Im Brackwasser der Beliebigkeit ertrunken

Geschrieben von: am 25. Jul 2022 um 20:14

Kleiner Tipp zu dem hier: Wenn Schwimmende ertrinken ist Schwimmende, was der deutschen Sprache aber wenig nutzt, wenn der Chef des zweitgrößten Immobilienkonzerns Deutschlands gerade den Begriff „Wärmeverzicht“ für umgangssprachlich frieren in die Debatte einführt.

Doch einen Faktencheck gibt es am Anfang der Woche nur wegen Kleinflugzeugen, die vorgeblich weniger Sprit als Dienstwagen von Mitgliedern der Bundesregierung verbrauchen sollen. Spannende Recherche, nicht. Und in Bayreuth? Alles wie immer. Das wäre es dann schon für einen Montag im Sommerloch. Ab Mittwoch gibt es dann wieder weniger Gas, was bestimmt die Folge einer missglückten Bilderkritik der Bundesaußenministerin ist. Die hätte vielleicht mal an das Treffen der EU-Energieminister am Dienstag denken sollen. Dort sollen die Mitgliedsstaaten davon überzeugt werden, für Deutschland Gas zu sparen.

Das sieht derzeit aber nicht so gut aus. Vor allem Länder wie Portugal und Spanien lehnen den Notfallplan Gas der Kommission ab, mit der süffisanten Bemerkung: „Anders als andere Länder haben wir Spanier energetisch nicht über unsere Verhältnisse gelebt“, so die spanische Klimaministerin Teresa Ribero in der Zeitung „El Pais“. Eine deutliche Spitze in Richtung Berlin, das in der Eurokrise den Ländern des Südens über Brüssel Spardiktate diktierte. Damals hieß es im arroganten Ton der BPK-Sprecher, Solidarität nur gegen Solidität. Das hat man offenbar nicht vergessen.

Es bröckelt aber auch woanders. Die Österreicher wollen einen Gasspeicher, der bisher der Versorgung Bayerns diente, lieber selber nutzen und Ungarn erklärt gar, die Sanktionen der EU wirken nicht. Eine neue Strategie sei daher erforderlich. Endlich mehr Waffen fordern weiterhin die neuen deutschen Bellizisten, die sich derzeit mit den Unterfwerfungspazifisten darüber streiten, wer es gerade wärmer unterm Hintern hat. Dabei gerät die Frage, ob die Munition für die vielen Waffen, ob nun geliefert oder nicht, überhaupt reichen könnte, in den Hintergrund.

Vielleicht kann sich die hysterisierte deutsche Öffentlichkeit ja darauf einigen, Gerhard Schröder ein weiteres Mal zu verurteilen, am besten mit einem harten EU-Beschluss, wenn die SPD schon keinen Parteiausschluss auf die Reihe bekommt. Der Ex-Kanzler soll nämlich mutmaßlich „wieder in die Diktatur von Wladimir Putin gereist“ sein, wie der Spiegel berichtet. Er mache da ein paar Tage Urlaub, weil Moskau eine schöne Stadt sei, soll Schröder einem Reporter von RTL/ntv gesagt haben. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben aber nicht. Dabei dürfte klar sein, dass man in Moskau eigentlich nur sorgenfrei warm duschen kann.


Bildnachweis: Screenshot Twitter.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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