Dunkeldeutschland überall?

Geschrieben von: am 28. Aug 2022 um 11:12

Bald ist 1. September und es wird dunkel und kälter in Deutschland. Jedenfalls nach dem Willen der Bundesregierung. Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) erlässt die – der Name ist kein Scherz, sondern amtlicher Schmerz – Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung, kurz EnSikuMaV. Zur besseren Lesbarkeit heißt das, worum es geht so: „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen“. Aha, nur wirksam ist daran gar nichts.

Entweder kennt sich die Bundesregierung im wahren Leben nicht aus oder wir haben es einmal mehr mit Symbolpolitik zu tun, also einer Simulation von Regierungshandeln, um die eigene Hilflosigkeit zu kaschieren. Habecks Verordnung ist ein zahnloser Tiger, denn ob der Einzelhändler das Licht um 22 Uhr ausmacht oder nicht, der Poolbesitzer seinen Pool beheizt oder nicht, ist im Sinne der Verordnung vollkommen egal. Eine ordnungsrechtliche Konsequenz folgt aus einer Zuwiderhandlung nämlich nicht.

Mit anderen Worten: Die Behörden können zwar die Einhaltung der Verordnung überprüfen, haben aber rechtlich gesehen, keinerlei Handhabe, um etwa Bußgelder zu verhängen. Und zwar ganz bewusst. Im Begründungsteil der Verordnung steht nämlich: „Für die Durchsetzung der nach dieser Verordnung bestehenden Rechtspflichten werden keine besonderen Regelungen geschaffen; es gelten vielmehr die allgemeinen zivil- und öffentlich-rechtlichen Grundsätze.“ Das heißt Denunziation geht natürlich immer, allerdings dürfte es vor Gericht kaum Aussicht auf Erfolg haben, sich als Anschwärzer auf das Habeck-Papier zu berufen.

Der Minister der schönen Worte hat aber was gemacht, das soll wohl die Botschaft sein. Schließlich war er es auch, der allerhand Spartipps für die Bevölkerung parat hatte. Mehr als ein Empfehlungsschreiben ist die neue Verordnung dann aber auch nicht. Manche Regeln sind sogar äußerst irritierend. So wird gleich als erstes behauptet, Mieter hätten nun mehr Spielraum beim Absenken der Raumtemperatur. So als ob der Vermieter das bislang vorschreiben und auch kontrollieren durfte. „Derzeit gibt es in einigen Mietverträgen Klauseln, die eine Mindesttemperatur in gemieteten Räumen vorsehen“, schreibt das BMWK. Das ist richtig, rechtlich aber belanglos, da solche Klauseln schon längst unwirksam sind.

Mietern wird mit der Verordnung also ein Recht eingeräumt, das sie durch die laufende Rechtsprechung ohnehin schon besitzen. Ganz toll gemacht, vielleicht fällt es niemandem auf. Der Rest der Verordnung ist amtliche Prosa und auch so gemeint, was ganz unten in der Pressemitteilung deutlich wird. „Neben den unmittelbaren Einspareffekten sollen die Maßnahmen auch eine Signal- und Vorbildwirkungen haben. Sie zielen somit auch darauf ab, freiwillige Energiesparmaßnahmen anzustoßen.“ Nötig sei vielmehr eine nationale Kraftanstrengung. Schon wieder. Da klingt die Ampel wie Angela Merkel mit ihrer Corona-Phobie, nur ohne Bußgeldkatalog.


Bildnachweis: Screenshot.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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