Brüssels Vorschläge in der Krise

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Die Europäische Kommission hat den Mitgliedsstaaten ein Zeugnis ausgestellt. Nach übereinstimmenden Medienberichten komme Deutschland dabei mal wieder besonders gut weg. Während Staaten wie Frankreich und Spanien „Milde“ erfahren und gleichzeitig zu Reformen aufgefordert werden, spricht Brüssel der deutschen Regierung lediglich Empfehlungen aus.

Das Land solle mehr für die Binnennachfrage tun und etwa die Belastung von Geringverdienern durch hohe Steuern und Sozialabgaben ändern. „Deutschland sollte mehr tun, um die auf Niedriglöhne erhobenen hohen Steuern und Sozialabgaben zu verringern“, heißt es im Originaltext der Kommission. Von höheren Löhnen ist aber nicht die Rede, dafür eine Feststellung, die alle Medien bewusst überlesen.

Die Reallöhne liegen zwar nach wie vor unter dem Stand von 2000, was zum strukturellen Rückgang der Arbeitslosenquote von 8 % auf 5,5 % beigetragen hat, doch hat seitdem bei den Reallöhnen ein dynamisches Wachstum eingesetzt, ohne die Wettbewerbsfähigkeit zu beeinträchtigen. Gleichzeitig haben die Lohndisparitäten zugenommen.“

Sinkende oder stagnierende Reallöhne seit mehr als zehn Jahren sind gut, haben dummerweise aber auch Auswirkungen auf die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen. Deshalb sollen die Preise sinken, damit sich Geringverdiener auch etwas leisten können, meint die Kommission.

„Deutschland sollte stärker an der Öffnung des Dienstleistungssektors arbeiten, indem ungerechtfertigte Beschränkungen und Marktzutrittsschranken abgeschafft werden, was das Preisniveau senken und Dienstleistungen für die unteren Einkommensgruppen bezahlbarer machen wird.“

Hier wird das neoliberale Dogma konsequent zu Ende gedacht. In Deutschland aber wird auch darüber gelacht. Finanzminister Schäuble behauptet einfach steif und fest, dass die Binnennachfrage zuletzt deutlich gestiegen sei und die deutschen Verbraucher kaufen würden, was das Zeug hält, was nachweislich einfach nicht stimmt.

Beim Sparen sei Deutschland aber weiterhin ein Musterschüler. Dieses Lob greifen deutsche Medien nur allzu gern auf, ohne darauf zu verweisen, dass die günstigen Refinanzierungsbedingungen des deutschen Staates eine direkte Folge der Eurokrise und der von Deutschland aus immer wieder angeheizten Spekulation gegen südeuropäische Länder sind.

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Seitenwechsler haben immer Konjunktur

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Die Kanzlerin hat sich schützend vor ihren Kanzleramtsminister von Klaeden gestellt und dessen Entscheidung, als Cheflobbyist zum Daimler-Konzern zu wechseln, demonstrativ verteidigt. Als Staatsministerin Hildegard Müller zum Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft wechselte, 2008 war das, habe der damalige Koalitionspartner SPD auch nichts Anstößiges daran gefunden, so Merkel trotzig in Berlin. „Was damals galt, sollte auch heute gelten.“ Schließlich habe sie ja keinen Lobbyisten eingestellt, sondern einen Politprofi, gell.

Der Verweis auf den Wechsel Müllers ist natürlich taktisch klug von Merkel, um die keifenden Sozialdemokraten und Grünen, deren Ex-Minister und Abgeordnete nach der rot-grünen Ära reihenweise die Drehtür in die Wirtschaft nutzten, vorzuführen. Im Kern zeigt das Theater aber die infantile Arbeitsweise von Kanzlerin, Regierung und politischer Opposition. Natürlich ist der Vorgang anstößig, nur versucht die Kanzlerin das mit einem durchaus berechtigten Gegenvorwurf an die nicht minder korrupten Karrieristen aus der Opposition herunterzuspielen.

Die Begründung von Regierungssprecher und natürlich auch Seitenwechsler Seibert ist allerdings hanebüchen. Er behauptet in naiver Weise, dass der Staatsminister nie in Entscheidungen zur Autoindustrie involviert gewesen sei und für völlig andere Arbeitsschwerpunkte, etwa den Bürokratieabbau sowie die Bund-Länder-Koordinierung zuständig war. Ein klares Ablenkungsmanöver. Denn von Klaeden ist für Daimler nicht wegen seiner Arbeitsschwerpunkte interessant, sondern wegen seines Netzwerkes, das er als Abgeordneter des Bundestages seit 1994 und Mitglied des Bundesvorstandes der CDU aufbauen konnte.

Umgekehrt müsste man ja fragen, warum und durch was von Klaeden für einen hoch dotierten Posten bei einem deutschen Autobauer geeignet ist. Der Mann ist gelernter Parteisoldat mit Ausbildung zum Juristen, aber ohne Berufserfahrung, der seit fast 20 Jahren im Bundestag herum sitzt. In dieser Zeit hat von Klaeden sicher die ein oder anderen Kontakte knüpfen können, von denen Daimler gern profitieren möchte. Herr Seibert aber versucht die Leute für dumm zu verkaufen, während seine Chefin Merkel auf Verharmlosung durch kindische Vergleiche setzt.

Übrigens ist der ehemalige Pressesprecher der rot-grünen und Großen Koalition mit SPD Parteibuch, Thomas Steg, heute Cheflobbyist bei Volkswagen. Bei diesem Herrn habe ich mal versucht zu studieren, es aber nie geschafft, weil er für seine Funktion als Dozent an der Universität Hannover nie Zeit gefunden hat. Alle Seitenwechsler im Überblick finden sie sehr schön chronologisch geordnet bei Lobbypedia.

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Merkels geballte Fotoshow

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Die in den letzten Tagen und Wochen zusammen geknippste Fotoshow der Bundeskanzlerin ist heute Thema auf den NachDenkSeiten und bei Volker Pispers, der sich vor Schreck gleich mal in die Sommerpause verabschiedet.

Wenn man sich den Terminkalender der Kanzlerin so ansieht, meint Wolfgang Lieb, dann fragt man sich, wann die Kümmerin eigentlich noch Zeit hat, ihre Regierungsarbeit zu erledigen – das ginge eigentlich nur noch im Schlaf, so Lieb.

Doch wir wissen ja von den knallhart nachfragenden Brigitte-Redakteurinnen, dass die Kanzlerin kamelartige Fähigkeiten besitzt und schon mal eine Nacht durchmachen kann. Aber, und hier kommt Pispers ins Spiel, die Merkel würde sich niemals mit einem Fan-Schal erwischen lassen, bevor nicht klar ist, wer gewonnen hat. Was zählt, ist die Einschaltquote und natürlich die Beliebigkeit.

„Mal bin ich liberal, mal bin ich konservativ, mal bin ich christlich-sozial. Und das macht die CDU aus.“

Sie kann sich halt nicht entscheiden und trägt lieber die doppelte und dreifache Meinung mit sich herum, fordert von anderen aber, einen klaren Entschluss zu fassen. Die doppelte Staatsbürgerschaft lehnt sie zum Beispiel weiterhin ab, ist aber gleichzeitig für eine geistige Offenheit gegenüber Migranten. Offen müsse man auch mit Blick auf die Bedürfnisse der deutschen Automobilindustrie sein. Denn von großen schweren Fahrzeugen, die erwiesenermaßen die Luft verpesten, hängt die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft ab. Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel, jammert VDA-Präsident Matthias Wissmann, immerhin Ex-Bundestagsabgeordneter der CDU und zweifacher Bundesminister, der Kanzlerin in einem Brief vor, falls die geplanten CO2-Grenzwerte der EU Anwendung fänden. 

Und weil das so ist, wechselt nun auch der Staatsminister im Bundeskanzleramt, Eckart von Klaeden, zum Jahresende als Cheflobbyist zu Daimler. Die Entscheidung sei ihm schwergefallen, schluchzt der Niedersachse ebenfalls in einem Brief an seinen Hildesheimer Kreisverband. Dabei setzt von Klaeden nur eine schäbige Tradition des munteren Bäumchen-wechsel-dich-Spiels fort, das freilich nach Korruption stinkt. Aber das wird auf dem nächsten Foto sicher wieder weggelächelt.

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TV-Tipp: Neues aus der Anstalt

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Nach der Bundestagswahl will sich Bundeskanzlerin Angela Merkel für tarifliche Mindestlöhne einsetzen. Sie sagt: „Wir haben ja auch bei der FDP gesehen, dass dort ein verändertes Denken um sich greift.“ Klingt nachvollziehbar, denn zurzeit regiert sie mit denen ja nicht. Wählen sie daher schon jetzt politisch unkorrekt.

Zukunft Durch Fernsehen (ZDF)

Und hier der Wahlwerbespot, der sie überzeugt.

Neues aus der Anstalt läuft wieder am kommenden Dienstag um 22:15 Uhr im ZDF, live und direkt nach dem heute journal. Als kabarettistische Experten der Forschungsgruppe Wahlen sind Christian Ehring, Andreas Rebers und Arnulf Rating zu Gast.

Quelle: ZDF

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Jubel in Leipzig und in Kassel

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Heute feiert die Sozialdemokratie ihren 150. Geburtstag und ein im Mai 2007 geborener Kläger vor dem Bundessozialgericht einen Erfolg, der ohne die SPD nicht denkbar wäre. Dem inzwischen Sechsjährigen steht nämlich ein Jugendbett als Erstausstattung im Rahmen der in Leipzig noch einmal ausdrücklich von allen Seiten gelobten Hartz-IV-Gesetzgebung zu. Allerdings ist noch nicht klar, ob auch die Anschaffungskosten in Höhe von 272 Euro angemessen sind. Denn das muss nun jenes Sozialgericht entscheiden, das dem jungen Kläger zuvor die Bewilligung von Leistungen für ein “Jugendbett” mit Lattenrost auf Grundlage der in Leipzig noch einmal von allen Seiten so gelobten Hartz-IV-Gesetzgebung rechtswidrig versagt hatte.

Beim Festakt im Leipziger Gewandhaus spielen solche in der Sache und Juristerei widersprüchlichen Einzelschicksale freilich keine Rolle. Der 150. Geburtstag der “alten Tante” SPD wurde wie erwartet dafür missbraucht, um ein weiteres Mal die krachend gescheiterte Agenda-Politik als bahnbrechenden Erfolg zu würdigen.

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Hier ziehen der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel und dessen heimliche Kanzlerkandidatin, die in Leipzig ganz selbstverständlich neben ihm in der ersten Reihe Platz genommen hatte, an einem Strang. Denn was der ganz links im Bild abgeschnittene Altkanzler Schröder begann, setzt Angela Merkel mit Hilfe von lauter Sozialdemokraten um sie herum in Europa und Deutschland auf brutale Weise weiter um. Sie alle wissen, was angemessen ist für Europa, Deutschland und vor dem Sozialgericht klagende Windelträger, die bis zu einer richterlichen Entscheidung längst aus Betten und knappen Regelsätzen hinaus- und in die von der SPD zu verantwortende Armut dauerhaft hineingewachsen sind.

Es braucht offensichtlich drei Jahre und mehrere Gerichte, um festzustellen:

Der Bedarf nach einem neuen Bett sei lediglich wegen des Wachsens des Klägers entstanden.

In diesem von Richtern formulierten einfachen und für jeden verständlichen Satz drückt sich der unbeschreibliche Erfolg der von allen Seiten so gelobten und einzig noch lebenden Agenda-Reform aus. Dafür hat die SPD 150 Jahre gekämpft. Chapeau.

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Wirtschaft in der Krise

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Die deutsche Wirtschaft steckt in der Krise. So müssten die Schlagzeilen heute eigentlich lauten. Doch nach Veröffentlichung der Quartalszahlen zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukt lauten sie anders. Deutschland entgeht nur knapp der Rezession, Neuer deutscher Optimismus verhindert Rezession usw. Dabei ist die deutsche Wirtschaft nach einem heftigen Einbruch im Schlussquartal 2012 (-0,7 Prozent) in den ersten drei Monaten des neuen Jahres gerade mal um mickrige 0,1 Prozent gewachsen. Schaut man sich die Gesamtentwicklung an, kann man gut und gerne von einer Stagnation sprechen. Seit dem zweiten Quartal 2012 gibt es kaum noch positive Impulse.

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Quelle: Statistisches Bundesamt

Dennoch heißt es im ersten Satz der Meldung vom statistischen Bundesamt: Die deutsche Wirtschaft nimmt nur langsam wieder Fahrt auf. Eine Begründung für die kühne These liefert das Amt nicht. Von Fahrt aufnehmen, kann überhaupt keine Rede sein. Denn wie die Behörde selbst mitteilt, mussten die Daten des vergangenen Jahres nach unten revidiert werden. Am 22. Februar war in der ausführlichen Betrachtung von Q4/2012 noch von einem Rückgang um 0,6 Prozent die Rede (110,73 Indexpunkte). Nach der Neuberechnung liegt der Indexwert bei 110,61 und das erste Quartal 2013 bei 110,68 Indexpunkten. Weil also das letzte Quartal 2012 noch etwas schlechter ausfiel als ursprünglich berechnet, gibt es zum Start in 2013 keinen Rückgang der Wirtschaftsleistung.

Diesem rechnerischen Trick ist es also zu verdanken, dass man nun schon wieder verhalten optimistisch in die Zukunft blickt. Die Verbraucher sollen es angeblich mit ihrer Kauflaune herausgerissen haben. Gut gelaunt waren sie vielleicht, aber gekauft haben sie nicht viel, wie der Rückgang bei den Einzelhandelsumsätzen klar beweist.

Ganz anders sieht die Berichterstattung mit Blick auf den Rest der Eurozone und vor allem Frankreich aus. Das Land hat im zweiten Quartal in Folge einen Rückgang seiner Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent zu verzeichnen. Hier mosern deutsche Medien natürlich über den mangelnden Reformeifer, der für die ebenso klare Rezession verantwortlich gemacht wird. In der Summe beider Quartale dürfte Deutschlands Wirtschaft aber wesentlich stärker geschrumpft sein als die Französische. Doch halten wir uns nicht mit Nebensächlichkeiten auf. Fakt ist, dass sich Deutschland vom Rest Europas nicht einfach abkoppeln kann, sondern ebenso auf eine Depression zusteuert.

Die verspätete Nation will das nur noch nicht wahrhaben und glaubt mit ihrem politischen Spitzenpersonal fest an einen Turnaround. Das ist vor der Wahl auch nicht anders zu erwarten. Doch Belege dafür gibt es keine. Die Nachfrageschwäche aus dem Ausland wird weiter anhalten. Sie schlägt sich bereits jetzt in der für Deutschland so wichtigen Exportstatistik nieder. Bleibt also nur die ‚Binnennachfrage. Doch wie oben bereits erwähnt, klafft eine große Lücke zwischen angeblicher Kauflaune (Anspruch) und tatsächlichem Konsumverhalten (Wirklichkeit). Das sich an diesem Verhältnis auf absehbare Zeit etwas ändert, ist im Land mit dem blühenden Niedriglohnsektor zumindest zweifelhaft.

PS: EU-Kommissionspräsident Barroso hat übrigens die Reformpolitik Frankreichs gerügt und eine Duldung der Verletzung der Defizitgrenze an die Bedingung eines glaubwürdigen Reformprogramms geknüpft. Ganz im Sinne von Merkel und Schäuble fordert nun auch die EU-Spitze, dass die zweitgrößte Wirtschaft der Eurozone jene Medizin einnehmen solle, die Europa dahin geführt hat, wo es jetzt steht. Im Rezessionsschlamassel. Komisch ist nur, dass der gleiche Barroso für die anderen Staaten, die schon nicht mehr können, wegen offensichtlicher Erfolglosigkeit ein Ende des Spardiktates verlangt. Wirklich frech ist aber der Satz von Barroso:

“Die Wahrheit ist, dass Frankreich seine Wettbewerbsfähigkeit in den vergangenen 20 Jahren verloren hat.”

Die Wahrheit ist, dass sich Frankreich als einziges Land der Eurozone an den Stabilitäts- und Wachstumspakt und die Einhaltung des Inflationsziels gehalten hat.

Quelle: Hans Böckler Stiftung

Eigentlich müsste Barroso Deutschland rügen, weil es die Eurozone systematisch ausnutzt und fortwährend die vereinbarten Regeln bricht, um sich auf Kosten der anderen Wettbewerbsvorteile zu sichern.

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Deutschland kommt wieder zu spät

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Opportunismus umschreibt man neuerdings so:

„Frei von großen Visionen versuchte sie offenbar damals wie heute, kurzfristige Ziele innerhalb der gegebenen Strukturen zu verwirklichen.“

Die angeblichen Enthüllungen von Boulevard-Journalisten sind schon ziemlich lächerlich, aber die Debatte um Merkels Vergangenheit ist noch alberner. Uns sollte doch die Merkel der Gegenwart interessieren. Allein diese Erkenntnisse reichen schon aus, um sie aus dem Amt zu schreiben. Hier schauen die Medien aber ganz bewusst weg oder sehen in der Frau, die einst kurzfristige Ziele innerhalb der gegebenen Strukturen zu verwirklichen suchte als weitsichtige Krisenmanagerin.

Gerade heute ist das ganze Ausmaß des politischen Versagens Merkelscher Politik wieder sichtbar geworden, als die Nachricht die Runde machte, dass Portugal von der Troika dafür belohnt werden soll, weil es seine Rentner zu einer Sonderabgabe zwingt, Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst massenhaft entlässt und den Rest mit längeren Wochenarbeitszeiten beglückt. Dabei gilt der Kürzungskurs der Kanzlerin in Europa längst als gescheitert. Sogar auf der Ebene der G7 gibt es offen Streit über die richtige Wachstumsstrategie und vor allem Kritik an Deutschland.

Doch so offen diese Auseinandersetzung auch geführt wird, in Deutschland selber werden die Menschen damit nicht weiter belästigt. Stattdessen redet man hier über Merkels Vergangenheit und deren bescheidene Welt, die ihnen Brigitte liefert, fern ab von jedweder Realität. Es bleibt der Befund, Deutschland als Ganzes kommt mal wieder zu spät.

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Gedämpfte Erwartungen

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An diesem Wochenende hat Bundeskanzlerin Angela Merkel mal wieder Erwartungen gedämpft. Und dämpfen kann sie gut, denn in der Küche kennt sie sich aus, wie wir aus der Brigitte wissen (O-Ton: “Wenn ich im Kochtopf rühre, denke ich nicht jede Sekunde: Die Kanzlerin rührt im Kochtopf.”). Na ja wenn es anschließend schmeckt und der Ehemann auch von selbst mal etwas sagt, ist die Welt wohl in Ordnung. Politisch rührt Merkel allerdings so manchen Blödsinn an. So auch bei ihren gedämpften Aussichten den bevorstehenden Demografiegipfel der Bundesregierung am Dienstag betreffend.

Neun Arbeitsgruppen beraten da seit Herbst vergangenen Jahres über eine Strategie beim Thema Alterung der Gesellschaft. Ergebnis: Die Diskussion komme gut voran, aber:

Der Wandel habe „gewaltige Auswirkungen“, sagte die Kanzlerin. „Denn es geht nicht einfach nur darum, dass wir im Durchschnitt älter werden, sondern wir werden in Deutschland auch weniger werden, wir werden vielfältiger werden.“ Es handle sich um einen Wandel, „den wir in unserer Gesellschaft begleiten müssen“.

Quelle: stern.de

So gewaltig scheint der Wandel aber dann doch nicht zu sein, angesichts der konstanten Bevölkerungszunahme, die seit dem Jahr 2011 aufgrund steter Einwanderung zu verzeichnen ist.

Quelle: destatis

Die demografische Katastrophe scheint auszufallen, auch weil eine andere Katastrophe, ausgelöst von Angela Merkel, ihre Wirkung nicht verfehlt. Die schreckliche Krisenpolitik hat offenbar eine Wanderungsbewegung von Süd- nach Nordeuropa in Gang gesetzt. Damit konnten seinerzeit die Demografiepäpste um Meinhard Miegel und Bernd Raffelhüschen natürlich nicht rechnen, als sie im Auftrag der Versicherungswirtschaft das große Bevölkerungssterben bis 2060 voraussahen und der Politik erfolgreich empfahlen, allerhand Dämpfungsfaktoren in die gesetzliche Rentenversicherung einzubauen.

Noch immer rechnen alle Beteiligten mit der absurden Studie, wonach ein Fünftel der Deutschen ersatzlos verschwunden sein wird. Doch die aktuelle Zunahme der Bevölkerung widerspricht der Annahme und sogar eine Erholung der Rücklagen in der Rentenkasse wie zuletzt, führt nicht dazu, den bereits eingeschlagenen Irrweg (Rentenkürzung) zu verlassen. Es wird im Gegenteil munter weiter an der Zerstörung (Beitragssatzstabilität) einer funktionierenden Sozialversicherung gearbeitet.

In diesem Zusammenhang müsste man auch mit dem Märchen aufräumen, dass die Menschen immer älter würden. Das weiß man doch erst, wenn sie tot sind. Die Tatsache, dass viele Menschen aus den Jahrgängen 1920 bis 1940 heute noch leben, sagt nichts darüber aus, dass Menschen der Jahrgänge 1970 bis 2013 ähnlich lange oder noch länger leben werden. Vielmehr müsste man sich doch die Frage stellen, in wie weit sich unschöne Dinge wie Zuzahlungen, um sich den medizinischen Fortschritt leisten zu können oder die Interessen der Pharmaindustrie, die immer neue Pillen für neue Krankheiten oder umgekehrt erfindet, die Aussicht auf Altersarmut, Lebensmittelskandale, Bewegungsmangel, Umwelteinflüsse und der Verlust sozialer Standards auf die Lebenserwartung auswirken.

Doch auch über diese spannenden Fragen diskutiert der Demografiegipfel nicht. Mal sehen wie lange hinter verschlossen Türen gedämpft wird. Von der Kanzlerin wissen wir ja, dass sie kamelartige Fähigkeiten besitzt und schon mal eine Nacht durchmachen und am Morgen danach trotzdem fit ihre Hände zur Raute zusammenfalten kann.

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Wenn es sprudelt, verarmt meistens der Staat

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Seit vergangener Woche ist die neueste Steuerschätzung raus und die Kommentare zur angeblich üppig vorhandenen Einnahmebasis des Staates sind geschrieben. In ihnen heißt es mal wieder, dass es an der Zeit sei zu sparen, weil Finanzminister Schäuble trotz des prognostizierten Rückgangs immer noch über eine Rekordsumme an Steuern verfügen könne. Dabei sind höhere Einnahmen bei einem steigenden Bruttoinlandsprodukt (BIP) nichts ungewöhnliches. Außerdem, und das ist viel gravierender, sagen nominale Rekordeinnahmen für sich genommen überhaupt nichts aus. Das könnten Journalisten allein schon daran erkennen, dass im Schatten der zu erwartenden Höchststände beständig über große Finanzierungslöcher bei Bund, Ländern und vor allem den Kommunen geklagt wird.

Die öffentliche Hand kann immer seltener ihre Aufgaben übernehmen, trotz angeblich sprudelnder Einnahmen. Das prognostizierte „Rekordsteueraufkommen“ muss also in ein Verhältnis gesetzt werden, um darüber eine verlässliche Aussage treffen zu können. Doch nirgendwo, außer in der Publikation der Steuerschätzer selbst, findet sich etwas über die Steuerquote, also jenen Wert, der die Steuereinnahmen zum Bruttoinlandsprodukt in Beziehung setzt. Er liegt bei geschätzten 22,77 Prozent für das Jahr 2013 und damit auch auf einem Rekordniveau, das aber nicht das obere, sondern immer noch das untere Ende der Fahnenstange beschreibt. Zumindest unterdurchschnittlich ist die Entwicklung dieser Quote wenn man sie mit der anderer Länder vergleicht. Das heißt also, dass die Steuereinnahmen zwar einen noch nie dagewesenen Höchstwert erreicht haben mögen, gemessen am BIP aber dem Staat immer weniger Geld zur Wahrung seiner Aufgaben zur Verfügung steht.

Das hat auch einen Grund, der vor allem in den Steuersenkungsorgien der Regierungen Schröder bis Merkel zu finden ist. Sie haben den Staat um Einnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe gebracht. Dennoch will das Lied von der Ausgabendisziplin nicht verklingen. Gerade jetzt, wo halb Europa unter dem Spardiktat der Deutschen zu leiden hat und der Kontinent als Ganzes auf eine jahrelange Depression zusteuert, fällt deutschen Journalisten nichts besseres ein, als das zu fordern, was sie immer reflexhaft fordern, weil sie von Volkswirtschaft einfach nichts verstehen wollen. Man möge doch endlich richtig sparen. So als ob es hierzulande keine verrottende Infrastruktur geben würde. Dabei gammeln Schulen, Straßen und öffentliche Gebäude nur deshalb seit Jahren vor sich hin, weil man sich die Renovierung aus Kostengründung immer wieder spart. Zuletzt jammerte ja auch der deutsche Städtebund über einen Investitionsrückstand von rund 100 Milliarden Euro.

Für diese Schieflage in der Wahrnehmung haben Medien wie auch die Steuervermeidungsfetischisten immer die gleiche Antwort parat. Der Staat sei kein guter Haushälter und gebe zu viel Geld an Stellen aus, wo er es doch lieber bleiben lassen sollte. Bei den Sozialleistungen zum Beispiel bestehe immer Einsparpotenzial. Nur traue sich aus Angst vor unpopulären Entscheidungen niemand so recht an diesen Posten heran. Doch auch hier stützen die wenig aussagekräftigen nominalen Daten die wackelige Argumentation. Gemessen am BIP lagen die Ausgaben im Jahr 2002 allerdings höher als heute und mit einem aktuellen Niveau von 30 Prozent kaum höher als 1975. Doch ginge es nach den Hardlinern, könne der Sozialstaat allein von der Spendenbereitschaft gönnerhafter Steuerhinterzieher wie Uli Hoeneß leben, die schließlich besser wüssten, für welchen guten Zweck Vermögen eingesetzt werden sollte.

Mehr Steuern zu verlangen, widerspricht hingegen dem trotzigen Weltbild vieler Meinungsmacher, die sich im Augenblick genüsslich und giftig am Wahlprogramm der Grünen abarbeiten, das ja bekanntlich eine zaghafte Erhöhung einzelner Abgaben vorsieht. Was aber dagegen spricht, beispielsweise die Abgeltungssteuer von 25 Prozent in die Mülltonne zu werfen und alle privaten Kapitaleinkünfte wieder mit dem persönlichen Einkommenssteuersatz zu versteuern, erklären die notorischen Steuerhasser nicht. Und was ist gegen eine Wiederbelebung der Vermögenssteuer zu sagen, die es ja offiziell noch gibt, aber keine Einnahmen generiert?

Insgesamt tragen die vermögensbezogenen Abgaben, also Vermögensteuer (Erhebung seit 1997 ausgesetzt), Grundsteuer, Grunderwerbsteuer und Erbschaftsteuer gerade einmal 4 Prozent zum Gesamtsteueraufkommen bei und machen damit nicht einmal 1 Prozent des BIP aus. Das ist weniger als die Hälfte des Durchschnitts der entwickelten Länder. Zudem besitzt das reichste Zehntel der Bevölkerung inzwischen 66 Prozent des Gesamtvermögens, also 6,4 Billionen Euro. Steuergerechtigkeit muss daher die Antwort auf vermeintlich “sprudelnde” Einnahmen heißen, die nur deshalb so abgefeiert werden, um die systematisch vorangetriebene Verarmung des Staates zu verschleiern.

Wer darüber hinaus Steueroasen wirksam austrocknen will, muss mit deren Mästung aufhören und die verfehlte Unternehmens- und Vermögensbesteuerung des vergangenen Jahrzehnts beenden bzw. korrigieren. Es muss beispielsweise Schluss sein mit der Steuerfreiheit auf Veräußerungsgewinne, die rot-grün einmal beschloss und seit dem nie zurückgenommen wurde. Zudem ist mit 20 Prozent die Steuerbelastung von Unternehmens- und Vermögenseinkommen historisch, vergleichsweise und rekordverdächtig niedrig. An dieser Stelle gäbe es viel Reformbedarf, um den Staat als ganzes auf solidere Füße zu stellen und gleichzeitig für eine gerechtere Finanzierung zu sorgen.

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CSU braucht gute Umfragewerte und GMS liefert

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Die CSU braucht mal wieder gute Umfragewerte und der Haus- und Hof-Demoskop der Partei liefert. In einer aktuellen Umfrage im Auftrag von Sat.1 Bayern soll die CSU trotz der Abgeordneten-Affäre stabil bei 47 Prozent liegen und kann damit weiterhin auf die absolute Mehrheit hoffen. In der Süddeutschen vom 17. August 2010 heißt es über den GMS-Chef Helmut Jung:

“Jung, gebürtiger Kölner, leitete zwischen 1972 und 1979 die Abteilung Wahlforschung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung. Danach stieg er zu einem der führenden Meinungsforscher für die Union auf. 1998 hat er sich mit der Gesellschaft für Markt- und Sozialforschung (GMS) in Hamburg selbständig gemacht.”

Zuletzt war ja das ebenfalls als unionsnah geltende Allensbach-Institut bei der CSU in Ungnade gefallen. Deren Chefin Renate Köcher schockte die Christsozialen in Wildbad Kreuth zu Beginn des Jahres mit Ergebnissen, wonach die Partei nur auf 41 Prozent käme, wenn im Januar Bundestagswahl gewesen wäre. “Völliger Quatsch” und “Stimmt nicht” waren die Reaktionen. Die Zahlen stünden im scharfen Kontrast zu der Stimmung auf den Neujahrsempfängen der CSU, hieß es empört. Andere Umfragen, die bereits erwartet wurden, fielen hingegen deutlich positiver aus.

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