Der geschäftsführende Gesundheitsminister weiß nun wie die Sache ausgeht. Geimpft, genesen oder gestorben. Diese Botschaft hat etwas Beruhigendes. Ungeimpfte wird es am Ende des Winters nicht mehr geben, folglich auch keine Maßnahmen mehr, deren Einhaltung man mit Ordnungskräften überprüfen müsste, die man dank Schwarzer Null und Schuldenbremse sowieso nicht hat. Denn, so die reine Lehre von der Leere, Personalkosten sind konsumtive Staatsausgaben, also schlecht.
Es vergeht kein Tag, an dem nicht irgend ein, von abgehalfterten CDU-Politikern geleiteter Rechnungshof rapportiert, man möge doch endlich die Mitarbeiterstruktur des öffentlichen Dienstes auf Effizienz trimmen, also strukturelle Konsolidierungsmaßnahmen vornehmen und Aufgabenkritik üben. Da brauchen nun Innenminister, Landräte, respektive Regionspräsidenten wie auch Bürgermeister nicht so tun, als hätten sie da ein Pfund in der Hinterhand, mit dem sie drohend wuchern könnten. Die Kontrollfantasie wird vermutlich an zahlreich überquellenden Überstundenkonten scheitern.
Wie läuft es eigentlich bei den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst? Die Tarifgemeinschaft der Länder wies die Forderungen der Gewerkschaften nach den letzten Warnstreiks als unrealistisch zurück. Ende November soll weiterverhandelt werden. Vielleicht sollten die Beschäftigten, die die zuständigen Innenminister als Verfügungsmasse im Rahmen der Amtshilfe gerade wieder an die Kommunen verleihen wollen, um dort Glühwein trinkende Ungeimpfte auf Weihnachtsmärkten ausfindig zu machen, dann auch einfach sagen, dass dies derzeit eher unrealistisch ist. Es sei denn, die Beamten dürften das eingetriebene Bußgeld behalten, wenn es schon nicht mit einer Erhöhung der Bezüge klappt.
Gestorben werden die meisten vermutlich ebenso an Langeweile sein, da die immer länger werdenden Schlangen vor den provisorischen Impfzentren wenig Abwechslung und auch keine Bananen bieten. Die mobilen Teams mit eingeschränkten Piks-Möglichkeiten gibt es übrigens nur deshalb, weil die großen Impfstraßen Ende September mit ebenso großen Partys geschlossen worden sind. Geimpft, genesen, gestorben? Wohl eher gescheitert, gescheitert, gescheitert! Wer als über 60-Jähriger noch einen Auffrischtermin im Winter bekommt, kann sich daher glücklich schätzen. Er kann sich ja mit den frisch dreifachgeimpften 35-Jährigen über Begriffe wie Solidarität freuen.
Bei der Auswahl des Impfstoffs versichert der lustige Leiter der Forschungsgruppe für Infektionsimmunologie und Impfstoffforschung der Charité übrigens: Eine Kreuzimpfung mit beiden Stoffen sei sicher und gut verträglich. Dabei schrieb die STIKO kürzlich noch: „Bei mRNA-Impfstoffen soll möglichst der bei der Grundimmunisierung verwendete Impfstoff zur Anwendung kommen.“ So viel Einigkeit schafft weiterhin Vertrauen. Es ist aber gut, dass der geschäftsführende Gesundheitsminister noch einmal darauf hinweist, dass Biontech der Mercedes und Moderna der Rolls-Royce ist. Beide Hersteller bieten hohe Qualität. Sie müssen halt nur nach sechs Monaten in die Werkstatt, um den Gurt auszutauschen.
Bildnachweis: André Tautenhahn
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Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.