TV-Tipp: Neues aus der Anstalt

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Urban Priol und Erwin Pelzig laden zum Neujahrsempfang am Dienstag, 31. Januar, im ZDF um 22:15 Uhr in die Anstalt ein. Dabei werden die beiden Gastgeber mit Sicherheit den Fragen auf den Grund gehen, warum Christian Wulff noch immer Bundespräsident ist und die CSU mit dem Verfassungsschutz im Bett, Jagd auf die Linken macht. Wahrscheinlich, weil Friedrich, Dobrindt und Co. auf Wiedergutmachung aus sind. Schließlich haben ihre Vorgänger in der CSU zusammen mit der KPD bei Gründung der Republik gegen die Einführung des Grundgesetzes gestimmt. Das schreit nach Aufklärung.

Die Sendung läuft wie immer live und direkt nach dem heute journal.

Das Jahr 2012 ist schon in vollem Gange, wenn in den Fluren der Anstalt wieder Leben einkehrt. Frisch erholt aus der Winterpause ziehen Urban Priol und Erwin Pelzig mit ihren Gästen eine erste satirische Bilanz.

Zum Wiedersehen im neuen Jahr stehen Carmela de Feo, Piet Klocke und Arnulf Rating auf dem Belegungsplan.

Quelle: ZDF

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Sparkommissar scheinbar abgehakt

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Am Wochenende hörte ich einen Experten im Radio sagen, dass es schon wünschenswert wäre, wenn das griechische Volk an den Fiskalentscheidungen beteiligt würde. Allerdings sei doch klar, dass Sparmaßnahmen im Augenblick nicht so populär seien, das Bestreben den Euro zu retten aber Vorrang habe. Diese absurde Logik wird auch bei der Diskussion um einen Sparkommissar benutzt, von dem heute, nachdem die Empörung ob des deutschen Vorschlags in Griechenland enorm war, niemand mehr etwas wissen will.

Scheinbar.

Denn die Hasardeure des voreilig gesprochenen Wortes haben ihre PR-Berater konsultiert und beauftragt, den Sachverhalt in Sprechblasen so zu verpacken, dass jeder annehmen muss, sie seien gegen die Einsetzung eines Sparkommissars, nicht aber gegen dessen Funktion, was bekanntlich nur die wenigsten checken.

Da ist zum Beispiel unsere Bundeskanzlerin, die heute im generalbestreikten Brüssel zu einem Sparkommissar Stellung bezog und so tat, als würde sie Schadensbegrenzung betreiben (zumindest nehmen das viele in ihrer gespielten Naivität an):

“Ich glaube, dass wir eine Diskussion führen, die wir nicht führen sollten. Es geht darum: Wie kann Europa unterstützen, dass in Griechenland die Dinge eingehalten werden, die als Auflagen gegeben werden. Aber alles geht nur, indem Griechenland und die anderen Staaten das miteinander diskutieren.”

Quelle: Stern

Ich verstehe nicht, wie man da schreiben kann, Merkel hätte die Wogen zu glätten versucht. Denn in Wirklichkeit hat sie die Funktion des Kommissars, nämlich zu unterstützen (überwachen), dass  die Auflagen (Spardiktat) eingehalten (umgesetzt) werden, bloß umschrieben. Ob dieser Jemand nun Sparkommissar, Troika oder Papademos (von Merkels Gnaden, nicht vom Volk gewählt) heißt, ist doch egal.

Im Kern bleibt doch die Erkenntnis, dass alle Bemühungen, durch Haushaltsdisziplin, Kürzungen und mehr Kontrolle der Exekutive vor Ort eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage herbeizuführen, grandios gescheitert sind. Damit das aber keiner merkt, wird in einer Tour die Dosis des schädlichen Gifts erhöht, in der Hoffnung, so die eigenen Leute hinter sich zu versammeln und gegen die Empörten in Griechenland in Stellung zu bringen. Denn wenn mehr Menschen wüssten, was eigentlich los ist, wäre vielleicht was los hier.

Aber so ist es bekanntlich nicht, weil auch Sätze wie die vom EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz (SPD) ihre Wirkung nicht verfehlen. Er meinte ganz direkt, dass man solche Begriffe wie Staatskommissar und Sparkommissar vermeiden solle, wohl aber dafür Sorge tragen müsse, dass die Sparmaßnahmen umgesetzt würden. Diese Floskelei dient schließlich nur als Futter für das Wahlvolk an der Heimatfront, welches durch Merkel, Dschungelcamp und Co. vollkommen sediert vor sich hin dämmert und nicht mehr zwischen Phase und Phrase zu unterscheiden weiß. 

In Griechenland und in zunehmend mehr europäischen Ländern wird aber sehr wohl die Absicht der deutschen Kanzlerin verstanden, die europäischen Völker als Sünder zu brandmarken und in die Knechtschaft zu treiben.

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Das Grundgesetz ist nicht links

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In seiner Kolumne “Das Grundgesetz ist links” schreibt Jakob Augstein auf S.P.O.N. über die Verfassungsschutzdebatte und hält den Befürwortern einer Beobachtung der Linkspartei den Spiegel vor. 

“Hermann Gröhe fasste es ganz knapp zusammen: Die Linkspartei sei eine „Gefahr für unsere Demokratie“. Das sagt der Generalsekretär der CDU, die einen Präsidenten stellt, für den die Wahrheit eine disponible Größe ist, eine Kanzlerin, die einem Plagiator die Stange halten wollte, und eine Bundesregierung, der das Parlament seine Rechte vor dem Verfassungsgericht abtrotzen muss.

[…]

Sigmar Gabriel wird vermutlich nur deshalb nicht vom Verfassungsschutz bespitzelt, weil allgemein bekannt ist, dass die SPD ihr eigenes Programm nicht so furchtbar ernst nimmt.”

Das ist fein herausgearbeitet, allerdings ist die Feststellung, das Grundgesetz sei links mal wieder ein Ausdruck verschreckter Scheinbürgerlichkeit (“durchgeknallte Fundis aus den Westgliederungen”). Zu Recht weist Augstein auf zentrale Artikel in Grundgesetz und Landesverfassungen hin, die, wenn man sie ernst nähme, zu anderen als den gegenwärtig vorherrschenden Verhältnissen führen müssten.    

“Das Grundgesetz ist großartig. Es lohnt unbedingt, dieses Gesetz zu schützen. Man sollte es allerdings vorher mal lesen. Artikel 14, Eigentum verpflichtet, oder Artikel 15, Produktionsmittel können vergesellschaftet werden – wer das zur Richtschnur seines politischen Handelns machen wollte, wäre in Deutschland ein Revolutionär. Und damit ein Fall für die Bespitzelung durch den Verfassungsschutz.”

Augstein begeht nun aber den Fehler, die aktuelle gesellschaftspolitische Realität als quasi entwicklungslos zu präsentieren. Nur so ist es ihm möglich, das Grundgesetz als “visionär” und “in Wahrheit viel linker, als es der Bundesinnenminister gerne zugeben würde”, zu bezeichnen. Nur haben die sog. Gründungsväter der Bundesrepublik keine linke Vision vor Augen gehabt, sondern die Konsequenz aus der Katastrophe des 20. Jahrhunderts gezogen.

So wie heute eine breite politische Mehrheit die Beobachtung der Linkspartei für richtig erachtet, weil sie das System (nicht das Grundgesetz) nicht für alternativlos hält, war nach 1945 eine ebenso breite politische Mehrheit davon überzeugt, dass der Kapitalismus gescheitert sei und an dessen Stelle etwas Neues treten müsse.

Viel wichtiger als dem Grundgesetz oder jenen, die es für bahre Münze nehmen, eine linke Gesinnung anzudichten, wäre es doch, jene politischen Kräfte genauer unter die Lupe zu nehmen, die ihre asozialen politischen Vorstellungen  mit dem entleerten Begriff der “Sozialen Marktwirtschaft” bloß tarnen oder auch nicht, wie das Geschwätz von “Neuer Sozialer Marktwirtschaft” (Erfindung der Arbeitgeber, INSM) und einer “Marktkonformen Demokratie” (Erfindung einer Physikerin im Auftrag eines Bankers) beweist.

Wenn sich die etablierten Parteien so gesehen, geschlossen und reaktionär von der Verfassung nach rechts bewegt haben, ist es zwar verständlich, jene, die das kritisieren, als davon links stehend zu bezeichnen. In Wirklichkeit ist diese simplifizierende Sicht der Dinge aber nicht mehr, als ein Ausdruck verzerrter Wahrnehmung und mangelnder Fähigkeit zur Selbstreflexion.

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Egon W. Kreutzer spricht sogar von “Kinderarmuts-Rückgangs-Lüge"

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Auch Egon W. Kreutzer weist in seinem aktuellen Paukenschlag auf den angeblichen Rückgang der Kinderarmut hin und bezeichnet die Jubelmeldung der Arbeitsagentur als “Kinderarmuts-Rückgangs-Lüge”. Auch er stellt ganz schlicht fest, dass es 2006 rund 600.000 Kinder unter 15 Jahren mehr gab als 2011.

Schlimm ist aber, dass die Medien die Meldung einfach unkritisch nachbeten, obwohl die Jubelaussage aufgrund der Fakten sachlich einfach falsch ist.

Siehe auch meinen Eintrag im Blog.

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Iran dreht den Spieß um

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In Filmen kommen Angestellte ihren Chefs, die sie gerade feuern wollen, mit einer Kündigung zuvor. “Sie wollen mich feuern? So nicht! Ich kündige!” oder so ähnlich klingen die Dialoge. Der Iran verfährt nun mit Blick auf das absurde Öl-Embargo der EU ähnlich und dreht den Spieß einfach um. Teheran kommt Europa zuvor und will nicht auf die Sanktionen warten, die die Europäische Union in Form eines Ultimatums für den Juli vorgesehen hat. Die Übergangszeit sollte auch dazu dienen, die südeuropäischen Länder, deren Wirtschaften offenbar auf iranisches Öl angewiesen sind, nicht zu belasten.

Viele Staaten der EU sind bisher stark auf das iranische Öl angewiesen. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg flossen im ersten Halbjahr 2011 täglich 450.000 Barrel aus dem Land nach Europa. Ein Barrel entspricht 159 Litern. Große Abnehmer sind die südeuropäischen Staaten. Laut „FT“ bezieht Griechenland ein Drittel seiner Ölimporte aus Iran. Würde diese Versorgungsquelle abrupt versiegen, könnte dies die wirtschaftlichen Probleme in dem hochverschuldeten Land weiter verschärfen.

Quelle: Spiegel Online

Nun will der Iran die Öllieferungen nach Europa sofort stoppen. Ein entsprechender Gesetzesvorschlag soll am Wochenende ins Parlament eingebracht werden. Ein Lieferstopp des fünftgrößten Ölproduzenten der Welt dürfte an den Märkten für einige Verunsicherung sorgen und den Preis für Öl sowie die Staatsschulden der davon abhängigen Länder noch weiter nach oben treiben.

Und alles nur, weil der Westen an ein Phantomprogramm glaubt, wonach der Iran an der Entwicklung der Atombombe arbeite.

Ob Angela Merkel damit gerechnet hat, als sie in Davos im militärischen Ton davon sprach, eine offene Flanke bei harten Attacken der Märkte vermeiden zu wollen? Nun könnte man die absehbar harte Attacke der Märkte über den Rohstoffsektor elegant dem Iran in die Schuhe schieben und einen weiteren Kriegsgrund benennen.

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Regiert vom organisierten Geld

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“Vom organisierten Geld regiert zu werden, ist genauso schlimm wie vom organisierten Verbrechen regiert zu werden”, sagte Sahra Wagenknecht heute Vormittag im Deutschen Bundestag. Um einzelnen Protesten aus dem Plenum gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen, fügte sie umgehend an:

“Meine Damen und Herren vom Verfassungsschutz: Sie müssen diesen Satz nicht mitschreiben. Er stammt nicht von einem Kommunisten – sie sagen Blödsinn – dieser Satz stammt von dem amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt. Und FDR hat den Satz nicht einfach nur dahergeredet, sondern er hat die Konsequenzen gezogen, indem er in seiner Regierungszeit den Finanzsektor massiv reguliert hat.”

Quelle: Bundestag

Sahra Wagenknecht hat es erneut geschafft, in der Debatte um neuerliche Maßnahmen zur Stabilisierung des Finanzmarktes, die Widersprüchlichkeit auf den Punkt zu bringen. Milliarden werden für Banken zur Verfügung gestellt und auf der anderen Seite bei den Menschen und der Infrastruktur gekürzt.

“Die Idee, sich das Geld von den Banken zurückzuholen, die wieder Boni ausschütten, liegt völlig außerhalb der Vorstellungskraft dieser Bundesregierung.”

Laut einer Schätzung von Peer Steinbrück hätte die Deutsche Bank beispielsweise 30 Mrd. Euro abschreiben müssen, wenn ihr nicht die Staaten mit ihren Rettungsmaßnahmen (IKB, HRE, AIG) unter die Arme gegriffen hätten.

Das Beispiel Commerzbank, bei der der Bund mit 18 Mrd. einstieg, auf Stimmrecht und Zinsen aber verzichtete, sei ein Beleg für die Harakiri-Politik der Bundesregierung. Die Commerzbank schreibe nämlich schon längst wieder Gewinne, Zinsen für die stille Einlage des Bundes zahle sie aber noch immer nicht. Eine abenteuerliche Konstruktion, meint Wagenknecht, mit der dem Bund mindestens 2 Mrd. Euro an zusätzlichen Einnahmen verloren gingen.  

“Mit diesen 2 Mrd. Euro hätten sie übrigens 20 Jahre lang, ohne Probleme, für alle Wohngeldempfänger in Deutschland den Heizkostenzuschuss zahlen können. Aber sie brauchen ja keinen Heizkostenzuschuss zu zahlen, weil der ja wegen unerbittlicher Sparzwänge von dieser neoliberalen Koalition mal eben gestrichen wurde. Den konnte man sich nicht mehr leisten.

Das zeigt doch offensichtlich: Wir müssen scheinbar immer nur deshalb sparen, um uns immer wieder solche Rund-um-sorglos-Pakete für die Banken leisten zu können.

Zum Schluss verwies Wagenknecht darauf, dass eine Behörde wie der Verfassungsschutz durchaus etwas zu tun hätte. Der könne sich nämlich um Leute kümmern, die zum Zwecke der Bankenrettung das Budgetrecht des Parlaments einschränken oder umgehen wollen oder um die, die der Meinung seien, dass parlamentarische Prozesse eigentlich nur stören, wenn sie denn die Märkte beunruhigen.

“Oder um die, die ins Gespräch bringen, dass wir plötzlich eine marktkonforme Demokratie brauchen. Keine dieser Absurditäten ist im Grundgesetz vorgesehen. Sie widersprechen ihm sogar ausdrücklich!”

Im Anschluss an Sahra Wagenknechts Äußerungen konnte sich der Bundesminister der Finanzen, Wolfgang Schäuble, die Feststellung nicht verkneifen, dass sie wohl die Überwachung anderer Parlamentarier durch den Verfassungsschutz wünsche. Im Übrigen blieb der Finanzminister auch auf Nachfrage die Zahlen schuldig, die der Finanzmarktstabilisierungsfonds SoFFin bereits durch die Bankenrettung verloren hat. Die stünden abschließend noch nicht fest, hieß es von Schäuble lapidar, der nach eigener Aussage eine unnötige Verunsicherung vermeiden wolle. Vertreter von SPD und Grünen gaben jedenfalls an, die Zahlen öffentlich nicht nennen zu dürfen. Das spricht Bände.  

EDIT: Die Neuauflage des Ende 2010 stillgelegten Bankenrettungsfonds SoFFin ist beschlossene Sache. Der Bundestag billigte in Berlin mit der Mehrheit der schwarz-gelben Koalition die bis Jahresende befristete Reaktivierung des 480 Milliarden Euro schweren Hilfsfonds. (Quelle: Augsburger Allgemeine)

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Zur Top-Meldung: Kinderarmut geht zurück

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Laut eines Berichtes der Bundesagentur für Arbeit sank die Zahl der unter 15-Jährigen, die auf staatliche Grundsicherung angewiesen sind. Im September 2006 waren es 1,9 Millionen und im September 2011 nur noch 1,64 Millionen.

Von September 2010 bis 2011 schrumpfte die Zahl der unter 15-Jährigen in Hartz-IV-Haushalten um fast 84.000.

BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt wertete dies als Erfolg: “Weniger Kinder in Hartz IV bedeutet, dass es den Jobcentern gelungen ist, ihre Eltern in Beschäftigung zu integrieren.” 

Quelle: Süddeutsche

Was an dieser Statistik natürlich verdächtig wirkt, ist die offenbare Unterschlagung der Tatsache, dass Kinder älter werden. Was ist denn mit jenen jungen Leuten, die im letzten Jahr 16 geworden sind und laut dieser Erhebung aus demografischen Gründen gar nicht mehr mitgezählt werden?

Das die Bundesagentur mit Hilfe von Altersgrenzen ihre Statistiken manipuliert, ist ja nicht neu. Bereits die Abgänge zahlreicher älterer Arbeitslose in die Rente, weil diese die Regelaltersgrenze erreicht hatten, wurde in der Vergangenheit als Erfolg der Arbeitsvermittlung betrachtet und dem angeblich so robusten deutschen Arbeitsmarkt sowie dem wirtschaftlichen Aufschwung zugeschrieben.

Fakt ist, dass eine Verschiebung in den Altersgruppen stattfindet. Laut Bevölkerungsstatistik waren im Jahr 2005 noch 11,6 Millionen Deutsche unter 15 Jahre alt. Im Jahr 2009 ging die Zahl aber um rund 627.000 auf etwa 11 Millionen zurück. Dieser allgemeine Rückgang dürfte sich auch auf den Personenkreis auswirken, der von staatlicher Grundsicherung abhängig ist.

Es ist also davon auszugehen, dass weniger eine gute Arbeitsmarktintegration von betroffenen Eltern durch die Jobcenter stattgefunden hat, als vielmehr statistische Effekte zum Tragen kommen. Denn insgesamt sind immer noch über 6 Millionen Menschen auf ALG II oder Sozialgeld angewiesen. Zuletzt stieg deren Zahl wieder an.

Leistungsempfänger

Richtig ist hingegen, dass seit Einführung der Hartz-Gesetze die Zahl aller Bedürftigen zunächst stieg und dann seit 2008 leicht zurückgegangen ist. Im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung (0-65 Jahre) überschreitet die Empfängerquote aber immer den Wert von 10 Prozent, liegt also auf einem sehr hohen Niveau. Jubelstimmung ist da nicht angebracht, auch mit Blick auf die offizielle Zahl registrierter Arbeitsloser, die nach Angaben der Bundesagentur von 4,9 Millionen im Jahr 2005 auf 2,98 Millionen im Jahr 2011 zurückgegangen sein soll.

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Zerstörung einer guten Tradition

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Mit einer rasenden Geschwindigkeit wird in Europa Wohlstand und sozialer Friede zerstört. Achselzuckend wird die Aufkündigung des über viele Jahre stattgefundenen Einigungsprozesses hingenommen und eine gute europäische Tradition auf dem Altar der marktkonformen Demokratie geopfert. Solidität statt Solidarität lautet die zerstörerische Formel jener, die Europa finanz- und wirtschaftspolitisch am liebsten unter die Vorherrschaft des vermeintlichen deutschen Musterknaben stellen würden.

Gestern wurde der Geburtstag Friedrichs des Großen gefeiert und einmal mehr die Bedeutung Preußens für die deutsche Geschichte ja beinahe identitätsstiftend zelebriert. Als Tyrann und Visionär, als Feldherr und Feingeist soll Friedrich II. eine große Figur der deutschen Geschichte gewesen sein. Dabei hatte der preußische Monarch mit Deutschland soviel zu tun wie ein Pazifist mit dem Gewehr.

Der heutige Innenminister Friedrich müsste dem “Alten Fritz” wohl mangelnde Integrationsbereitschaft vorwerfen und ihn durch den Verfassungsschutz überwachen beobachten lassen. 

In der Vorstellung Friedrichs des Großen kam Deutschland überhaupt nicht vor. Selbst die Sprache war ihm überwiegend fremd, was niemanden verwundern sollte, da weder Deutschland, noch eine deutsche Nationalbewegung existierte. Friedrichs Welt war eine kleine Kopie des barocken Versailles. Prunk und Pracht wollte auch er an seinem Hofe haben, wie so viele Fürsten der damaligen Zeit. Der französische Absolutismus überstrahlte eine Epoche, in der die Macht zentralisiert in den Händen einzelner lag und die Abscheu des Adels vor den Menschen unterer Stände selbstverständlich war.   

Dennoch wird Friedrichs Leitspruch, erster Diener des Staates zu sein, als aufklärerische Geste interpretiert, die bis heute an Wirkung nicht verloren hat. Selbst die Bundeskanzlerin betonte als Kandidatin im Wahlkampf 2005 unter tosendem Applaus ihrer Anhänger, Deutschland bloß dienen zu wollen. Heute wissen wir, dass den Preis dafür Europa zahlen muss.

In Davos will Merkel scheinheilig mehr Europa wagen und meint in Wirklichkeit eine Ausweitung bornierter deutscher Wirtschaftspolitik. Sie soll unter allen Umständen durchgesetzt, ja diktiert werden. Denn Merkel verlangt nicht weniger als die Kontrolle über die Haushaltsrechte einzelner Staaten, die Teile ihrer Souveränität demnächst an Brüssel abgeben sollen.

Merkel steuert in den Abgrund, ohne dabei tyrannisch, visionär, taktisch geschickt oder feingeistig vorzugehen. Dagegen zögert, zaudert und eiert sie seit einer gefühlten Ewigkeit herum. Deutlich wird das immer dann, wenn ihr Worte über die Lippen kommen, die aneinandergereiht sinnlose Sätze ergeben wie: “Wir sind solidarisch, dürfen aber auch die Eigenverantwortung nicht vergessen.” Die Deutschen finden so etwas ja klasse. Deshalb dürfte Merkels militärischer Ton ihnen auch gefallen:

„Wenn Deutschland, stellvertretend für alle europäischen Länder, etwas verspricht, was bei harter Attacke der Märkte nicht einlösbar ist, dann hat Europa eine ganz offene Flanke.“

Sie fürchtet eine Überforderung Deutschlands. Der stärksten Volkswirtschaft könne die Luft ausgehen, wenn immer mehr Rettungsgelder versprochen würden. Das sie es aber war, die mit ihrem hin und her, Hilfe in der Krise überhaupt leisten zu wollen, den Preis für die Rettung immer weiter in die Höhe trieb, ist eine offene Flanke in Merkels bisheriger Regierungsbilanz, die keiner ihrer politischen Gegner, noch die vor sich hin dösenden Medien, auszunutzen verstehen.

Mit Entsetzen wird Merkels Krisenpolitik unter dem Schlagwort “Finanzdisziplin” außerhalb Europas wahrgenommen. Nicht nur führende Ökonomen und Nobelpreisträger wundern sich, auch die Märkte selbst, hier in Gestalt von Hedge-Fonds-Manager und Milliardär George Soros, fragen sich, wann sich die Erkenntnis endlich durchsetze, “dass die Währungsunion auf einem selbstzerstörerischen Kurs ist.”

“Deutschland diktiert eine Politik, die in eine Schuldenspirale mit deflationären Folgen führt.”

Quelle: Süddeutsche

Bis auf Merkel-Deutschland versteht das inzwischen die ganze Welt. Dennoch wird Europa erneut an Deutschland scheitern und kaum einer versteht warum. Vielleicht liegt es an der Entstehung des deutschen Nationalbewusstseins, das sich über den Kampf gegen Napoleon zur einer Bewegung formierte. Also ironischerweise gegen einen Mann, der die europäische Einigung und bürgerliche Rechte mit militärischer Gewalt in ganz Europa durchsetzen wollte.

Merkel will in erster Linie Deutschland dienen. Das hat sie vielleicht vom “Alten Fritz” gelernt. Europa oder besser gesagt die Vernunft muss sich dieser schlechten preußischen Tugend einfach unterordnen, so zerstörerisch sie auch sein mag.

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Empörung über “lebensgefährliches Sparen”

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Nach der Vorstellung des Jahresberichtes des Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus zeigt sich die Neue Presse Hannover empört über den Zustand der Truppe. 

“Da werden deutsche Soldaten nach Afghanistan geschickt, die ihre Waffen nicht beherrschen und Lastwagen und schützende Transportpanzer nicht fahren können, weil es bei der Ausbildung hierzulande an Munition, Waffen und Fahrzeugen fehlt. Ein Unding. Dieses Sparen ist lebensgefährlich. So ein Arbeitgeber schreckt ab. Die künftige Einsatzfähigkeit der Bundeswehr wird auch davon abhängen, ob sie genügend Freiwillige gewinnen kann.”

Quelle: n-tv Pressestimmen

Das kann man natürlich so sehen, wenn einem egal ist, dass Krieg zu führen grundsätzlich eine Gefahr für Leib und Leben darstellt. Insofern sollte man sich nicht um die künftige Einsatzfähigkeit der Bundeswehr sorgen, sondern darum, wo und wie oft die Truppe noch in den Kampf geschickt werden wird, um deutsche Handelswege und Interessen außerhalb des eigenen Staatsgebietes zu sichern.

Ich wusste auch gar nicht, dass zum Beispiel in Afghanistan Arbeitnehmer der Bundeswehr stationiert sind. Ich dachte immer, Soldaten seien Staatsbürger in Uniform mit der Pflicht, der Bundesrepublik treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.

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Ethik-Regeln für Ökonomen

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Auf NDR-Info lief heute Morgen ein Beitrag von Christoph Rasch über Ökonomen, die eng mit der Wirtschaft verbandelt sind. Dieser Beitrag sollte nicht nur dem Norden, sondern auch dem Rest der Republik zur Kenntnis gegeben werden.

Die bekannten und gern zitierten Ökonomen Bernd Raffelhüschen (Uni Freiburg)  und Thomas Straubhaar vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) werden gleich zu Beginn genannt und zu ihren Verbindungen in die Wirtschaft befragt. Beide rechtfertigen sich und führen an, dass gerade sie für Transparenz sorgen würden, weil sie ihre Mandate im Internet offenlegen.

Außerdem sinniert Straubhaar ganz abenteuerlich über einen angeblich falsch verstandenen Begriff des unabhängigen Experten. Dabei versucht er die Interessenabhängigkeit herunterzuspielen, indem er behauptet, dass jeder irgendwie parteiisch sei. Vom Anspruch einer objektiven Wissenschaft keine Spur.

Die gefragten Experten geben an, ihre “Abhängigkeiten” im Web öffentlich gemacht zu haben und spielen den Ball durchaus berechtigt zu den Medien zurück, die das bisher nicht zur Kenntnis nehmen wollten.  Die Frage, wie das Zusammenspiel zwischen PR-Ökonomen und den Medien funktioniert, bleibt daher auch unbeantwortet.

Immerhin wird die Kritik gehört und redaktionell aufgegriffen. Der preisgekrönte Film “The inside Job” (Trailer mit deutschen Untertiteln hier) aus den USA wird als Auslöser und Beispiel genannt. Bis zum Herbst will nun die Ökonomenvereinigung in Deutschland schärfere Transparenzregeln erarbeiten.

Ich schlage aber schon jetzt vor, einfach die NachDenkSeiten zu lesen, die immer wieder auf die Verbindungen zwischen scheinbar unabhängigen Experten und der Wirtschaft hinweisen.

Der Beitrag von NDR-Info ist in der Mediathek des NDR unter folgendem Link abrufbar:

http://www.ndr.de/flash/mediathek/mediathek.html?media=audio100807

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