kommen wird. Und zwar „soll der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), das höchste Entscheidungsgremium für Kassenpatienten, künftig ein neues Medikament nur noch ablehnen können, wenn er dessen Unzweckmäßigkeit beweisen kann.“ Quelle: (Spiegel Online) Zukünftig gelte ein Medikament also schon bei seiner Zulassung als zweckmäßig. Es sei denn, der gemeinsame Bundesausschuss beweist das Gegenteil. Die Pharmahersteller müssen das nicht mehr tun.

Die gesetzlichen Krankenkassen werden also dejure verpflichtet, Medikamente von den Herstellern abzunehmen, egal ob sie nun wirklich dem Patienten etwas nutzen oder nicht. Im Zweifelsfall haben die Pharmeriesen wohl die besseren Anwälte um die Beweise der Gegenseite zu widerlegen. So kann man die Kosten im Gesundheitssystem natürlich auch in die Höhe treiben. Damit verpufft auch das von Gesundheitsminister Rösler als Erfolg gefeierte Arzneimittelsparpaket, bei dem der Pharmaindustrie angeblich zwei Mrd. Euro abgetrotzt werden sollen. Mit der oben beschriebenen Gesetzesänderung, die wiederum auf Grundlage eines Gutachtens einer externen Anwaltskanzlei im Auftrag der Pharmalobby zu Stande kam, werden sich die Pillendreher ihr Geld sicherlich gut verzinst wieder zurückholen.

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Hartz-IV und die Montagsfrage

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Der Kabarettist Wilfried Schmickler befasst sich heute bei seiner wöchentlichen Montagsfrage auf WDR 2 auch mit der absurden Regelsatzdiskussion. Dabei kommt er zu dem Schluss, dass all diejenigen, die in der Umfrage dagegen gestimmt haben, den Regelsatz zu erhöhen, einfach nicht betroffen sein könnten. Wären sie es, hätten sie sich garantiert anders verhalten.

Ganz stimmt das natürlich nicht. Von der Höhe der Sozialleistungen ist im Prinzip jeder betroffen, egal ob er sie nun bezieht oder nicht. Der Witz ist doch gerade der, dass die Höhe des politisch festgesetzten Existenzminimus Auswirkungen auf die Lohnfindung hat. Hartz-IV entfaltet eine Sogwirkung der Löhne nach unten. Mit Hartz-IV macht die Politik eben genau das, was sie vorgibt, bei der Weigerung einen flächendeckenden Mindestlohn einzuführen, verhindern zu wollen. Sie greift in die Tarifautonomie ganz konkret ein. Statt eine Lohnuntergrenze festzusetzen, führen die politischen Hartz-IV-Entscheidungen dazu, diese Grenze immer weiter nach unten zu verschieben, und zwar durch die mit Hartz-IV zunehmende Marktmacht der Arbeitgeber.

Frau von der Leyen war ja so dumm, diesen Zusammenhang in der Sendung Anne Will von gestern noch einmal eindringlich zu betonen. Sie verteidigte ihr Schwachsinnsgesetz gerade damit, dass Transferleistungsbezieher nicht mehr haben dürften, als die ärmsten Lohnempfänger von ihren Arbeitgebern überwiesen bekommen (die Frisörin durfte als Beispiel einmal mehr nicht fehlen). Mit dem Scheinargument des „Lohnabstandsgebots“ brachte sie im Grunde zum Ausdruck, dass die Höhe der Leistungen ganz entscheidend davon abhinge, was am unteren Ende gerade noch so an Löhnen gezahlt würde. Die Marktmacht der Arbeitgeber entscheidet also über die Höhe der Sozialleistungen und zwar nachdem die Politik so arbeitgeberfreundlich war, das ALG II als Schuss ins Blaue zu installieren.

So konnte sich bis zum Urteil des Bundesverfassungsgericht im Februar diesen Jahres ein Niedriglohnsektor ausbreiten, in dem nunmehr 25 Prozent aller Beschäftigten tätig sind und der wiederum als Referenzgröße für die Berechnung von Sozialleistungen herangezogen wird. Wer das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aber ausführlich gelesen hat, dem wird nicht entgangen sein, dass das Gericht gar kein Interesse an einer Würdigung des von der Bundesregierung für richtig erachteten Existenzminimums hatte, sondern lediglich formale Mängel bei der politischen Festsetzung desselben der Regierung zum Vorwurf machte. Zur Höhe der Regelsätze ließen die Richter sehr eindeutig verlauten, dass diese „nicht evident unzureichend“ seien. Meiner Meinung nach haben die Richter dem Gesetzgeber nur aufgetragen, beim durchaus erwünschten Abbau des Sozialstaats nicht so offensichtlich dämlich und verfassungswidrig vorzugehen.

Ob Frau von der Leyen diesen Kritierien des Bundesverfassungsgerichts nun gerecht wird, will ich nicht mehr beurteilen. Ich stelle nur fest, dass die politische Führungselite an geistiger Niveaulosigkeit immer noch eine Schippe drauflegen kann. Und wieder einmal geht dabei Guido Westerwelle stramm voran. Langsam glaube ich, dass dieser Typ ein von den Lobbyisten engagierter Laiendarsteller ist, der uns nach einem noch viel schlechteren Drehbuch Politik vorspielen will. Westerwelle meinte, dass man die Interessen der Steuerzahler nicht vergessen dürfe. Der Chefökonom der Linken im Bundestag Michael Schlecht schreibt dazu auf seiner Internetseite:

Westerwelle bekräftigt, dass die Regierung „die Interessen der Steuerzahler nicht vergessen“ dürfe. Jedoch werden unter dem Titel „Arbeitslosengeld II“ mehr als zehn Milliarden Euro Steuergelder an Unternehmer verteilt, die zu geizig sind die Beschäftigen anständig zu bezahlen. 1,3 Millionen Menschen – die sogenannten Aufstocker – verdienen so wenig, dass sie einen Anspruch auf Hartz IV haben. Diese zehn Milliarden Subventionen sind vermeidbar mit dem gesetzlichen Mindestlohn und viel mehr Vollzeitjobs. Insbesondere die krakenhafte Ausweitung der Minijobs muss beendet werden.

Gäbe es den gesetzlichen Mindestlohn von zehn Euro und Gute Arbeit, so könnte so viel Geld eingespart werden, dass ein Regelsatz von 500 Euro finanzierbar wäre.

Westerwelles Eintreten für „die Steuerzahler“ ist verlogen. Für Hoteliers haben sie mal eben eine Milliarde der Steuerzahler verpulvert. Und: Wo war die FDP wenn es um hunderte Milliarden für die Banker und Finanzocker ging? Wo war Westerwelle bei dem letzten „Rettungsakt“ von 40 Milliarden für die HRE? Vermutlich im Bett, denn die Milliarden wurden mal wieder über Nacht rübergeschoben.

Und bei Brigitte Vallenthin lese ich, dass Frau von der Leyen gar nicht acht Monate lang gerechnet hat, sondern einfach nur Zahlen aus einem Bericht vom Oktober 2008 genommen hat, in dem es heißt, dass für das Jahr 2010 ein Eckregelsatz von 364 Euro pro Erwachsenen angepeilt werden soll.

Beweis-RS-Manipulation-27.09.2010

Sollte das stimmen, wäre das mit krimineller Energie kaum noch zu beschreiben.

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Die Kanzlerin bleibt ihrer Linie treu

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Bundeskanzlerin Angela Merkel kommentiert den jüngsten Hartz-IV-Kompromiss. Fünf Euro mehr soll es pro Monat und erwachsenen Bezieher von Arbeitslosengeld II geben. Kinder gehen hingegen leer aus. Völlig überraschend habe man im Kuschelministerium der Frau von der Leyen festgestellt, dass die Regelsätze für Kinder bisher schon zu hoch waren. Großzügigerweise habe man aber von einer wirklichkeitskonformen Kürzung der Bezüge Abstand genommen, weil das der Bevölkerung nicht vermittelbar gewesen wäre, so die siebenfache Mutter.

Dabei liefert doch die bestellte emnid-Umfrage via Bild am Sonntag die passenden Ergebnisse. Über 50 Prozent der Bundesbürger würden eine Erhöhung der Sätze kategorisch ablehnen, heißt es da. Das wundert mich eigentlich nicht. Stutzig macht mich nur, dass emnid lediglich 502 Personen befragt haben will. Ich habe in den Statistikseminaren jedenfalls noch gelernt, dass eine repräsentative Stichprobe gemessen an der Bevölkerungsgröße der Bundesrepublik bei etwa 1000 Leuten liegen müsse. Da hat sich anscheinend etwas geändert. Ich finde leider auch keine exakte Fragestellung, daher unterstelle ich einfach mal Manipulation, schließlich halten über 70 Prozent derselben Bevölkerung einer anderen Umfrage zufolge die Hartz-Gesetzgebung schlicht für falsch und wünschen sich eine Rücknahme dieser Reform.

Aber nun zur Kanzlerin. Was sie zuzm Thema meint, können sie unter anderem auf Spiegel Online nachlesen.

Merkel gab sich demonstrativ gelassen. Die Karlsruher Richter hätten den Spielraum für politische Entscheidungen gegeben, was in die Grundsicherung für Langzeitarbeitslose hineingehöre und was nicht, betonte die CDU-Vorsitzende am Abend vor Beginn der gemeinsamen Präsidiumssitzung von CDU und CSU. Die Neuberechnung nannte sie „sachbezogen“ und „rational“, alles käme nun auf den Tisch, „und dann kann jeder sich das anschauen“.

Der Karikaturist Klaus Stuttmann bringt es mal wieder ganz aktuell auf den Punkt. Dieses Bild sollten sich vielleicht auch die vielen Springermüll-Leser anschauen, die morgen wieder fröhlich mithetzen werden, wenn sie zur Arbeitspause ihrer zunehmend schlechter bezahlten Jobs schreiten und nicht verstehen können, warum sie für immer weniger Geld malochen müssen, während andere zu Hause auf dem vermeintlich warmen Sofa herumliegen.

Karikatur von Klaus Stuttmann
Quelle: Klaus Stuttmann

Vielleicht schafft es aber doch der ein oder andere zu kapieren, dass nicht die Hartz-IV-Empfänger ein Problem verursachen, sondern Lobbyisten, die ihre eigenen Gesetze schreiben dürfen. So heißt es dann auch Milliarden für die Banken, Milliarden für die Pharmaindustrie und Milliarden für die Energiekonzerne und halt weniger für Rentner, Malocher, Arbeitslose und Kinder. Wenn man sich nun aber überlegt, welcher Aufstand um ein paar Hundert Millionen Euro für Hartz-IV-Empfänger veranstaltet wird, während an anderer Stelle Milliardenbeträge einfach so durchgewunken werden, muss es doch endlich einmal klingeln in den Köpfen der Massen.

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Hartz-IV und die aktuelle Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS)

Geschrieben von:

Am Freitag, 24.09.2010, wurde die aktuele Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) durch das statistische Bundesamt veröffentlicht. Auf Grundlage dieser Erhebung will die Bundesregierung die Regelsätze für Arbeitslosengeld II Bezieher transparent berechnen. Frau von der Leyen kommt zu dem Ergebnis, ihren Koalitionspartnern fünf Euro mehr pro Monat und Leistungsbezieher anbieten zu können. Allein der Vorgang des „Anbietens“, um darüber zu verhandeln, verstößt laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Regelsätzen gegen die Verfassung. Denn wer transparent und realitätsnah einen Bedarf ausrechnet, kann nicht einfach eine Zahl nennen, über die dann intern verhandelt wird. Wozu dann etwas ausrechnen?

Die Bundesregierung behauptet nun aber, dass ihre Rechnung belegen würde, dass die bisherigen Bedarfe überraschend zu hoch angesetzt waren, der bisherige Regelsatz also mehr als ausreichend sei.

Quelle: Thüringer Allgemeine)

Aus Koalitionskreisen hieß es dazu, die Sätze für Kinder hätten eigentlich gesenkt werden müssen. Früher wurden sie vom Satz der Erwachsenen abgeleitet. Nun seien sie zum ersten Mal „spitz gerechnet“ worden. Überraschend sei herausgekommen, dass die bisherigen Sätze in allen Altersgruppen eigentlich zu hoch waren.

Schaut man aber in der aktuellen Verbrauchsstichprobe des statistischen Bundesamts nach, wird man feststellen, dass die Zahlen keinesfalls zu hoch, sondern zu niedrig angesetzt waren. Wenn man nämlich die unterste Gruppe mit einem Einkommen bis 900 Euro betrachtet, was schon realitätsfremd ist, da dieser Personenkreis wahrscheinlich selbst auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen ist, fallen bei den Einzelbedarfen die Unterschiede zum Teil deutlich auf.

Angaben in EURO (ALG II-Angaben, Stand: 30.06.2007)

  • Lebensmittelausgaben: 156 Euro (ALG II: 132,71)
  • Kleidung/Schuhe: 30 (ALG II: 34,26)
  • Gesundheit: 25 (ALG II: 13,17)
  • Verkehr: 55 (ALG II: 19,20)
  • Nachrichtenübermittlung: 38 (ALG II: 22,37)
  • Freizeit: 68 (ALG II: 39,48)
  • Gastronomie: 25 (ALG II: 10,06)

Wie die Bundesregierung also darauf kommt, dass die Ausgaben bisher zu hoch angesetzt waren, erschließt sich mir jedenfalls nicht. Ich bin gespannt auf die neue transparente Rechnung der Frau von der Leyen…

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Tage des Irrsinns – Zwischen Aufschwung und Zonen für Massenvernichtungswaffen

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Es ist unglaublich. Kaum wird bekannt, dass die Bundesregierung eine über den Daumen gepeilte Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze um satte 10 bis 13 Euro plant (heute Abend wissen wir mehr) und schon steigen ifo-Geschäftsklimaindex und die Prognose des Einzelhandelsverbands HDE zum privaten Konsum. Alles super. Es geht aufwärts. Schließlich weiß der Gesundheitsminister Philipp Rösler, dass im nächsten Jahr noch keine Zusatzbeiträge durch die Krankenkassen in maximaler Höhe von nunmehr zwei Prozent des Einkommens erhoben werden (auch bei Hartz-IV-Empfängern). Insofern kann die Binnenkonjunkur aber mal so richtig angekurbelt werden. Wobei der Einzelhandelsverband in seiner Pressemitteilung von einer Rückkehr zur Normalität spricht. Wenn ich mir die Entwicklung der letzten Jahre anschaue, bestand die Normalität gerade darin, stetig Umatzrückgänge hinnehmen zu müssen. Der entscheidende, aber von nahezu allen Medien völlig ignorierte Satz, lautet dann auch:

„Wir korrigieren unsere Umsatzprognose auf nominal plus 1,5 Prozent. Am Ende des Jahres könnte der Einzelhandel also einen guten Teil des Umsatzverlustes aus dem Vorjahr (minus zwei Prozent) wieder aufgeholt haben. Dies ist aber nicht viel mehr als eine Rückkehr zur Normalität.“

Man könnte darüber lachen, wenn man sich die Meldungen der täglich erscheinenden Volksverdummungsorgane vor Augen führt. Dazu eine Karikatur von Klaus Stuttmann.

Karikatur: Klaus Stuttmann
Quelle: Klaus Stuttmann

Inzwischen wurde aus Koalitionskreisen bekannt, dass sich Finanzminister Schäuble weigert, die zusätzlich benötigten Mittel in Höhe von 700 bis 800 Millionen Euro, die eine Erhöhung der Regelsätze um 10 Euro kosten würde, bereitzustellen. Das solle die Arbeitsministerin von der Leyen in ihrem Etat schön selbst zusammenkürzen. Das wird sie auch tun, in dem sie sich das Geld beim Kürzen von Qualifizierungsmaßnahmen und Eingliederungsleistungen zurückholt. In Zukunft gilt dann nicht mehr das Prinzip „Fördern und Fordern“, sondern die Maßgabe „Fordern und Sanktionieren“. Es soll ja demnächst viel leichter möglich sein, Bezieher von Arbeitslosengeld II zu sanktionieren. Das macht auch Sinn, wenn man die Förderung komplett einstellt. Möglicherweise führt dann schon ein fehlendes Satzzeichen in Bewerbungsschreiben Nr. 1025 zu einer sofortigen Kürzung der Leistungen wegen grober Pflichtverletzung.

Dieses Szenario ist dann auch ganz im Sinne derer, die sich bereits jetzt wieder über einen Sozialstaat beschweren, der wegen 10 Euro mehr aus dem Ruder laufen würde. Besonders widerlich geriert sich dabei der Fraktionsvize der Union Michael Meister. Er gilt gemeinhin als Chefhaushaltssanierer und Kostensparer, der großen Wert auf saubere Staatsfinanzen legt. Er lehnte sich mit der Bemerkung aus dem Fenster, dass der- oder diejenige, die Vorschläge für Mehrausgaben einbringe, auch dafür sorgen müsse, wie diese zusätzlichen Ausgaben finanziert werden sollen. Es sei daher nur konsequent, wenn Frau von der Leyen bei sich im Haushalt die nötigen Mittel für eine Erhöhung der Regelsätze suchen würde. Neue Schulden aufzunehmen, käme jedenfalls nicht in Betracht. Das sei unverantwortlich.

Komisch nur, dass derselbe Michael Meister die neuen Garantien für die HRE in Höhe von 40 Mrd. Euro als notwendige Maßnahme zur Gründung einer Bad Bank rechtfertigte, bei der auch Marktrisiken abgesichert werden müssten. Wörtlich sprach der offenkundige „Meister seines Fachs“ davon, dass die beabsichtigte Bad Bank ein „Versuch Boden unter die Füsse“ zu bekommen, sei. Ein ziemlich teurer Versuch für einen selbsternannten Haushaltssanierer, der im Mai 2010 noch davon sprach, dass „…wirklich alles. Man kann nichts ausnehmen, auch nicht die sozialen Leistungen.“ herangezogen werden müsse, um den Haushalt zu konsolidieren.

Das ist aber noch gar nichts im Vergleich zu Guido Westerwelle. Dieser Mann toppt einfach alles. Vor der UN-Versammlung hielt der Vizekanz-Nicht seine erste Rede (Deutschland bewirbt sich bekanntlich um einen frei werdenden nicht-ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat) und sprach von einer geplanten Konferenz zur Einrichtung einer Zone von Massenvernichtungswaffen im Nahen Osten, die eine große Chance für Frieden und Sicherheit in dieser Region darstellen würde. Sehen sie selbst.

LOL. Ausgerechnet das Wörtchen „frei“ übersah die liberale und selbsternannte Freiheitsstatue der Nation beim Ablesen seiner Rede. Wie kann denn so etwas nur passieren? Dabei hatte Westerwelle einen Tag zuvor die Rede des iranischen Staatspräsidenten Ahmadinedschad verurteilt und eine Verirrung des Redners beklagt.

„Es ist bedauerlich, dass Präsident Ahmadinedschad sich so verirrt hat, denn die Anschuldigungen sind natürlich abwegig und sie sind zugleich verletzend.“

Quelle: Reuters

Offensichtlich sind beide Gestalten verirrte Brüder im Geiste, die bei jeder Gelegenheit über ihre eigene Eitelkeit und Dummheit stolpern. Dazu passt doch einmal mehr die Karikatur über Westerwelle aus den Mitternachtsspitzen.

Extremist-Westerwelle

Mitternachtsspitzen: Jürgen Becker über den Ahmadinedschad des Mittelstands Guido Westerwelle

Über beteiligte Zuhörer, die empört den Saal verlassen hätten, ist nichts bekannt. Ich habe aber das Programm gewechselt.

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