Beim vorangegangenen Beitrag „Abfärben“ über virtuelle Säue, die anlässlich der Winterpause gleich reihenweise durchs Social Media-Dorf getrieben werden, ist eine Geschichte über Twitter gänzlich untergegangen. Die Bewegung Aufstehen hat seit heute ein „Grafik-Gate“. Sie soll bei der AfD in skandalöser Weise abgekupfert haben. Das muss wohl Querfront sein, schallt es nun aus allen Rohren.
Die linke Sammlungsbewegung hat ein sogenanntes Meme erstellt, also ein Bild mit einer Botschaft in Textform darauf. Die gesamte Komposition samt weiteren Begleittext, so wird unterstellt, sei nun AfD-nah. Begründung: Die AfD hätte das gleiche Bild in einem ähnlichen Zusammenhang kurz zuvor verwendet. Das mit dem Bild stimmt, das mit dem Zusammenhang aber nicht.
Ein besonders eifriger Kritiker der Bewegung „Aufstehen“ ist der Linken-Abgeordnete Niema Movassat. Er postete über Twitter einen Beitrag, der die angebliche Nähe zur AfD belegen soll und aus einem Artikel dieser Webseite der Amadeu Antonio Stiftung stammt.
Die beiden Bilder sind identisch, keine Frage. Sie stammen vermutlich aus derselben Quelle. Und zwar dem Bilderportal Pixabay, aus dem sich viele, zum Beispiel auch dieser Blog hier bedienen, da die Nutzung des Materials lizenzfrei ist. Doch was ist mit der Behauptung, dass beide Darstellungen auf dasselbe Thema anspielen?
Es mag ja vielleicht richtig sein, dass die AfD-Leute die Rundfunkgebühr nicht von einer Steuer unterscheiden können, aber dass es Niema Movassat und weitere Kollegen von den Linken auch nicht können, ist schon bemerkenswert, peinlich und AfD-nah könnte man da spotten. Die Grafik der AfD bezieht sich doch ganz offensichtlich auf etwas anderes. Das kann man bei denen auch nachlesen, wenn man wollte.
Aber das will ja keiner derer, die nur der „Talkshow-Königin und ihrem Hofstaat“ ans Bein pinkeln wollen. So wird aus einem Post, den Sahra Wagenknecht gar nicht zu verantworten hat, ein riesiger Skandal mit persönlichen Angriffen gemacht, dabei aber eigentlich nur kritisiert, dass eine frei verfügbare Grafik eingebunden wurde, die zuvor schon von der AfD für eigene Zwecke genutzt worden war.
Und weil das so ist, wird dieses Bild dann auch gleich noch zur AfD-Symbolik erklärt, auf das es ja niemand mehr benutzen dürfe, der sich politisch links verortet. Die AfD ist vermutlich dankbar für so viel Aufmerksamkeit als Folge des Schwachsinns, den sich linke Kunst- und Sprachkritiker sowie der Medienmainstream im munteren Zusammenspiel leisten.
Organisierte Verfassungskriminalität
Die regen sich nun über den Begriff „Regierungsrundfunk“ auf. So als ob es eine politische Einflussnahme bei der Entlassung Nikolaus Brenders beim ZDF nie gegeben hätte. Organisierte Verfassungskriminalität nannte Brenders Vorgänger Klaus Bresser das Vorgehen des damaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch, der als Mitglied des Verwaltungsrates im Hintergrund die Strippen zog.
Als die Entscheidung 2009 hinter verschlossenen Türen fiel, sprachen Journalistenkollegen schließlich von einem schwarzen Freitag für die Pressefreiheit. Es folgten Verfassungsklagen der Länder Hamburg und Rheinland-Pfalz. Sie bezeichneten die Zusammensetzung der Gremien nach dem ZDF-Staatsvertrag als zu staatsnah und bekamen Recht. Karlsruhe schrieb 2014 Regeln vor, damit Vertreter staatlicher Organe und politischer Parteien künftig deutlich weniger Einfluss haben.
Doch geändert hat sich seitdem kaum etwas, da auch die Begrenzung auf ein Drittel der Posten nicht ausreicht, um Staatsferne zu garantieren bzw. die informellen politischen „Freundeskreise“ daran zu hindern, weiterhin Einfluss auszuüben. Dass es Einfluss gibt, hatte nicht zuletzt auch Kurt Beck in der Verhandlung zugegeben. Doch wer diese Zusammenhänge benennt und daran erinnert, dass einer der Verfassungsrichter weiterhin Bauchschmerzen hat, ist vermutlich auch einfach nur AfD-nah.
JAN
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.