Auf Weckruf folgen Chaostage

Geschrieben von: am 15. Mrz 2021 um 20:53

Das dürfte heute der Auftakt zu einer Woche voller Chaostage gewesen sein. Beim Impfgipfel am Mittwoch gibt es nach dem vorläufigen Platzverweis für AstraZeneca eigentlich nichts mehr zu diskutieren. Ohne Impfstoff braucht man auch keine Hausärzte mehr, die in den kommenden Wochen für mehr Tempo sorgen. Dafür gebe es nun aus Sicht der Bundesregierung wieder einen Grund, den Lockdown ein weiteres Mal drastisch zu verschärfen. Wenn etwas ganz sicher wächst, dann die Welle der Hysterie.

Wegen ein paar Fällen mit Komplikationen wird am heutigen Montag ein kompletter Impfstoff mal eben aus dem Kühlregal genommen. Der Vertrauensverlust ist enorm, nicht nur im Hinblick auf das Produkt von AstraZeneca, sondern generell, was die Impfung gegen die Krankheit Covid-19 anbelangt. Auch andere Vakzine dürften es mit der Akzeptanz nun schwerer haben, aber nicht weil die Menschen nichts von Impfungen hielten, sondern weil sie einer Regierung misstrauen, die erst aus Gründen der Sicherheit auf ein längeres europäisches Zulassungsverfahren setzt und nun plötzlich erklärt, das man sich wegen weniger Thrombosen nicht mehr so sicher ist.

Weil offenbar viele andere Länder den Impfstoff von AstraZeneca nach und nach suspendierten, hat nun auch das Paul-Ehrlich-Institut auf einmal festgestellt, dass es wohl besser wäre, der Herde hinterherzulaufen. Einen anderen Grund gibt es augenscheinlich nicht, da die Blutgerinnsel, die im Zusammenhang mit der Impfung auftreten können, nicht besonders häufig sind. Das Risiko ist eher gering, der Umgang damit aber, nun ja, hysterisch. Und das passt wiederum ins Bild. Denn die Aufregung könnte natürlich auch eine Folge der allgemeinen Panikmache sein, die sich konstant seit einem Jahr durch diese Krise zieht. Mit der Pandemie wird eben nicht gelassen umgegangen, sondern stets alarmistisch.

Seit Tagen starrt man erneut auf Inzidenzen und warnt vor schlimmen Entwicklungen und vielen Toten. Besonders häufig meldet sich Karl Lauterbach zu Wort, der sich nun aber über diesen Impfstopp zurecht wundert. Er hätte so nicht entschieden, eben weil es sich nur um wenige Fälle handelt, die man zwar nicht vernachlässigen dürfe, aber eben auch vernünftig einordnen müsse. Da hat er vollkommen recht. Auf der anderen Seite hatte derselbe Lauterbach vor ein paar Tagen noch einige wenige Fälle aus einer britischen Studie aufgebauscht und zum Anlass genommen, eine deutlich erhöhte Sterblichkeit durch die Virus-Mutation zu postulieren. Dieser Befund hat vermutlich nur bedingt etwas mit der Wirklichkeit zu tun, stützte aber einfach Lauterbachs Alarmismusnarrativ.

Wahlnachlese

Nun driftet das Geschehen ins andere Extrem ab und der Gesundheitsminister beteuert, das sei ja gar nicht politisch. Von wegen. Viele Lockdown-Anhänger, von denen man heute morgen den Hashtag #GenugJETZT lesen konnte, sind verstört. Sie verstehen nicht, warum da nun so übertrieben gehandelt wird. Das ist dann auf eine spezielle Art schon wieder lustig. Chaostage haben es aber so an sich, dass auch die Politik orientierungslos durch die Gegend stolpert. Am Freitag hatte Jens Spahn noch erklärt:

„Ich bedaure es, dass auf dieser Grundlage – Wissensstand jetzt Freitagvormittag – einige Länder in der Europäischen Union das Impfen mit Astrazeneca ausgesetzt haben. Mit dem was wir bisher wissen, ist der Nutzen (…) bei weitem höher als das Risiko.

Quelle: Ärzteblatt

Am Montagmittag hat sich dieser Wissensstand nun plötzlich geändert, obwohl das medizinische Wissen im wesentlichen dasselbe blieb, wie Freitagvormittag oder Samstagabend. Allerdings hat sich der Kenntnisstand am Sonntag gegen 18 Uhr an anderer Stelle ein wenig erweitert. Vielleicht hat die Kopflosigkeit dann auch mit den Wahlereignissen von gestern zu tun, die im Kreise der Union allgemein als Weckruf verstanden worden sind. So forderte der CSU-Chef Markus Söder heute früh, dass sich etwas ändern müsse, vor allem bei den Impfungen. Die Politik solle dabei eine Vorbildrolle übernehmen und sich öffentlich mit AstraZeneca immunisieren lassen. Das würde dabei helfen, dem Akzeptanzproblem entgegenzuwirken.

Das war ein politisches Manöver, um sich vom Abwärtsstrudel innerhalb der Union zu emanzipieren. Dem Mitbewerber ums Kanzleramt, Armin Laschet, fiel noch weniger Originelles ein. Er drosch verbal auf die SPD ein. Doch weder Laschet, noch Söder machten dabei eine sonderlich gute Figur und der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, musste wiederholt erklären, dass die Länder, die nun reihenweise bei der Umsetzung der Coronabeschlüsse eigene Wege gehen, für deren Umsetzung alleine zuständig seien. Zwischen den Zeilen wurde damit deutlich, das Ding droht wieder zu entgleiten. Der Impfstopp also nur ein innenpolitisches Ablenkungsmanöver?

Der Verdacht liegt nahe, denn AstraZeneca hatte bereits eine weitere Kürzung seiner Liefermengen in der vergangenen Woche angekündigt. Eine Fortsetzung des Impfdebakels hätte man folglich gar nicht mehr aufhalten können. Bleibt nur noch die Flucht nach vorn mit einem Minister, der ohnehin nicht mehr zu halten ist. Dass man lediglich einer fachlichen Einschätzung folge leiste, ist natürlich vorgeschoben. Das Paul-Ehrlich-Institut wie auch das RKI sind Bundesbehörden, die zum Geschäftsbereich des Gesundheitsministeriums gehören. Die EU-Arzneimittelagentur folgt der deutschen Einschätzung jedenfalls nicht und fordert derzeit keine Aussetzung der Impfungen. Spahn wird daher am Ende dieser Chaostage wohl seinen Hut nehmen müssen.


Bildnachweis: Screenshot, Phoenix, 15.03.21

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Jannis  März 16, 2021

    Sehr geehrter Herr Tautenhahn,

    ich fürchte, Ihnen ist das volle Ausmaß der Astrazeneca-Affäre nicht ganz klar.

    Vor etwas über 6 Wochen gab es plötzlich Berichte über bis zu 25% Tote nach Impfungen in deutschen Altersheimen innerhalb der anschließenden 4 Wochen. Alle Fälle wurden untersucht und man kam durchgängig zu dem Schluss, dass die Todesfälle auf Corona statt den Impfstoff zurückzuführen seien. Dennoch entschied die Bundesregierung auf einmal, Astrazeneca nicht mehr ab 65 Jahren zu verimpfen. Das eigentlich Bemerkenswerte an diesem Vorgang ist, wie wenig unsere Bundesregierung offenbar den ärztlichen Untersuchungen traute. Mit den inzwischen aufgefundenen wenigen Blutgerinnseln ist nun lediglich eine erste Todesursache bekannt geworden, die offenbar unzweifelhaft auf den Impfstoff selbst zurückgeführt werden muss. Das wirft Fragen auf wie: Warum wurden solche Blutgerinnsel vorher nicht bei den wirklich zahlreichen Untersuchungen in Deutschland festgestellt? Gibt es weitere Todesursachen, die genauso übersehen wurden? Wie seriös sind die bislang vorgenommenen Untersuchungen überhaupt angesichts massiv gestiegener Todeszahlen? Was genau waren vor 6 Wochen die Beweggründe unserer Bundesregierung und warum wurden diese nicht transparent gemacht?

    Meiner Einschätzung nach handelt es sich hier lediglich um die Spitze des Eisbergs, man betreibt Schadensbegrenzung durch Eingeständnis dessen, was inzwischen von niemandem mehr geleugnet werden kann. Vermuten würde ich, dass in den folgenden Wochen nach und nach immer mehr hochgradig skandalöse Details bekannt werden.

    Mit freundlichen Grüßen
    Jannis Oberdieck

    • André Tautenhahn  März 16, 2021

      Vielleicht habe ich ja einen Denkfehler, aber meines Wissens ist AstraZeneca erst nur für U65 zugelassen worden. Die Altersbegrenzung wurde dann vor wenigen Tagen aufgehoben. Meiner Ansicht nach sind nicht die Komplikationen das Problem, sondern die Beschaffung. Die Bundesregierung hat viel mehr Impfstoff versprochen und verweist auf Verträge, die allerdings bei näherer Betrachtung über unverbindliche Absichtserklärungen kaum hinausgehen. So gesehen ist es natürlich einfacher, den Impfstoff selber zu problematisieren, als zugeben zu müssen, bei der Bestellung geschlafen zu haben.

      • Frank Köhler  März 16, 2021

        „So gesehen ist es natürlich einfacher, den Impfstoff selber zu problematisieren, als zugeben zu müssen, bei der Bestellung geschlafen zu haben.“

        ???

        So dumm dürfte nicht mal unsere Regierung sein, und zwar aus dem von Ihnen genannten Grund, des generellen Vertrauensverlustes.

        Ein medizinisches Problem, (die Pandemie), aus dem wissenschaftlichen Diskurs der Mediziner heraus zu holen, und einer zentralistisch orientierten Politik zu unterstellen, dürfte das wesentlichere Problem darstellen.

        Mal ganz davon abgesehen, daß es eine katastrophale Fehlentscheidung war, alles auf eine Karte zu setzen, nämlich die Impfkarte. Ganz besonders, weil es ja nun mal nicht unbekannt war, daß es trotz langjähriger Versuche mRNA basierte Impfstoffe herzustellen, es bisher kein einziges Präparat geschafft hatte, unter normalen Testbedingungen von rund 6-8 Jahren, eine Zulassung zu bekommen, WEIL regelmäßig Komplikationen auftraten, die nicht im Rahmen des hinnehmbaren waren.

        Und nun seitens der Politik anzunehmen, daß man innerhalb von weniger als einem Jahr, Präparate hervorbringen wird, die keine Komplikationen mit sich bringen, DASS halte ich für derart fahrlässig, daß ein Rücktritt der beteiligten Regierung die unmittelbare Folge sein muss.

        Es hat zu jeder Zeit immer ein bestehendes Immunsystem gegeben, auch wenn es vielleicht nicht gleich die Antwort auf Covid-19-2 hatte, welches man hätte unterstützen können, damit es bestmögliche Bedingungen für seine Arbeit bekommt, anstatt es zu entmachten und zu 100% auf eine künstlich hervorgerufene Immunsierung mittels einer Messenger RNA zu setzen.

        Unser Immunsystem ist ein Gebilde welches sich über Hunderttausende von Jahren nahezu ausschließlich im Unbewußten entwickelt hat. Nun anzunehmen, daß die Bewußtheit sehr weniger Menschen, der „Spezialisten“, diesen jahrtausende währenden Unbewußten Vorgang ersetzen kann, daß man zu 100% auf eine künstliche Immunisierung setzen kann, ist anmaßend gegenüber der Schöpfung und der Evolution.

        Wir verstehen einen Bruchteil dessen, was die inneren Vorgänge unseres Wesen betrifft, gegenüber dem, was das Unbewußte täglich nicht nur versteht, sondern sogar schafft. Nicht, daß man als Mensch nichts tun darf, aber man sollte die Schöpfung nicht ersetzen wollen. Nur weil man verstanden hat, daß es ein Buch des Lebens, mit einem Alphabet in Form der Gene gibt, und auch in der Lage ist, schon einige Sätze und Anweisungen zu verstehen, ist man meilenweit davon entfernt komplexe Sinne zu verstehen. Seitens der Politik zu veranlassen, in dem Buch des Lebens selber rumzukritzeln, ist mehr verantwortungslos.

        • André Tautenhahn  März 16, 2021

          1. Da der Impfstoff hierzulande bereits ein massives Imageproblem hatte, spielt der Vertrauensverlust keine große Rolle mehr. Das Problem sind die Lieferversprechen, die auch Merkel abgegeben hatte, offenbar ohne in die Verträge zu schauen. Das zeichnete sich ja schon bei der Diskussion um die Einbindung der Hausärzte ab. Man hätte am Mittwoch beim Impfgipfel schlichtweg einräumen müssen, dass es nix zum Spritzen gibt. Dafür muss Spahn nun halt den Kopf hinhalten.

          2. Also die Politik hat gerade nicht angenommen, dass es möglich wäre, innerhalb eines Jahres einen Impfstoff herzustellen. Es wird ja auch jetzt noch ständig betont, wie überrascht und glücklich man sei, was da den Herstellern in so kurzer Zeit gelungen ist. Dass es trotzdem falsch war, nur auf die Impfung zu setzen, steht außer Frage. Man hätte eben frühzeitig eine Strategie entwickeln müssen, die gleichermaßen Schutz und Leben ermöglicht. Darum geht es aber in meinem Text auch gar nicht, der eigentlich eine politische Analyse der Ereignisse vom Montag sein sollte. Es ging auch nicht um mRNA-Impfstoffe, zu denen das Präparat von AstraZeneca übrigens gar nicht gehört. Ihre Ausführungen zum Immunsystem mögen daher ganz interessant sein, tun hier aber nichts zur Sache. ;-)

          • Frank Köhler  März 16, 2021

            Hallo Herr Tautenhahn,
            Ok, ich vermute nun zu verstehen, was Sie mit dem Artikel wollen. Ich frage mich allerdings, ob das wirklich so sinnvoll ist, die Pandemie immer politisch nutzen zu wollen. Besonders in der Frage, was nun wichtiger ist, die Medizin oder die Politik. Die Politik versuchte sich in der Pandemie immer zum Herrn über die Medizin aufschwingen zu wollen, obwohl sie der Medizin dienen sollte, und zwar nicht nur einer politisch genehmen, sondern allen medizinischen Möglichkeiten, denn wenn man noch nicht weiß, wie man Covid-19-2 Herr werden kann, und das weiß man eben nicht, weil wüsste man es, dann könnte man es heilen, was man aber nicht kann, und solange man etwas nicht weiß, müssen alle Möglichkeiten erst mal offen bleiben.

            Sie schreiben wegen ein paar Fällen mit Komplikationen hätte man das Impfen mit AstraZeneca nicht aussetzen sollen.

            Ich verstehe also Ihre Intension nicht so richtig, einerseits sagen Sie, daß man politisch ständig im Panik Modus operiert hatte, und dem stimme ich zu, und nun ist durch politisches Missmanagement etwas geschehen, was aus dem Panik Modus raus holen könnte, und zum Überlegen bringen könnte. Und nun schreiben Sie, man hätte da nicht einhalten, sondern weiter impfen sollen. Das mag politisch vielleicht richtig sein, medizinisch inhaltlich aber nicht. Merken Sie nicht wie falsch Politik da gerade ist, aber Sie wollen das Thema politisch halten.

            Zum AstraZeneca Impfstoff selbst, haben Sie zwar insofern recht, daß ein Vektoren Impfstoff nicht Messenger RNA genannt wird, es sich aber wohl eine RNA in ihm befindet, die eine Message an die menschliche DNA hat, obwohl man ihn nicht so nennt. Vektorimpfstoff sagt man bei AstraZeneca, weil man für den Transport der RNA in die Zelle eben einen Vektoren benutzt, man also ein künstlich manipuliertes Trägervirus als Transportmittel für die RNA in die Zelle nimmt. Beim mRNA Wirkstoff nutzt man hingegen Nanopartikel für den Transport. Der Unterschied ist also eher das Transportmittel, nicht aber, daß bei beiden künstlich manipulierte RNA transportiert wird, deren Message die menschliche DNA zu etwas anregen soll und man leider aufgrund viel zu kurzer Testphasen nicht weiß, zu was die Botschaft der RNA die menschliche DNA denn alles so anregt.

            Ich mag ihnen da also durchaus mal das zurück geben, was Sie an mich schrieben. Nämlich, daß das, was ich schrieb hier nichts zur Sache tut. Ich würde sagen, doch ich bewege mich sogar durchaus näher in der Sache, als Sie das tun, weil Sie die Pandemie eben wieder politisch nutzen, obwohl sich das politische da eigentlich mal raus zu halten hätte, weil es um medizinische Inhalte geht. Sie wollen ein medizinisches Thema verpolitisieren, und sagen, daß das medizinische doch jetzt bitte schön erst mal nicht das Thema ist.

          • André Tautenhahn  März 16, 2021

            Da liegt ein Missverständnis vor. Nur weil ich Lauterbach in seiner Einschätzung zustimme, heißt das noch lange nicht, dass es falsch war, die Impfung auszusetzen. Dafür gibt es natürlich Gründe. Man sollte nun abklären, ob die Impfempfehlung angepasst werden muss und u.U. Gruppen ausgeschlossen werden müssen. Das ist ein laufender Prozess, siehe das Beispiel Allergiker. Für die gilt ja die Empfehlung, dass sie 15 Minuten nach der Impfung unter Beobachtung bleiben sollen. Nun kann man der Auffassung sein:

            a) Impfstopp ja, wegen des erkannten Risikos. Dieses erst abklären und dann mit möglicherweise veränderten Regularien weitermachen.
            b) Impfstopp nein, wegen der zunehmenden Ausbreitung des Virus. Das wäre die Methode Kollateralschaden akzeptieren, weil unterm Strich das Tempo bei der Immunisierung wichtiger ist.

            Aber darum geht es, wie ich schon schrieb, nicht in meinem Artikel. Deutschland hat am Montag eine überraschende Entscheidung getroffen, die im Übrigen nicht mit den Franzosen, die nun zähneknirschend nachziehen mussten, oder der EMA abgestimmt war. Entsprechend verschnupft daher auch die Reaktionen. Das legt wiederum den Schluss nahe, das die Entscheidung der Bundesregierung ausschließlich auf innenpolitischen Gründen fußte. Bislang hatte man ja immer betont, wie sicher und verträglich alle Impfstoffe seien, die nur deshalb verzögert zugelassen wurden, weil man so streng und ordentlich prüfte. Die Sprachregelung sah sogar vor, die Öffentlichkeit auf den Unterschied zwischen Nebenwirkungen und Impfreaktionen hinzuweisen. Vor diesem Hintergrund wirkt die Notbremse der Bundesregierung durchaus überstürzt, ich schrieb hysterisch.

            Die Lauterbach-Passage diente lediglich dazu, zu zeigen, wie ein notorischer Panikmacher, der jeden Mutanten-Strohhalm ergreift, um das Virus als noch tödlicher erscheinen zu lassen, plötzlich zur Gelassenheit aufruft. Sie können das vielleicht so verstehen, dass ich mir wünschen würde, wenn Lauterbach nun etwas gemäßigter und ausgewogener auftrete.

            Ich weiß nun nicht, warum Sie mir erneut eine Diskussion über mRNA oder Vektor-Impfstoffe anbieten. Wenn Sie mir sagen wollen, dass nicht klar ist, welche Langzeitfolgen die Impfungen haben, da gebe ich Ihnen recht. Nur ist das eben überhaupt nicht spektakulär bei Impfstoffen, die erst seit wenigen Monaten im Einsatz sind. Wenn Sie nun über medizinische Inhalte vertieft debattieren wollen, bin ich vermutlich der falsche Ansprechpartner.

  2. Jannis  März 17, 2021

    „Man hätte am Mittwoch beim Impfgipfel schlichtweg einräumen müssen, dass es (ohne Astrazeneca) nix zum Spritzen gibt.“

    Ich dachte, genau umgekehrt sei der Astrazeneca-Impfstoff der, von dem wir einen riesigen Vorrat nun ungenutzt liegen lassen? Ich glaube mich an die Zahl von 1,4 Mio. ungenutzten Impfdosen erinnern zu können (weshalb in den letzten zwei Wochen auch eine Imagekampagne lief) und daran, dass genau dieser Impfstoff von der EU in erster Linie eingekauft wurde, weil er kostengünstiger war als die Alternativen und man so Rücksicht auf „schwache Länder“ nehmen wollte. Bin ich da falsch informiert?

    • André Tautenhahn  März 17, 2021

      Dass von AstraZeneca viele Dosen zunächst nicht verimpft wurden, stimmt. Deutschland hatte das Kunststück fertig gebracht, trotz Liefermangels einen Überschuss zu bilden. Das hatte in der Anfangszeit aber mit der Zulassung zu tun, die den Einsatz des Vakzins nur für U65 vorsah. Diese Gruppe war wiederum, was die Priorisierung, also Impfreihenfolge anbelangt, noch gar nicht dran. Da musste erst wieder die Verordnung geändert werden, die beispielsweise den Einsatz speziell bei Lehrern und Erziehern ermöglichte. Kurzum: Zu dem Stau kam es erneut wegen einer fragwürdigen Impfbürokratie. Am grundsätzlichen Befund ändert das aber nichts. AstraZeneca hatte in der vergangenen Woche die „zugesagten“ Liefermengen nach Europa um die Hälfte gekürzt. Das Interessante sind nun die Standpunkte. Die Bundesregierung behauptet, verbindliche Zusagen von AstraZeneca zu haben. Der Hersteller wiederum sieht das anders und liest aus der Vereinbarung eine „bis zu Regelung“ heraus. Und genau darin liegt das politische Versagen, von dem m.E. abgelenkt werden soll. Die EU-Kommission, der auf Betreiben von Merkel die Impfstoffbeschaffung übertragen worden war, hat stümperhafte Verträge geschlossen. ;-)