Politik will Luft anhalten bis es besser wird

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Die Bundesregierung plant zur Abwendung der sich verschärfenden Krise nichts und glaubt mit einer Mischung aus Kürzungen, Neuverschuldungsverbot und Sanktionen die Wende zum Guten schaffen zu können. Eine verrückte Einstellung.

Die verschärften Sanktionen haben deutsche Exporte nach Russland einbrechen lassen. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, sanken die Ausfuhren im August im Vergleich zum Vorjahresmonat um mehr als 26 Prozent. Auch die EU rechnet mit einer dämpfenden Wirkung, allerdings seien die Auswirkungen auf die russische Wirtschaft immer noch stärker. Deshalb, so die Überzeugung der Brüsseler Kommission, machen die Sanktionen auch weiterhin ökonomisch Sinn. Eine verrückte Einstellung.

Sanktionen schaden der Wirtschaft hüben wie drüben. Das steht fest. Wie aus einem Prozedere, das alle Beteiligten in einen Abwärtsstrudel reist, ein positives Ergebnis entstehen soll, ist nicht nur unklar, sondern auch unlogisch. Vor allem die vom Export abhängige deutsche Wirtschaft leidet. Nach Auffassung der Bundesregierung muss sie das aber in Kauf nehmen, damit Russland seine Haltung ändert. Mit anderen Worten: Wir halten solange die Luft an, bis Putin einlenkt.

Keine Impulse mehr

Dieses infantile Gehabe funktioniert schon im Sandkasten nicht. Auf großer politischer Bühne ist es sogar gefährlich. Denn Europa inklusive Deutschland taumelt in die nächste Rezession. Wer neben verordneter Kürzungspolitik und Neuverschuldungsverbot auch noch den Handel mit verbliebenen Partnern aussetzt, darf sich über konjunkturelle Einbrüche nicht wundern. Die deutsche Wirtschaft braucht bisher 200 Milliarden Euro Auslandsverschuldung, um nur ein bisschen zu wachsen.

Das allein hat mit solider Wirtschaftspolitik schon nichts zu tun. Aber bricht auch dieser Impuls weg, bleibt in Deutschland nichts mehr übrig, das für Impulse sorgen könnte. Die ständig gefeierte Binnennachfrage? Ein Witz, in Wirklichkeit stagniert sie seit Jahren. Da würde nicht mal das bevorstehende Weihnachtsgeschäft helfen, das uns von den Medien auch in dieser Adventszeit wieder als Zugpferd mit Bildern voller Einkaufspassagen präsentiert werden wird.

Nach allen vorliegenden Prognosen ist es vielmehr so, dass private Haushalte auch im kommenden Jahr versuchen wollen, 150 Milliarden Euro neu zu sparen. Das kann man ihnen nicht vorwerfen, werden sie ja permanent damit traktiert fürs Alter vorzusorgen. Zuletzt auch wieder vom Sparkassenverband, der sich darüber wunderte, dass vor allem Menschen mit geringen Einkommen die Vorsorge vergessen.

Fehlschlag und fehlende Einsicht

Nur werden auch diese Sparversuche nichts bringen, wenn auf der anderen Seite die Schuldner fehlen. Das wird auch der Bundesfinanzminister erkennen müssen, der noch immer an den Erfolg einer Strategie glaubt, die sich „wachstumsfreundliche Konsolidierung“ nennt. Kurz: Schwarze Null. Was in der theoretischen Vorstellung schon unvernünftig ist, wird ohne Wachstum auch in der Praxis wieder zu einem Fehlschlag werden.

Die angebliche Wachstumslokomotive stockt. Neben dem Handelskrieg mit Russland, bleibt auch die Investitionstätigkeit in Deutschland weiterhin schwach, trotz der hohen Gewinne, die in den vergangenen Jahren auf der Kapitalseite entstanden sind. Unternehmen schwimmen förmlich im Geld und investieren trotzdem nicht, weil es eben keine Nachfrage gibt. Auch das ist eine Wahrheit, die bei politischen Entscheidungsträgern zu keinerlei Erkenntnis führt.

Sie halten weiterhin an dem Dogma fest, die Investitionsbedingungen nur verbessern zu müssen, etwa durch Steuererleichterungen oder ganz neu, durch das Versprechen, höhere Renditen für privates Kapital zu zahlen, falls dessen Besitzer das Geld zur Verbesserung der maroden Infrastruktur zur Verfügung stellen. Schäuble hat mal gesagt, er wolle ein guter Kaufmann sein. Da er öffentliche Schulden billiger haben kann als einen privaten Fonds, wird er nicht mal diesem falschen Anspruch gerecht.

Die Bundesregierung braucht keine echten und keine falschen Kaufleute, sondern Menschen mit volkswirtschaftlichem Sachverstand. Die würden erkennen, das die bisherige Politik einen enormen Schaden anrichtet, statt diesen zu vermeiden, wie es eigentlich in der Verfassung steht und mit Amtseiden geschworen wird.


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Niederlegung der Gedankenarbeit

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Der Deutsche hat nur einen Wunsch. Er will mit der Bahn, die schon lange nur noch voraussichtliche Ankunftszeiten in ihre Fahrpläne schreibt, zu seiner Arbeit gelangen können, von der er selbst kaum noch leben kann.

Wer streikende Lokführer vermeiden will, muss die Bahn als öffentlichen Dienst organisieren, mehr Personal beschäftigen, für ordentliche Arbeitsbedingungen sorgen und eingestehen, dass es falsch war, ein Unternehmen der Daseinsvorsorge privaten Kapitalmarktinteressen auszuliefern. Nicht die Lokführer oder die GdL sind Schuld an der Misere, sondern ein auf den Profit ausgerichtetes Unternehmen, das nun darauf hofft, dass ihm die Politik mit einem Gesetz zur Einschränkung des Streikrechts zu Hilfe kommt.

Wer angesichts der Bahnstreiks einmal zurückblickt, wird sich vielleicht noch an den Flächentarifvertrag und starke Gewerkschaften erinnern, die auf Augenhöhe mit den Arbeitgebern verhandelten und deshalb, unter anderem von Guido Westerwelle, zum Grundübel der Gesellschaft erklärt wurden. Das Ziel war damals, betriebliche Bündnisse und Öffnungsklauseln zu schaffen, die es besser ermöglichen sollten, für einen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen zu sorgen.

Folgen des neoliberalen Deals

Das war freilich nur ein Feigenblatt im anbrechenden Agendazeitalter, in dem die Arbeitgeber als Sieger vom Platz gehen sollten. Schluss mit Umverteilung, Schluss mit Arbeitnehmerrechten und Schluss mit dem Sozialstaat. Die Aufweichung des Flächentarifvertrags bot die Chance zur Kostenreduktion. Eine kleine Gruppe von Lobbyisten, Beratern und Berufsaufsichtsräten sah eine günstige Gelegenheit, ihren eigenen neoliberalen Deal in die Tat umzusetzen.

Die Arbeitskämpfe der GdL-Mitglieder sind nun ein Ergebnis dieses Prozesses. Die kleine Spartengewerkschaft war jahrelang ein friedlicher Partner in der Tarifgemeinschaft rund um die Deutsche Bahn, ja beinahe unauffällig. Doch dann kamen die üblichen Zumutungen neoliberaler Arbeitgeberlogik. Personalabbau, Mehrarbeit und weniger Gehalt. Die Berufsgruppe der Lokführer wehrte sich. Sie begriff sehr schnell ihre Schlüsselposition.

In den Jahren 2007/2008 folgte ein bis dahin unbekannter Schlagabtausch zwischen dem Chef der GdL, Manfred Schell, und der zu diesem Zeitpunkt amtierenden Arbeitsdirektorin bei der Bahn, Margret Suckale, von der man heute noch sagt, sie hätte etwas mit dem Datenskandal zu tun. Die Bahn trickste, schaltete teure Anzeigen in Zeitungen und verschwendete Ressourcen für Anwälte, die ein Verbot von Arbeitskämpfen gerichtlich erzwingen sollten. Die Bahn drang auf die Einhaltung der Tarifeinheit, die den damaligen Chef von Transnet, Norbert Hansen, übrigens direkt in den Vorstand der Deutschen Bahn spülte.

Empörte Öffentlichkeit

Die Öffentlichkeit war empört. Nein, nicht über den Wechsel von Hansen, sondern über eine kleine Gewerkschaft, die der gesamten Volkswirtschaft vermeintlich auf der Nase herumtanzte und dadurch einen beträchtlichen Schaden anrichtete. Dabei sind diese Schäden vergleichsweise gering als jene, die eine kleine Gruppe von Lobbyisten, Beratern und Berufsaufsichtsräten zu verantworten hat, die sich nicht nur für arbeitgebernahe Tarifpolitik interessiert, sondern nebenbei auch auf gut bezahlten Posten in anderen Branchen hockt. Bei Banken zum Beispiel, die der Steuerzahler später mit Milliarden Euros retten musste.

Doch zurück zum Grundsatz der Tarifeinheit. Er schließt das wirk­sa­me Be­ste­hen meh­re­rer, mit­ein­an­der kon­kur­rie­ren­der Ta­rif­ver­trä­ge überhaupt nicht aus. Die Rechtsauffassung ist da ziemlich eindeutig. Es kann aber auch ein gültiger Tarifvertrag einen anderen verdrängen, sofern die Belange der Beschäftigten darin Berücksichtigung finden. Das strebt die GdL in diesem Jahr an. Sie will auch für die Zugbegleiter verhandeln und über ein besseres Ergebnis sicherlich auch Mitglieder hinzugewinnen. Dieses Konkurrenzprinzip müsste ja gerade den marktliberalen Vordenkern gefallen.

Tut es aber nicht. Sie sprechen weiter von einer Aufsplitterung der Tarifverträge, die sie in der Theorie einst ganz toll gefunden haben. Streng genommen setzt sich die GdL aber für die Tarifeinheit ein, in dem sie Beschäftigte anderer Berufsgruppen ebenfalls vertreten will. Dennoch fordern die Gegner nun ein Gesetz zur Tarifeinheit, das in Wahrheit ein Gesetz zum Verbot von zulässigen Arbeitskämpfen werden soll. An der Bahnsteigkante findet so eine verfassungswidrige Position offensichtlich breite Unterstützung.

Solidarität weicht der Gleichgültigkeit

Zumindest legt es die Berichterstattung nahe, die wie immer verärgerte Reisende einspielt, statt aufzuklären, warum es zu Tarifkonflikten kommt, welche Funktion Streiks haben und warum der Organisationsgrad von Arbeitnehmern in Deutschland in Wirklichkeit erschreckend gering ist. Wo ist die gesellschaftliche Solidarität geblieben? Sie ist offenbar längst der neoliberalen Gleichgültigkeit gewichen, die alle, die an der Bahnsteigkante zurückbleiben, miteinander verbindet.

Die fühlen sich aber kollektiv im Stich gelassen und wenden ihre Wut gegen Streikposten oder Servicekräfte der Bahn, die informieren wollen. Die GdL scheint ohnehin unten durch, weil sie es wagt, Streiks vom Zaun zu brechen, die andere unmittelbar zu spüren bekommen. Damit müsse Schluss sein, wie mit der Umverteilung, den Arbeitnehmerrechten und dem Sozialstaat. Was ist erfolgreicher? Der Streik der Lokführer oder die Niederlegung der Gedankenarbeit?

Der Deutsche hat nur einen Wunsch. Er will mit der Bahn, die schon lange nur noch voraussichtliche Ankunftszeiten in ihre Fahrpläne schreibt, zu seiner Arbeit gelangen können, von der er selbst kaum noch leben kann. Er hat schließlich viel zu tun, nachdem Mitarbeiter, Weihnachtsgeld und bezahlte Pinkelpausen über die Jahre hinweg gestrichen worden sind. Und weil das so ist, dürfen es andere auch nicht besser haben, so scheint es.


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Uschis externe Berater halten Lieferfrist ein

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Die Bundesverteidigungsministerin erteilt drei externen Beratungsfirmen den Auftrag, ein Gutachten über die Bundeswehr zu erstellen. Auf die Ergebnisse hätte von der Leyen allerdings auch selbst kommen können. Das hätte dann nur nicht so schön nach Arbeit ausgesehen.

Kennen Sie den wahren Witz von der McKinsey-Studie? Volker Pispers hat den im Jahr 2004 mal erzählt. Die tolle Beraterfirma wollte wissen, warum Lidl und Aldi so erfolgreich sind. Ein halbes Jahr hat McKinsey intensiv geforscht und ist dann zu dem Ergebnis gekommen: Es liegt am Preis.

Volker Pispers zu der Frage, warum Lidl und Aldi so erfolgreich sind.

So ähnlich müssen Sie auch die Meldung verstehen, die seit gestern im Umlauf ist und von einem Gutachten spricht, das Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen bei der Unternehmensberatung KPMG, der Ingenieurgesellschaft P3 und der Kanzlei Taylor Wessing in Auftrag gegeben hat. Dieses fachlich qualifizierte Konsortium sollte herausfinden, was bei der Bundeswehr so alles schief läuft. Ein völlig überraschendes Ergebnis lautet nun, die Bundesregierung habe sich von der Industrie über den Tisch ziehen lassen.

Da hätte man ohne professionelle Beraterhilfe wohl nicht drauf kommen können. Vielleicht mit gesundem Menschenverstand. Aber den hat Ursula von der Leyen schon als Sozialministerin in Niedersachsen sowie als Familien- und Arbeitsministerin im Bund beiseite geschoben. So ein gesunder Menschenverstand sieht ja auch nicht nach Arbeit aus. Der braucht nämlich kein halbes Jahr und sündhaft teure Honorare, um zu einem Ergebnis zu kommen, das irgendwie offensichtlich ist.

Jetzt kann von der Leyen aber wieder Entschlossenheit demonstrieren und zum Beispiel mehr Geld für das Militär fordern. Das ist auch bitter nötig, nachdem gleich drei Beratungsgesellschaften bezahlt werden müssen. Mit über den Tisch ziehen hat das aber nichts zu tun. Zwar wurde auch hier Steuergeld verpulvert, doch immerhin die Lieferfrist des Gutachtens eingehalten. Das mag wohl auch daran liegen, das Ministerin von der Leyen mit Katrin Suder seit 1. August 2014 eine Unternehmensberaterin von McKinsey als Staatssekretärin im Haus beschäftigt. Und das ist kein Witz.


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Merkel kreiert sich eine Welt, wie sie ihr gefällt

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Die Bundeskanzlerin und ihr Finanzminister wehren sich weiterhin gegen die ökonomische Vernunft und wissen weite Teile der deutschen Medien hinter sich.

Frankreichs Premierminister Manuel Valls hat heute Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Gesprächen in Berlin getroffen. Überschattet wurde der Besuch wie üblich von unverschämten Äußerungen parlamentarischer Hinterbänkler aus dem Bundestag. Sie warfen den Franzosen mangelnde Reformbereitschaft vor. Der Grund für das viertklassige Geschrei ist einfach. Die Bundesregierung ist mit ihrem Krisenlatein am Ende und versucht abzulenken.

Die Kunst des Wachstums

„Wir haben eine Vielzahl von Möglichkeiten, auch ohne zusätzliches Geld mehr Wachstum zu kreieren.“ Wenn etwas unverschämt ist, dann dieser Satz der Kanzlerin im Anschluss an das Treffen mit Valls. Er zeigt, dass die deutsche Regierungschefin alles sagen kann, ohne auch nur im Ansatz dafür kritisiert zu werden. Wachstum ist für Merkel inzwischen zu einer künstlerischen Darbietung geworden, die offenbar nur Deutschland beherrscht.

Deutschland ist wahrhaft meisterhaft darin, Haushaltskonsolidierung und Wachstum gleichermaßen zu erzielen. Diesen scheinbaren Erfolg tragen Merkel und eine Öffentlichkeit, die nichts von Ökonomie verstehen, stolz vor sich her. Das beides nur deshalb funktionieren konnte, weil Länder wie Frankreich eine Politik betrieben haben, die hierzulande gerade aufs Schärfste verurteilt wird, sehen die wenigsten.

Wachstum auf Kosten der anderen. Das gibt es doch nicht. Wenn nur alle so wären wie Deutschland, ginge es doch allen noch besser, so die simple Logik. Doch wenn alle so wären wie Deutschland, also Löhne und Renten kürzen, Arbeitnehmerrechte und den Sozialstaat beschneiden und die Schuldenaufnahme begrenzen, ja wer ist dann noch bereit, den Schurken zu spielen? Wer ist bereit, die Überschüsse zu finanzieren? Wer ist bereit, dafür selbst Defizite in Kauf zu nehmen, ohne die kein Überschuss in der Bilanz existieren kann?

Deutschland ist der echte Schurke

Die Wahrheit ist, ein echter Schurke wie Deutschland braucht Länder wie Frankreich, um sein krankes Wirtschaftsmodell am Leben halten zu können. Nun sollen sie aber alle wie der echte Schurke werden und schon reist die Realität die Fassade fragiler Denkgebäude diesseits des Rheins ein. Denn selbst Deutschland spürt die Krise am eigenen Leib, will aber nicht wahrhaben, dass es sich ändern muss.

Merkel wie auch einen Tag zuvor Schäuble beim G20 Treffen lehnen öffentliche Investitionen strikt ab. „Der Fonds ist dafür da, dass er nicht gebraucht wird“, sagte Schäuble nach dem G20-Treffen. Wieder so ein Satz ohne Sinn und Verstand. Die Milliarden des ESM liegen ungenutzt herum. Sie sollen retten für den Fall, dass ein Land wie Italien oder Spanien wieder in eine Notlage gerät. Doch reichen die Mittel dann auf keinen Fall. Die Rettung, der Zweck des Fonds, würde also scheitern.

Nutzen würden die Gelder aber denselben Staaten, wenn sie damit ein Konjunkturprogramm finanzieren und folglich einen Nachfrageimpuls auslösen könnten. Sie hätten volkswirtschaftlich betrachtet die Chance, sich aus einer Lage zu befreien, in der sie im Augenblick nur wieder zum Rettungsfall werden würden. 

Statt Vielfalt immer nur die eine Antwort

Es gibt keine Vielzahl von Möglichkeiten, mal eben Wachstum zu kreieren. Im Augenblick werden auch die Prognosen reihenweise nach unten korrigiert. Wo sind denn die Möglichkeiten? Merkel nennt Bürokratie-Abbau. Über diesen absurden Behelfsvorschlag kann man nicht mal mehr lachen. Die deutschen Medien staunen dennoch wie eh und je ob der geglaubten ökonomischen Genialität ihrer Kanzlerin. In Wirklichkeit stellt die Bleierne aber keine Auswahl in Aussicht. Sie gibt nämlich immer nur eine und zwar die falsche Antwort.

Wirtschaftsausblick

Quelle: OECD

Diese Daten gibt es grafisch auch schön aufbereitet bei den österreichischen Kollegen vom Kurier.


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Gossenjournalismus at its best

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Poroschenko weilt zurzeit in Washington. Berichtet wird darüber kaum, dafür aber über eine angebliche Prahlerei Moskaus, bei Bedarf in ganz Osteuropa einmarschieren zu können.

Spiegel und andere Medien berichten heute ganz groß, dass Putin mit Einmärschen in Riga und Warschau gedroht haben soll. Alle berufen sich dabei auf einen exklusiven Bericht von Daniel Brössler in der Süddeutscher Zeitung. Der wiederum beruft sich auf eine Gesprächszusammenfassung des Auswärtigen Dienstes der EU. Darin sind offenbar Dialoge zwischen Poroschenko und dem EU Kommissionspräsidenten Barroso dokumentiert. Der Informationsgehalt tendiert mal wieder gegen Null.

Barroso hatte Anfang September etwas Ähnliches behauptet, als er Inhalte eines Telefongesprächs mit Putin aller diplomatischen Gepflogenheiten zum Trotz öffentlich machte. Auf den heutigen Bericht der Süddeutschen angesprochen, sagte eine Sprecherin Barrosos, dass die EU keine Diplomatie über die Presse betreibe und auch keine Auszüge aus vertraulichen Gesprächen kommentiere. Das liegt wohl an der unangenehmen Ankündigung des Kremls, das gesamte Gespräch zwischen Putin und dem Kommissionspräsidenten zu veröffentlichen.

Die Quelle heute ist also Poroschenko, der behauptet, dass Putin ihm gegenüber gesagt haben soll, er könne osteuropäische Städte einnehmen wenn er nur wollte. Was von Aussagen des ukrainischen Präsidenten zu halten ist, der schon mehrmals eine russische Invasion in seinem Land fernab von allen Kameras gesehen haben will, sollte inzwischen klar sein. Deutschen Medien offenbar nicht, sie verbreiten munter die Schlagzeile, dass Putin mit Einmärschen in EU und NATO Länder gedroht haben soll.

Wie wäre es denn zur Abwechslung mal mit Fakten? Der ukrainische Präsident ist heute nach Washington gereist. Was macht er da? Welche Diskussionen werden dort geführt? Glaubt man amerikanischen Medien, so soll der Druck auf Poroschenko erhöht werden, damit der seinerseits härter gegenüber Moskau auftritt. Wieso berichten deutsche Medien darüber nicht? Warum schreiben sie nicht über einen ukrainischen Präsidenten, der offenbar seine Sponsoren in den USA besucht und Dienstanweisungen entgegen nimmt? Man wäre so gern schlauer.


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Politischer Selbstmord mit Ankündigung

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Das Ergebnis der SPD in Thüringen ist die Folge der Entscheidung vor fünf Jahren, einen Politikwechsel für Posten zu opfern.

Um das Thüringer Ergebnis bei der Landtagswahl richtig einordnen zu können, ist ein Exkurs in die jüngere Vergangenheit erforderlich. Denn das gestrige Resultat ist auch die Folge der unsäglichen Machtspielchen von vor fünf Jahren. Damals gab es ebenfalls nur Gewinner. Althaus, Ramelow und Matschie. Alle drei wollten Ministerpräsident werden, am Ende kam Lieberknecht.

Mastschie

Vor fünf Jahren brannte die siegestrunkene SPD mit ihrem Spitzenkandidaten Christoph Matschie ein Feuerwerk ab. 18,5 Prozent hatte der Sozialdemokrat geholt und sich dafür feiern lassen, das System Althaus beseitigt zu haben. Als Drittplatzierter wollte Matschie dann auch mitregieren. Mit der CDU klar, aber ohne Althaus. Mit Linken und Grünen erst nicht, da im Wahlkampf ausgeschlossen und dann doch, aber nur unter der Bedingung, selbst Ministerpräsident zu werden.

Es gab sogar Sondierungsgespräche für ein Linksbündnis und am Ende sogar das Zugeständnis von Ramelow, auf den Posten des Regierungschefs zu verzichten, wenn es Matschie ebenso täte. Der Kuhhandel scheiterte erwartungsgemäß, ein anderer kündigte sich an. Denn nachdem Althaus zurückgetreten war, sollte Christine Lieberknecht nun Ministerpräsidentin werden, eine Frau aus dem Kabinett Althaus und damit unzweifelhaft auch zu dessen System zugehörig.

Politikwechsel gescheitert

Der SPD-Führung in Thüringen reichte das aber, um alle inhaltlichen Versprechungen aus dem Wahlkampf über Bord zu werfen und mit der CDU ein Bündnis einzugehen. An der SPD-Basis formierte sich Widerstand. Die Koalitionsvereinbarung wurde schließlich auf einer Delegiertenversammlung mit 148 Ja-Stimmen, bei 44 Gegenstimmen und sieben Enthaltungen angenommen.

Anstatt wie versprochen die CDU in die Opposition zu schicken, übernahm Matschie die Rolle des stellvertretenden Ministerpräsidenten und das Ressort Bildung, Wissenschaft und Kultur. Nennenswerte Erfolge in dieser Funktion sind nicht überliefert. Wie auch, das System Althaus setzte sich unter Lieberknecht fort. Die Antipathie beider Fraktionen war nicht zu leugnen. Hinzu kamen Skandale.

Die offizielle Lesart der Sozialdemokraten ist nun, sie seien im Wahlkampf zwischen CDU und Linkspartei irgendwie zerrieben worden. Das ist natürlich eine verzerrte Wahrnehmung der Wirklichkeit. Es hat auch nicht an der offen gehaltenen Koalitionsaussage gelegen, wie die Medien kolportieren, sondern schlicht daran, dass die SPD vor fünf Jahren einen Politikwechsel angekündigt, stattdessen einen Selbstmord begonnen und nun die Quittung dafür kassiert hat.

Immer dasselbe Gericht

Damals galt es noch als illoyal und dumm dem Wähler gegenüber, einem möglichen Linksbündnis als Juniorpartner beizutreten. Dass damit aber das ebenfalls ausgeschlossene Rechtsbündnis alternativlos übrigbleiben musste, interessierte die Spitzengenossen in Erfurt und Berlin herzlich wenig. Sie überhöhten nicht nur die verbohrte wie alberne Standhaftigkeit von Matschie, sondern nahmen auch vier Ministerposten dankbar an.

Der Wähler blieb erneut mit der Erkenntnis zurück: Du kannst wählen was du willst und bekommst trotzdem immer das gleiche Gericht. Versprochene Politikwechsel und Überzeugungen werden für Posten geopfert. Auch das ist ein Grund, warum immer weniger Menschen, gerade im Osten, von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Auf sie zu schimpfen, ist leicht, erfasst aber nicht den Kern des Problems.

Am Wahlabend säuselte Christoph Matschie in die Mikrofone, er und seine Partei müssten erst einmal nach Gründen suchen, um das schlechte Abschneiden zu erklären. Das braucht er nicht. Denn die jetzigen Gründe sind die gleichen wie vor fünf Jahren. Auf die Konsequenzen kommt es an. Wobei das bei Toten nun auch keine Rolle mehr spielt.

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Zwischen Marx und Ackermann

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Lieber einen Marx in den Landtag tragen, als einen Ackermann im Bandeskanzleramt hofieren.

Für einen ungewöhnlichen Wahlaufruf hat die Kanzlerin gestern in Thüringen gesorgt. Dort warnte sie vor allem die Grünen vor einem Bündnis mit Linken und der SPD. Merkel griff tief in die Mottenkiste, die sie als Geschichte versteht, bemühte den Freiheitsbegriff und meinte, mit einem linken Ministerpräsidenten zöge Karl Marx in die Staatskanzlei ein. Ein typischer PR-Coup der Kanzlerin, der am Ende allerdings nach hinten losgehen könnte.

Quelle: Bodo Ramalow (Facebook-Profil)

Denn statt die Kanzlerin – die zu DDR-Zeiten ganz selbstverständlich ein Bündnis mit Marx, darüber hinaus auch mit Engels und Lenin einging, wie wir alle, die aus dem Osten kommen – für ihren Wahlkampfauftritt zu kritisieren, nutzt Bodo Ramelow, Spitzenkandidat der Linken in Thüringen, die Vorlage von Merkel. Warum den Marx nicht in den Landtag tragen, fragt beispielsweise einer seiner Unterstützer, der Liedermacher Konstantin Wecker. Da gehört er doch auch hin, sagt er.

Noch viel deutlicher ist mein Vergleich. Lieber einen Marx in den Landtag tragen, als einen wie Ackermann im Bundeskanzleramt hofieren. Das sollte eigentlich reichen, um die Wähler zu mobilisieren, die für einen Politikwechsel sind. Ich fürchte nur, dass die Wahlbeteiligung ähnlich katastrophal ausfallen wird, wie in Sachsen vor zwei Wochen. Wer auch immer gewinnt, er wird nicht zu den Siegern zählen.

Ein linker Ministerpräsident ist dabei noch längst nicht ausgemacht. Die SPD und die Grünen sind bekannt dafür, sich dem Willen der Kanzlerin zu beugen. Nirgendwo ist die Fremdsteuerung so ausgeprägt, wie in diesen beiden Parteien. Dabei gelte doch für den Osten noch immer die Lesart, hier seien die Linken moderat und nicht so radikal wie die im Westen. Jetzt wo es ernst werden könnte, wird natürlich gekniffen.

Sie folgen dann wohl lieber einer amtierenden Ministerpräsidentin Lieberknecht, die nicht ganz frei von Skandalen ist und einer Kanzlerin, die nicht mehr mit Marx, aber dafür mit anderen zeitgenössischen Figuren ein strahlendes Bündnis pflegt und dabei verkündet, zum Wohle aller Menschen Politik zu betreiben.

Merkel RWE

Quelle: Neues aus der Anstalt


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Steinmeier verurteilt eigene Politik

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Der Außenminister ist dagegen, Grenzen in Europa neu zu ziehen. Das dürfe nicht sein, sagte er heute im Bundestag. Während seiner letzten Amtszeit als Außenminister unter Merkel tat er es aber auch. Er will sich nur nicht daran erinnern.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat heute im Bundestag ein dickes Brett gebohrt. „Es kann nicht sein, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir sieben Jahrzehnte nach Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa wieder darangehen, Grenzen zu korrigieren. Das darf nicht sein“, sagte der SPD Politiker. Damit verurteilt er seine eigene Politik aus Amtszeit Nummer eins.

Steinmeier

Seit 1989 werden in Europa ständig Grenzen korrigiert. Als nächstes könnten Schotten, Katalanen und Flamen eine Neufestsetzung fordern. Zuletzt haben sogar die Bundesländer Hessen und Niedersachsen Gebiete getauscht. Aber Spaß beiseite. Wovon redet Steinmeier? Von der Krim, die seiner Meinung nach von Russland völkerrechtswidrig annektiert worden sei.

Eine Theorie, die von fachkundiger Seite bereits als Unsinn enttarnt worden ist. Vielmehr hat Russland nur das wiederholt, was der Westen am 17. Februar 2008 vorgemacht hatte, als das Kosovo seine Unabhängigkeit vom serbischen Zentralstaat erklärte und damit gegen eine UN-Resolution verstieß, die Serbien die Unverletzlichkeit seiner Grenzen garantierte. Einen Tag nach dieser Sezession erkannten England, Frankreich, die USA und drei Tage später auch Deutschland unter dem Außenminister Steinmeier den Kosovo als neuen Staat in Europa an.

Grenzen korrigieren, Das darf nicht sein? Außenminister Steinmeier scheint sich entweder an sein eigenes Handeln nicht mehr zu erinnern oder hat eingestanden, damals falsch entschieden zu haben. Dass der Kosovo als „Blaupause“ zu verstehen ist, hatte bereits Altkanzler Schröder eingeräumt, der seinem Freund Putin zur Seite sprang und zugab, als Kanzler selbst gegen das Völkerrecht verstoßen zu haben.

Neuer Dreiklang: Sanktionen, Sanktionen, Sanktionen

Es ist noch gar nicht so lange her, da ließ die Kanzlerin durch ihren Sprecher Seibert erklären, sie halte im Umgang mit Russland an einem Dreiklang fest. Hilfen für die Ukraine, Gesprächsangebote für Russland und die Drohung mit neuen Sanktionen. Inzwischen ist daraus ein Sanktionsorchester geworden, bei dem Merkel ungeachtet der Entwicklungen forsch drauflos dirigiert.

Als am Montag die träge EU neue Sanktionen beschloss, der ausgehandelte Waffenstillstand in der Ukraine aber weitestgehend zu halten schien, zog EU-Ratspräsident van Rompuy die Notbremse. Beschluss ja, Umsetzung nein. Absurdes Theater. Merkel legte während der Haushaltsdebatte am Mittwoch im Bundestag nach und forderte eine sofortige Umsetzung der neuen Sanktionen.

Gesagt getan. Und trotz Waffenstillstand, trotz positiver Signale von Poroschenko, der freiwillig einräumt, den Abzug russischer Soldaten gesehen zu haben, treten nun schon am Freitag neue Sanktionen gegen Russland in Kraft. Und das obwohl der Ratspräsident am Wochenende noch verkündete: „Falls die Waffenruhe Bestand hat und/oder die Friedensverhandlungen beginnen, sind wir bereit, diese Sanktionen rückgängig zu machen.“

Merkel war nicht bereit und ihr Wille ist in Brüssel offenbar Gesetz. Sieht so aus, als hätte Deutschland unter Merkel auch Grenzen korrigiert.


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Gysi droht Schäuble mit Kauf von Anliegerstraße

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Während die Regierung im langweiligen Selbstlob verharrt und glaubt, solide Kosten eingespart zu haben, weist der Oppositionsführer im deutschen Bundestag mit launigen Worten auf die verursachten Schäden hin.

Für Wolfgang Schäuble könnte es teuer werden, sollte es stimmen, dass er sein Ministerium darüber nachdenken lässt, ob und wie eine Privatisierung von Straßen realisierbar ist. Dann, so drohte Gregor Gysi heute im Bundestag, werde er die Straße kaufen, in der Schäuble wohnt und erstens eine hohe Benutzungsgebühr einführen und zweitens die Straße nach sich selbst benennen.

Gysi

Dieses amüsante Bild wählte der Oppositionsführer, um zu verdeutlichen, wie absurd die Gedankenspiele der Regierung inzwischen geworden sind. Für die Schwarze Null, einem zweifelhaften Denkmal, würden Investitionen verschoben oder ganz unterbleiben. Das und die Schuldenbremse führen schließlich zu abenteuerlichen Finanzierungsideen.

Quelle: Stuttmann Karikaturen

Teure Anreize für Investoren

Klar ist, die Infrastruktur ist marode. Doch statt Geld in die Hand zu nehmen, das der Staat zu historisch niedrigen Zinsen bekommen könnte, sollen private Anleger mit Anreizen dazu bewogen werden, ihres zur Verfügung zu stellen. Sie sollen durch das Versprechen höherer Renditen oder zuverlässiger Mauteinnahmen, selbst in den Ausbau von Straßen investieren oder sich über einen Fonds daran beteiligen.

Das muss man sich mal vorstellen. Derzeit mangelt es an Schuldnern weltweit. Die Geldbesitzer haben also ein Problem und müssen selbst Zugeständnisse machen, um Abnehmer für ihr Kapital zu gewinnen. Es gab sogar schon Fälle, da akzeptierten die Geldgeber einen negativen Zins, nur um Teile ihres Vermögens verleihen zu dürfen. Und in dieser für den Finanzminister eigentlich komfortablen Situation bietet die Regierung nach den Steuergeschenken der Vergangenheit ein weiteres Präsent für Vermögende an.

Das alles geschieht aber nur, um den Anschein zu vermeiden, selbst neue Schulden machen zu müssen. Diesen Anschein, der einen Gewinn an Wählerstimmen verspricht, wird teuer erkauft, die Rechnung aber erst dann präsentiert, wenn die Schwarzen Nullen längst Geschichte sind und ihren Lebensunterhalt mit Pensionen und Beraterhonoraren verdienen. Schon heute ist aber klar, dass öffentlich private Partnerschaften für die Privatwirtschaft einen unerhörten Gewinn bedeuten und für die Allgemeinheit nur Verluste und Kosten übrigbleiben.

Dabei können beide Seiten gleichzeitig gewinnen, wenn der Staat nur selbst seine Schulden machen würde und begriffe, dass sich nur so Sparerfolge realisieren lassen. Überdies könnten auch die Zinsen für Sparer wieder steigen, wenn es gelänge, mehr Schuldner zu gewinnen. Die leihen sich das Geld für Investitionen aber nur dann, wenn sie davon ausgehen können, dass auch eine Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen zu erwarten ist.

Die Bilanz ist eindeutig

Gysi wies in seiner Rede aber darauf hin, dass die gegenwärtigen Bedingungen, riesiger Niedriglohnsektor in Deutschland, hohe Arbeitslosigkeit durch Kürzungspolitik in Südeuropa und Sanktionen gegen Russland, alles andere als optimal sind. Wie soll eine Wirtschaft auch wachsen, wenn dieser Unfug das politische Handeln bestimmt?

Während die Unternehmen 1991 rund 40 Prozent ihrer Gewinne investierten, sind es 2013 nur noch neun Prozent und das trotz der vielen Milliarden Euro, die es in der Zwischenzeit an Steuergeschenken gab. Alle Bundesregierungen hatten damit die Hoffnung verknüpft, eine erhöhte Investitionstätigkeit auslösen zu können. Stattdessen stiegen aber nur die Vermögenseinkommen seit dem Jahr 2000 um 60 Prozent während die Arbeitnehmereinkommen im gleichen Zeitraum real um 3,7 Prozent sanken.

Wenn der Staat die Steuergelder hätte, auf die er seit Jahren verzichtet, wären Investitionen in Bildung und Infrastruktur auch problemlos möglich, rechnete Gysi mit Verweis auf Erkenntnisse des IWF vor. Doch die Regierung beklage sich lieber über einen seit Jahren anhaltenden Investitionsstau, weigere sich aber anzuerkennen, dass sie diesen selbst zu verantworten hat. Sie nehme ihn sogar bereitwillig hin, nur um eine Schwarze Null der Öffentlichkeit präsentieren zu können.

Gregor Gysi: Rede im Bundestag, 10. September 2014

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Viele unbekannte Flugobjekte

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Die Gründe für vorschnelle Urteile sowie für die Sanktionen gegen Russland waren falsch. Das hätte die Schlagzeile des Tages sein müssen, nachdem der Zwischenbericht zum Absturz von MH17 vorgelegt worden ist.

Fliegende Objekte, deren Identifizierung nicht möglich ist, werden im Fachjargon UFOs genannt. Um solche muss es sich auch am 17. Juli gehandelt haben, als das Flugzeug der Malaysia-Airlines mit der Nummer MH17 von „high energy objects“ getroffen wurde und infolgedessen über der Südostukraine vom Himmel stürzte. Der Bericht der niederländischen Ermittler lässt eigentlich alle Fragen unbeantwortet und bietet weiterhin reichlich Raum für wilde Spekulationen.

Diese werden von allen Seiten betrieben, auch von den Medien, die nun ihre seit Wochen als Wahrheit verkaufte Indizienkette bestätigt sehen. Der Stern titelt zum Beispiel:

“Russische Rakete hinter Abschuss vermutetDer Verdacht existiert schon seit dem Absturz, jetzt hat er sich erhärtet: Der Absturz des Fluges MH17 über der Ostukraine geschah mutmaßlich durch eine russische Buk-Rakete.”

Der Ermittlungsbericht schürt in Wirklichkeit gar keinen Verdacht, sondern spricht von vielen Objekten, die den Flieger mit hoher Energie getroffen haben müssen, was augenscheinlich ist, wenn man die Bilder von den Wrackteilen betrachtet. Der Bericht gibt insofern keine neuen Informationen an die Hand, sondern lässt sich im Prinzip auf die Aussage reduzieren, die der Postillon heute als Überschrift für seine Satire-Meldung wählte.

“Spektakulärer Zwischenbericht: Flug MH17 vermutlich abgestürzt”

Immerhin ist der Inhalt der Flugschreiber nun bekannt. Ein Fortschritt. Allerdings bleibt es merkwürdig, dass das dürftige Ergebnis des Berichts so lange gebraucht hat, um ans Licht der Öffentlichkeit zu gelangen. Vielleicht liegt es daran, dass die Ermittler gründlich vorgehen wollen, vielleicht daran, dass Informationen weiterhin unterdrückt werden sollen. Wer weiß das schon?

Klar ist eigentlich nur, dass nichts klar ist. Was aber bleibt, ist die Geschichte eines politischen Aktionismus in den vergangenen Wochen, der sich nun genau an diesem Ergebnis messen lassen muss. Die Begründungen für Vorverurteilungen und für Sanktionen waren falsch. Das hätte die Schlagzeile des Tages sein müssen.

Wie die EU gestern noch einmal bewies, gehen ihr selbst die schlechten Gründe allmählich aus. Es wird zunehmend schwieriger, eine absurde Sanktionspolitik, die allen mehr schadet als nützt und auf der Grundlage von mehr oder weniger haltlosen Mutmaßungen und Spekulationen fußt, weiter zu rechtfertigen. Gerade die schwarzen Nullen in Berlin sollten das erkennen. Doch wie sagte Schäuble heute im Bundestag:

„Wir haben keinen Grund, jetzt in voreiligen Pessimismus zu verfallen. Wir müssen allerdings die Realität zur Kenntnis nehmen, und diese ist, dass sich das wirtschaftliche Umfeld etwas eingetrübt hat.“

Was für ein Witzbold, dieser Schäuble.


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