In den Bundesländern, die sich zu Hotspots mit Maskenpflichten und G-Regeln erklärt haben, sinken die Corona-Fallzahlen nun langsamer als in allen anderen Ländern, die darauf verzichtet haben. Das, obwohl der Beobachtungszeitraum viel zu kurz ist und die Grundlage mit wahllosen Tests ein reiner Blindflug bleibt, bedeutet dennoch, die Pandemie wird lediglich durch politisch gewollte Maßnahmen künstlich am Leben gehalten.
Beleidigte Leberwürste
Ein wenig beleidigt zeigte sich der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nach dem Scheitern der Impfpflicht im Bundestag. Er stimme der Ansicht des Virologen Drosten zu, wonach es eine Sommerwelle geben könne. Das ist allerdings eine weitere Falschdarstellung, wie so oft bei Lauterbach, der die Dinge höchst eigenwillig und verzerrt interpretiert. Der Virologe Drosten sprach davon, dass es keinen infektionsfreien Sommer geben werde, was als Schlagzeile zwar breit durch alle Medien ging, aber für sich genommen, eine komplette Nullaussage ist, denn Infektionen mit Atemwegserregern, die Erkrankungen auslösen können, treten eben nicht nur im Winter auf, sondern zu jeder Jahreszeit.
Eine Welle, bei der es um die Häufigkeit geht, ist aber etwas anderes und daher erklärungsbedürftig. Drosten sagte zwar auch, dass man mit Maßnahmen, wie Masken in Innenräumen dieses Geschehen moderieren könne, ob er damit aber gemeint hat, dass, wenn das nicht geschehe, eine Sommerwelle drohe, ist unklar. Das schaukelt sich zum Sommer wieder hoch, war eine seiner Aussagen in den tagesthemen, der Fokus lag für ihn aber mehr auf dem Herbst, wo es nach Drostens Ansicht wieder deutlich mehr Fälle geben werde und man deshalb mit Maßnahmen wahrscheinlich gegensteuern müsse. Doch auch das ist widersprüchlich, weil die Fallzahlen als solche nicht einfach mit der Krankheitslast gleichzusetzen sind. Drosten wie auch Lauterbach blenden die Immunität infolge der Infektionen, die jetzt gehäuft wie auch im Sommer vermindert stattfinden werden, komplett aus.
Die Wissenschaft soll der Politik wieder helfen
Sie schließen auch weiterhin von hohen Testpositivzahlen auf hohe Krankheitslasten, beschreiben aber eigentlich nur die Folgen von Maßnahmen, die bislang noch eine Isolation von Infizierten vorsehen. Bliebe der Mechanismus erhalten, hätte das natürlich spürbare Auswirkungen. Nach dem Hin und Her der letzten Tage bleibt die Isolation bei einer Infektion nun doch weiterhin Pflicht. Dafür soll jetzt wissenschaftlich überprüft werden, ob statt 7 auch 5 Tage Quarantäne reichen. Der Expertenrat soll dazu eine Position formulieren. Mit Wissenschaft hat diese Fragestellung und dieses Gremium, in dem auch Drosten sitzt, nur herzlich wenig zu tun. Seine Funktion besteht offenbar nur darin, dem politischen Versagen nachträglich einen seriösen Anstrich zu verleihen.
Man hatte sich ja schon auf mehr Eigenverantwortung verständigt. Dann ruderte der Gesundheitsminister eigenmächtig und ohne Rücksprache des Nachts zurück, weil er sich von Social Media Reaktionen beeindrucken ließ. Ob nun 5, 7 oder 10 Tage Isolation notwendig sind, ist mittlerweile aber vollkommen egal. Auf das Infektionsgeschehen hat dieser Absonderungsunsinn keinen Einfluss. Die Infektion mit Omikron, die in der Regel keine schwere Erkrankung mehr auslöst, kann man sich immer leichter einfangen. Daher laufen diese Vorgaben de facto ins Leere. Es werden also Verordnungen verlängert, bei denen es ausschließlich um politische Gesichtswahrung geht. In Wirklichkeit werden durch die wahllosen Massentests aber bloß Fallzahlen generiert, die wiederum behördliche Anordnungen nach sich ziehen und so den Eindruck eines Kontrollverlustes vermitteln. Würde man darauf verzichten, gebe es eine kaum messbare Krankheitslast.
Impflücke ist egal, Immunität ist wichtig
Der nächste Punkt ist die ominöse Impflücke, die angeblich das größte Problem in diesem Land darstellen soll. Dabei kennt man erstens die genaue Zahl der Geimpften nicht und zweitens noch weniger die Anzahl der Genesenen. Letztere werden aber, wie eben dargestellt, immer mehr, egal ob sie nun geimpft waren oder nicht. Statt eine nicht genau zu beziffernde Impflücke zu beklagen, sollte die Politik daher endlich die Immunität in der Bevölkerung feststellen. Dafür sind auch gar nicht so viele Ressourcen notwendig. Stattdessen werden aber die kostenlosen Bürgertests bis zum Sankt Nimmerleinstag verlängert, die ja gar nicht kostenlos sind, sondern seit Einführung schon knapp 11 Milliarden Euro verschlungen haben. Eine gigantische Geldverschwendung, die, wie oben dargestellt, keine brauchbaren Daten zur Pandemiebekämpfung liefert und damit nutzlos ist.
Mit den Tests lassen sich aber beliebig hohe oder niedrige Fallzahlen generieren und damit auch Ängste transportieren und steuern. So sagt die Politik, dass man die Tests noch brauche, um Infektionen überhaupt erkennen zu können. Das ist entlarvend, da die Fälle mangels oder milden Symptomen unter normalen Umständen gar nicht mehr sonderlich auffallen würden. Immer weniger Menschen erkranken ernsthaft, vor allem Kinder und Jugendliche nicht. Sie werden aber am häufigsten getestet. Würde man das einstellen, wäre die Pandemie auch aus Sicht der deutschen Datenerhebungskatastrophe endlich vorbei. Allerdings geht der Testirrsinn in den Schulen vermutlich auch nach Ostern wieder los. Das hat einen Grund.
Gescheiterte NoCovid-Vorstellung
Es sind die Fragmente der verheerenden NoCovid-Vorstellung, deren menschenverachtende Auswüchse man derzeit in Shanghai studieren kann. Das Vertreter dieser Denkrichtung noch immer im Expertenrat sitzen, ist ein handfester Skandal. Die Eindämmungsstrategie ist unter den aktuellen Bedingungen nutzlos. Auch die Impfung bietet keinen relevanten Fremdschutz. Das Fremdschutzargument wird allerdings immer noch als gewichtig wahrgenommen, dabei ist es missverständlich. Die Impfung schützt nicht vor Ansteckung und Weitergabe des Virus, insofern gibt es nur einen Selbstschutz. Wenn man aber Fremdschutz als Fortsetzung des Selbstschutzes versteht, also dahingehend, dass Geimpfte in der Regel nicht mehr schwer erkranken und damit die Ressourcen des Gesundheitssystems schonen, könnte man von einem Fremdschutz sprechen.
Diese Argumentation hat aber mehrere Haken. Erstens sorgt die Omikron-Variante auch bei Ungeimpften in der Regel für milde Verläufe, gleichzeitig kann sie aber auch bei Geimpften in wenigen Fällen zu schweren Verläufe führen. Ganz sicher ist aber, dass die Infektion mit Omikron noch immer zur Isolation von Beschäftigten im Gesundheitswesen führt. Die kritische Infrastruktur wird also nicht durch die Impfung entlastet, sondern vielmehr ihre Leistungsfähigkeit durch politische Maßnahmen fortwährend untergraben. Eine Impfpflicht ändert also nichts daran, dass geimpfte Infizierte, insbesondere in den medizinischen oder pflegerischen Einrichtungen in Quarantäne oder Isolation geschickt werden.
Ausfahrt verpasst
Man müsste daher schon die Maßnahmen wie auch die noch bestehende einrichtungsbezogene Impfpflicht aufheben, aber diese Ausfahrt hat der Gesundheitsminister mit seiner absichtlichen Fehldeutung wissenschaftlicher Forschungsergebnisse, an denen sich auch viele Länder orientieren, mal wieder verpasst. Karl Lauterbach ist ins Amt gekommen, weil er vom Fach sei und wisse, worum es geht. Um ihn allerdings als Wissenschaftler wirklich ernst nehmen zu können, müsste er erst einmal aufhören Politiker zu sein. In dieser Funktion arbeitet er mit seinen wirren Äußerungen, die man eigentlich nur noch als Stuss bezeichnen kann, aktiv an der Verblödung der Bevölkerung mit. Das ist schlimmer als es Long Covid je sein könnte.
Bildnachweis: Screenshot, Bundespressekonferenz mit Karl Lauterbach nach dem Scheitern der Impfpflicht, 8. April 2022
APR
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.