Nicht garantieren sondern wieder versprechen

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Vergangene Woche hat die Allianz angekündigt, Lebensversicherungen ohne Garantieverzinsung unter der schönen Bezeichnung „Perspektive“ anzubieten. Dabei setzt der Konzern mit Hilfe der Medien auf eine Mogelpackung, die angeblich mehr Sicherheit durch einen Wegfall von Garantien bietet. In Wahrheit will man wieder mehr Risiko bei Vorsorgeprodukten salonfähig machen, um weniger Eigenkapital für garantierte Verträge vorhalten zu müssen.

Die historische Niedrigzinsphase lastet auf den Versicherungskonzernen, die mit Lebensversicherungen und Riester-Verträgen, gestützt von Politik und Medien, den Menschen eine trügerische Sicherheit im Alter vorgaukeln. Mit der Garantieverzinsung sollte dieser Anspruch der privaten Altersvorsorge untermauert werden. Ein Kostenproblem, wie sich nun zeigt, wenn das allgemeine Zinsniveau unter der des Garantiezinses liegt. Etwas Neues muss also her, um das Geschäft mit der Altersvorsorge zu retten oder neu zu beleben.

Die jüngste Produktoffensive der Allianz ist aber nicht als Satire gekennzeichnet. In der Packungsbeilage heißt es, dass der Versicherte mit der neuen Police sogar besser fahren könnte, als mit herkömmlichen Verträgen. Schließlich wisse heute niemand, wie sich das Zinsniveau in 20 oder 30 Jahren entwickeln werde. Sollte es höher liegen, wovon die Spezialisten in München mit Rückendeckung der BaFin offensichtlich ausgehen, könnte die Allianz ihren Kunden auch eine höhere Monatsrente versprechen, was bei Verträgen mit der üblicherweise geltenden Garantieverzinsung nicht möglich ist. Da muss man schließlich eine Summe X garantieren.

Versprechen sind eben etwas anderes als Garantien. Mit diesem Zaubertrick versucht die Allianz zu beeindrucken oder einfach Scheiße in Gold zu verwandeln. Beim Versicherungskonzern heißt das Nullprozent-Garantie, die nach Auffassung der Finanzgenies mehr Sicherheit biete. Unterm Strich verzichtet der Kunde auf einen Garantiezins, um laut Aussage der Allianz am Ende der Vertragslaufzeit dann doch mehr Rendite einstreichen zu können. Wasserdicht sei das neue Produkt, so das Management.

Wie der Hokuspokus funktioniert, dürfte klar sein. Wenn die Versicherungsmafia keinen Zins mehr garantieren muss, kann sie wieder vollmundig Renditen versprechen, die durch riskantere Anlagen wie Aktien oder Hedgefonds zu Stande kommen sollen. Angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase habe man unter potenziellen Allianz-Kunden dann auch mehr Bereitschaft zum Risiko ausgemacht. Natürlich muss man das in Zeiten der Finanzkrise und der vielleicht noch nicht ganz verblassten Erinnerung an verlorene Anlagen und geplatzte Zukunftspläne auch hierzulande (Stichwort: Lehman Zertifikate) etwas vorsichtig angehen. Die Allianz verspricht aber und garantiert nicht, dass die Mogelpackung von den hauseigenen Beratern so verständlich wie möglich den künftigen Opfern des Konzerns vorgetragen werde.

Die Provisionen bleiben übrigens in dem einen wie dem anderen Fall, für den sich der Kunde entscheidet, gleich, beteuert die Allianz. Ob sie dem Kunden aber auch verrät, dass diese sowie die Vertriebskosten vom Sparbeitrag abgezogen werden, was wiederum das ganze Unterfangen private Altersvorsorge eher unattraktiv macht, darf bezweifelt werden.

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Verbohrte Ideologie

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Peer Steinbrück und sein Schattenkabinett wollen im Falle eines Wahlsieges 80 Milliarden Euro jährlich für Investitionen zur Verfügung stellen. Der kühne Plan soll sowohl vom Staat als auch von der Privatwirtschaft finanziert werden, der Steinbrück ein Beteiligungsmodell über Fonds zu festen Renditen anbietet. Was für ein Quatsch, nur um den Eindruck zu vermeiden, die SPD wolle mehr Schulden machen („Unsere Zukunftsinvestitionen dürfen nicht durch neue Staatsverschuldung erkauft werden“).

Dabei wäre die Aufnahme von neuen Schulden für ein derartiges und dringend benötigtes Konjunkturprogramm im Augenblick, da Deutschland als der sicherste Hafen für Anleger gilt, sehr viel günstiger als weitere öffentlich-private Partnerschaften einzugehen und feste wie teure Renditen zu versprechen. SPD und Grüne sind ebenso Gefangene des von ihnen mitbeschlossenen Schuldenbremsenirrsinns wie eine Öffentlichkeit, die nicht wahrhaben will, das ohne Schulden nun mal nichts läuft in einer Volkswirtschaft.

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Jugend ohne Gegenwart und ohne Zukunft

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Wir brauchen höhere Steuern und höhere Schulden, um der Jugend, die ihrer Gegenwart bereits beraubt wurde, nicht auch noch die Zukunft zu nehmen.

So eine Forderung ist unpopulär und wird mitunter als widersinnig angesehen, da alles und jeder in dieser Gesellschaft wie in der Politik nach ausgeglichenen Haushalten strebt. Eine schwarze Null ist das Pfund, mit dem beispielsweise die amtierende Bundesregierung wirbt. Im nächsten Jahr soll es wieder soweit sein, Krise hin oder her. Sie habe Konsolidierung und Wachstum gleichermaßen zustande gebracht, heißt es aus dem schwarz-gelben Heißluftballon. Im Gegensatz dazu seien höhere Steuern schlecht fürs wirtschaftliche Umfeld und mehr Schulden schlecht für künftige Generationen.

Doch haben auch ausgeglichene Haushalte und das permanente Suchen nach einer Begrenzung staatlicher Ausgaben ihren Preis, den jemand bezahlen muss. Das wird immer verschwiegen, wenn Politiker, die über den Staatshaushalt bestimmen, rein betriebswirtschaftlich denken. Die schwarze Null in Deutschland, wenn sie denn kommt, ist teuer erkauft. Was in der Bilanz nach Stabilität aussieht, bröckelt in der realen Welt als Putz sprichwörtlich von den Wänden. Bund, Länder und Kommunen schieben einen riesigen Investitionsbedarf bei Straßen, Schulen und sozialen Einrichtungen vor sich her. So hübsch die Zahlen auch sein mögen, sie können nicht über die maroden Zustände der öffentlichen Infrastruktur hinwegtäuschen. Auf die ist die Jugend von heute wie auch in der Zukunft aber angewiesen.

Merkels Showgipfel

Die Probleme in Deutschland werden als solche nicht gesehen, weil Selbstbeweihräucherung und Arroganz die Tagespolitik bestimmen. Es gilt beispielsweise als ausgemacht, auch bei der SPD, dass das überaus erfolgreiche deutsche Ausbildungssystem auf andere Staaten übertragen werden müsse, um die neuentdeckte Krise auf dem südeuropäischen Arbeitsmarkt zu bewältigen. Das ist irgendwie das Ergebnis von Merkels Showgipfel zur Jugendarbeitslosigkeit im Kanzleramt, der zwischen Revolution in Ägypten und gesperrten Lufträumen in der freien Welt stattgefunden hat. Man fragt sich nur, wie diese Länder bisher ihre Jugend ausgebildet haben und wie sie jahrelang für deren Beschäftigung sorgen konnten.

Was soll überhaupt der Quatsch, den Süden mit dem deutschen Ausbildungsmodell beglücken zu wollen? Die Menschen, die in Spanien, Griechenland oder Frankreich arbeitslos geworden sind, sind bereits bestens ausgebildet und qualifiziert. Ihr Problem ist doch nicht die Ausbildung oder die Tatsache, dass sie nie mit dem segensreichen deutschen Ausbildungsmodell in Kontakt gekommen sind, sondern die knallharte und sinnlose Kürzungspolitik einer deutschen Kanzlerin, bei der nicht einmal die NSA mit ahnungsloser Unterstützung des Verfassungsschutzes einen Standpunkt erschnüffeln würde.

“Frankreich hat zu viele Akademiker”

In deutschen Medien dominiert aber weiterhin der chauvinistische Irrsinn. Caren Miosga meint in den Tagesthemen über Frankreich. „Das Land hat zu viele Akademiker“. Im folgenden Bericht wird den Franzosen zum Vorwurf gemacht, dass sie fast 85 Prozent ihrer Schüler erst zum Abitur führen und dann zur Uni schicken, wo sie einen Abschluss machen, mit dem sie nichts anfangen können. Stattdessen sollten sie einen ordentlichen Handwerksberuf zum Beispiel in einer Pariser Metzgerei erlernen. Da schwingt wenig Analyse und viel Boshaftigkeit mit, die beim Zuschauer offenbar den Kurzschluss auslösen soll, dass die so oft kritisierte Bildungsselektion im Land der Dichter und Denker doch nicht so schlecht sein könne, wenn halb Europa dem deutschen Vorbild in Sachen Ausbildung folgen soll.

Von einem Monatsgehalt in Höhe von 2500 Euro, die ein Metzger in Paris als Berufseinsteiger verdienen soll (das wirkt beeindruckend, wenn man die Lebenshaltungskosten nicht kennt), können deutsche Azubis aber nur träumen. Hierzulande hat eine Fleischindustrie das Sagen, die sich auf Grundlage bestehender Arbeitsmarktgesetze Lohnsklaven aus Osteuropa halten kann. In anderen Branchen läuft es ähnlich. Der Fachkräftemangel in Deutschland korrespondiert mit einem Mangel an Lohnfairness auf Seiten der Arbeitgeber, für die sich günstige Gesetzeslagen und notleidende Menschen aus dem europäischen Süden betriebswirtschaftlich durchaus rechnen dürften.

Denn, so die Bundesarbeitsministerin, die Jugend des Südens solle im Idealfall in den Genuss eines dualen Ausbildungsmodells kommen, um zu jenen Fachkräften heranzureifen, die die Wirtschaft braucht. Da hat die Fachkraft für Selbstinszenierung in Merkels Horrorkabinett den richtigen Blickwinkel offenbart. Die Wirtschaft soll nicht den Menschen dienen, sondern die Menschen für die Wirtschaft ökonomisch verwertbar sein. Den Rest macht die Kosmetik in der Statistik unsichtbar.

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“In Europa richtet sich alles nach Muttis Zeitplan”

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Am Montag hat Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Rede vor der Deutsch-Türkischen Handelskammer in Berlin gehalten und in Sachen EU-Beitritt gemeint, die Türkei sei am Zuge. Das Land müsse sich in entscheidenden Fragen wie dem Zypern-Konflikt bewegen. Nur wohin soll sich die Türkei bewegen? Etwa auf die Beliebtheitsstufe, auf der sich Angela Merkel und Deutschland seit geraumer Zeit befinden? Ende März zogen Schüler und Jugendliche in Nikosia mit einem Plakat durch die Stadt, auf dem stand: “Hitler, Merkel, the same shit”. Dazu wurde die Flagge der EU durchgestrichen.

Im Augenblick sieht es ja wieder so aus, als ob Merkel und die EU das kleine Land Zypern am liebsten über die Klinge springen lassen wollen. Denn wieder funktioniert ein von Angelas Finanzgenie Schäuble ausgehecktes Rettungspaket nicht. Das Drama geht weiter, schreibt Flassbeck. “Die „Rettung“ Zyperns war keine Rettung, sondern ein Untergangsszenario.”

Ich will mal sagen, der türkisch-zypriotische Konflikt um staatliche Anerkennung ist doch ein Witz gegenüber jenes finanzpolitischen Radikalfeldzuges, den Merkels Rettungsregime in Berlin und Brüssel vom Zaun gebrochen hat. Aber darum geht es ja nicht bei Merkel. Sie steckt mitten im Wahlkampf und verzichtet vorsorglich auf jene heiklen Entscheidungen, die sie auch ohne anstehende Bundestagswahl nicht getroffen hätte. Die anderen sollen sich bewegen. Erst dann kann sich Mutti an die Spitze setzen, getreu ihrem Motto: Mir nach, ich folge euch.

Die Bürgerproteste in der Türkei kommen Merkel gerade recht, um ein wenig Solidarität zu heucheln und einen Beitritt des Landes zur EU in Aussicht zu stellen, obwohl sie das laut ihrem “Regierungsprogramm” eigentlich und ziemlich deutlich formuliert gar nicht will.

“Eine Vollmitgliedschaft der Türkei lehnen wir aber ab, weil sie die Voraussetzungen für einen EU Beitritt nicht erfüllt. Angesichts der Größe des Landes und seiner Wirtschaftsstruktur wäre zudem die Europäische Union überfordert.” siehe Seite 119

Gleichzeitig kann die Bundeskanzlerin eine neuerliche Zuspitzung der Eurokrise nicht gebrauchen. Wenn die Türkei schon auf Beitrittsverhandlungen bis nach der Bundestagswahl warten muss, dann auch Zypern und Griechenland auf ein weiteres sogenanntes Rettungsprogramm. Alle haben bitteschön Rücksicht zu nehmen und ihre weniger wichtigen Befindlichkeiten und Existenznöte hintanzustellen. “Im „deutschen Europa“ richtet sich alles nach Muttis Zeitplan. Die große Frage ist nun, ob die EU es sich leisten kann, auf Deutschland zu warten.” (Quelle: Lost in EUrope).

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Ein realistisches Gemälde sieht anders aus

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Deutschlands Verbraucher sind in Kauflaune. Denn der Konsumklima-Index der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) befinde sich auf dem höchsten Niveau seit sechs Jahren. Grund genug für eine Jubelmeldung auf allen Kanälen. Damit, so schreibt beispielsweise der berichtende Deutschlandfunk hier, bleibe der private Verbrauch eine wichtige Stütze der Wirtschaft. Diese Aussage ist falsch, weil die Kauflaune die Laune misst und nicht den tatsächlichen Verbrauch.

Es ist immer wieder erstaunlich, mit welcher konstanten Einfältigkeit und Sturheit Zusammenhänge herbeikonstruiert werden. Die GfK misst nach eigener Aussage eine Neigung, die regelmäßig von der Realität tatsächlich getätigter Einkäufe abweicht. Es wäre schon mal ein Gewinn, wenn es gelänge den Konsumklima-Index und beispielsweise die Umsätze im Einzelhandel, die vom statistischen Bundesamt auch jeden Monat ermittelt und kurz nach der GfK veröffentlicht werden, gegenüberzustellen. Dann würde man leicht feststellen, dass sich die angebliche Begeisterung der Menschen, Anschaffungen zu tätigen, nicht in den Kassen der Geschäfte widerspiegelt.

Sicherlich ist Sparen, wie es weiter unten in der Begründung heißt aufgrund der historisch niedrigen Zinsen nicht sonderlich attraktiv, doch zum Geldausgeben müsste selbiges eben auch vorhanden sein. Und da behaupten die Klimaforscher und weite Teile ihrer unkritischen Anhängerschaft aus Politik und Medien steif und fest, dass es um die Einkommen der Deutschen doch bestens bestellt sei. Dann fallen immer Sätze wie, die guten Tarifabschlüsse der letzten Zeit würden sich im Portemonnaie der Beschäftigten bemerkbar machen. Was aber bei derlei hübsch aussehender Begründung verschwiegen wird, ist die Tatsache, dass die Tarifbindung seit Jahren immer weiter zurückgeht, also immer weniger Beschäftigte von Tarifabschlüssen überhaupt profitieren.

Ein Blick in die Statistik gibt Aufschluss. “Im Jahr 2012 arbeiteten nur noch 58 Prozent der Beschäftigten in Betrieben mit Tarifbindung, im Westen sind es 60, im Osten 48 Prozent. Vor 15 Jahren lag die Tarifbindung in West und Ost jeweils rund 15 Prozentpunkte höher!”

Nach der aktuellsten Lohnstrukturerhebung müssen 22,2 Prozent der Beschäftigten in Deutschland mit einem Niedriglohn auskommen. Damit hat Deutschland hinter den drei baltischen Staaten Lettland, Litauen und Estland sowie den Ländern Rumänien, Polen und Zypern den siebtgrößten Niedriglohnsektor in der EU. Gemessen an dem Rekordwert von 41,79 Millionen Beschäftigten, der im Monat April gemessen und als Ausdruck des Wohlstandes gefeiert wurde, gehören über neun Millionen Menschen in diesem Land diesem Sektor an. Die Forscher des Instituts für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen sagen, dass rund acht Millionen einen Stundenlohn von weniger als 9,15 Euro brutto bekommen. Die Zahl der Niedrigverdiener sei demnach zwischen 1995 und 2010 um mehr als 2,3 Millionen gestiegen.

Fast 800.000 Vollzeit-Beschäftigte erhalten sogar weniger als sechs Euro die Stunde und damit einen Monatslohn von unter 1000 Euro brutto. Der Studie zufolge wuchs die Zahl der Niedrigverdiener in 15 Jahren im Westen um 68 Prozent und im Osten um drei Prozent. Hier passt ein Satz von Georg Schramm, der einmal sagte, dass sich die Lebensverhältnisse zwischen Ost und West rapide angleichen würden, aber nicht so, wie man es uns immer erzählt hat. Die Reichen in Ost haben zügig ihr Vermögen dem noch höheren Westniveau anpassen können und in den beiden Armenvierteln lief es genau umgekehrt. Daher sind die Wachstumsraten im Niedriglohnbereich West auch höher als im Osten. “Auf Augenhöhe in der Gosse. Es wächst zusammen, was zusammen gehört. Reich und reich und arm und arm wächst zusammen”, so Schramm schon vor etlichen von Jahren im Scheibenwischer.

Doch die Klimaforscher der GfK, die Politik und zahlreiche Medien faseln weiterhin vom Konsumboom und bemühen das Bild “Einkaufswagen statt Sparstrumpf”. Dabei ergibt das nur dann ein realistisches Gemälde, wenn man sich den Sparstrumpf stinkend, abgetragen und voller Löcher vorstellt, und den Einkaufswagen als Hilfsmittel für Menschen, die viel Leergut sammeln, transportieren und einlösen müssen, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

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TV-Tipp: Neues aus der Anstalt

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Die letzte Ausgabe Neues aus der Anstalt vor der Sommerpause, startet gleich um 22:15 Uhr live und direkt nach dem heute-journal.

Urlaubsstimmung in der Anstalt. Doch bevor es in die Sommerpause geht, begutachten die satirischen Chefanimateure Urban Priol und Erwin Pelzig noch einmal genau die heimische Politlandschaft.

Zusammen mit ihren Gästen Max Uthoff, Jochen Malmsheimer und Alfons analysieren sie, wer die letzte Verschnaufpause vor der Bundestagswahl auf der Sonnenseite des Lebens verbringen kann und wer sich im Sommerloch lieber nicht auf die faule Haut legen sollte.

Quelle: ZDF

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Merkels Scareware

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CDU und CSU haben sich ein Regierungsprogramm gegeben, das sich, einzelnen Unions-Stimmen zufolge, nach der Wahl von selbst erledigen würde. Die Wähler wüssten das seit 50 Jahren, so Kurt Lauk im ARD-Bericht aus Berlin. Andere behaupten, in dem Programm stecke etwas drin, was den Steuerzahler teuer zu stehen kommen könnte. Täuschung und Angst ergänzt durch Unverbindlichkeit? Das beschlossene Wahlprogramm, Merkels Scareware, ist bloß ein weiterer gescheiterter Versuch, dem Wahlverein der Kanzlerin und ihr selbst ein Profil zu geben.

Parteien, die sich kein Programm geben, nennt man doch regierungsunfähig? Natürlich sind sie auch funktionsunfähig, unberechenbar und auf eine populistische Person zugeschnitten, die dann mit windigen Versprechungen auf Stimmenfang geht. Ein Bündnis mit solchen Parteien gleiche einem politischen Abenteuer. So lautete die Demagogie vor dem letzten Bundestagswahlkampf 2009. Damals ging es gemeinschaftlich gegen die Partei Die Linke, die zu dieser Zeit von einem Wahlerfolg zum nächsten schritt und damit auch zu einer Bedrohung für erklärte Lagerwahlkämpfer wurde, die aber nur des Showeffekts Willen um Positionen stritten.

Schon damals passte der SPD-Spitzenkandidat nicht zum Programm seiner Partei und Mutti Merkel war auf Seiten der CDU mit kleineren Abstrichen Programm genug. Doch es hat sich etwas verändert. Die Linke ist keine Bedrohung mehr, die SPD hat immerhin einen anderen Kandidaten, der aber nach wie vor nicht zum eigenen Programm passt und die Merkel hat keine innerparteilichen Gegner mehr und infolgedessen auch kein Programm mehr nötig. Merkel ist unser Programm, hört man immer öfter. Wer soll da noch widersprechen? Die Beliebtheit der Kanzlerin liegt bei über 60 Prozent.

Gleichzeitig wird ein 127 Seiten starkes Heft mit der Aufschrift Programm auf den Markt geworfen und mit einer durchschaubaren Strategie (erfolgreiche Konsolidierung und Volkspartei für alle) auf allen Kanälen verteidigt. Wahrscheinlich, weil es sich für eine demokratische Partei irgendwie gehört, so etwas zu haben und wenn nicht, dann wenigstens ein Bündel bedrucktes Papier mit gleichlautendem Etikett. Zum Vergleich, vor vier Jahren reichten noch 63 Seiten aus, auf denen unter anderem beschrieben wurde, wie man die kalte Progression beseitigen wolle. Der will man jetzt auch wieder an den Kragen, so als ob man bis heute nicht Teil dieser Regierung ist.

Doch was steht Neues drin in dem Regierungsprogramm von CDU und CSU? Während sich die Medien an Mütterrenten, Mietpreisbremsen und Familiensplitting reiben, obwohl diese Dinge längst und nicht hinter vorgehaltener Hand für obsolet erklärt wurden, ist mir vor allem das hier aufgefallen, was es vor vier Jahren so verschriftlicht noch nicht gab:

  • SPD und Grüne dagegen wollen die Menschen belasten. (Seite 4)
  • Die Vorschläge von SPD und Grünen bedrohen die Wettbewerbsfähigkeit… (Seite 7)
  • SPD und Grüne haben in ihrer Regierungszeit vier Mal den Stabilitäts- und Wachstumspakt gebrochen und seine Regeln aufgeweicht. (Seite 13)
  • Die Steuerpläne von SPD und Grünen sind ein Angriff auf die Substanz der Unternehmen. (Seite 19)
  • SPD und Grüne wollen, dass der Staat weiter am Ausgleich der Inflation verdient. (Seite 27)
  • SPD und Grüne […] streuen den Menschen stattdessen Sand in die Augen. (Seite 27)

Man möchte meinen, das Wahlprogramm der Union beschäftige sich aus Mangel an klaren Aussagen lieber mit einem politischen Gegner, den es in Wahrheit längst nicht mehr gibt. In den zentralen Fragen, bei der Schuldenbremse, beim Umgang mit der Finanzkrise und beim Abbau des Sozialstaates sind sich Merkel und die sie tragenden Parteien im deutschen Bundestag immer noch einig, zuletzt bei der Abstimmung zum Rettungspaket für Zypern im April. Steinmeier sagte da, dass der vorliegende Entwurf der Bundesregierung die Handschrift der SPD trage.

Vor der Sitzung des Bundestages ließ der Fraktionsvorsitzende der Genossen profilneurotisch verlauten, seine Partei überprüfe bei jeder einzelnen Entscheidung zur Euro-Rettung, ob sie tragfähig sei. Das vorliegende Hilfspaket sehe jedenfalls auf den ersten Blick besser aus als beim ersten Versuch: „Aber wir werden es uns noch genau anschauen“, so Steinmeier weiter. Offenbar taten die Sozialdemokraten das nicht. Denn die sprichwörtliche Tragfähigkeit ist wie bei allen vermeintlichen Rettungsaktionen zuvor schon wieder dahin. Nur wenige Wochen nach Verabschiedung des Paketes müssen sich die Euroretter in Brüssel und Berlin erneut mit der Zypern-Frage beschäftigen. Das gerade verabschiedete Wahlprogramm verdeckt das erneute Scheitern der Kanzlerin.

Nichtsdestotrotz prophezeit Merkel für September eine neuerliche Richtungswahl. Es gehe darum, ob die erfolgreichste Bundesregierung seit der Wiedervereinigung den Erfolgskurs fortsetzen dürfe oder ob die Deutschen mit Rot-Rot-Grün lieber bergab gehen möchten. Moment, werden da einige sagen, das gab es 2009 doch auch schon mal. Ja sicher, das ist der Sinn der Übung. Permanente Wiederholung wirkt prägend, disziplinierend und der Wähler freut sich, wenn er was wiedererkennt und verstanden hat. Merkel sagte damals aber auch:

„Wer glaubt, nur gegen etwas Wahlkampf führen zu können, wird scheitern.“

Heute ist klar, Merkel kann so viele Wendungen vollziehen, Entscheidungen hinauszögern und so oft scheitern wie sie will, zum Verlust der Kanzlerschaft wird es wohl nie mehr reichen.

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Kein Widerspruch im Weiter so

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Vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wird das Vorgehen der EZB in der Eurokrise verhandelt. Einige Klageführer werfen der Zentralbank vor, dass sie mit dem bestehenden Staatsanleihen-Aufkaufprogramm OMT gegen ihr Mandat verstoßen habe. Dies könne zu unkalkulierbaren Risiken für den Bundeshaushalt und damit für die Steuerzahler führen. Der Chef der Deutschen Bundesbank Weidmann bläst ins selbe Horn und warnt mal wieder vor einer Vergemeinschaftung von Risiken, die Deutschland teuer zu stehen kommen könnten.

Auf der anderen Seite verteidigt die Bundesregierung das Vorgehen der EZB. Ein Widerspruch? Nein, denn wie Weidmann lehnt auch die Bundesregierung eine Vergemeinschaftung von Schulden weiterhin ab. Sie kann aber gleichzeitig für das OMT-Programm der EZB sein, weil sie bei dessen Präsident Mario Draghi Bedingungen durchsetzen konnte. Den Aufkauf von Anleihen gibt es nämlich nur, wenn die betroffenen Staaten Auflagen aus den sogenannten Programmen erfüllen und sich einer strikten Haushaltskontrolle unterwerfen.

Darüber spricht aber keiner, sondern nur darüber, ob Gelddrucken für eine Währungsunion nun schädlich ist oder nicht. Dabei sind es die Auflagen und die Verpflichtung zur Austeriät, die ein unkalkulierbares Risiko darstellen und die Eurozone in die bisher längste Rezession ihrer kurzen Geschichte geführt haben. Die Ankündigung Draghis, im Notfall jede Anleihe aufzukaufen, war richtig und hat die Finanzmärkte beruhigt, ohne dass die EZB tatsächlich eingreifen musste. Doch die Kopplung an nicht zu erfüllende Bedingungen war falsch. Das bietet weiterhin ein Einfallstor für Spekulanten, die auf einen Ausfall der Bonds wetten.

Die Risikoaufschläge steigen wieder und das desaströse Euro-Rettungskarussell dreht eine weitere Runde.

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Gesundheit ist kein Geschäft

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Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen, lautet ein bekannter Spruch. Doch die Halbgötter in weiß machen munter mit, bei dem, was dem Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr politisch lobbyistisch so vorschwebt. Er will die private Krankenversicherung, obwohl bereits klinisch tot, unbedingt erhalten. Womit, das sagt er nicht. Aber es ist klar, dass der ehemalige Beirat der ERGO Versicherungsgruppe AG und des DUK Versorgungswerk e. V. das private Versicherungsmodell attraktiver gestalten muss, um es wiederbeleben zu können. Und das geht nur mit Besserverdienenden, denen es am Ende wurscht ist, wohin ihre Beiträge gehen, solange die Leistung stimmt.

Der Allgemeinheit und insbesondere der gesetzlichen Krankenversicherung, die keinen Profit erwirtschaften muss, können die Beiträge der Besserverdiener allerdings nicht egal sein. Damit eine Sozialversicherung funktioniert, müssen auch alle Einkommen und Vermögen zur Finanzierung herangezogen werden. Das Modell der Bürgerversicherung lehnt Bahr wie auch der Verband der Kittelträger aber kategorisch ab. Sie warnen gar vor dem Tod der heiligen Kuh Wettbewerb und gleichzeitig vor einer Zweiklassenmedizin. Diesen Widerspruch muss man erst einmal verkaufen können. Laut Bahr und den Ärzten gäbe es die private Krankenversicherung, obwohl bereits jetzt schon klinisch tot (s.o.), selbst dann noch, wenn die Bürgerversicherung den Wettbewerb erst richtig zerstört hat.  

Wie sagte Urban Priol in Neues aus der Anstalt: “Ich bin für jeden Autisten dankbar, der nicht in der FDP Karriere macht.”

Wir brauchen keinen Wettbewerb, sondern eine solidarische Absicherung gesundheitlicher Risiken! Die Gesundheit oder Krankheit von Menschen darf nicht Grundlage von Geschäften sein.

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Unerträgliche Begleitmusik

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Gestern noch haben die deutschen Musterschüler selbst nur müde über die Vorschläge aus Brüssel lachen können. Nun regen sich dieselben Fuzzis, die keinen Funken Verstand in der Birne haben, über die Reaktion des französischen Präsidenten auf, der sich eine Einmischung der EU-Kommission in innere Angelegenheiten verbat. Das ganze Theater überschattet den Paris-Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel, schreiben die Medien. Wohl mit Bedacht, damit es nicht so auffällt, wenn die Bleierne mal wieder mit leeren Händen nach Hause kommt.

Die Reise von Merkel ist ja gestern mit der Schlagzeile “Nächste Schritte bei der Lösung der Eurokrise” verknüpft worden. Das klingt nach Substanz. Doch in Wirklichkeit dient der Arbeitsbesuch nur als Vorbereitung für einen weiteren belanglosen Gipfel, dessen Ergebnis wir ja schon heute kennen. Deshalb rülpsen Merkels Claqueure aus der Fraktion vorsorglich ein paar unflätige Bemerkungen über den Schlagbaum nach Westen. Jeder Fraktionsvizekasperkopf darf mal ran. Michael Fuchs ätzt etwa: „Wenn ein Land in der EU und der Euro-Zone glaubt, sich nicht an Verabredungen halten zu müssen, ist dies besorgniserregend.“

Na klar. Nicht jedes Land ist aber auch so dreist wie Deutschland und ändert mal eben die Regeln zu seinen Gunsten. Wie war denn das noch mit dem “Sixpack”, das der deutsche Finanzminister als sogenannte Verabredung auf EU-Ebene durchsetzte? Demnach sind Handelsbilanzdefizite ab 4 Prozent des BIP strafbar, Überschüsse aber erst ab 6 Prozent des BIP, was Deutschland in unerhörter Weise zugute kommt. Vielmehr muss es doch besorgniserregend stimmen, dass das deutsche Therapierezept einer brutalen Kürzung staatlicher Ausgaben nirgendwo funktioniert. Und weil der Mist  in Serie scheitert und jene Wirtschaften schädigt, von denen die deutsche schmarotzend lebt, steigt nun auch die Arbeitslosigkeit bei uns immer weiter an.

Doch statt Einsicht kommen so Sätze, wie vom zweiten Vizekasperkopf in der Fraktion der CDU, Michael Meister. „Die EU-Kommission hat Nachsicht mit Frankreich beim Haushaltsdefizit gehabt und wird dennoch von Hollande kritisiert. Die EU-Kommission hat die Rolle, über die Einhaltung der Maastricht-Verträge zu wachen. Frankreich hält die Verträge nicht ein.“ Das sagen die Richtigen, die die Eurozone bisher als Selbstbedienungsladen begriffen haben und nun damit zurecht kommen müssen, dass ihr einseitig betriebenes Exportmodell mit allen negativen Folgen einen Totalschaden erlitten hat.  

Hollande soll gefälligst den Schröder machen und Reformen durchsetzen, anstatt Brüssel zu kritisieren, das, wenn man die Reaktionen so liest, offenbar schon zu Berlin gehört. Die Zurückweisung der Brüsseler Empfehlungen an Frankreich nehmen die Deutschen sonderbar persönlich. In Wirklichkeit ist Berlin aber isoliert und steht ohne Lösung für die vertrackte Situation da. Denn klar ist, dass die Reformen nach deutschen Vorbild nicht wirken, solange es keinen Dummen gibt, der die Überschüsse finanzieren will. 

Die politische Debatte läuft längst in eine andere Richtung und an jenen vorbei, die den Wettbewerb als Wettkampf der Nationen missverstehen. Je klarer das Scheitern von Merkel in der Eurokrise wird, desto schriller und chauvinistischer fallen die Reaktionen von deutscher Seite aus. Diese schlechte Tradition haben die Deutschen erneut entdeckt, nachdem sie sich mal wieder zu Opfern erklärten.

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