Ich möchte die Abwrackprämie mal nicht im Hinblick auf die Frage sinnvoll oder nicht diskutieren – darüber kann man ja durchaus geteilter Meinung sein – sondern auf der Ebene der Finanzierung. Da wird derzeit immer lauter behauptet, die Maßnahme sei allein schon deshalb zu kritisieren, weil fünf Milliarden Euro ein zusätzliches Loch in die Staatskasse reißen würde. Aber ist das wirklich so?
Im Jahr 2008 haben diejenigen Deutschen, die sich einen Neuwagen gekauft haben, durchschnittlich rund 25.000 Euro ausgegeben. Also mal mehr bzw. auch weniger. Wenn man diesen statistischen Mittelwert nun nimmt und davon 19 Prozent Mehrwertsteuer berechnet, die dem Staat ja zufließt, dann komme ich auf einen Wert von 4750 Euro.
Nun ist anzunehmen, dass in diesem Jahr viele Menschen einen Neuwagen kaufen werden, der deutlich weniger kosten wird, als die statistischen 25.000 Euro aus dem Vorjahr. Man wird vermutlich erst im nächsten Jahr genau wissen, wie sich die durchschnittlichen Zahlen entwickelt haben. Jedoch kann man aufgrund der hohen Prämiennachfrage schon jetzt sagen, dass die Automobilindustrie ein deutliches Absatzplus verzeichnen wird. Jeder kann mal für sich ausrechnen, wie viel Mehrwertsteuer in seinem Neuwagenpreis enthalten ist und davon mal die 2500 Euro abziehen. So ab einem Preis von 13.200 EUR fließt mehr an den Staat zurück, als er mit der Prämie zuschießt.
Alles in allem, ein teurer Flop, meinen die Experten, dazu zählt natürlich auch Ferdinand Dudenhöffer, der Autopapst, der anno 2007 noch behauptete, dass die Neuwagenpreise und der Absatz weiter steigen würden und man jetzt kaufen solle, wenn man noch ein Schnäppchen machen wollte. Schon 2008 stellte sich heraus, dass Dudenhöffers Analyse ziemlich daneben lag. Dennoch behaupten die Experten, wie der allseits als Lobbynetzwerker bekannte Wolfgang Franz bei Frontal21 im ZDF, dass die Prämie nur ein Strohfeuer sei und die fünf Milliarden Euro ja nicht vom Himmel fallen würden, sondern von den Steuerzahlern aufgebracht werden müssen.
Richtiger ist wohl eher, dass die Käufer selbst einen Großteil der Prämie gerade durch den Neuwagenkauf zurückzahlen. Im Grunde geht es auch nicht um die Prämie an sich, sondern um die schon immer vertretene Absage an Konjunkturprogramme – das ist die eigentliche Botschaft. Konjunkturprogramme seien Mist, Strohfeuer etc. Und weil man an der Abwrackprämie sehr schön studieren kann, wie sie doch funktionieren, wird aus allen Richtungen das Feuer eröffnet. Es darf am Ende eben nicht der Eindruck entstehen, dass Konjunkturprogamme nützlich seien.
Wolfgang Franz behauptet sogar, dass wir ein drittes Konjunkturprogramm durch fallende Preise bei Energie und Lebensmitteln hätten. Da outet sich der Dogmatiker, der immer noch daran glaubt, dass der niedrige Preis allein über einen Konjunkturimpuls entscheidet. Die Zahlen im Einzelhandel widerlegen diese These mehr als deutlich. Die Entwicklung der Nachfrageseite wird weiterhin konsequent ausgeblendet. Der jahrelange Kaufkraftverlust, selbst in einer Phase wirtschaftlicher Prosperität, ist eben von enormer volkswirtschaftlicher Bedeutung. Das hat Folgen, die Herr Franz nicht zugeben mag.
Deshalb ist es auch überhaupt nicht sinnvoll, sich an Einzelmaßnahmen wie der Abwrackprämie abzuarbeiten. Sie hat nur dann eine volkswirtschaftlich positive Wirkung, wenn sie in einem umfassenden Konjunkturprogramm zur Stüzung der Nachfrageseite und von Beschäftigung eingebettet wäre. Doch die Bundesregierung setzt gerade einmal 14 Mrd. Euro ein, um das alles zu finanzieren. Das ist ein Lacher. Dennoch will der Experte Franz und die Bundesregierung erstmal abwarten wie alles wirkt. Das kennen wir ja schon. Und bis dahin wird weiter kräftig manipuliert.
EDIT: Das Manuskript zur ZDF-Sendung Frontal21 finden sie hier. Einen Kommentar zu der Sendung an sich erspare ich mir mal. Da scheint es nach dem Wechsel in der Moderation auch einen Wechsel bei der Präsentation gegeben zu haben… :roll:
APR
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.