Ein totes Pferd sollte man nicht reiten

Geschrieben von: am 04. Apr 2022 um 21:06

Deutschland tut sich schwer mit dem Ende der Pandemie. Das ist aber unweigerlich gekommen, da die natürliche Durchseuchung läuft, egal ob es weitere Maßnahmen gibt oder nicht. Die Infektionen werden jene Immunitätslücke schließen, für die es bis heute keine verlässliche Datengrundlage gibt. Weder Bundesgesundheitsministerium noch RKI arbeiten daran, den Immunitätsstatus der Bevölkerung zu ermitteln, stattdessen wird unterstellt, dass immer noch zu wenige Menschen geimpft seien. Über die Genesenen ist weiterhin nichts bekannt, man speist sie aber ab mit der unlauteren Behauptung über einen angeblich zu geringen Schutz. Doch eines ist klar: Alle Mittel sind nun ausgereizt. Die Impfstoffe wirken so, wie sie wirken und die Behandlung ist so, wie sie ist. Infektionen weiter vermeiden oder verschieben zu wollen, ist daher keine logische Strategie mehr, eine Impfpflicht zu verfolgen, die diese Woche noch einmal im Bundestag beraten wird, auch nicht. Sie ist tot.

Die Gruppe der Befürworter einer Impfpflicht für alle Erwachsenen ist gescheitert. Mit einem letzten Manöver, als Kompromiss getarnt, soll es nun noch eine Impfpflicht ab 50 und eine Beratungspflicht ab 18 geben. Das heißt, Ungeimpfte zwischen 18 und 49 müssen dem Entwurf folgend ab einem bestimmten Zeitpunkt nachweisen, über eine Impfung aufgeklärt worden zu sein. Offenbar versprechen sich die Gescheiterten davon eine höhere Bereitschaft zur Impfung als Nebeneffekt und falls nicht, dann doch noch eine Pflicht nach späterem Beschluss. Doch dieser Zug ist längst abgefahren. Menschen, die sich bislang nicht für eine Impfung entschieden haben, werden das auch weiterhin nicht tun. Die verpflichtende Beratung könnte sogar als zusätzliche Schikane empfunden werden und das Vertrauen in die Institutionen noch mehr erschüttern. Eine solche Vorgabe wäre zudem mit einem enormen Aufwand verbunden. Und für was? Wenn Du merkst, dass Du ein totes Pferd reitest, steig ab, lautet ein bekanntes Sprichwort.

Das gilt auch für die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Sie ist ebenso mausetot, denn die Verfahren entpuppen sich jetzt schon als langwierig und kompliziert. Bei tausenden Meldungen, die über die offiziellen Petzportale in den Ländern bereits erfolgt sind, wird die Einzelfallprüfung für die Behörden zur Herausforderung. Wofür dieser Aufwand? Die Meldezahlen sind gemessen an allen Beschäftigen gering, was bereits für eine sehr gute Impfquote in den Einrichtungen spricht, aber immer noch hoch genug, um einen Verwaltungsapparat sinnlos mit Papierkram, Anhörungen und Entscheidungen über Zwangs- oder Bußgelder sowie Betretungs- oder Tätigkeitsverbote lange Zeit zu beschäftigen. Wofür dieser Quatsch also, wenn längst unwiderlegbar klar ist, dass es mit der Impfung ohnehin keinen Fremdschutz gibt? Deshalb werden inzwischen auch die Quarantäneregeln angepasst, weil einfach zu viele Menschen, vor allem Geimpfte und Geboosterte, infiziert sind und bei entsprechendem positivem Test-Nachweis ebenfalls zu Hause bleiben müssen. Die Personalausfälle werden damit immer mehr zu einem Problem.

Künftig soll es den Infizierten daher freigestellt werden, sich in eine häusliche Absonderung zu begeben, es sei denn, sie arbeiten im Gesundheitswesen oder im Pflegebereich. Dort sollen Beschäftigte auch weiterhin in Quarantäne müssen, trotz einer bestehenden Impfpflicht, mit der ein Fremdschutz immer noch steif und fest behauptet wird. Die Annahme eines Schutzes anderer mit dieser Impfung war und ist jedoch grundfalsch, nun erklärt der Gesetzgeber auch noch, dass die Weitergabe der Infektion wegen der vergleichsweise geringen Krankheitslast so unproblematisch ist, dass auf Isolation und Quarantäne grundsätzlich verzichtet werden kann, außer in den sensiblen Bereichen, wo eine Übertragung des Virus tatsächlich so gut es geht vermieden werden sollte. Wie der Gesetzgeber damit aber selbst beweist, nutzt die Impfpflicht in diesem Zusammenhang überhaupt nichts. Auf dieser nunmehr rationalen Grundlage ergeben daher das bestehende Gesetz sowie weitere geplante Entwürfe keinerlei Sinn mehr. Sie sind schlichtweg überflüssig.


Bildnachweis: geralt / Pixabay

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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