Straubhaar ruft nach einem Gauleiter für Griechenland

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Der Leiter – Ökonom will ich ihn nicht nennen – eines privaten think tanks, Thomas Straubhaar, fordert neuerdings ein “europäisches Protektorat Griechenland”. Da sträuben sich ja einem die Haare. Volksverhetzung geht also auch wieder auf akademischen Niveau. Lustig, dass es ein Schweizer ist.

Ausführlich hat sich mit dieser Entgleisung flatter in seinem Beitrag, “Die Springerstiefel der Finanzwirtschaft” beschäftigt…

Warum eigentlich nicht? Ich möchte Leistungsträgern wie Thomas Straubhaar die Chance geben, ihre Ideen und ihr diplomatisches Fingerspitzengefühl auszuprobieren. Sie sind doch wie es heißt stets mit der Bürde der großen ‘Verantwortung’ beladen. INSM-Straubhaar soll bitte nach Athen fahren und sich der öffentlich Debatte über seine Vorschläge stellen. Das würde vermutlich mehr bewegen als jede Parlamentswahl und das Verhältnis der Finanzbranche zur Bürgerschaft sehr wirksam zurechtrücken. Ich fürchte allerdings, die Fingerspitzen könnten dabei empfindlich leiden.

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Der Tag danach

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Einen Tag nach den für Europa bedeutenden Abstimmungen in Frankreich und Griechenland ist ein absurder und zugleich zu erwartender Zustand eingetreten. Die Börsen, das Sinnbild für Vertrauen, brachen ein und die Warnungen vor allem deutscher Politiker in Richtung Paris und Athen sind nicht zu überhören. Häufigste Floskel dabei ist, das irgendein politischer Hanswurst in Brüssel, nennen wir ihn Graf Lambsdorff, die Wahlen mit Sorge betrachtet habe. „Die wirtschaftspolitische Realität wird auch François Hollande relativ schnell einholen und auch er wird feststellen, dass man an einem Sparkurs nicht vorbei kommt“, sagt der Vorsitzende der Gruppe der FDP im Europäischen Parlament.

Und der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), mahnte die neuen radikalen und euroskeptischen Parteien die Versprechen für das 130 Mrd. Euro Hilfspaket einzuhalten. „Wenn da eine neue Regierung, ein neues Parlament die griechischen Zusagen zum Sparen und Umbauen des Staates zurücknimmt, dann geraten wir sicher in eine ganz schwere Krise“, sagt er. Mal angenommen die Faschisten treten in eine “stabile Dreiparteienregierung” ein und trügen das Sparpaket mit, hätte der Sozialdemokrat Schulz offenbar kein Problem damit.

Die Furcht vor dem Ende der Sparpolitik

Denn allgemein gehe in Europa die “Furcht vor einem Ende der europäischen Sparpolitik um”. Das muss man sich einmal vorstellen. Furcht vor dem Ende der Sparpolitik. Was sind denn das für Luxusprobleme? Wie kann man sich vor dem Ende einer Sparpolitik fürchten, die überall in Europa nicht nur Angst und Schrecken verbreitet, sondern gnadenlos die Volkswirtschaften sowie die Perspektiven von Menschen zerstört? So bescheuert ist wohl nur der Deutsche. Er fürchtet sich mehr vor dem Ende der Sparpolitik, einer Phantominflation und dem Russen, als vor dem wirklichen ENDE, das durch die von ihm wieder und wieder unterstützte Sparorgienpolitik immer wahrscheinlicher wird.

Sollten die Griechen ihre unter Zwang abgegebenen Versprechen nicht einhalten, sei das der Beginn vom Rausschmiss aus der Eurozone poltern die nächsten Deppen, die völlig verkennen, was so ein Schritt für die deutsche Wirtschaft und deren Arbeitsplätze bedeuten würde. Diese Hornochsen glauben doch immer noch, ein Austritt aus der Eurozone käme den deutschen Steuerzahler irgendwie billiger oder sei umsonst zu haben. Außerdem ist überhaupt nicht einzusehen, warum das griechische Volk für Maßnahmen artig Beifall klatschen soll, die ihnen von einer fernen Troika aufgenötigt wurden, und die alles unter dem bis zur Unkenntlichkeit deformierten Begriff “Reformen” kaputtmachen – demokratische Grundrechte eingeschlossen.

Wer kann an so einen Mist nur ernsthaft glauben? Der Fiskalpakt ist offenbar zu einer Religion geworden. Nur ist es bei den Deutschen die Lust am Untergang, die Lust an der eigenen Qual und der Bestrafung anderer oder ist es einfach nur Dummheit? Ich weiß es nicht. Schon allein die Feststellung, dass das Wahlergebnis in Griechenland Besorgnis auslöse, weil die Fortführung des Sparkurses gefährdet sei und nicht, weil zum Beispiel eine faschistische Partei deutliche Gewinne verbuchte und ins Parlament einzog, spricht für diese verschrobene Wahrnehmung.

Es darf keine Alternative zur Alternativlosigkeit geben

Nein, der Sparkurs muss fortgesetzt werden und die griechische Bevölkerung Opfer bringen, weil Europas Steuerzahler ebenfalls schwere Opfer als Gegenleistung erbringen würden, meint Rolf-Dieter Krause, Leiter des Brüsseler ARD-Studios. Auch er stellt sich nicht im Ansatz die Frage, wer in dieser Finanzkrise keine Opfer erbringen muss, obwohl er oder sie zu den Verursachern derselben gehören. Es ist diese arrogante Ignoranz, mit der deutsche Medien durch diese Krise stolpern und zuweilen chauvinistische Ratschläge erteilen. Leute wie Krause würden wahrscheinlich Rechtspopulisten oder gar Faschisten, aber auch die Linken in einer Regierung akzeptieren, wenn nur die vereinbarten Maßnahmen eingehalten würden, die als Voraussetzung für Europas Solidarität gelten. Es darf keine Alternative zur Alternativlosigkeit geben.

Und Europa ist natürlich Deutschland, das nur ganz bescheiden das Vertrauen der Finanzmärkte wiederherstellen möchte, so Krause weiter. “Niemand will den Griechen mehr Geld leihen, weil man nicht darauf vertraut, dass man es zurückbekommt. Vertrauensbildung wäre also jetzt das wichtigste. Da schadet es, wenn die griechische Regierung nicht eindeutig zu den Vereinbarungen der vergangenen Monate steht.” Da spricht einer, der offenbar keine Ahnung davon hat, dass das mangelnde Vertrauen durch Äußerungen der deutschen Bundesregierung selbst immer wieder neu entsteht. Griechenland ist nicht Herr über seine eigene Währung, sondern abhängig davon, ob Frau Merkel es für wahrscheinlich hält, dass Griechenland seine Sparziele erreicht.

“Beide – Samaras und Hollande – müssen eine entscheidende Frage beantworten: Woher soll das Geld kommen, das sie nicht mehr einsparen wollen?” Hier zeigt sich die ganze Blödheit des ARD-Studioleiters. Haben denn die bisher eingesparten Milliarden in Griechenland zu einer Verringerung der Schuldenlast geführt? Oder ist es nicht eher so, dass mit dem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts, hervorgerufen durch die Sparmaßnahmen, die relative Schuldenlast gemessen am BIP gestiegen ist? Warum sollten also Einsparungen vorgenommen werden, wenn sich der Sparerfolg als Anstieg des Defizits entpuppt?

Warum ist es so schwer, sich die französische Position zum Thema Wachstumspolitik einmal genauer anzuschauen? Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel entschied sich im Krisenjahr 2009 nicht für Strukturreformen, sondern ganz bewusst für Konjunkturprogramme mit der Bemerkung , antizyklisch gegensteuern zu müssen, weil man aus der Geschichte und hier vor allem aus dem Fehler Heinrich Brünings, der in die Krise prozyklisch hineinsparte, gelernt habe. Daran erinnert sich heute von den Premium-Journalisten keiner mehr, weil sie die Milliarden für die Banken permanent mit den Milliarden für Konjunkturprogramme verwechseln und die höheren Schuldenstände der europäischen Staaten allein einer zügellosen Ausgabenpolitik zuschreiben, wohingegen die geretteten Privatvermögen einiger Weniger überhaupt keine Rolle zu spielen scheinen.

Das kann doch nicht wirklich das geistige Niveau sein, auf dem über die Zukunft und das Leben von Menschen diskutiert und entschieden wird.

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Nichtwähler endlich in der ARD angekommen

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Zum ersten Mal hat Jörg Schönenborn ein tatsächliches Wahlergebnis in der ARD präsentieren können. Während der Tagesthemen hat er eine Hochrechnung unter Berücksichtigung aller Wahlberechtigten gezeigt. Okay, über 40 Prozent, wie von mir behauptet, haben die Nichtwähler nicht geholt. Dennoch ist dieses Ergebnis mehr als deutlich. Es gibt mehr Nichtwähler als die beiden vermeintlichen Volksparteien zusammen an Stimmen auf sich vereinen können.

Nichtwähler in der ARD

Quelle: Tagesschau (Danke an Björn für den Hinweis)

Insgesamt zieht Schönenborn aber keine Schlüsse aus diesen Zahlen, sondern meint lediglich, dass es vor diesem Hintergrund schwierig sei, knappe Mehrheiten hinzubekommen. Dabei ist es genau anders herum. Gerade weil die Zahl der Nichtwähler keine Berücksichtigung findet, können sich regelmäßig gesellschaftliche Minderheiten in einer Regierung zusammenfinden.

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Ein zweifelhafter Sieg in Frankreich

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Mit der Wahl Francois Hollandes werden sehr viele Hoffnungen verknüpft. Der europäische Fiskalpakt und das deutsche Spardiktat könnten nun vor der Aufkündigung stehen. Doch soweit ist es noch lange nicht und auch die offene Anbiederung von Sigmar Gabriel an Hollande zeigt, dass hier keine neue Politik im Entstehen ist, sondern es darum geht, aus der Wahl in Frankreich innenpolitisches Kapital zu schlagen. Aus Sicht der SPD reicht es ja schon, wenn Hollande die “handwerklichen Fehler” Merkels beim Namen nennt und etwas Kosmetik an der neoliberalen Agenda betreibt, die ansonsten von der SPD voll mitgetragen wird.

Der Sieg Hollandes ist aber auch deshalb von zweifelhafter Natur, weil er mit den Stimmen der Rechtsextremen erkauft worden ist und somit von kurzer Dauer sein wird. Hollande ist wohlmöglich nur ein Übergangspräsident, weil Marine Le Pen vom Front National mit dem Abgang von Sarkozy auf einen Zerfall der bürgerlichen Rechten setzt. Geht ihre Strategie auf, könnte sie in fünf Jahren die große Gewinnerin sein. Vorausgesetzt in Europa ändert sich nichts bis auf die kosmetischen Korrekturen, die von machtlosen Linken und geschäftstüchtigen wie karrieregeilen Sozialdemokraten unter großem Getöse durchgesetzt werden.

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Nichtwähler holen über 40 Prozent

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Jörg Schönenborn sprach in der ARD von einem mathematischen Proseminar, das den Wahlabend in Schleswig Holstein begleiten würde. Wer hat gewonnen und wer hat verloren? Verloren haben doch aber alle, weil deutlich mehr Menschen zu den Nichtwählern gewandert sind, als zwischen den einzelnen Parteien hin und her!

Die Wahlbeteiligung lag offenbar deutlich unter 60 Prozent. Trotzdem wird so getan, als gebe es Gewinner und Koalitionsoptionen, die dem Wählerwillen entsprechen würden. Die SPD ist mit ihrer Ankündigung an die 40 Prozentmarke heranzukommen, offensichtlich gescheitert. Die 40 Prozent, die einer Volkspartei gut zu Gesicht gestanden hätten, haben ganz eindeutig die Nichtwähler geholt.

Davon ist aber weit und breit keine Rede. Es dominiert erneut das Lieblingsthema der letzten Wochen. Die FDP. Es gibt doch deutlich mehr Hotelbesitzer in Schleswig Holstein als vermutet, hätte eine Frage an Herrn Kubicki lauten können. Stattdessen wird bei jeder Hochrechnung betont, dass die FDP trotz deutlicher Verluste ihr zweitbestes Ergebnis in der Geschichte des Landes Schleswig-Holstein erreicht habe. Damit übernehmen Demoskopen und Journalisten erneut die gefällige Interpretation der Liberalen.

Warum machen die Medien das? Weil sie wie das Kaninchen vor der Schlange hocken und ganz fest daran glauben, dass ein Wechsel an der Parteispitze der Liberalen, den sie mit herbeischreiben dürfen, die Menschen irgendwie interessieren würde. Dabei zeigt die erschreckend niedrige Wahlbeteiligung doch das genaue Gegenteil. Wenn man die Protestwähler hinzuzählt, die bei den Piraten gelandet sind und damit erklären, dass keine politische Aussage für sie eine politische Alternative darstellt, sieht es insgesamt noch düsterer aus.

Interessant ist abermals, dass stabile Mehrheiten nur unter Beteiligung der Union zu Stande kommen können und alles andere so knapp ist, dass der berühmte “Heide-Mörder” wieder zuschlagen könnte. Solche absurden Geschichten dominieren das Bild auf der Matscheibe. In Wirklichkeit aber ist es doch völlig egal, welche Koalition unter welcher Führung gebildet wird. Inhaltlich wäre die eine aber keine Alternative zu der anderen. Insofern ist auch das Gerede über ein scheinbar spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen mehr als überflüssig.

Wohin übrigens die Sozialdemokratie in Regierungsverantwortung driftet, sieht man mal wieder hier…

http://www.ndr.de/regional/hamburg/kuren111.html

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So viel zum Thema faire Wahlberichterstattung

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Quelle: Andrej Hunko (Facebook)

Es stellt sich die Frage, ob auch die Leser der Aachener Nachrichten es einfach kommentarlos hinnehmen, dass die in der Wahlarena des WDR ebenfalls anwesende sechste Spitzenkandidatin Katharina Schwabedissen (Linke) auf dem Foto einfach herausgeschnitten wurde, damit das Bild zum Text passt. Darin geht es wiederum um eine Veranstaltung zwischen Politikern und Journalisten “Fünf Spitzenkandidaten in siebeneinhalb Stunden…”, zu der die Linke nicht eingeladen war. Da von dieser Veranstaltung offenbar kein Foto existiert, hat man einfach ein Bild aus der Fernsehsendung genommen und dies mit einer Falschbehauptung untertitelt.

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Kräftige Bremsspuren beim europäischen Konsum

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Diese Woche meldete das statistische Bundesamt freudig einen Anstieg der Umsätze im Einzelhandel für den Monat März. Folglich war gleich wieder von einer Frühjahrsstimmung die Rede, die sich die Verbraucher selbst durch die hohen Spritpreise nicht verderben lassen wollten. Bei der Einordnung des mickrigen Anstiegs tun sich die Redakteure allerdings schwer. Die einen schreiben von einer deutlichen Zunahme und die anderen von einem leichten Umsatzplus, das hinter den Erwartungen zurückgeblieben sei.

Besser als diese Kaffeesatzleserei um ein reales Plus von 0,8 Prozent im Vergleich zum Februar ist der europäische Vergleich. Denn inzwischen hat es die sparwütige deutsche Regierung mit ihren strengen Vorgaben wie Einkommenskürzungen, Fiskalpakt und Schuldenbremse geschafft, die meisten europäischen Staaten beim Konsum auf das erbärmliche deutsche Niveau herunterzuziehen. Allein in Frankreich herrscht noch so etwas wie eine Kauflaune, die auch von den Menschen durch reales Geldausgeben untermauert wird. Es fragt sich nur, wie lange noch.

 

Quelle: Querschuesse

Dem möglichen Gewinner der Präsidentschaftswahl in Frankreich Francois Hollande bläst schon ein eisiger Austeritätswind ins Gesicht. Offen ausgesprochene Warnungen von den erklärten Schuldenbremsern sind nicht zu überhören. Auch wenn sich neoliberale Sprechblasenautomaten wie Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits verstärkt auf Hollande einzustellen versuchen, indem sie immer häufiger davon faseln, neben der Sparerei das Wachstum nicht aus den Augen verlieren zu wollen, so halten sie doch im Kern an ihrem Kürzungskurs fest. Bei Merkel heißt das ja seit neuestem “Wachstum durch Strukturreformen”, was in Wirklichkeit nichts anderes als die Einhaltung von Fiskalpakt und Schuldenbremse bedeutet.

Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) hatte aber ebenfalls in dieser Woche in einer Studie genau das Gegenteil herausgefunden und gesagt, dass Wachstum durch Strukturreformen nicht festzustellen und die bisher angewandte Sparstrategie kontraproduktiv und wenig durchdacht gewesen sei.

„Die Strategie des Sparens und Regulierens sollte zu mehr Wachstum führen, was jedoch nicht geschieht“, sagte der ILO-Direktor für internationale Arbeitsmarktstudien und Hauptautor des Berichts, Raymond Torres, in Genf. Die Spar-Strategie sei damit „kontraproduktiv“ gewesen. Torres bescheinigte den EU-Staaten, „wenig durchdachte“ Sparprogramme aufgelegt zu haben. Als Beispiel nannte er Spanien, wo das Haushaltsdefizit trotz drastischer Einsparungen nur von gut neun Prozent im Jahr 2010 auf 8,5 Prozent 2011 gesunken sei.

Quelle: Stern Online

Lohnsteigerungen sind im rechten Maß mal wieder voll OK

Nun stellt sich aber auch die Frage, wer in Zukunft die Maden aus Germany kaufen soll. Die Deutschen selber? Bundesfinanzminister Schäuble meint ja. Er findet Lohnsteigerungen voll OK.

Deutschland habe seine Hausaufgaben gemacht und könne sich höhere Tarifabschlüsse besser leisten als andere Staaten. „Wir haben viele Jahre der Reformen hinter uns“, fügte er hinzu.

Deutschland kommt nach Schäubles Worten mit höheren Lohnabschlüssen auch Forderungen anderer Länder nach. Deren Vorwurf: Deutschland wirtschafte durch seine Exportstärke auf Kosten der anderen Länder und mache zu wenig für die Stärkung der Inlandsnachfrage – und damit für Absatzchancen anderer Staaten.

Die Lohnsteigerungen trügen daher auch zum Abbau von Ungleichgewichten innerhalb Europas bei, ergänzte Schäuble. Zugleich warnte er jedoch vor Übertreibungen. „Das rechte Maß müssen wir wahren.“

Zu der Einsicht, dass die Ungleichgewichte in Europa etwas mit der deutschen Lohnpolitik der letzten Jahre zu tun haben, gesellt sich dennoch der seit jeher ins Feld geführte Leitspruch vom Maßhalten. Dabei ist ein Gleichgewicht nur durch die Umkehr des Ungleichgewichts auf mittelfristige Sicht herstellbar. Deutschland dürfte also nicht Maßhalten, sondern müsste bei den Lohnabschlüssen übertreiben und selbst Defizite hinnehmen, um die Verzerrungen beim europäischen Binnenhandel auflösen zu können.

Das zeigt im Prinzip ganz klar, dass die deutsche Regierung in Sachen Volkswirtschaft nicht etwa völlig doof agiert, sondern knallhart kalkuliert, um die eigenen Wettbewerbsvorteile im Interesse der Exportindustrie ja nicht aus der Hand geben zu müssen. Den deutschen Monetaristen sind die Zusammenhänge durchaus bewusst, sie wissen also, dass die Überschüsse der Bundesrepublik die Defizite der Südeuropäer provoziert haben. Nur ändern wollen sie daran nichts. Vor einiger Zeit hatte sich die Bundesregierung noch erfolgreich dagegen gewehrt, für seine permanenten Außenhandelsüberschüsse als Störer des europäischen Gleichgewichts zur Rechenschaft gezogen zu werden. Auf der anderen Seite dürfen aber Defizitsünder mit der vollen Härte der europäischen Fiskalpaktierer rechnen.

Von Tarifabschlüssen profitieren immer weniger

Wenn sich die Tarifparteien in Deutschland nun irgendwo in der Mitte treffen und einen Abschluss auf die Reihe kriegen, kommt vielleicht wie beim öffentlichen Dienst ein Ergebnis für die Beschäftigten heraus, welches die erlittenen Einkommensverluste der letzten Jahre, in denen auch immer Lohnzurückhaltung gepredigt wurde, kaum auszugleichen vermag. Gewonnen hätte man damit aber nichts und gar ein Beitrag zum Abbau der Handelsungleichgewichte geleistet auch nicht. Zudem profitieren immer weniger Menschen von Tarifverträgen.

Die meisten Arbeitnehmer sind in Unternehmen beschäftigt, die für den Binnenmarkt produzieren oder Dienstleistungen anbieten. Vergleichsweise gute und hohe Löhne werden dort aber nicht gezahlt, sondern vor allem in den exportabhängigen Branchen, die ihrerseits immer stärker auf das tolle Modell Leiharbeit setzen wollen. Gerade für Exportunternehmen im verarbeitenden Gewerbe hat sich die Leiharbeit im großen Krisenjahr 2009 mehr als gelohnt. Nie war es einfacher und bequemer, Beschäftigte bei einem Einbruch der weltweiten Nachfrage loszuwerden.

Außerdem half die großzügige Kurzarbeiterregelung der Bundesregierung (6 Mrd. Euro Kosten für die Bundesagentur in 2009) ebenfalls den Unternehmen. Denn die rund 1,1 Millionen Kurzarbeiter mussten auf gut 3 Mrd. Euro Gehalt verzichten. Es ist kaum anzunehmen, dass diese Einbußen aus vergangenen Jahren, in denen Deutschland laut Schäuble so gut durch die Krise gekommen sei, weil es seine Hausaufgaben ordentlich gemacht habe, nun durch die Gewerkschaften wieder herausgehandelt werden.

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Der Anchorman mit dem Überblick

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Ingo Zamperoni ist Moderator der Tagesthemen und kündigte einen Beitrag über Griechenland und die dort anstehende Parlamentswahl mit den Worten an, dass die harten Sparprogramme nun erste zaghafte Früchte tragen würden, weil Ratingagenturen das Land mal nicht herab, sondern nach oben gestuft hätten. Mal abgesehen davon, dass Griechenland mit „zahlungsunfähig“ bereits auf der niedrigsten Ratingstufe stand, ist es doch ziemlich albern, dass Urteil der Agenturen als Beleg für die Richtigkeit der zerstörerischen Sparpolitik zu betrachten.

Man muss sich nur mal anschauen, auf welcher fruchtigen Stufe die Griechen nun stehen. Das Land ist um sagenhafte vier Wertungsplätze nach oben gestiegen und bei der Note CCC angekommen, was in der Ratingsprache soviel bedeutet wie „überwiegend oder grundsätzlich riskant“ um nicht zu sagen „hochspekulativ“. Da sieht so mancher Tagesthemen-Grünschnabel aber schon die Wende gekommen oder jenen Aufschwung, in den er als Journalist quasi hineingeboren wurde.

Dass die Ratingagenturen mit ihrem politischen Spiel auch nur die politische Wahl beeinflussen wollen, erschließt sich dem auf seine Bildschirmwirkung bedachten Anchorman hingegen nicht.

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Merkel im Sendehaus des NDR

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Ich war die letzten Tage durch eine Mittelohrentzündung kombiniert mit einem fiesen Husten außer Gefecht gesetzt und habe jetzt erst rund 135 aufgelaufene Mails checken können. Es kann also noch etwas dauern, bis hier wieder mehr Beiträge erscheinen. An das letzte woran ich mich erinnern kann, ist ein Interview von Angela Merkel bei NDR-Info. Vielleicht war das ja der Auslöser für die schmerzhafte Entzündung des Gehörgangs.

In dem Interview äußerte sich die Volkskanzlerin auch zu ihrer Krisenbewältigungsstrategie. Die lässt sich auf die Formel bringen, Solidarität nur gegen Bedingungen (Solidarität gibt’s nur im Austausch für Solidität). Der angestrebte Fiskalpakt sei dabei eine notwendige, aber noch nicht ausreichende Maßgabe, um Wohlstand für die Menschen zu bekommen. Natürlich, so die Kanzlerin, dürfe das Wachstum als “zweite Säule” nicht aus den Augen verloren werden. Dies könne aber nicht nur durch staatliche Konjunkturprogramme, sondern vor allem durch Strukturreformen erzeugt werden.

„Wachstum kostet eben nicht immer Geld, wenn ich eine Rentenreform oder Arbeitsmarktreform mache wie wir mit der Agenda 2010. […] Durch die Hartz IV Reform haben wir heute mehr Menschen in Arbeit, als je zuvor. […] Das alles hat Deutschland kein Geld gekostet, aber sehr geholfen. […] Ich habe als deutsche Bundeskanzlerin darauf gedrängt, Wachstumsfragen zum Thema zu machen. […] Aber ich sage noch einmal, nicht nur Wachstum durch Konjunkturprogramme, sondern auch Wachstum durch Strukturreformen.“

In diesem Interview zeigte die deutsche Bundeskanzlerin ihr marktkonformes Zerrbild einer für sie erstrebenswerten europäischen Zukunft. Kennzeichnend dafür sind Zynismus und Ignoranz, die sich in den Worten Merkels verbergen, wenn sie beiläufig darüber spricht, dass die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes auch zu Lohndumping geführt habe, einem bedauerlichen Problem, dem man sich ja nun (nach sieben Jahren und einem Verfassungsgerichtsurteil zur Berechnung der Regelsätze) annehme. Dafür und für ihren halbkaltherzigen Vorschlag, einen Mindestlohn einführen zu wollen, wenn die Tarifpartner sich irgendwie einigen, sollte man ihr wohl noch dankbar sein.

Interessant waren in diesem Zusammenhang auch die Ergebnisse der ILO-Studie (Internationale Arbeitsorganisation), die den angeblich so nützlichen und Wachstum fördernden Strukturreformen eine zerstörerische Wirkung attestieren. 

„Die Strategie des Sparens und Regulierens sollte zu mehr Wachstum führen, was jedoch nicht geschieht“, sagte der ILO-Direktor für internationale Arbeitsmarktstudien und Hauptautor des Berichts, Raymond Torres, in Genf. Die Spar-Strategie sei damit „kontraproduktiv“ gewesen. Torres bescheinigte den EU-Staaten, „wenig durchdachte“ Sparprogramme aufgelegt zu haben. Als Beispiel nannte er Spanien, wo das Haushaltsdefizit trotz drastischer Einsparungen nur von gut neun Prozent im Jahr 2010 auf 8,5 Prozent 2011 gesunken sei.

Quelle: Stern Online

Den Deutschen werfen die Arbeitsmarktexperten vor allem vor, ihr Jobwunder auf atypischer und unsicherer Beschäftigung aufzubauen (Minijobs und Leiharbeit). Das wurde zunächst auch kritisch als Botschaft durch die Medien am Morgen verbreitet. Am Mittag hieß es aber schon, dass sich das Beschäftigungswachstum in Deutschland, laut der Studie, auf einem hohen Niveau befinde und schon war die neoliberale Welt der marktkonformen Demokratie samt ihrer Lohnschreiber wieder in Ordnung. Immerhin wurde noch im Abspann erwähnt, dass Deutschland höhere Reallöhne benötige. Aber wer hört da noch so genau hin?

Toll wäre es also gewesen, die Kanzlerin in einem Interview mit der Wirklichkeit ihrer eigenen Politik oder die, die sie für nachträglich richtig hält, zu konfrontieren,  um ihr unpassendes Loblied darauf mit den Worten “kontraproduktiv” und “wenig durchdacht” zu quittieren. Doch NDR Info Programmchefin und NDR Hörfunk Chefredakteurin Claudia Spiewak tat das nicht. Statt Merkel bezeichnete sie lieber den französischen Präsidentschaftskandidaten Hollande als jemanden, der “große Töne spuckt”. Vielleicht wollte sie der geistigen Luftpumpe Merkel, die ohne Rücksicht auf demokratische Gepflogenheiten in den französischen Wahlkampf eingriff, damit auch nur gefallen. Schließlich kommt die Staatsratsvorsitzende ja nicht oft zum Gespräch im Sendehaus des NDR vorbei.   

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