Interregnum

Geschrieben von: am 12. Apr 2021 um 11:47

Eine Ministerpräsidentenkonferenz gibt es heute nicht, bleibt also Zeit für etwas anderes. Das ist die Diskussion um den Kanzlerkandidaten der Union, die nicht möglich wäre, wenn sich die beiden Anwärter mit einem weiteren sinnlosen Beschlusspapier zur Bekämpfung der Corona-Pandemie beschäftigen müssten. Der Versuch eines Krisenmanagements ist jetzt erst einmal in einen Entwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes ausgelagert, der so absurd ist, dass das parlamentarische Fußvolk damit befasst ist, ohne die Politaristokratie zu stören. Die Woche startet also mit einer Eierei zwischen Bundesnotbremse und Bundesfranke.

Die Osterferien laufen überall so langsam aus und nach der Wiederauferstehung wird das innenpolitische Chaos immer größer. Da die Umfragewerte der Union dramatisch gesunken sind, steigt der Druck auf eine Entscheidung über die Kanzlerkandidatur. Man habe zwei, die es können, sagte Armin Laschet nach einem Gespräch mit Markus Söder am Wochenende, in dem er sich offensichtlich nicht durchsetzen konnte. Söder aber auch nicht, was am Ende wohl die Bundestagsfraktion zum entscheidenden Gremium werden lässt, nachdem die Vermittlungskanäle am Montag vorübergehend gekappt worden waren, wie die Stehlampe der Welt, Robin Alexander, erfahren haben will.

Womit wir beim Brücken-Lockdown wären, der bereits in der vergangenen Woche angekündigt worden war und nun von CDU und CSU umgesetzt wurde, allerdings etwas anders, als viele vermutet hatten. Wenn es um die Kanzlerkandidatur geht, hat das Coronavirus nun einmal Sendepause, da können die (a)sozialen Netzwerke eskalieren, wie sie wollen. Ein ordentlicher Machtkampf in der Union ist wichtiger, als das infantile „MachtEndlichAllesZu“-Geschrei, zumal nach fünf Monaten Dauerlockdown auch klar ist, das nichts von dieser Holzhammermethode hilft. Trotz österlicher Schulschließung schießt die Zahl der Neuinfektionen wieder in die Höhe. Zum Teil rechtswidrige Ausgangssperren, aber vor allem schlechtes Wetter haben das Leben eher nach drinnen verlagert. Dort ist die Gefahr am größten, sagen Aerosolwissenschaftler um Dr. Gerhard Scheuch.

Sie fordern weniger Debatten über das Flanieren auf Flusspromenaden, den Aufenthalt in Biergärten, das Joggen oder Radfahren. Das sei alles kontraproduktiv. In Wohnungen, Büros, Klassenräumen, Wohnanlagen und Betreuungseinrichtungen müssten mehr Maßnahmen ergriffen werden. Doch genau da sieht es eher mau aus. Die Änderung des Infektionsschutzgesetzes sieht nichts Wesentliches für diese Bereiche vor. Die meisten Betriebe, Büros und der Profisport müssen kaum Einschränkungen fürchten. Dagegen trifft der Holzhammer wieder die Bürger, die in ihrer Freizeit, käme der Entwurf durch, nur noch eine haushaltsfremde Person am Tag treffen dürften.

Diese Regeln, zu der auch eine allgemeine Ausgangssperre gehört, sollen in Landkreisen oder kreisfreien Städten gelten, wenn dort über einen Zeitraum von drei aufeinanderfolgenden Tagen eine 7-Tage-Inzidenz von 100 überschritten wird. Das ist lustig, da das RKI ja immer noch darauf hinweist, dass seine Daten wegen Feiertagen und Ferien nicht wirklich aussagekräftig seien. Außerdem scheint im Bund die Sache mit der Gewaltenteilung noch nicht realisiert worden zu sein. So liegen Entscheidungen der Gerichte zu Kontaktbeschränkungen und Aussgangssperren bereits vor. Sie sollten daher auch im Gesetzgebungsverfahren unbedingt eine Rolle spielen. Und so wird es vermutlich noch eine Zeit lang dauern, bis die Bundesnotbremse vielleicht verabschiedet ist. Derweil hat sich das CDU-Präsidium bereits für Armin Laschet als Kanzlerkandidaten der Union ausgesprochen. Aus München dürfte die Antwort des Bundesfranken noch vor Redaktionsschluss folgen.


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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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