Déjà-vu

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Schwere Verhandlungen schweißen Schwarz-Gelb -Rot zusammen. Man kann da schon durcheinander kommen. Vor vier Jahren haben die Schwarzen und die Gelben ebenso freudig gescherzt wie heute die Schwarzen und die Roten. Sigmar Gabriel ist ein würdiger Nachfolger für Guido Westerwelle. Allerdings ist nicht abschließend geklärt worden, ob der Siggi nun auch den Horst duzen darf, aber das kann ja noch werden, bevor sie sich gegenseitig als Wildsäue und Gurkentruppe verunglimpfen.

Für die SPD-Mitglieder ist die Botschaft klar. Wer will, dass sich Horst und Siggi künftig duzen, muss mit Ja stimmen.

Damals wars

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Nach der Falschmeldung folgt die Fehleinschätzung

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Thorsten Denkler von der Süddeutschen Zeitung fordert die Genossen auf, dem Koalitionsvertrag zuzustimmen, weil man ihn aus inhaltlichen Gründen nicht ablehnen könne. Die Begründung ist ein Witz, weil auch Denkler sich nur von den hübschen Schachteln blenden lässt, anstatt eine kritische Würdigung des Inhalts vorzunehmen. Er spielt die Dinge lieber herunter. “Die kleinen Kompromisse mit der Union beziehen sich in diesem Fall allein auf technische Details. Nicht auf den Grundsatz”, schreibt er beispielsweise beim Thema Mindestlohn. Mit anderen Worten: Wenn Mindestlohn draufsteht, muss er auch drin sein.

Der Knaller ist aber, dass Denkler das “Klein-Klein”, wie er es dann doch am Ende nennt, dennoch nicht für ablehnungswürdig hält. Seiner Meinung nach hätte ein Nein der SPD-Basis auf der anderen Seite einen hohen Preis. Eine akute Staatskrise mit Neuwahlen wäre die Folge. Man kann auch maßlos übertreiben beim Wettrennen um den ersten Platz im Enddarm der geschäftsführenden Kanzlerin. Oder taumelte das Land etwa in den letzten Wochen nach der Wahl vor sich hin? Die Wahrheit ist doch, dass es zwischen der Regierung Merkel und der Geschäftsführerin Merkel keinen Unterschied gibt. Wenn überhaupt dauert die Staatskrise schon seit 2005 an, weil die Kanzlerin das regieren konsequent verweigert.

Gerade die Journaille, die ständig von klaren und stabilen Verhältnissen träumt, müsste Neuwahlen doch förmlich herbeisehnen, weil dann aus der Geschäftsführerin Merkel wieder eine Kanzlerin würde, die auf das Klein-Klein eines Koalitionsvertrages zumindest mit der SPD verzichten könnte. Es stimmt auch nicht, dass die SPD eine Führungskrise erst dann bekäme, wenn die Mitglieder den Koalitionsvertrag ablehnen. Die Krise ist längst da, weil die Wahl von jenem Personal verloren wurde, das auch schon die davor vergeigte. Trotzdem erheben diese Leute den Anspruch auf Regierungsämter, in denen sie aus Furcht vor der Basis aber erst einmal nicht erkannt werden wollen.

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Falschmeldungen am Morgen

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Pkw-Maut und flächendeckender Mindestlohn kommen. Das sind die Falschmeldungen des Morgens. Aber auf diese kommt es den künftigen Koalitionären an. Der erste Eindruck zählt und nicht der Blick ins Detail. Schließlich können alle Seiten mit der Einigung sehr gut leben und ihren Mitgliedern die Zustimmung empfehlen. Fakt ist aber, dass sich Union und SPD lediglich darauf geeinigt haben, in einem Koalitionsvertrag bestimmte Begrifflichkeiten festzuschreiben, die als Schlagworte rasch in Umlauf gebracht werden können.

Wie vorhergesagt, hat die SPD beim Mindestlohn nur eine Umetikettierung erreicht. Es wird Ausnahmen geben und eine Kommission, die nur eingerichtet wird, um den faulen Kompromiss über die Legislaturperiode hinweg fest und die Lohnuntergrenze möglichst niedrig zu halten. Der politische Basar ist den Koalitionären wichtiger als die Vernunft, die in der Lohnpolitik eine gesamtwirtschaftliche Funktion erkennen würde. Hätte sich die Vernunft durchgesetzt, gäbe es keine Kommission und keine Ausnahmen und schon gar nicht irgendwelche Übergangsfristen, sondern einen gesetzlichen Automatismus, der sich an der goldenen Lohnregel (Zielinflationsrate der EZB und Produktivitätsentwicklung) orientiert.

Beim Thema Pkw-Maut, es interessiert halt jeden, sind Bedingungen formuliert, die kaum zu erfüllen sind. Vielleicht fragt ja mal ein Journalist nachher bei der Vorstellung des finalen Entwurfes zum Koalitionsvertrag, wie es gelingen kann, Deutsche Fahrzeughalter nicht stärker zu belasten. Die Höhe der Kfz-Steuer reicht in vielen Fällen gar nicht aus, um sie mit einer Vignette zu verrechnen. Da wird dann Seehofer bestimmt noch eine Straßenbenutzungsprämie einführen müssen, um einen Ausgleich zu generieren.

Oder aber, es kommt ganz anders. Die Verhandlungen und der Regierungsstil Merkels haben doch gezeigt, das Entscheidungen eher auf die lange Bank geschoben werden und Formulierungen im Koalitionsvertrag nur grobe Richtschnüre sind, die man so und so interpretieren kann und die sich vor allem der jeweiligen Tagespolitik unterzuordnen haben. Was passiert denn, wenn die Wirtschaft im kommenden Jahr weiter einbricht und die Agenda-Befürworter, die schon längst ihre Zurückhaltung abgelegt haben, erneut das Lied der schmerzlichen Reformen anstimmen, die Deutschland angeblich schon einmal den Weg aus der Krise wiesen? Wenn erst wieder vom kranken Mann Europas geredet wird, ist auch der sogenannte Mindestlohn schnell wieder vom Tisch. Dafür reicht die Übergangszeit locker aus.

So dürfte es auch den Vereinbarungen bei der Rente ergehen. Die abschlagsfreie Rente mit 63 soll nur kommen und die Aufstockung von Geringverdienerrenten voraussichtlich erst im Jahr 2017 in Kraft treten. Demnach ist auch die Meldung, wonach man sich auf Verbesserungen bei der Rente geeinigt habe, im Lichte des genauen Wortlautes betrachtet, eher übertrieben. Wo viele solls stehen, entscheidet am Ende die Stimmung. Und die zu beeinflussen und in die richtigen Bahnen zu lenken, damit kennt sich das Spitzenpersonal aus, das vorsorglich noch nicht erkannt werden will.

Ergänzung: Die Wirklichkeit ist wahrscheinlich noch schlimmer wie die Einführung der Schuldenbremse beweist. Diese stand nämlich 2005 nicht im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD und wurde dennoch kurz vor dem Ende der letzten Großen Koalition noch schnell ins Grundgesetz geschrieben.

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