Geschönte Arbeitsmarktdaten! Plötzlich aufgewacht?

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Die Süddeutsche Zeitung berichtete gestern von einer Studie der Bundesagentur für Arbeit, wonach von den 2,8 Millionen Beschäftigten, die im abgelaufenen Jahr ihren Job verloren haben, rund 26 Prozent sofort auf Hartz IV Leistungen angewiesen waren. Grund dafür seien eine zu kurze Beschäftigungsdauer oder aber zu niedrige Löhne.

Nun rauscht es im Blätterwald. Auch weil die Grünen plötzlich die Regierung beschuldigen, die Arbeitsmarktstatistik geschönt zu haben. Die Diskussion um Lohndumping, Niedriglohnsektor und Mindestlohn keimt von neuem auf, obwohl die Fakten nicht neu sind. Man könnte durchaus von einem Erwachen sprechen, da immer mehr Journalisten zu der Überzeugung gelangen, dass an der Arbeitsmarktpolitik etwas faul sein könnte. Allerdings überwiegen noch immer die alten Vorurteile. So schreibt etwa die STUTTGARTER ZEITUNG:

„Wo Arbeitnehmer und Gewerkschaften zu schwach sind, ein halbwegs akzeptables Lohnniveau durchzusetzen, kann staatliche Regulierung für Linderung sorgen. Erfahrungen aus dem Ausland zeigen, dass Mindestlöhne nicht unbedingt zu einem massiven Arbeitsplatzabbau führen müssen. Das gilt erst recht für branchenspezifische Lösungen, die berücksichtigen, dass die Wertschöpfung nicht überall gleich hoch ist.“

Quelle: dradio Presseschau

Dass die Gewerkschaften zu schwach sind, ist eine Folge der Agenda-Politik. Die Drohung auf Hartz IV Niveau abzurutschen hat von Anfang an gewirkt und war auch so beabsichtigt. Interessant ist nun, dass der Autor den Mindestlohn als Regulierungsmaßnahme vorschlägt. Dabei verweist er auf die Erfahrungen aus dem Ausland. Allerdings sind diese völlig falsch wiedergegeben, denn in keinem Land, das einen Mindestlohn eingeführt hat, ist es zu einem Arbeitsplatzabbau gekommen. Der Autor oben tut aber so, als hätte das stattgefunden, weil die reine Lehre das voraussagt. Dabei ist das Gegenteil richtig. Die Erfahrung lehrt, dass ein Mindestlohn nirgendwo Arbeitsplätze vernichtet hat, sondern als sinnvolles Instrument für Stabilität und sogar Beschäftigungsaufbau sorgt.

Aber bis zu dieser Erkenntnis ist’s wahrscheinlich noch ein weiter Weg. Dazu müsste nämlich erst begriffen werden, dass Löhne nicht nur Kosten im betriebswirtschaftlichen Sinne sind, sondern auch und vor allem eine volkswirtschaftliche Bedeutung haben. Ohne sie, keine Nachfrage. Und ohne Nachfrage, kein Konsum. Und ohne Konsum, kein Grund irgendetwas sinnvolles zu produzieren. Stattdessen wird Lohndrückerei kombiniert mit der Produktion von möglichst billigen Dingen, die weder nützlich noch fortschrittlich sind, dafür gerade noch bezahlbar.

Die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG rät dagegen zu Vorsicht im Umgang mit Statistiken:

„Dank des Booms am Arbeitsmarkt finden auch immer mehr Langzeitarbeitslose einen Job. Allerdings nur vorübergehend, weshalb die Zeit nicht ausreicht, um damit einen Anspruch auf das reguläre Arbeitslosengeld zu begründen. Daher landen sie gleich wieder bei Hartz IV. Hätten die Betroffenen gar keine Arbeit gehabt, wären die staatlichen Transfers ohne Unterbrechung geflossen – und die ‚dramatische‘ Statistik hätte es so nicht gegeben.“

Quelle: dradio Presseschau

Der Boom am Arbeitsmarkt. Man hört das immer wieder. Selbst die Diskussion um fingierte Arbeitslosenzahlen – die Bundesregierung leugnet das nicht mehr, wäscht ihre Hände aber in Unschuld und spricht von „Unschärfen“ – sorgt nicht für einen Abbruch des Geredes vom Boom und vom Aufschwung. Dass immer mehr Langzeitarbeitslose einen Job finden, bestätigen aber auch gerade die manipulierten Zahlen nicht. Seit langem verharrt der Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Arbeitslosen bei über 30 Prozent. Der sogenannte Aufschwung geht also gerade an diesen Betroffenen konsequent vorbei.

Im letzten Monatsbericht der Bundesagentur ist zu lesen:

Weil der Rückgang schwächer ausfiel als bei allen Arbeitslosen, hat sich der Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Arbeitslosen von 34 auf 35 Prozent erhöht. Dabei ist die Langzeitarbeitslosigkeit in beiden Rechtskreisen rückläufig (Rechtskreis SGB II: -15.000 bzw. -2 Prozent; Rechtskreis SGB III: -23.000 bzw. -15 Prozent). Im Vorjahresvergleich blieb der Anteil der Langzeitarbeitslosen im Rechtskreis SGB III mit 17 Prozent unverändert und hat sich im Rechtskreis SGB II um 1 Prozentpunkt auf 43 Prozent erhöht.

Quelle: Agentur für Arbeit (Monatsbericht November 2011)

Übrigens weißt die Linkspartei schon das ganze Jahr über auf die Trickserei bei der Zählung von Arbeitslosen hin. Dass die Medien erst jetzt auf eine plötzliche Eingebung der Grünen reagieren, ist mal wieder typisch für diese traurige Medienwelt.

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Die private Hand an der Notenpresse

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Seit Monaten warnt die Politik vor dem sprichwörtlichen Anwerfen der Notenpresse – obwohl längst geschehen. Gerade in Deutschland wurde immer wieder gesagt, dass frisch gedruckte Euros die Sparabsicht konterkarieren und zudem für Inflation sorgen könnten. Nun stellt die EZB den privaten Geschäftsbanken eine halbe Billion Euro für drei Jahre zur Verfügung und der Aufschrei ist, sagen wir mal, eher verhalten. Denn wenn die private Hand an der Notenpresse das Sagen hat, geht es ja um das so wichtige Vertrauen der Märkte, das nur hergestellt werden könne, wenn Ackermann und Co. auch flüssig bleiben.

So ist es auch nicht sonderlich überraschend, dass der Bankenverband die Maßnahme begrüßt und eine mögliche Kreditklemme für abgewendet hält.

Die Frage ist aber, warum eine halbe Billion Euro für die Banken, die das frische Geld gegen weitaus höhere Zinsen an die Staaten weiterverleihen werden, besser sein soll, als die direkte Finanzierung der Staatsschulden durch die EZB?

Eigentlich müsste jeder das irre Spiel so langsam durchschauen und zu der Erkenntnis gelangen, dass die privaten Geschäftsbanken, die sich untereinander erneut misstrauen, überflüssig geworden sind. Zur Finanzierung einer Volkswirtschaft braucht man sie einfach nicht mehr, wohl aber für die kriminellen Akte an den Märkten, die den spekulierenden Anteilseignern hohe Renditen versprechen. Inzwischen ist ja auch das Geschäft mit Staatsschulden sehr lukrativ geworden. Das lehrt die Eurokrise eindrucksvoll.

Wie gut, dass das Thema Wulff die Gazetten landauf landab in Atem hält. Bis zu dessen Rücktritt wird der sich im Gange befindliche europäische Selbstmordversuch eine Randnotiz bleiben. Auf den Trümmern des europäischen Hauses werden wir aber dann wenigstens wissen, ob der Bundespräsident als niedersächsischer Landeschef das Parlament belog.

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Urban Priol: Tilt! 2011 Der etwas andere Jahresrückblick von und mit Urban Priol

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Die Aufzeichnung aus dem Stadttheater Aschaffenburg vom 4. Dezember wird am Freitag, 30. Dezember, um 20:15 Uhr auf 3sat ausgestrahlt.

Unter dem Motto “Schluss mit lustig” setzt 3sat am vorletzten Tag des Jahres einen kabarettistischen Themenschwerpunkt. Neben Priols Jahresrückblick sind unter anderem die Programme von Dieter Hildebrandt, Georg Schramm und Volker Pispers zu sehen.

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Nachtrag zur Lebenserwartung

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Ich habe gerade festgestellt, dass ich der Rechnung der Linken, wonach die Lebenserwartung von Geringverdienern abnehme, auch auf den Leim gegangen bin. Der Demografie-Blog beweist mit viel mathematischen Hintergrundwissen das Gegenteil. Allerdings heißt es auch dort, dass es für den Zeitraum nach 2006 keine genauen Berechnungen gebe. Die These, wonach die Armen früher sterben, müsste also noch statistisch belegt werden. Gewiss bleibt aber, dass sich eine “Deutschland geht es gut” Politik, die die Augen vor dem Auseinandergehen der Schere zwischen arm und reich im Zuge der sog. “Reformen” verschließt, es sich natürlich nicht leisten kann, wenn das Elend auch durch ein früheres Ableben der Betroffenen dramatisch messbar würde.

Jedenfalls ist die Diskussion sehr bezeichnend. Die zunehmende Lebenserwartung als Bestätigung für die asoziale Politik der letzten Jahre zu deuten, ist genauso unangebracht und verlogen, wie der Versuch der Linken, aus einem Teil der vorliegenden Zahlen ein politisch passendes, aber objektiv falsches Bild herauszulesen.

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Eine (Bild)erbuch-Kampagne

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In der Causa Wulff legt die Bildzeitung nach und bringt eine lukrative Verbindung zwischen dem Bundespräsidenten und Carsten Maschmeyer aus der Vergangenheit ans Licht. Doch keiner fragt danach, woher die Informationen stammen.

Bild-Kampagne-Wulff

Quelle: Bild.de

Derzeit stürzen sich alle Medien auf den Bildbericht. Doch keiner fragt danach, woher die Bildzeitung die Informationen hat. Die Zeitungsanzeigen sollen im Jahr 2007 durch Maschmeyer finanziert worden seien. Es ist anzunehmen, dass das Springerblatt schon zu diesem Zeitpunkt davon wusste und die pikanten Details im hauseigenen Leichenkeller deponierte.

Als die Panorama-Redaktion gegen den Drückerkönig aus Hannover recherchierte und die schillernde Persönlichkeit aus der Finanzbranche mit harten Fakten vom Sockel stieß, war die Bild die einzige Zeitung, mit der Herr Maschmeyer ein Interview führte. Erschwerend hinzu kommt, dass der Autor des “Wulff-Buches” Hugo Müller-Vogg – bekannt unter dem Spitznamen “Kanzlerinnenzäpfchen” – ist, der selbst für den Springer-Konzern und die Bildzeitung schreibt.

Daher ist doch viel interessanter zu erfahren, warum die Bildzeitung gerade jetzt eine so durchschaubare Kampagne gegen den Bundespräsidenten fährt. Doch die scheinbar ganz neuen Enthüllungen um einen Mann, dessen Verstrickungen in die Wirtschaft nie ein Geheimnis waren, sondern schlicht keinen interessierten, beschäftigen den Mainstream-Journalismus. Dabei hängen sich auch die als seriös geltenden Medien genüsslich und unkritisch an die Bildzeitung dran.

Im Hause Springer dürfte man entzückt darüber sein, wie einfach es noch immer ist, die Öffentlichkeit und die Politik in Deutschland am Nasenring durch die Manege zu ziehen. Und keiner merkt’s.

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Danke Deutschland? Danke Schmickler!

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Falls die Weihnachtsansprache des noch amtierenden Bundespräsidenten ausfallen sollte oder darin wieder nur das Ehrenamt besonders gelobt werden wird – also Arbeit, für die keiner was bezahlen muss und daher gerade für christlich liberale Vorstellungen besonders attraktiv ist – schlage ich Wilfried Schmicklers Schlussakkord aus den Mitternachtsspitzen vom vergangenen Wochenende vor:

Danke Deutschland? Danke Schmickler!

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Mit Wulff stimmt einfach nur die Auflage

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Es wird ja derzeit viel über unseren Bundespräsidenten diskutiert. Wer hat ihm einen Privatkredit gewährt und wo hat er bei wem Urlaub gemacht. Wieso fragt eigentlich keiner danach, wo Herr Wulff nicht Urlaub gemacht hat. Offensichtlich ist schon wieder in Vergessenheit geraten, dass er sich im Sommer vom ZDF nach Norderney zum Interview hat einfliegen lassen und wahrheitswidrig behauptet hat, er mache da gerade Urlaub. Aber sei’s drum. Dank Bild hat die durchgedrehte Medienwelt ein dankbares Thema in der Vorweihnachtszeit gefunden.

Einige freuen sich gar schon auf die Weihnachtsansprache – ich mich auch. Sie wird diesmal wohl zum Quotenhit oder aber von Wulffs Anwälten verlesen. Bild, Springer, Wulff? War da nicht was? Klar, der erfundene Präsident. Der hieß aber nicht Wulff, sondern Gauck und wurde mit “Yes, we Gauck” in einer beispiellosen Kampagne durch Friede Springers Tintenknechte gepusht. Selbst die SPD musste zugeben, dass ihr der Personalvorschlag Gauck vom Welt-Chefredakteur Thomas Schmid unterbreitet wurde. Den rot-grünen Parteistrategen gefiel natürlich die Idee, weil sie a) Frau Merkel und die Union und b) die Linkspartei vorführen konnten.

Was sie hingegen nicht begriffen haben, ist das erneute Gelingen der wahrhaft Mächtigen in diesem Land, SPD und Grüne als fremdbestimmte Parteien darzustellen, die bei jeder Gelegenheit der konservativen Linie hörig auf den Leim gehen. Und nun scheint Springers Rache an Merkel zu folgen. Wulffs Verstrickungen in die Finanzbranche und seine guten Kontakte zu vermögenden Unternehmern waren schon lange bekannt. Der Trumpf wird gespielt und die Auflage steigt.

Aus Sicht Friede Springers ist Wulff verzichtbar und ein Comeback des Gauck(lers) nur allzu verlockend. Wie schön wäre es, wenn man in Zeiten der Krise noch einmal das Märchen vom verhinderten Bürgerpräsidenten erzählen könnte, hinter dem sich alle Deutschen liebend gern versammelt hätten. Medienkenner Spreng vollführt das bereits. Dabei fühlt sich Joachim Gauck als elitärer Dummschwätzer auf Veranstaltungen mit erlesenem Publikum sichtlich wohl. Ihm scheint es inzwischen zu gefallen, den Protest von Bürgern als kindisch und “unsäglich albern”  zu bezeichnen.

Mit Wulff und Gauck stimmt mal wieder die Auflage, sonst nichts. Das Thema Sarrazin und doofe Migranten, die die Qualität des Volkskörpers zersetzen, scheint den Springer-Hetzern im Augenblick vor dem Hintergrund des staatlich alimentieren Mordens durch sogenannte V-Leute ein wenig zu heiß. Deshalb servieren sie Wulff vielleicht auch deshalb ab, weil er es einmal gewagt hatte zu sagen, der Islam gehört zu Deutschland.

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Das Gespräch haben wir vor der Sendung aufgezeichnet

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Der gestrige Tag war hart für die TV-Zuschauer. Zahlreiche Nachrichtensendungen begannen mit dem Satz. “Jetzt sind wir in Berlin mit XY verbunden.” Es stimmte nie, weil jedes Gespräch vor der Sendung aufgezeichnet wurde. Das erfuhren die Zuschauer meist im Anschluss an die schlecht zusammengeschnittenen Interviews, bei denen die Moderatoren stets das gleiche fragten und wie auf Bestellung die gleichen Antworten geliefert bekamen.

Grundsätzlich bedeutet eine Aufzeichnung ja immer, dass der Interviewpartner zum Zeitpunkt der Live-Sendung nicht zur Verfügung stand. Dennoch erwecken die Moderatoren zunächst den Eindruck, als wäre es so. Warum? Irgendwie ist man ja dann enttäuscht, wenn ein designierter FDP Generalsekretär nicht von Studio zu Studio hetzen muss, um sich werbewirksam in Szene zu setzen. Irgendwie sieht das ja nach Arbeitsverweigerung aus. Vielleicht wollte man auch bloß vermeiden, dass Patrick Döring wieder einen Außenspiegel demoliert und anschließend Fahrerflucht begeht.

Okay, ich kann verstehen, dass der Vorsitzende der Jungen Liberalen, Lasse Becker, im Nachtmagazin der ARD aus Jugendschutzgründen vor der Sendung aufgezeichnet wurde, aber den Christian Lindner hätte man schon gern noch einmal live gehört. Denn warum der jetzt zurückgetreten ist, erschließt sich dem aufmerksamen Beobachter nicht. Vielleicht will er jetzt neben Oli Welke in der heute-show auftreten, nachdem das Zusammenspiel zwischen ihm und der Satiresendung immer besser funktionierte. Dagegen hätte ich nichts. Unterhaltsam ist der Lindner schon, wenn er will.

Allerdings muss man sich generell Sorgen machen um den Zustand der Koalition. Denn Regierungssprecher Seibert ließ in einer Aufzeichnung verkünden, dass der Rücktritt von Lindner keinerlei Auswirkungen auf die Arbeit der schwarz-gelben Koalition habe. Da hätte man schon gerne zurückgefragt, ob ein Wegfall der gesamten FDP auch keinen Einfluss auf die Arbeit der Koalition gehabt hätte oder haben würde.

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Wer arm ist, stirbt früher

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Die Debatte im Bundestag um die Behauptung der Linken, wonach Geringverdiener eine niedrigere Lebenserwartung hätten, treibt die Regierungsfraktionen auf die Palme. Dabei zitiert die Linke aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Große Anfrage der Abgeordneten Matthias W. Brinkwald, Klaus Ernst, Diana Golze und weiterer Abgeordneter der Fraktion DIE LINKE.

Darin sei dokumentiert, dass gerade geringverdienende Männer in den letzten zehn Jahren immer früher gestorben seien.

Starben solche Rentenbezieher 2001 im Durchschnitt noch mit 77,5 Jahren, lag die Zahl 2010 nur noch bei 75,5 Jahren. Im Osten jedoch ging die Lebenserwartung im gleichen Zeitraum bereits um 3,8 Jahre zurück, also fast vier Jahre. Dort starben Geringverdiener 2001 im Schnitt noch mit 77,9 Jahren, 2010 jedoch bereits mit 74,1 Jahre.     

Quelle: taz

Die Regierung bezichtigt die Linke der Lüge und wirft ihnen vor, eine Falschmeldung in den Medien platziert zu haben. Und jetzt kommt die abenteuerliche Begründung: Die Linke würde Sterbetafeln mit der Lebenserwartung verwechseln.

Die Lebenserwartung steige im Durchschnitt über alle Einkommensgruppen und Altersklassen hinweg. Das würden die Studien und Zahlen des statistischen Bundesamtes und der Deutschen Rentenversicherung eindeutig belegen. Interessant ist nun, dass Fakten mit Erwartungen bekämpft werden. Dass eine nicht unerhebliche Zahl von Männern mit geringem Einkommen tatsächlich früher gestorben ist, als es die Erwartungen vermuten ließen, ignoriert die Koalition und wirft der Linken stattdessen vor, mit sozialistischen Rechenkünsten die Öffentlichkeit zu täuschen.

Dabei erinnere ich mich an Frau von der Leyens aufgedeckte Falschrechnung zu einer angeblich gestiegenen Geburtenrate und die monatlich vorgestellten Arbeitsmarktdaten, die auf einer fingierten Statistik beruhen. Die Koalition ist keineswegs vertrauenswürdig im Umgang mit Zahlen. Doch wie hat Brinkwald von der Linken gerechnet? Nun er hat sich die Statistik im Anhang der umfänglichen Antwort der Bundesregierung genauer angeschaut und aus den unten markierten Werten, die im übrigen von der Rentenversicherung selbst stammen, seine Schlüsse gezogen.

Rentenbezugsdauer

Aus der Tabelle geht hervor, dass es im Jahr 2001 etwa 10.000 Männer gab, deren Altersbezüge weggefallen sind und die von ihrem 65. Lebensjahr an gerechnet für etwa 12,5 Jahre eine durchschnittliche Rente von 683 Euro bezogen haben. Schaut man nun weiter nach rechts, stellt man fest, dass im letzten Jahr über 16.000 Männer gestorben sind, die ab ihrem 65. Lebensjahr eine durchschnittliche Rente von 712 Euro für lediglich 10,5 Jahre bezogen haben.

Um Geringverdiener handelt es sich deshalb, weil die Betroffenen nur zwischen 0,5 bis 0,75 Entgeltpunkte pro Versicherungsjahr erhalten haben. Sie haben also Versicherungsbeiträge unterhalb des Durchschnitts in die Rentenkasse eingezahlt. Im Grunde genommen ist statistisch auch ablesbar, was sich für jeden mit gesundem Menschenverstand auch so erschließt, weite Teile des Bundestages ausgenommen.

Wer nur wenig verdient, muss trotzdem mit den gestiegenen Kosten leben, die ihm die Politik durch die Reformen der letzten Jahre aufgedrückt hat. Da wären beispielsweise eine höhere Mehrwertsteuer, die Praxisgebühr, allgemein höhere Zuzahlungen, aber auch weniger Wohngeld zu nennen. In der Realität können Menschen mit niedrigem Einkommen gar nicht gesund leben, ohne sich massiv zu verschulden.

Sie haben eben nicht die Wahl, wie das der völlig behämmerten FDP immer vorschwebt, zwischen verschiedenen Gesundheitsleistungen frei auszuwählen, sondern sie sind dazu gezwungen, sich auch notwenige Arztbesuche zu sparen. In diesem Zusammenhang ist mir während der heutigen Bundestagsdebatte aufgefallen, dass Johannes Vogel – Jahrgang 1982 – der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Liberalen ist. Ja hat der denn überhaupt schon mal gearbeitet? Erster Satz am Rednerpult war dann auch entsprechend von Kompetenz durchdrängt. Er wisse jetzt, warum die DDR untergegangen sei.

Wer mit wenig Geld auskommen muss, frisst auch den billigen Lebensmitteldreck, der ohne Warnampel auf der Verpackung in den Regalen der Einzelhandelsketten herumliegt. Am Ende zeigen dann gerade solche liberalen Irrlichter wie der Vogel mit dem Finger auf die immer fetter werdenden Leute und beschwert sich angeekelt über die angeblich spätrömische Dekadenz von Geringverdienern, denen man doch ansehen könne, dass es ihnen immer noch zu gut geht.

Aus Sicht der großen schwarz-rot-grün-gelben Koalition gibt es natürlich keinen Zusammenhang zwischen der Agendapolitik und der Lebenserwartung. Sie muss einfach steigen, weil sonst die gesamte demografische Ideologie einfach so in sich zusammenbrechen würde. Wobei eigentlich jeder bei klarem Verstand längst durchschaut haben müsste, dass das Demografieargument nur eine nützliche Erfindung der Versicherungslobby war, um die für die Konzerne so lukrative private Vorsorge politisch salonfähig zu machen.

Klar werden die Leute älter und die Geburten gehen zurück. Aber wenn das Alter Kosten verursacht, werden auf der anderen Seite durch weniger Geburten Kosten eingespart. Man muss immer wieder darauf hinweisen, dass bis heute niemand eine Gesamtbetrachtung aller gesellschaftlichen Kosten vornimmt, sondern der Blick immer nur auf einen Teilaspekt reduziert wird.

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Achtung! It’s Angela

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Die europäische Sparunion ist beschlossene Sache. Gestern hieß es, dass die neuen Verträge Ende März fertig und unterschriftsreif sein sollen. Ist das jetzt noch vor oder schon nach dem Zusammenbruch der Eurozone? Merkel habe sich durchgesetzt, loben die deutschen Medien ihre Kanzlerin. Die Umfragewerte steigen wieder, beklagte sich Urban Priol gestern in der Anstalt. Es schiene so, als könne der Union kein Skandal, kein noch so offensichtlicheres Versagen etwas Anhaben.

“Wie oft haben wir schon gedacht, dass die CDU jetzt fallen müsste”, stellte Priol enttäuscht fest und Max Uthoff fügte genial an, dass gerade wir Deutschen immer wieder beweisen, dass Posten und Qualifikationen keine Schnittmengen haben müssen.

Es gelte wohl der Satz der Kanzlerin, wonach eine neue Definition des Begriffs “Erfolg” angebracht sei und die Erwartungshaltung diesbezüglich nach unten geschraubt werden müsse. So einen Satz könne man sich auch mit Restalkohol nicht schöntrinken, kommentierte Pelzig treffend.

Merkel_Newsweek

Wer optimistisch sei, könne den Weltuntergang eigentlich nur begrüßen.  

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