Helfen Sie der Bundesregierung aus der Pandemie-Patsche und kaufen Sie bessere Masken. Die bisherigen seien zwar nicht schlecht, eifrige Faktenchecker haben das ja immer wieder bestätigt, doch nun werde das Virus halt gefährlicher. Also vermutlich. Denn so genau weiß man das immer noch nicht oder besser gesagt, man will es wohl so schnell nicht wissen, um sich die Suche nach neuen Begründungen für weitgehend wirkungslose Maßnahmen vorerst zu ersparen. Dabei ist das ein gutes Stichwort. Denn trotz langer Beratung wurde an so mancher Diskussion gespart.
Das Ergebnis nach den stundenlangen Gesprächen der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin (MPK) am gestrigen Dienstag ist dürftig. Die angekündigte harte Verschärfung des Lockdowns, die sich die Regierenden von ausgewählten Beratern am Montag vorab bestätigen ließ, hat sich erneut als Fortsetzung eines kleinlichen Streits um Nichtigkeiten entpuppt. Lange wurde über Schulen geredet, obwohl das Problem mit den Infektionen nicht dort, sondern in Alten- und Pflegeheimen besteht. Hier helfen jetzt Soldaten der Bundeswehr bei der Umsetzung der Testanordnung aus. Das hatte die Kanzlerin noch persönlich in Absprache mit den Kommunen so eingefädelt. Ein Novum. Merkel wollte sich wohl nicht nachsagen lassen, neben Kindern auch noch die Alten zu quälen. Allerdings läuft diese Hilfe, trotz großer PR-Berichterstattung in den regionalen Medien, zunächst einmal nur schleppend an.
Dennoch ist der Einsatz der Bundeswehr im Innern kein kleiner. Im Gegenteil. Die Soldaten leisten Amtshilfe und unterstützen beispielsweise den öffentlichen Gesundheitsdienst bei der Kontaktverfolgung. Gern wird die Überlastung der Ämter als Folge der Virusausbreitung dargestellt. Das stimmt so aber nicht und dient wohl eher der Entlastung der Regierenden, die einen jahrelangen Stellenabbau in den Behörden zu verantworten haben. Die Beschäftigtenzahlen im öffentlichen Dienst sind seit dem Jahr 2000 um mehr als 250.000 zurückgegangen. Die Folgen sind dramatisch. Befristete Neueinstellungen, Arbeitsverdichtung, hoher Krankenstand und Einschränkung von öffentlichen Leistungen. Es ist ja richtig, dass die Kanzlerin keine Kinder quält, ganz sicher hat aber ihre 15-jährige neoliberale Politikagenda, die von rot-grün bereits vorbereitet war, streng orientiert an Schwarzer Null und Schuldenbremse, zu einem eklatanten Missstand im öffentlichen Dienst geführt. Dieser Punkt wird gern übersehen, während man die Soldaten nun als Reservearmee für fehlendes Personal begrüßt.
Darin liegt auch eine Gefahr, da der Einsatz der Streitkräfte von einer notwendigen, der eigenen Überzeugung aber widersprechenden, Kurskorrektur ablenkt. Die Amtshilfe, sollte sie denn erfolgreich sein, könne leicht dazu verführen, „auch weiterhin Personalpolitik im öffentlichen Sektor auf Kante zu nähen, weil man weiß, im „Ernstfall“, wenn Einrichtungen kollabieren, weil das Personal fehlt, kann man auf Bundeswehrpersonal zurückgreifen. Auf Arbeitskräfte, mit beamtenähnlichem Status, weisungsgebunden, staatlich besoldet, die nicht streiken und für die weder das Arbeitsrecht noch der Arbeitsschutz gilt.“ Seltsam ist ja, dass Freiwillige, die darauf gewartet haben, als Helfer in die Pflegeheime entsandt zu werden, laut MPK-Beschluss erst in einem zweiten Schritt beauftragt werden sollen. Warum? Eine Diskussion darüber hat man sich offenbar gespart.
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JAN
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.