Panik bei den Grünen

Geschrieben von: am 05. Mai 2023 um 13:43

Derzeit geht es für die Grünen im Fahrstuhl nach unten. Den personellen „Unfall“ im Außenministerium braucht es dafür aber gar nicht. Die radikale Energiepolitik und nun eine Trauzeugenaffäre im Wirtschaftsministerium reichen aus, um die hochtrabenden Führungsansprüche endgültig platzen zu lassen. Die Umfragewerte sinken, zwar nicht bei den Grünen selbst, die stehen relativ stabil, dafür aber bei den Koalitionspartnern SPD und FDP. Das können die nicht hinnehmen und dürften zunehmend zu politischen Gegnern werden.

Bei den Grünen herrscht Panik. Um das verkorkste Heizungsgesetz noch zu retten, das absehbar zu furchtbaren Härten führen wird, versucht man nun das selbstgeschaffene Problem wieder mit Geld zuzukleistern. Bis zu 80 Prozent der Kosten sollen übernommen werden, wenn Betroffene über wenig Einkommen verfügen. Je mehr auf dem Gehaltszettel steht, desto geringer fällt dann die Förderung aus, heißt es in einem Vorschlag, der offenbar zur Beruhigung der Bevölkerung gedacht ist.

Die ist nämlich aufgestachelt durch eine öffentliche Kampagne, wie wohlgesinnte Medienschaffende eifrig herausarbeiten. Das stimmt, allerdings ist diese wie keine andere berechtigt. Die Energiepolitik ist grober Unfug, ausgedacht von Ideologen, die nun in Regierungsverantwortung beweisen müssen, was sie in der Opposition jahrelang in Abgrenzung zu den anderen Ideologen behauptet haben. Das Ergebnis: Statt Kompromissfähigkeit dominiert eine Form von kompromissloser Radikalität.

Die Vetternwirtschaft ist dabei ein lediglich aufgeblasener Skandal. Wer das wissen wollte, wie sich die Beziehungen untereinander darstellen, konnte das auch wissen, „Energiewende als Familienprojekt“ schlagzeilte die taz nach der Regierungsbildung vor Weihnachten 2021, es hat nur bisher keinen interessiert. Der durchgerutschte Trauzeuge war, zugegebenermaßen, jetzt eine Spur zu viel, auch weil die Ausrede vom Ver- oder Übersehen der persönlichen Beziehungen so unfassbar lächerlich ist.

Hilferuf bei der Suche nach einer Mehrheit im Bundestag

Das Problem ist doch vielmehr, dass die mit der Brechstange durchgesetzte Energiepolitik nicht funktionieren wird. Den Grünen dämmert es, weshalb es nun „Grüne Wärme für alle – bezahlbar, unabhängig, klimafreundlich“ heißt. Die Wärmewende als ein Gemeinschaftsprojekt, das klingt wie ein Hilferuf bei der Suche nach einer Mehrheit für das Gesetz im Bundestag. Beim Stichwort „bezahlbar“ gilt es zudem einen Finanzminister zu überzeugen, der in Fortsetzung einer schrecklich deutschen Tradition von allen mal wieder ein „Bekenntnis zum Sparen“ abverlangt. Und das, obwohl die Belastungen für untere und mittlere Einkommen weiter steigen, sich in der Regierung aber niemand dafür interessiert.

Was sollen diese Menschen auch an einem abermalig angekündigten Milliarden schweren Förderprogramm zum Austausch von Heizungen toll finden, wenn die Preise für Haushaltsenergie im Vergleich zum Vorjahr um 21,9 % und die Preise für Nahrungsmittel im März um 22,3 % im Vergleich zum Vorjahresmonat gestiegen sind? Vor allem Grundnahrungsmittel wie Molkereiprodukte und Eier (34,6 %), Gemüse (27,3 %) sowie Brot und Getreideerzeugnisse (23,8 %) sowie der Zuckerpreis (70,9 %) legten am kräftigsten zu (Quelle: Makroskop).

Aber der Strom soll ja mit dem Ausstieg aus der Kernenergie jetzt richtig günstig werden, glaubt man den grünen Twitter-Beauftragten, sogar so günstig, dass die grünen in Führungspositionen wiederum vorschlagen, den Preis für Industriestrom zu deckeln, weil:

Wenn wir die Preise deckeln, verlieren wir Geld. Wenn wir sie nicht deckeln, verlieren wir womöglich die Industrien der Zukunft.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck

Angesichts dieser unerklärlichen Widersprüchlichkeit ist es dann wohl doch besser, über Familiäres zu berichten. Charles III wird morgen zum König gekrönt, mutmaßlich ohne Trauzeugen, dafür mit sehr vielen Zuschauern weltweit. Er gilt dann auch als der grüne Monarch, weil er sich für mehr Klimaschutz einsetzt. Ob es da jetzt im Wirtschaftsministerium einen Familienfernsehtag mit ZDF Royal gibt, ist allerdings nicht bekannt.


Bildnachweis: Screenshot, Konferenz: Grüne Wärme für alle – bezahlbar, unabhängig, klimafreundlich, 5. April 2023

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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