Wahlen Meck-Pomm: Die SPD gewinnt, weil die größte Minderheit sie für ehrlich hält

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Infratest dimap und ihr ARD-Sprachrohr Jörg Schönenborn haben bei den Wählern etwas sehr schönes abgefragt. Und zwar haben die Wahlforscher gefragt, für wie ehrlich die Wähler jede einzelne Partei halten. Alle Parteien werden jeweils von einer Mehrheit der Befragten als unehrlich bewertet. Die SPD halte aber die größte Minderheit, etwa 37 Prozent, für ehrlich.

Ehrlichkeit_Meck-Pomm

Quelle: infratest dimap

Ich finde, dass erklärt sehr schön das heutige Wahlergebnis in Mecklenburg-Vorpommern. Denn zunächst durften alle wieder feiern. Die SPD sei klarer Wahlsieger mit einem Regierungsauftrag, wobei der beliebte Ministerpräsident Sellering bei der Wahl des Koalitionspartners mehrere Optionen habe. Die Grünen sind jetzt in allen 16 Länderparlamenten vertreten – eine rot-grüne Regierung ist auch noch möglich – und feiern sich ebenfalls als großen Wahlgewinner. Die FDP ist zurecht bei drei Prozent gelandet und liegt nicht mal mehr auf Augenhöhe mit der NPD, der bedauerlicherweise erneut der Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde gelingen wird.

Erst nachdem die erste Parteispitzenrunde vorbei war und jeder seine üblichen Floskeln abgegeben hat, kam Jörg Schönenborn endlich mit der wichtigsten Größe des Abends. Die Wahlbeteiligung ist noch einmal gesunken. Nach den bereits mageren 59,1 Prozent im Jahr 2006 rechnen die Wahlforscher mit dem niedrigsten Wert aller Zeiten, 51,5 Prozent. Vor diesem Hintergrund erübrigt sich eigentlich der Siegestaumel von SPD und Grünen sowie auch die Analysen der Journalisten, die allerhand Grafiken zur Kompetenz, Glaubwürdigkeit und Sympathie bemühten, um das Ergebnis zu erklären. Fast die Hälfte der Wahlberechtigten (48,5 Prozent) ist nicht zur Wahl gegangen. Das ist die eindeutig größte Fraktion.

Meck-Pomm mit Nichtwählern

Quelle: Tautenhahn (Zahlen aus Hochrechnung der ARD 23:53 Uhr)

In den Länderparlamenten sitzen inzwischen nur noch die Vertreter von Minderheiten, die fortwährend behaupten, sie hätten das Vertrauen der Menschen gewonnen bzw. mit dem offiziellen Ergebnis eine Bestätigung ihrer bisheriger Politik erhalten. Es gelingt einfach nicht mehr, die Menschen in diesem Land dazu zu bewegen, wenigstens ihre Stimme bei Wahlen abzugeben. Sie verweigern den Urnengang, weil sie in der Wahlenthaltung wahrscheinlich die einzige Alternative sehen, die ihnen noch bleibt. Das Angebot der Parteien scheint hingegen nicht mehr zu überzeugen. Das ist tragisch für die Demokratie.

EDIT: Neue Zahlen (19:17 Uhr, Wahlbeteiligung auf 52 Prozent gesunken)
EDIT: Neue Zahlen (23:53 Uhr, Wahlbeteiligung auf 51,5 Prozent gesunken)

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Die SPD begräbt mal wieder das Soziale

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Laut Süddeutscher Zeitung verabschiedet sich die SPD von ihrem Finanzkonzept, wonach Sozialabgaben für Geringverdiener und Alleinerziehende gesenkt werden sollen. Ein solches Milliardenprogramm sei vor dem Hintergrund der Neuverschuldung, einer sich abschwächenden Konjunktur sowie der Eurokrise nicht finanzierbar. Lieber will die Sozialdemokratie einen strikten Sparkurs fahren und Subventionen abbauen. An einer Anhebung des Spitzensteuersatzes wollen die Genossen aber festhalten.

Das ist alles sehr verwunderlich, aber wahrscheinlich ein Kniefall vorm neuen Medienliebling Steinbrück, dessen nichtvorhandene ökonomische Kompetenz gerade wieder aus der Mottenkiste geholt wird. Die Anhebung des Spitzensteuersatzes wirkt wie ein schlechter Scherz, waren es doch die Sozialdemokraten, die ihn in der Vergangenheit erst richtig gesenkt hatten. Eine Entlastung der Geringverdiener bei den Sozialabgaben könnte auch in Krisenzeiten erreicht werden, wenn sich die SPD an ihr Modell von einer Bürgerversicherung erinnern und dafür sorgen würde, dass jeder in die Sozialversicherung gemessen an seinem Einkommen aus Arbeit und aus Vermögen einzahlt. Man könnte dafür die Beitragsbemessungsgrenzen abschaffen und Besserverdienenden die Flucht aus der Solidargemeinschaft untersagen.

Man muss es halt nur wollen. So aber scheint die SPD nur eine Juniorpartnerschaft mit Frau Merkel anstreben zu wollen. Dafür steht schließlich auch Steinbrück mit seinem Namen.

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Unternehmerlogik und Schuldenbremse

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Die große Konsenssoßen-Politik ist seit Jahren bemüht, unternehmerische Logik auf ihre Entscheidungen die Volkswirtschaft betreffend zu übertragen. Der Staatshaushalt müsse ausgeglichen sein und Kosten eingespart werden. Dummerweise würde nie ein Unternehmer auf die Idee kommen, sich selbst eine Schuldenbremse zu verpassen. Wenn die Zinsen niedrig sind, werden Kredite aufgenommen. Und zwar deshalb, weil die Rendite aus Investitionen höher ist, als die Zinsen auf den Kredit. Auf die Volkswirtschaft übertragen, hieße das, dass beispielsweise über Staatsanleihen finanzierte Bildungsausgaben einen deutlich über den Kosten liegenden Gewinn versprechen. Selbst das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft errechnet Bildungsrenditen von bis zu zehn Prozent.

Ohne Kredite gibt es keinen Geldumlauf und ohne Geldumlauf kein Wachstum. Wenn man sich im Wahlkampf die einzelnen Positionen so anhört, so stellt man fest, dass von rechts bis links und von Nord nach Süd dieselbe Einstellung zum Schuldenmachen vorherrscht. Man dürfe nur ausgeben, was man auch tatsächlich habe, heißt es immer wieder. Aber genau das hat eben nichts mit Marktwirtschaft und der Realität zu tun. Denn was ist denn das, was jemand hat. Geld. Und Geld ist nichts weiter, als eine Schuldverschreibung, die man für beliebige Waren und Dienstleistungen wieder eintauschen kann. Geld entsteht überhaupt erst, weil Kredite vergeben werden. Wenn ein Arbeitnehmer Lohn erhält oder eine Stadt Steuern, dann drückt der Betrag nur eine bestimmte Höhe einer Forderungsposition aus. Etwas haben kann man hingegen nur, wenn man mit dem Geld investiert, konsumiert oder es als Tapete an die Wand klebt.

Geld zu horten und zu sparen, hat hingegen keinerlei volkswirtschaftlichen Sinn, sondern führt nur dazu, eine Deflation in Gang zu setzen. Was ist nun mit den Schulden? Wenn Schulden bestehen, heißt das doch nur, dass die Bank eine bestimmte Forderungsposition gegenüber dem Schuldner hat und einen Anspruch darauf, dass aus dem Nichts geschaffene Geld nach Tilgung wieder vollständig verschwinden zu lassen. Ein in seiner eigenen Währung verschuldeter Staat ist die Bedienung seiner Schulden immer problemlos möglich, weil er nicht nur Geld drucken, sondern auch dafür sorgen kann, es über Steuern einzutreiben. Er braucht daher keine Schuldenbremse, die in der Realität nur als Investitionsbremse wirken kann, sondern viel eher eine Wiederbelebung ökonomischen Sachverstandes. Er braucht übrigens auch keine Banken. Es reicht eine. 

Die Ausgaben von heute, sind eben nicht nur die Schulden von Morgen, sondern auch die Einnahmen. Wenn der Staat meint, den Banken Milliardenbeträge zu deren Rettung in den Rachen zu werfen oder vielmehr in den Rachen der Bankeigentümer, so hat er genauso gut das Recht, das viele Geld bei den so Begünstigten durch höhere Abgaben wieder hereinzuholen. Denn sie produzieren ja auch nichts damit, was dem Gemeinwohl vom Nutzen wäre. Das ist dann eben der Preis der Rettung, den dann auch die bezahlen sollen, die gerettet wurden. Sie wären ja nicht arm, nur weil sie von ihrem Reichtum etwas abgeben müssten. 

Wenn der Staat nun aber zu der Überzeugung gelangt, sich zu verschulden, weil er in die Realwirtschaft, in Schulen, in Straßen, in die Qualifikation der Bevölkerung investieren möchte oder Menschen einfach nur beschäftigen will, weil genug Arbeit da ist, so hat er nicht nur seinen Schuldenstand erhöht, sondern auch dafür Sorge getragen, dass ihm und den Sozialkassen in der Zukunft höhere Einnahmen zufließen, als der Kredit, den er dafür aufnehmen muss, in Wirklichkeit kostet. Die Tatsache, dass Schulden immer weiter zunehmen, liegt nicht daran, dass der Staat Kredite aufnimmt, sondern daran, dass seine politischen Führer eine falsche Wirtschaftspolitik betreiben, die einerseits einem total unproduktiven Sektor in Windeseile Milliardensummen zur Verfügung stellt und anderseits von den Menschen der Realwirtschaft verlangt, Verzicht zu üben und sparsam zu sein.

Wer aber von den Menschen verlangt, den Gürtel immer noch enger zu schnallen, muss die Demokratie, den Rechtsstaat und die Parlamente abschaffen. Vielleicht hat Frau Merkel genau das im Sinn.

“Wir leben ja in einer Demokratie und das ist eine parlamentarische Demokratie und deshalb ist das Budgetrecht ein Kernrecht des Parlaments und insofern werden wir Wege finden, wie die parlamentarische Mitbestimmung so gestaltet wird, dass sie trotzdem auch marktkonform ist.”

Quelle: NachDenkSeiten

In einer Demokratie zu leben, ist für Merkel anscheinend bedauerlich. Wo ist eigentlich der Aufschrei unserer Verfassungshüter aus der CSU? Steht Angela Merkel noch auf dem Fundament der freiheitlich, demokratischen Grundordnung? Immerhin will sie die Mitbestimmung marktkonform gestalten. Dazu schreibt das Grundgesetz:

Art 20

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

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blogintern: Statistik 08/11 und wie der Aufschwung für einen Abschwung beim Defizit sorgt

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Die Blogstatistik für den Monat August verzeichnet wie zu erwarten einen Rückgang bei den Besucherzahlen. Die Gründe sind weniger Beiträge (25), die Ferien und ein genereller Zeitmangel. Das macht aber nix, weil ich das Bloggen hier auf keinen Fall einstellen werde und mir Kommentare zum aktuellen Geschehen nicht immer verkneifen kann. Zum Beispiel haben wir heute gelernt, dass das deutsche Staatsdefizit nur noch 0,6 Prozent betrage. Die Zeit titelt sogar etwas wirr:

Haushaltsdefizit – Aufschwung füllt deutsche Staatskassen

Eigentlich sind die Kassen ja leer und nicht gefüllt, wenn ein Defizit festgestellt wurde. Aber darüber kann man auch hinwegsehen und zum springenden Punkt der Meldung aus dem statistischen Bundesamt kommen. Da heißt es nämlich:

Die Defizitquote des Staates lag nach vorläufigen Ergebnissen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) in der ersten Jahreshälfte 2011 bei 0,6 %. Dies ist die niedrigste Defizitquote seit dem ersten Halbjahr 2008.

Sollte uns das jetzt beruhigen? Denn nach dem ersten Halbjahr 2008 ging es mit dem Defizit steil bergauf und mitten rein in die Krise erster Teil. Wohlmöglich steht uns eine Fortsetzung jetzt bevor. Das griechische Staatsdefizit ist bereits außer Kontrolle, noch bevor Frau Merkel als angeblich mächtigste Frau der Welt ihre Partei in Sachen Eurorettung auf Kurs gebracht hat. Und dann kommt noch unser Bundesbankpräsident und Ex-Merkel Berater Jens Weidmann um die Ecke gebogen und warnt vor einer Transferunion:

Während die Finanzpolitik weiter auf nationaler Ebene festgelegt werde, würden die daraus resultierenden Risiken und Belastungen zunehmend durch die Gemeinschaft und insbesondere finanzstarke Länder beziehungsweise ihre Steuerzahler aufgefangen. „Solch eine Lösung ist nicht geeignet, die Unsicherheit an den Finanzmärkten einzudämmen“, sagte Weidmann.    

Quelle: HAZ

Die nationale Souveränität steht also zur Disposition, weil “das Misstrauen an den Finanzmärkten vor allem auf die Unsicherheit über den politischen Umgang mit der Staatsschuldenkrise zurückzuführen” sei, ist Weidmann überzeugt. Das bedeutet, wer das Vertrauen der Finanzmärkte wiederherstellen will, muss auch bereit sein, alle demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätze über Bord zu werfen.

Entweder müsse man die Euro-Zone zu einer echten Fiskalunion machen und damit die nationale Finanzpolitik entmachten. Oder aber, wenn die Politiker diesen Weg nicht gehen wollen, müsse der vertraglich vorgeschriebene Haftungsausschluss, die sogenannte Bail-Out-Klausel, und die damit einhergehende Disziplinierung der nationalen Finanzpolitiken über die Kapitalmärkte gestärkt werden, „statt sie vollständig zu entkernen“. Anders gesagt: Wenn Staaten ihre Finanzen nicht in den Griff bekommen, sollen sie die Konsequenzen in Form erheblich höherer Kreditzinsen voll zu spüren bekommen.  

Das ist die Wiederkehr eines deutschen Chauvinismus der besonderen Art und ohne Truppen. Gerade das Selbstlob des jungen Bundesbankpräsidenten, der die Flexibilisierung des deutschen Arbeitsmarktes, die Lohnmoderation und die sog. Reformpolitik als Gründe dafür anführt, dass Deutschland so gut durch die Krise gekommen sei, zeigt, was der Beobachter unter einem “Musterschüler” zu verstehen hat.

Die deutsche Lokomotive ist gerade zum Stillstand gekommen oder kurz davor. Die Wirtschaftsforschungsinstitute einschließlich der Bundesregierung revidieren schon wieder ihre allzu optimistischen Wachstumsprognosen. Die Arbeitslosigkeit verändert sich kaum und der Binnenkonsum dümpelt weiter vor sich hin. Die Bundesregierung hat alles getan, um die nächste Rezession garantiert zu erwischen, deren Ursache, wie so immer bei Krisen, nicht in den Reformen, der Lohnmoderation und der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes zu finden ist, sondern bei der ungünstigen weltwirtschaftlichen Entwicklung und natürlich bei den bösen Südeuropäern.

Aber bis es soweit ist, füllt der Aufschwung unsere Staatskasse so lange auf, bis endlich nichts mehr drin ist. Denn erst dann ist das Defizit beseitigt und alle sind glücklich.

Doch nun zur Blogstatistik:

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Kuriose Debatte um Westerwelle

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Westerwelle hätte einräumen müssen, dass der NATO-Einsatz ein Erfolg war und die Haltung der Bundesregierung falsch, sich im UN-Sicherheitsrat zu enthalten, lautet der Vorwurf der Medien und von Teilen der Opposition. Ohne Westerwelle in Schutz nehmen zu wollen, stellt sich doch die Frage nach dem Gedächtnis jener, die den Vorwurf konstruieren. Was war eigentlich passiert?

Die Bundesregierung hatte sich im UN-Sicherheitsrat der Stimme enthalten. Anschließend stellte sich Angela Merkel vor die Kameras und sagte, dass eine Enthaltung nicht mit Neutralität zu verwechseln sei und dass sie der NATO natürlich viel Erfolg wünsche bei ihrem Einsatz in Libyen. Deutschland werde die Intervention trotz Enthaltung unterstützen, weil es darum gehe, Gadaffi loszuwerden.

Mit anderen Worten: Deutschland hat sich der Stimme nur enthalten, weil der schwarz-gelben Regierung die anstehenden Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wichtiger waren, als Libyen oder der Sitz im UN-Sicherheitsrat. Man hätte ja auch mit Nein stimmen können, wenn man der Ansicht gewesen wäre, der Militäreinsatz sei falsch. Diese Haltung hat man aber nachweislich nicht geteilt, sondern die Wähler zu Hause zu täuschen versucht.

An der aktuellen Kampagne gegen Westerwelle kann man sehr schön sehen, wie der Krieg gegen Libyen als positives Beispiel einer militärischen Intervention nachträglich legitimiert werden soll. Bundesverteidigungsminister de Maizière hatte ja bereits einen Einsatz der Bundeswehr in Libyen ins Spiel gebracht. Strenggenommen hat die NATO aber gar kein Mandat, Jagd auf Gaddafi zu machen, sondern nur den Auftrag, eine Flugverbotszone über dem Land durchzusetzen und die Zivilbevölkerung vor Angriffen aus der Luft zu schützen.

Westerwelle ist ein Opportunist. Er war nicht gegen den Krieg, weil er den Krieg ablehnt, sondern dagegen, weil er ein schlechtes Abschneiden seiner Partei bei den Landtagswahlen befürchtete. Im letzten Jahr hatte auch er Gaddafi die Hand geschüttelt und mit ihm über eine längerfristige Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Flüchtlingsströmen verhandelt. Dafür verdient er Kritik. Mit Blick auf die Frage, ob militärische Einsätze als Mittel der Politik legitim sein können, möchte ich Gregor Gysi aus dem Sommerinterview der ARD vom 21. August 2011 zitieren.

„Nein. Wir müssen Diktatoren anders loswerden. Es ist verheerend zu glauben, dass Krieg das normale Mittel der Politik wird. Wirklich verheerend. Und außerdem erklären Sie mir mal eins: Ist Assad soviel besser als Gaddafi? Wieso helfen Bomben gegen Gaddafi und dann keine gegen Assad? Wissen Sie, was dahinter steckt? Libyen hat viel Erdöl und Syrien nicht. Und das kotzt mich an. Das ist wie seit 2.000 Jahren. Letztlich sind es immer ökonomische Interessen, die sich durchsetzen.“

Quelle: ARD

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Brüderle, oh Brüderle

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Rainer Brüderle ist bekannt für seine sprachlichen Verrenkungen und blumigen Ankündigungen. Als Bundeswirtschaftsminister hat er den “Aufschwung” das ein oder andere Mal lyrisch umschrieben, weil ihm schlicht die empirischen Belege fehlten. Jetzt ist Brüderle FDP-Fraktionschef und somit weder auf Umschreibungen noch Belege angewiesen. Er hat die Lizenz zum Drauflosreden mit der Wahl zum Fraktionskasper automatisch erhalten. Er darf sich zu allem äußern und seine Meinung dem jeweiligen Thema entsprechend anpassen. Mit Blick auf die Eurokrise sagt er nun:

„Europa braucht beim neuen Stabilitätspakt wirksame Sanktionen. Wenn Länder die Regeln nicht einhalten, müssen ihnen die zugeteilten EU-Mittel gekürzt werden“

Quelle: Welt Online

Bei dieser Bemerkung Brüderles spielt es sicherlich nur eine untergeordnete Rolle, dass besagte Länder EU-Mittel gerade deswegen bekommen, weil sie die Regeln unmöglich mehr einhalten konnten und ohne Hilfe der anderen die Zahlungsunfähigkeit hätten erklären müssen. Wenn nun also Herr Brüderle eine Kappung der Zuwendungen als Bestrafungsaktion vorschlägt, hat er genau was erreicht?

Aber das ist nicht das einzige, was dem liberalen Hoffnungsträger aus der Leck geschlagenen Pipeline tröpfelt. Deutschland hat keine Probleme mit der Stabilität, weil man glücklicherweise zu den Ländern gehört, denen trotz hoher Verschuldung gute Kreditbedingungen eingeräumt werden. Und weil das so ist, fordert Brüderle noch mehr Steuersenkungen als alle anderen.

“Union und FDP sind einig, im Herbst Steuerentlastungen für die Bürger zu beschließen. Ich bin da optimistischer und könnte mir mehr Entlastungswirkung vorstellen. Wir wollen ein stabiles Wachstum. Das schafft Arbeitsplätze und entlastet die Haushalte. Dafür brauchen wir ein ordentliches Entlastungsvolumen bei Steuern und Abgaben.”

Quelle: FDP

Ein stabiles Wachstum durch ordentliches Entlastungsvolumen. So einfach geht das vor und während einer Finanz- und Wirtschaftskrise, die die FDP noch nie wirklich zur Kenntnis genommen hat. Wieso dürfen diese Zaubermethode eigentlich nicht jene europäische Staaten anwenden, die gegen den Stabilitätspakt verstoßen, weil sie so wenig Einnahmen aus Steuermitteln haben, um ihre Schulden zu bedienen? Müsste Brüderle nicht den Griechen, Portugiesen, Spaniern, Iren und Italienern vorschlagen, sich dafür einzusetzen, dass ihre Steuer- und Abgabenbelastung gesenkt werde, weil dadurch ein stabiles Wachstum herbeigezaubert würde, das dann auf wundersame Weise auch zu mehr Steuereinnahmen führe?

Schließlich wollen doch alle, dass sich die Südeuropäer wieder aus eigener Kraft refinanzieren können. Aber daran glauben scheinbar weder die Liberalen noch Konservative oder Linke. Denn alle wollen nicht, dass Deutschland von seiner eigenen Wettbewerbsfähigkeit etwas abgibt. Vielmehr gilt die Devise, Waren und Dienstleistungen überall so billig herzustellen, dass jeder sie über den Export auf dem Weltmarkt verkaufen kann. An wen, spielt zunächst keine Rolle. Der Käufer müsste halt nur bereit sein, sich dafür zu verschulden. Da die Amerikaner mit dem Modell “Kaufe jetzt und zahle später” ordentlich auf die Nase gefallen sind, dürften aus dieser Richtung nur wenig Impulse kommen.

Und alle anderen sollen nach Brüderle eine Schuldenbremse nach deutschem Vorbild erhalten, “damit das ständige Schuldenmachen aufhört.” Deutschland hat es in diesem Jahr mit Schuldenbremse in der Verfassung schließlich auch geschafft, statt 48 Mrd. nur 30 Mrd. Euro neue Schulden aufnehmen zu müssen, wenn sich am “Aufschwung” nix mehr ändert. Im letzten Jahr vor Einführung der Schuldenbremse lag die Neuverschuldung übrigens noch bei 11,5 Mrd. Euro. Nun ist der Anstieg der Staatsverschuldung nicht darauf zurückzuführen, dass die Politik irgendwo eine Milliarde für mehr Kindergeld ausgegeben hätte, die man nach langen Diskussionen vielleicht einmal beschlossen hätte, sondern weil man sehr kurzentschlossen mehrere Hundertmilliarden für die Rettung von Banken ausgegeben hat und nun so tut, als sei die Bankenkrise eine Staatsschuldenkrise, deren Folgekosten unter Verweis auf die Schuldenbremse nur durch weitere Kürzung der bereits gestutzten Sozialausgaben finanziert werden können.

Damals wie heute träumt der Finanzminister wieder vom ausgeglichenen Haushalt, vorausgesetzt kein weiterer Spring-ins-Feld-Teufel durchkreuzt die hehre, aber volkswirtschaftlich völlig nutzlose Absicht, einen Staatshaushalt um jeden Preis, d.h. durch sparen, ausgleichen zu wollen.

Aber auch hier müsste Brüderle mal erklären, wie er eigentlich das ständige Schuldenmachen beenden will, wenn er gleichzeitig großzügige Steuersenkungen auf Pump zum politischen Nahziel erklärt bzw. an unnützen Steuergeschenken, wie das an die Hoteliers festhalten will. Die selbsternannten bürgerlichen Parteien müssen das nicht erklären, gelten sie doch gemeinhin als jene politischen Kräfte, denen man nachsagt, sie könnten mit Geld umgehen.

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Das teure Vertrauen der Märkte

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Seit Ausbruch der Finanzkrise geht es der Politik nicht mehr um das Vertrauen der Wähler, sondern einzig und allein um das Vertrauen der Märkte. Und damit die Märkte den Politikern wieder vertrauen, spannen diese immer größere Rettungsschirme auf. Erst waren es 130 Mrd. Euro für Griechenland im April 2010, die mit 750 Mrd. Euro im Mai 2010 abgesichert werden mussten. Das hat soviel Vertrauen geschaffen, dass bereits nach zehn Monaten noch einmal aufgestockt werden muss, weil immer mehr Länder der Eurozone, einen Platz unter dem Schirm benötigen werden.

Und trotz all dieser vertrauensbildender Maßnahmen befindet sich der Dax im freien Fall.  Die Märkte wollen den Politikern nicht vertrauen, weil sie wissen, dass da womöglich noch mehr für sie drin ist, meinen Werner Martin Doyé und Andreas Wiemers von Frontal21.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen hat sich zuletzt überraschend als Expertin für Finanzfazilität geoutet und gefordert, Hilfen an Eurostaaten dürfe es nur gegen Sicherheiten geben wie zum Beispiel Goldreserven oder Industriebeteiligungen.

“Wir wollen ja nicht erleben, dass alle paar Jahre neue Regierungen der Auffassung sind, die Party könne wieder beginnen.”

Quelle: Spiegel Online

Das schafft natürlich Vertrauen, wenn erst einmal ein deutscher Kuckuck auf den Sachwerten eines Schuldners haftet. Wenn man die Karriere der neuen Finanzexpertin von der Leyen zurückverfolgt, ist der Vorstoß der stellvertretenden CDU-Vorsitzenden konsequent zu Ende gedacht. Nachdem ihre Stoppschilder fürs Internet keine Verwendung fanden, können sie jetzt als sichtbarer Hinweis auf griechische Goldbarren geklebt werden, um die Besitzansprüche der deutschen Nation im Ausland kenntlich zu machen.

Aber da streifen wir bereits das Themengebiet des schwarz-gelben Kompasses, dessen Fehlen von Helmut Kohl öffentlich bemängelt wurde. Dabei hat der Altvordere und Hüter des Ehrenwortes bei zweifelhaften Finanzangelegenheiten, die den Tatbestand der Untreue und Vorteilsannahme erfüllen, scheinbar nicht verstanden, dass diese schwarz-gelbe Regierung gar keinen Kompass braucht. Sie fährt doch seit ihrem Antritt nur auf Sicht und hofft dabei, das Vertrauen der Finanzmärkte durch Flutung selbiger mit Steuermilliarden wiederfinden zu können, noch bevor der Kahn auf Grund läuft.

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Konjunkturdeutung mit Philipp Rösler

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Wirtschaftsminister Philipp Rösler sieht die deutsche Wirtschaft weiterhin im Aufschwung, obwohl selbst die Propagandaindizes ifo-Geschäftsklimaindex und die GfK-Verbraucherstimmung nach unten zeigen. Philipp Rösler ist schließlich auch kein Ökonom, sondern Mediziner. Dabei muss man Dinge, die wehtun, auch positiv vermitteln können. Allerdings weiß der Mediziner im Zweifel auch, wie sich der Patient nach der Operation fühlen wird. Er kann also die Zukunft voraussagen. Bei Rösler ist das nicht möglich. Er hat die Fachausbildung zum Augenarzt zu Gunsten der FDP abgebrochen. Damit ist die Betriebsblindheit dann auch wieder erklärbar.

Quelle zu Röslers Stütze des Aufschwungs:

http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Presse/pressemitteilungen,did=436376.html

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Strahlender Müll in Gorleben

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Die Grenzwerte für die Strahlenbelastung im Zwischenlager Gorleben könnten bald überschritten werden. Jetzt ist eine Arbeitsgruppe einberufen worden, die klären soll, wie man das verhindern kann. Ganz einfach. Man verfährt nach dem Modell Tepco und schraubt die Grenzwerte nach oben. Die seien ja ohnehin niedriger angesetzt als beispielsweise an Atomkraftwerken. Man kann die etwa 100 Behälter natürlich auch in die Mitte der Lagerhalle schieben. Dann strahlt es am Zaun nicht mehr so stark und die Messungen von Journalisten wären unauffällig.

Quelle zur Meldung:

http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hallo_niedersachsen/castor523.html

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Altersarmut

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Immer mehr Rentner jobben nebenbei, um ihre karge gesetzliche Rente aufzubessern. Dem Moderator des Deutschlandfunk fiel eben bei seiner Anmoderation zum Thema nichts besseres ein, als von einem demografischen Wandel zu sprechen, wonach es immer mehr und vor allem länger lebende alte Menschen geben würde, die einer schrumpfenden Gruppe von Beitragszahlern gegenüberstünden. Bezeichnenderweise erklärte dann ein anderer Redakteur aus Berlin, mit dem Namen Gerhard Schröder, dass es gegenwärtig etwa 20 Millionen Rentner gebe, von denen rund 600.000 einer zusätzlichen Erwerbstätigkeit nachgingen. Dieser Anteil habe in den letzten Jahren dramatisch zugenommen.

Interessant ist nun eine Zahl, die nicht genannt wird. Wenn es nämlich 20 Millionen Rentner gibt, wie viel Erwerbsfähige stehen diesen gegenüber? Es sind über 50 Millionen Menschen in diesem Land. Wo ist da bitteschön der demografische Wandel? Die Politik rühmt sich immer damit, dass die Beschäftigungszahl auf Rekordhöhe sei. Und in der Tat sind über 40 Millionen Menschen irgendwie beschäftigt. Schaut man aber etwas genauer hin, wird man feststellen, dass die sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung auf inzwischen 22,3 Millionen im Jahr 2010 zurückgegangen ist. Auf der anderen Seite nehmen prekäre Arbeitsverhältnisse rasant zu.

Wir haben also mit Blick auf die Rente kein demografisches, sondern ein Arbeitsmarktproblem. Künftige Rentner leiden nicht unter ihrer Gesundheit, die ihnen zu einem längeren Leben verhilft und auch nicht darunter, dass immer weniger junge Menschen Beiträge zahlen, sondern weil es mit Absicht vollzogene Rentenkürzungen durch die Politik gegeben hat. Zudem hat die junge Generation sowie die Rentenversicherung darunter zu leiden, dass mit prekärer Beschäftigung und dem massiven Ausbau des Niedriglohnsektors zu Gunsten der Wirtschaft, dem Sozialversicherungsmodell die Finanzierungsbasis entzogen wird. Woher sollen die Beiträge auch kommen, wenn die Jobs so schlecht bezahlt sind?

Im übrigen ist von dieser Entwicklung nicht nur die gesetzliche Rentenversicherung betroffen. Die Beiträge für eine sehr viel unsichere private Altersvorsorge können ebenfalls nicht aufgebracht werden, wenn die Einkommenssituation verschlechtert wird. Das Kapitaldeckungsverfahren ändert demnach auch nichts an der Demografie. Es ist nur die teurere Variante eines Umlageverfahrens, an dem Versicherungskonzerne und die Finanzwirtschaft kräftig mitverdienen, weil die Politik einerseits Steuermittel zur Subvention bereitstellt – Stichwort: Riesterförderung – und andererseits den Menschen ihre gesetzliche Rente um den Betrag kürzt, den sie dann in einem privaten Modell zu höheren Kosten anlegen sollen.

In dem Bericht mit Gerhard Schröder wird tatsächlich das Märchen erzählt, dass viele Rentner noch gesundheitlich sehr fit seien und freiwillig länger arbeiten, weil sie es können. Steigende Gesundheit und höhere Lebenserwartung spiele neben der durchaus zunehmenden Altersarmut eine Rolle. Darauf antwortet der Moderator mit der Frage:

“Also ganz so einfach, wie das jetzt aus der Partei die Linke beispielsweise zu hören ist, dass dies nun eindeutig eine dramatische Entwicklung schon jetzt bei der Altersarmut zeigt, belegen die Zahlen nicht?”

Quelle: dradio (7.44 Uhr) 

Nein, die Zahlen belegen das nicht, sagt der Journalist Schröder weiter. Es gebe aber einen klaren Trend zur Altersarmut, weil die Zahlen eben doch im Vergleich sehr stark zunehmen und die Renten der Zukunft aus demografischen Gründen durch die Politik bereits gekürzt wurden. Gleichzeitig hätten immer mehr Menschen nur Minijobs, aus denen sie weder für die gesetzliche Rente Ansprüche erwerben noch für die private Altersvorsorge etwas ansparen könnten.

Wer das Gespräch aufmerksam verfolgt, kann nur zu dem Schluss kommen, dass es kein demografisches Problem gibt. Es existiert nur als Grund für die Politik, um die gesetzliche Rente zerstören zu können, damit die Finanzwirtschaft davon profitiert. Maschmeyers “Ölquelle Riesterrente” braucht an dieser Stelle nicht noch einmal erwähnt werden. Selbst wenn die Bevölkerung altert oder schrumpft, wäre das nicht dramatisch für die Rente, weil in einer kleineren Generation auch jene Kosten wegfallen würden, die in einer größeren durch alle aufgebracht werden müssen. Kinder kosten auch Geld. Nur tauchen sie nie in der Rechnung auf, wenn über die Alterung einer Gesellschaft gesprochen wird, in der ihr Fehlen sich ja positiv auf die Gesamtfinanzierung des Sozialsystems auswirken müsste.

Fakt ist, dass sämtliche sozialen Kosten einer Generation auch von dieser aufgebracht werden müssen. Es ist also immer die Verteilungsfrage zu beantworten und damit auch die Frage, wie viel Vermögen sich bei weinigen ansammeln darf, die ja letztlich davon profitieren, dass sie aus der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme entlassen und mit Entscheidungen hinsichtlich steuerlich geförderter Anlageprodukte wie Riester und Rürup Renten begünstigt werden.

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