Bescheidenes Krisenmanagement

Geschrieben von: am 04. Jan 2022 um 16:09

Seit zwei Jahren ist zu hören, dass man von Woche zu Woche schauen und abwarten müsse, wie sich die Corona Lage entwickelt, weil irgendwie das Wissen fehlt. Folglich müsse man auch davon ausgehen, dass in den nächsten 4, 6, 8 oder gar 10 Wochen bestimmte gesellschaftliche Bereiche weiter heruntergedimmt bleiben, so die Sprecherin der niedersächsischen Landesregierung Anke Pörksen heute in der Landespressekonferenz. Verlässlichkeit sieht anders aus.

Es bestehe zudem die Möglichkeit, dass künftig auch Kinder und Jugendliche unter die 2G-Regelung fallen, also beispielsweise von Sport- und Freizeitangeboten ausgeschlossen werden könnten. Das wird zwar schon länger diskutiert, doch eine klare Antwort in der Frage bleibt die Landesregierung noch immer schuldig. Stattdessen wird mit einem endlos anmutenden Herumlavieren weiterhin größte Verunsicherung gestiftet.

Es wird so getan, als hätte sich die Bedrohungslage 22 Monate nach Beginn der Pandemie kein Stück verändert. Nach nunmehr vier Infektionswellen sowie doppelter und dreifacher Impfung wiederholen sich die besorgten Botschaften über Ansteckungen, Erkrankungen und Überlastungen. Dabei möchte man eigentlich meinen, dass sich inzwischen etwas in Sachen Grundimmunität und Versorgungsqualität getan hat und die Regierung samt Expertenrat langsam mal etwas optimistischer in die Zukunft blickt.

Stattdessen wieder ein „explosionsartiger“ Anstieg. Nur was kümmert das noch? Auf Nachfrage weiß der Chef des Krisenstabes nur, dass die neue Omikron-Variante mit Sicherheit ansteckender ist, wie gefährlich, weiß er, der immer vom wir spricht, aber nicht. Das ist ein absichtliches Dummstellen, um die beschlossene Weihnachtsruhe bis mindestens zum 15. Januar nicht zu gefährden. In Großbritannien und Dänemark lebt schließlich eine ganz andere Gattung Mensch. Die Deutschen sind dagegen einfach nur zu wenig geimpft.

Ein Blender als Regionspräsident?

Mehr impfen hilft, sagt auch Steffen Krach, der das Amt des Regionspräsidenten (Region Hannover) im Herbst mit viel Vorschusslorbeeren angetreten hat. Er war in Berlin Wissenschaftsstaatssekretär und galt als ausgezeichneter Fachmann in der zweiten Reihe, dessen Weggang mit großem Bedauern zur Kenntnis genommen wurde. Nun steht er in der Region Hannover ganz vorn und fällt vor allem durch viel Aktionismus und eine strenge Ansprache auf. Ist das etwa alles nur Blendwerk?

Die peinliche Panne im Impfzentrum Zoo hätte nicht passieren dürfen, sagt Krach heute. Dort ist offenbar gegen das offiziell verordnete Vier-Augen-Prinzip beim Aufziehen der Spritzen verstoßen und Kinder versehentlich mit der Dosis für Erwachsene geimpft worden. Man gewinnt den Eindruck, dass hier eher das Prinzip Schnelligkeit vor Gründlichkeit galt, um besser dazustehen als andere. Nun sollen im Zoo nur noch Kinder und keine Erwachsenen mehr geimpft werden, kündigte Krach an, der sehr um sein Image als neuer Macher bemüht zu sein scheint. Schließlich war das Impfzentrum auch seine Idee.

Fast noch merkwürdiger ist dann aber, dass Krachs eigene Verwaltung in einer Pressemitteilung erst von 42 betroffenen Kindern spricht, deren Eltern natürlich umgehend informiert worden seien, sich dann später aber auf 21 Fälle korrigieren muss. Da stellt sich die Frage, ob der neue Regionspräsident eigentlich alles im Griff hat oder ob für ihn andere Dinge, wie möglichst viele öffentliche Auftritte mit markigen Ansagen und schöne Bilder wichtiger sind.

Kürzlich waren die Augen der Republik auf Hannover gerichtet, als Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach beim Impfzentrum im Zoo vorbeischaute und das Engagement seines lokalen Parteifreundes Krach lobte. Das brachte viele positive Schlagzeilen ein. In dieses Bild passt, dass der Regionspräsident nun ankündigt, Hannovers schlechtes Image mit mehr Geld für den Werbeetat aufpolieren zu wollen. Derweil schlägt sich seine Behörde aber mit einem Bearbeitungsstau in der Führerscheinstelle herum. Die ersten Jahrgänge, die ihren alten Lappen nun in diesem Jahr in die neue EU-Fahrerlaubniskarte umtauschen müssen, warten auf die Bearbeitung ihrer Anträge mitunter monatelang.

Es gäbe für den neuen Verwaltungschef also durchaus Wichtigeres zu tun, als sich ständig vor Kameras und Mikrofone zu stellen und Sprüche zu klopfen, die offenbar auch gegen politische Gegner gerichtet sind, wie kürzlich beim Stadtbahnanschluss für die neue MHH. Das fällt wohl in den Zuständigkeitsbereich des niedersächsischen Wissenschaftsministers Björn Thümler (CDU), an den die Kritik des Regionspräsidenten dann auch gerichtet war. Es scheint daher so, als werde der Wahlkampf in Hannover unter Einschluss von Pannen einfach fortgesetzt. Im Oktober ist schließlich Landtagswahl.


Bildnachweis: Region Hannover / Ines Schiermann.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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