Spiegel Online sieht den Aufschwung

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Europa befindet sich schnurstracks auf dem Weg in die Depression, doch Spiegel Online behauptet mit freundlicher Unterstützung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) munter das Gegenteil. Sinkende Lohnkosten in den Euro-Krisenländern locken deutsche Firmen an, heißt es in einer Studie des DIHK. Diese Aussicht auf günstige Rahmenbedingungen führe in Spanien, Portugal und Italien bald wieder zu Investitionen, heißt es. Vor allem die Pharmazeutische Industrie, die Textilindustrie sowie die Gummi- und Kunststoffindustrie hätten das europäische Ausland als Standort im Blick. Das ist ein ziemlich irres Propagandastück.

Natürlich darf der Hinweis nicht fehlen, dass die angeblichen Reformmaßnahmen in den Krisenstaaten nun spürbar geworden seien und deutsche Unternehmen gerade deshalb über ein Engagement nachdenken. Doch tun sie das auch, nur weil sie vorgeben, etwas im Blick zu haben? Unternehmen müssen neben niedriger Kosten noch etwas anderes im Blick haben. Und das ist die Nachfrage. Das ist überhaupt die entscheidende Frage, die schon jetzt über die Auslastung der bestehenden Betriebe beantwortet werden kann. 

Überall in Europa werden schwache Auftragseingänge und einbrechende Konsumdaten gemeldet. Doch nur in Deutschland glaubt man an die eigene Unverwundbarkeit und natürlich an den stets “robusten” Aufschwung, der selbst in der Rezession auszumachen ist und allenfalls durch eine “Wachstumsdelle” etwas gebremst wird. Diese obskure Sichtweise ignoriert permanent die Fakten. Flassbeck meint, die Presse wolle die Konjunktur nach oben schreiben, erreiche damit aber nur, dass die Verantwortlichen aus Politik und Wissenschaft sich selbstzufrieden auf die Schulter klopfen und nichts unternehmen, um der Abwärtsspirale etwas entgegenzusetzen.

Stattdessen schlingern sie gemeinsam den einzelnen Krisenherden hinterher und zeigen sich regelmäßig überrascht, wenn die volkswirtschaftlichen Daten oder kurz die Wirklichkeit nicht den Erwartungen und der selbsterzeugten Stimmungslage entsprechen. Das ist nun auch in diesem Spiegel Artikel der Fall. Es wird völlig ignoriert, dass die Gesellschaften der betreffenden Länder infolge der Austeritätspolitik gerade auseinanderbrechen und Leid wie Verelendung um sich greifen. Es mag ja ein feuchter Traum bestimmter Teile der Wirtschaft sein, über ein Heer von Arbeitssklaven verfügen zu dürfen, doch vergeht kaum ein Tag, an dem sich die Völker in den Südländern nicht dagegen wehren. 

Inzwischen liegt die Arbeitslosenquote in der Eurozone bei bisher nie erreichten 12 Prozent und die Jugendarbeitslosigkeit im Schnitt bei 24 Prozent, wobei Länder wie Griechenland und Spanien bereits die 60 Prozent Marke anpeilen (Portugal und Italien rund 38 Prozent). Woher soll ein Aufschwung kommen? Flassbeck meint:

Wer nicht im eige­nen und im euro­päi­schen Inter­esse an der Bele­bung der deut­schen Bin­nen­nach­frage arbei­tet, rich­tet Scha­den an, der bis in die nächs­ten Gene­ra­tio­nen hin­ein nicht mehr gut­zu­ma­chen sein wird.

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Meinungsforschende Widersprüchlichkeit

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Die Piraten spielen mit drei Prozent keine Rolle mehr, sagte der Chefanalyst für Umfragen in der ARD, Jörg Schönenborn, gestern in den Tagesthemen. Warum aber die FDP mit ihren vier Prozent immer noch eine Rolle spielt und, obwohl sie laut Umfrage nicht im Bundestag vertreten wäre, weiterhin einem klassischen Lager zugerechnet wird, bleibt mal wieder offen.

Auf der anderen Seite spielt die Linke bei den Rechenkünsten Schönenborns keine Rolle. Würde aber die Umfrage dem tatsächlichen Wahlergebnis entsprechen, gebe es eine klare Mehrheit links von der Union im deutschen Bundestag. Diese Tatsache wird Journalisten wie Schönenborn aber erst dann wieder interessieren, wenn das rechte Lager kurz vor der Wahl herumjammert und vor der betrügerischen Absicht der SPD warnt, ein linkes Bündnis der Verdammnis schmieden zu wollen.

Interessant war natürlich auch der gewachsene Abstand zwischen Merkel und ihrem Herausforderer Steinbrück. Bei der beliebten, aber völlig bedeutungslosen Frage nach einer Direktwahl der Kanzlerin oder des Kanzlers liege die Amtsinhaberin mit derzeit 35 Punkten so klar vor Steinbrück wie noch nie. Interessant ist das deshalb, weil sich auch 34 Prozent der SPD-Anhänger für Merkel als Regierungschefin entscheiden würden. Das zeigt die Eignung des SPD-Kandidaten einerseits, aber auch die Denkweise der verbliebenen SPD-Anhänger, die sich mit der Rolle des Juniorpartners in einer Großen Koalition unter Merkel schon wieder zufrieden geben würden.

Direktwahl

Der Deutschlandtrend der ARD steht unter der Überschrift “Der Stern der Kanzlerin strahlt wieder”. Merkel profitiert durch die Krise und Steinbrück könne mit innenpolitischen Themen nicht landen, lautet das Fazit. Was Schönenborn natürlich nicht nennt, ist die fortwährende Widersprüchlichkeit zwischen der beliebten Kanzlerin und der Missgunst, mit der die Bevölkerung der aktuellen Bundesregierung noch immer gegenübersteht.

Auf der Seite von infratest dimap mit den aktuellen Daten zum April findet man auch eine Grafik mit dem Titel Mehrheit gegen Fortführung von Schwarz-Gelb. In dieser Umfrage sprechen sich weiterhin über die Hälfte der Befragten für einen Regierungswechsel aus. Allerdings glaubt fast dieselbe Mehrheit, dies könne nur unter Führung der CDU/CSU gelingen. Da muss man sich als Demoskop doch an den Kopf fassen oder zumindest seine Umfragemethode auf Fehler hin untersuchen. Doch nichts dergleichen. Die gleiche Hälfte der Befragten darf auch über ungerechte Verhältnisse in Deutschland klagen. Wahrscheinlich glauben jene 50 Prozent auch, Merkel und ihre Partei gingen mit einem sozialdemokratischen Programm an den Start.

Die demoskopische Widersprüchlichkeit fällt wegen Unterschlagung nicht weiter ins Gewicht. Dafür werden die noch sinnfreieren Beliebtheitswerte von Politikern genüsslich präsentiert. Wer hat mit wem den Platz getauscht. Als ob das jemanden interessiert. Dabei würde man gern erfahren, warum 75 Prozent der Befragten meinen, dass der schlimmste Teil der Eurokrise noch komme, wenngleich 65 Prozent derselben Gruppe sagen, Merkel habe in der Krise entschlossen und richtig gehandelt. Doch auch hier überstrahlt der hellleuchtende Stern der Kanzlerin Wahrnehmung und Verstand.

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Die Sache mit der Glaubwürdigkeit

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Frankreich hat eine Schwarzgeldaffäre. Deutsche Medien sind schockiert. Der Rücktritt Jérome Cahuzacs, ehemaliger französischer Haushaltsminister, und sein nachgereichtes Geständnis würden die französische Politik in eine schwere Glaubwürdigkeitskrise stürzen, heißt es in Kommentaren. Andere sprechen von einer Schwächung Hollandes, der sich monatelang belügen ließ. Doch die Glaubwürdigkeit ist schon längst einen bitteren Tod gestorben.

Wie gut, dass wir Deutschen in unserer Regierung keinen Minister haben, den man mit Schwarzgeld in Verbindung bringen könnte. Da dominieren ja die Erinnerungslücken und ansonsten das vollste Vertrauen der Kanzlerin, die um ihre Popularität nicht zu fürchten braucht, weil sich hierzulande niemand für die beruflichen Werdegänge von Merkels lebenden Kabinettsleichen interessiert noch für deren munter wechselnde politische Ansichten. Wenn überhaupt wird das Gedächtnis oftmals nur auf Zuruf aktiviert und verschwindet recht schnell wieder von der Bildfläche. Wie sonst ist es zu erklären, dass Schäuble dem Inselstaat Zypern unter Applaus der hiesigen Medien vorwerfen darf, das Land habe ein gescheitertes Geschäftsmodell betrieben, obwohl derselbe Minister über das gleiche Gebaren in der Schweiz, Luxemburg und Großbritannien eher die schützende Hand zu halten pflegt?

Dennoch zeigen sich die Medien aber auch bissig, wenn es darum geht, mit dem Finger auf andere zeigen zu können. Der NDR und die Süddeutsche sind äußerst engagiert bei der Aufdeckung von geheimen Geschäften in Steueroasen. “Offshore-Leaks” nennt sich das Rechercheprojekt, an dem sich Journalisten und Medien aus über 30 Ländern beteiligen. Und siehe da, mit Jean-Jacques Augier, der Schatzmeister im Wahlkampfteam des französischen Präsidenten war, haben die fleißigen Rechercheure ein prominentes Gesicht ausfindig gemacht, der von jenem lukrativen Geschäftsmodell profitiert haben soll. Das passt natürlich nicht zu einem linken Präsidenten, der zuhause für höhere Vermögens- und Einkommensbesteuerung eintritt, statt Reformen nach deutschem Vorbild durchzuziehen.

Einen Deutschen hat man übrigens auch gefunden. Gunter Sachs. Weil der schon tot ist, kann man ruhig mit dem Finger auf ihn und seine Briefkastenfirmen zeigen, die streng genommen ja gar nicht illegal sind, sondern das Ergebnis bestehender Steuerschlupflöcher. Insgesamt hat das fast schon wieder etwas Niedliches und wird die Boulevard gesteuerten Deutschen sicher mehr interessieren, als die Vergesslichkeit und den politischen Opportunismus ihres Finanzministers. Der muss und soll sich aber jetzt noch intensiver mit Steueroasen beschäftigen, in denen beispielsweise Waffenhändler ihre Geschäfte abwickeln. Die Frage aber, ob Schäuble aufgrund seiner Vita dafür überhaupt der richtige Mann sein kann, wird deutschen Medien und dem Michel wohl nicht auf den Nägeln brennen. Da muss wahrscheinlich erst wieder ein niederländischer Journalist kommen und der Kanzlerin eine simple Frage stellen. 

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TV-Tipp: Neues aus der Anstalt

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Nicht verpassen: Neues aus der Anstalt geht am Dienstag, 26. März, um 22:15 Uhr direkt nach dem heute journal wieder auf Sendung.

Bereits zu Beginn der Karwoche beenden Urban Priol und Erwin Pelzig die kabarettistische Fastenzeit. Sie servieren deutsche und internationale Gerichte von der aktuellen politischen Tageskarte und würzen alles mit einem ordentlichen Schuss Satire. Als Gäste haben sich Michael Mittermeier, Christine Prayon und Tobias Mann angekündigt.

Quelle: ZDF

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Rettung der aller letzten Gehirnzelle

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Heute Morgen ist Wolfgang Schäuble mit dem Satz zitiert worden, die Bundesregierung könne zufrieden mit dem sein, was auch immer da in der Nacht beschlossen wurde. (“Ich bin froh, dass wir jetzt das erreicht haben, was immer unsere Position war”, Quelle: SpOn) Kein Scherz. Die Meldung lief genauso in den Nachrichten auf NDR 2. Zuvor berichteten natürlich alle Medien total erleichtert vom völlig unerwarteten Ergebnis des Zypern-Gipfels in Belgien. Eine  Rettung in aller, aller, aller letzter Minute soll es gewesen sein. Wieder einmal hatten die “Euroretter” eine Nacht durchgemacht und… ja wie Schäuble offenbar gesagt hat, irgendwas beschlossen.

Euphorisierte Korrespondentinnen gaben im Radio sogar die aktuellen Zahlen von den asiatischen Börsen durch. Dort sei der Wert des Euro aufgrund der frohen Kunde aus Brüssel um einen Cent gestiegen und damit geradezu explodiert. Das ist immer noch kein Scherz, sondern tatsächlich so gesendet worden. Am Mittag wich die Euphorie allmählich dem Blick auf die Fakten. Der inzwischen wieder oder noch immer wache Schäuble antwortete bei einer Pressekonferenz auf die Frage, wie hoch denn nun die Beteiligung der Einleger sei, wie folgt: “Das muss erst noch berechnet werden.” Das ist immer noch kein Scherz, sondern tatsächlich so gesendet worden. 

Zwischendurch wurde noch bekannt, das die nationalen Parlamente dem sogenannten Zypern-Paket auch zustimmen müssen. Hier hat es Ultimatum-Schäuble aber plötzlich gar nicht mehr so eilig. Eine schnelle Zustimmung sei nicht nötig, wird er zitiert. Frau Merkel, die vor einer Woche die Zwangsabgabe auf alle Einlagen noch supi fand (“Ich finde, das ist richtig”), dann aber unbemerkt und ungestört abtauchen durfte, meldete sich wieder zu Wort und beschrieb das Wesen ihrer Rettungspolitik im berühmten einerseits, andererseits. Einerseits gebe es Auflagen und andererseits Solidarität. Das sei gerecht.

Das klingt nach einem fairen Deal. Immerhin haben die Deutschen Retter auch verhindert, dass die Zyprer im “Nervenkrieg” der letzten Woche vor lauter Verzweiflung ihren Rentenfonds plündern. Das übernimmt jetzt wie gewohnt die Troika mit ihrem sozialverträglichen Standardprogramm aus Ausgabenkürzungen und Privatisierungen. Freilich muss darüber noch in aller Ruhe verhandelt werden. Schließlich soll der zehn Milliarden “Hilfskredit”, der die Verschuldung des Landes mal eben auf 150 Prozent des BIP ansteigen lassen wird, bedient werden. Im Ergebnis dürfte aber das dabei herauskommen, was der Karikaturist Klaus Stuttmann auf einem Bild so wunderschön zum Ausdruck bringt.

Quelle: Stuttmann Karikaturen

Merkel, Schäuble und die Troika hoffen also erneut wider besseres Wissen mit einem zerstörerischen Maßnahmenbündel die eurorettungsbedingte Verschuldung Zyperns bis 2020 auf 100 Prozent drücken zu können. Der Plan hat allerdings weder in Irland noch in Portugal funktioniert, wie man unter anderem auf Querschuesse nachlesen kann.

“Der Fall Zypern zeigt, dass letztlich immer ein Grund gefunden wird, um das austeritätspolitische Konzept der Troika durchzusetzen, sobald Finanzhilfen des ESM und des IWF notwendig werden.”

Der verzückten Medienmeute sind diese Beispiele des Versagens bisher nicht aufgefallen. Den Journalisten fällt auch nicht auf, dass die EZB angesichts der Einigung, die im Detail noch immer nicht so ganz nachvollziehbar ist, wie Jens Berger auf den NDS aufgedröselt und herausgefunden hat, dennoch ganz rasch entschieden hat, wieder Geld nach Zypern zu schicken. “Es gebe keine Einwände gegen eine weitere Liquiditätsversorgung der Institute durch die zyprische Notenbank”, heißt es auf Tagesschau.de.

Das heißt wiederum, eine ernsthafte Pleitegefahr hat nie bestanden, da die Drohung der Zentralbank lediglich darin bestand, bei Verstreichen des Ultimatums einen Akt der Selbstverstümmelung vornehmen zu wollen. Demnach hätten die “Retter” auch irgendwas beschließen können, um die taktischen Bedenken bei der EZB zu zerstreuen.

Ich wundere mich nur, warum noch niemand auf die Idee gekommen ist, ein Endlager für die letzte Gehirnzelle in diesem Land zu suchen. Bevor der Verstand endgültig dahingerafft worden ist, sollte ein Rest an Wissen doch irgendwo sicher für die Nachwelt verwahrt werden.

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Die Zuspitzung der Krise ist bewusst gemacht

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Gerade hat die EZB ein Ultimatum an die zyprische Regierung formuliert. Bis kommenden Montag muss eine Lösung her, sonst droht die Schließung des Geldhahns. Prompt reagieren die Märkte mit einer Talfahrt. Als das zyprische Parlament den mit Überraschungen versehenen Rettungsplan der Eurogruppe am Dienstagabend klar und deutlich ablehnte, blieb es an den Börsen hingegen ruhig. Wie die Eurokrise funktioniert, wird besonders in dieser Woche sehr anschaulich vermittelt.

Richtig war das Nein des zyprischen Parlaments. Damit bestand nämlich zum ersten Mal die Chance, das absurde Vorgehen und das schlechte Blatt der „Euroretter“ auch für die Doofen an den deutschen Stammtischen sichtbar werden zu lassen. Leider wurde der kurze Moment des erhellenden Lichts durch das Gebrüll von bornierten Kommentatoren mit Reichweite schrill überdeckt. Dabei ist klar, kein Land der Eurozone kann pleitegehen. Die Konkursgefahr wird nur ständig herbeigeredet, um politisch Druck ausüben zu können.

Es ist doch seltsam, dass die EZB ihre Kreditlinien nun mit einem Ultimatum verknüpft. Das macht man nur, um inhaltlich leere Drohungen besser verkaufen zu können. Nach der Parlamentsentscheidung vom Dienstag haben alle mit einem Weltuntergang gerechnet. Er blieb freilich aus und die “Euroretter” auf ihrer geplatzten Dramaturgie sitzen. An den Märkten herrschte ebenfalls Ruhe. Erst das Ultimatum der EZB von heute sorgt wieder für die gewünschte Panik, die viele als Zuspitzung der Krise interpretieren. Würde die Zentralbank stattdessen an ihrem ursprünglichen Kurs festhalten, die Liquidität in der Eurozone in jedem Fall sicherzustellen, wäre weiterhin Ruhe im Karton. Dann hätten allerdings die „Euroretter“ mit ihren Drohungen und Hilfsprogrammen keine Chance, sondern würden sich mit ihrer Rhetorik in Slapstick-Nummern verheddern.

Da aber die EZB, wie von Schäuble gewollt, mitspielt, wird es am Verhandlungstisch mit Sicherheit eine Lösung geben, der auch das Parlament in Nikosia abschließend zustimmt. Dann gibt es wieder nur Gewinner, allen voran Angela Merkel und Wolfgang Schäuble, aber keine gelösten Probleme. Das wissen die Bürger Zyperns ganz genau, für die ein Deal mit Brüssel nichts anderes bedeutet, als Souveränität abzugeben und weitere Einschnitte in dann regelmäßigen Abständen hinnehmen zu müssen. Das lehrt sie das Beispiel Griechenland, von dem wir Deutschen ja schon wieder glauben, es sei gerettet, weil Mutti Merkel und Märchen-Onkel Claus vom heute-journal es so nett erzählen.

Dabei ist die Mittelmeerinsel Zypern durch das Versagen der „Euroretter“ in Schwierigkeiten geraten und nicht weil es wie andere auch, seinen Finanzplatz außerordentlich liebevoll gepflegt hat. Das dilletantische Vorgehen der Achse Berlin/Brüssel während der seit fast fünf Jahren andauernden Finanzkrise hat zum einen zu hohen Abschreibungen bei den zyprischen Banken geführt und zum anderen das gesamte Land seiner bisherigen Märkte in Südeuropa beraubt. Die Logik des Schuldenschnitts kombiniert mit einer gnadenlosen Austeritätspolitik ging und geht nicht auf, sondern führt nur zu einer ständigen und immer teurer werdenden Verlagerung der immer gleichen Probleme.

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Lügen mit Zahlen: Heute Zufriedenheit

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Im Auftrag des Allianz Versicherungskonzerns haben Demoskopen der Universität Hohenheim bei Stuttgart mal wieder die Zufriedenheit der Deutschen untersucht. Unter der Überschrift “Stimmungswende – Niedersachsen liegt in Optimismus-Studie vorn” macht heute auch die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) auf Seite 1 mit dem aktuellen Ergebnis der Studie auf. Im Fließtext heißt es dann:

“Inzwischen beurteilen 45 Prozent der Befragten in Niedersachsen Deutschlands Perspektiven ,mit Zuversicht’ oder ,großer Zuversicht’.”

Danach folgt ein Feuerwerk der guten Laune, die der Autor vor allem am Volkswagenkonzern, dessen Rekordjahr und einer Bonuszahlung an Mitarbeiter in Höhe von 7000 Euro festmacht. “Dieser Effekt, kombiniert mit jüngsten Beschäftigungsgarantien, strahlt nach Ansicht der Demoskopen auch auf Zulieferer und auf andere Branchen ab”, heißt es.

Dass aber offenbar 55 Prozent, also eine klare Mehrheit in der Umfrage, die Perspektiven weder mit großer, noch mit einfacher Zuversicht bewerten, fällt unter den Tisch. Stattdessen wird mit Adjektiven wie “verblüffend” und “beachtlich” gearbeitet. Dabei ist schon der Titel der seit 2007 laufenden Studie, die jedes Quartal mit “optimistischen” Ergebnissen aufwartet, eine bewusste Irreführung. Blumig ist auch jetzt wieder der Einstieg in die Pressemitteilung, die sich auf den Seiten der Allianz AG befindet.

Mit frühlingshaften Stimmungswerten sind die Bundesbürger ins Jahr 2013 gestartet: Die Zuversicht für Deutschland ist im ersten Quartal 2013 um fünf Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahreszeitraum gewachsen. Mehr als ein Drittel der Bundesbürger (36 Prozent) sieht damit die zukünftige Lage der Nation „mit Zuversicht“ oder gar „mit großer Zuversicht“.

Natürlich mag es verblüffend aussehen, wenn Niedersachsen als bisheriges Schlusslicht bei der Zufriedenheit um 20 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahreszeitraum zulegt und nunmehr die Spitzenposition unter allen Bundesländern einnimmt, doch mit seriöser Forschung hat eine derartige Untersuchung nichts zu tun.

Entscheidend ist ja die Interpretation der gewonnenen Daten. Stimmungsmessungen liegen voll im Trend, weil sie sich prima gegen die nicht so toll ausfallenden Indikatoren einer Volkswirtschaft  in Stellung bringen lassen. Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) oder das ifo-Institut arbeiten ähnlich. Auch sie messen jeden Monat lieber Stimmungen und Erwartungen, als genauer in die Bilanzen von Unternehmen und die Portemonnaies der Verbraucher hineinzuschauen. Regelmäßig passen dann auch die so gewonnenen Ergebnisse nicht mit der Realität überein.

Man muss nicht viel Fantasie aufwenden, um zu erkennen, dass die Politik, die gerade noch einen Armuts- und Reichtumsbericht über Monate hinweg unter dem verharmlosenden Schlagwort “Ressortabstimmung” gefälscht hat, die vorliegenden Ergebnisse der Zufriedenheitsstudie wohlwollend zur Kenntnis nehmen und als Bestätigung ihrer ideologischen Verbohrtheit betrachten wird.

In Niedersachsen hat sich deshalb die gerade in die Opposition abgewählte CDU zu Wort gemeldet und deutet das Ergebnis als nachträgliche Bestätigung ihrer Regierungszeit.

Für den CDU-Fraktionschef im Landtag, Björn Thümler, belegt die Studie indessen, „dass durch die erfolgreiche Arbeit der CDU-geführten Landesregierung bei den Menschen auch etwas angekommen ist: das höchste Wirtschaftswachstum, die geringste Arbeitslosigkeit seit 20 Jahren, hohe innere Sicherheit und gute Bildungspolitik“.

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WAZ-Gruppe streicht weiter Stellen

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Die WAZ streicht weitere 200 Stellen, davon offenbar 80 Mitarbeiter aus dem redaktionellen Bereich. Das teilte der Konzern seinen Mitarbeitern am Mittwoch in Essen mit. Laut Zapp-Blog habe der Konzern damit innerhalb von 3,5 Jahren die Zahl der redaktionellen Mitarbeiter mehr als halbiert. Das ist ein dickes Ei für viele Mitarbeiter so kurz vor Ostern. Besonders makaber ist die Notiz am Rande. Das Unternehmen möchte künftig seine Familientradition stärker betonen.

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Schäuble in den Tagesthemen

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Ist die Zypern-Rettung gescheitert, fragte Tom Buhrow in den Tagesthemen den deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble. Natürlich nicht, denn im Herbst ist Bundestagswahl. Den zweiten Teil der Antwort formulierte Schäuble etwas anders, aber gemeint hat er es so. Das wurde noch einmal deutlich, als Buhrow zwischendrin noch einmal fragte, ob man Zypern pleitegehen lassen würde. Darauf antwortete Schäuble mit dem Satz: “Die Frage ist falsch gestellt.” Aha.

Wäre die Sache nicht so ernst und die giftigen bis verhetzenden Kommentare wie der von Rolf-Dieter Krause in der gleichen Sendung keine Realität, man könnte über das Schauspiel lachen. Natürlich wird die Eurogruppe auch das kleine Land Zypern nicht pleitegehen lassen. Wenn das so einfach und kostengünstig zu haben wäre, müssten Leute wie Krause oder die anderen Leitartikler, die gerade ihre Pamphlete für den Druck freigegeben haben, nicht so hart austeilen.

Es könnte ihnen ja am Allerwertesten vorbeigehen. Aber nein, genau wie der Grieche, der Spanier und der Italiener ist nun auch der Zyprer bei den Deutschen unten durch, weil er sich im Namen der Wiederwahl Angela Merkels nicht einfach per Anweisung berauben lässt. Dass die Bankenkrise in Zypern aber vor allem eine Folge der gescheiterten “Rettungspolitik” in Griechenland ist, Schäuble lieferte ja das Stichwort mit dem Schuldenschnitt, haben viele überhaupt nicht auf dem Schirm. Sie mögen ja nicht einmal vom Scheitern sprechen, obwohl nie das passiert, was sich die “Euroretter” mit ihren Programmen und Paketen versprechen.

Vorstellungskraft? Fehlanzeige

Per Knopfdruck aus Brüssel können in der Eurozone inzwischen Konten eingefroren und Bankguthaben nach Belieben und vorzugsweise am Wochenende um willkürliche Sonderabgaben gekürzt werden. Natürlich ist die Journaille auf so ein geniales Instrument stolz. Zack, zack und überfallartig umgesetzt. So liebt das der Deutsche, muss er doch bei anderen Projekten wie der Finanztransaktionssteuer immer länger warten. Für das ambitionierte Vorhaben gebe es schließlich noch keine rechtliche Basis, hieß es zuletzt aus dem Finanzministerium.

Ganz anders sieht es mit Zwangsabgaben aus. Da gibt es rechtlich offenbar keine Bedenken, obwohl inzwischen auch bekannt ist, dass es keiner der Urheber gewesen sein will. Den Kommentatoren ist das freilich egal. Sie haben ihre Bedenken rasch in dem Moment beiseite gewischt, als ein demokratisch legitimiertes Parlament eine klare Entscheidung gegen die Absichten eines deutschen Finanzministers traf, der schon seit über 40 Jahren als Abgeordneter des Bundestages und als Technokrat wechselnder Regierungen sein Unwesen treibt.

Merke: Lüge, Enteignung, Rechtsbruch und Diktat sind vielleicht nicht ganz okay, aber eben zwingend notwendig, um den Schein von Demokratie zu wahren. Was hingegen gar nicht geht, ist die Demokratie selber, so mein Eindruck.

Die EZB als Waffe gegen den eigenen Währungsraum

Wolfgang Schäuble sagte einen entlarvenden Satz im ansonsten belanglosen Interview mit Tom Buhrow.

“Die beiden großen zyprischen Banken sind eigentlich insolvent, sie werden im Augenblick noch von der EZB mit der sog. Nothilfe liquide gehalten, aber immer unter der Voraussetzung, dass es ein dauerhaftes Hilfsprogramm für Zypern gibt.”

Das heißt Draghi darf Geld drucken, aber nur wenn Schäuble es erlaubt. Mit anderen Worten, die EZB soll aus Sicht des Deutschen gar nicht unabhängig sein und schon gar nicht als lender of last resort fungieren, um auf den Finanzmärkten für Ruhe zu sorgen. Schäuble versteht die EZB als Waffe gegen die Mitglieder des eigenen Währungsraums, um die Politik auf Linie zu zwingen. Unruhe wie jetzt kann dabei offenbar nur nützlich sein.

Leider fällt das bis heute keinem der brüllenden Kommentatoren auf. Leute wie Krause würden sich wahrscheinlich noch aufregen, wenn die EZB “eigenmächtig”, obwohl ihr Statut das ausdrücklich vorsieht, gegen die deutsche Minderheitenmeinung im EZB-Rat beschlösse, für die Liquidität Zyperns auch weiterhin zu sorgen.

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