SPD und Grüne legen schwaches Mindestlohnkonzept vor

Geschrieben von:

Grüne und SPD haben ein gemeinsames Konzept zur Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohnes vorgelegt. Bei einem Wahlsieg, zu dem es nicht kommen wird, wollen die beiden Parteien eine Lohnuntergrenze von 8,50 Euro einführen. Die Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt erklärte, Deutschland sei eines der letzten EU-Länder, das noch keinen Mindestlohn habe. Es sei unwürdig, wenn Arbeitnehmer von einer Vollzeitbeschäftigung nicht leben könnten.

Aha. Wir hätten allerdings schon längst einen Mindestlohn haben können, wenn die SPD eine vorhandene Mehrheit zusammen mit den Grünen und den Linken genutzt und ihrem eigenen Antrag im Jahr 2007 auch zugestimmt hätte. Damals brachte die Fraktion die Linke eine Gesetzesinitiative der SPD, die sich damals in einer “fruchtbaren” Ehe mit der Union befand, in den Bundestag ein. Bis auf Wolfgang Gunkel, Detlef Müller (Chemnitz), Ottmar Schreiner („Von mir kann niemand verlangen, dass ich im Bundestag gegen meinen eigenen Text stimme – Mätzchen hin oder her“) und Dr. Marlies Volkmer lehnte die gesamte SPD-Fraktion den Antrag in namentlicher Abstimmung ab.

Klaus Brandner sagte im Bundestag zur Begründung:

“Wir stimmen heute nicht gegen den Inhalt des Antrags der Linksfraktion, sondern gegen die politische Show. Wir wollen eine schnelle und verbindliche Lösung für die Menschen in diesem Land. Wir wollen unser Ziel mit unserem Koalitionspartner erreichen.”

Wie erfolgreich und schnell das ging, hat man ja gesehen. Die Politshow hätte zumindest den unwürdigen Zustand verhindern können, über den sich die rot-grüne Opposition heute, sechs Jahre nach der Abstimmung, wieder beklagt. Die SPD hätte die Große Koalition platzen lassen und ein Stück von ihrem ramponierten Image zurückgewinnen können. Stattdessen hielten sie an der Ehe mit Angela Merkel fest und landeten folgerichtig bei 23 Prozent. Nun versuchen sie die fehlende Glaubwürdigkeit und fehlende Wähler mit einem Kanzlerkandidaten zurückzuerobern, der einen Mindestlohn als Finanzminister in der Großen Koalition selbst ablehnte, weil er neoliberal denkend den Verlust von Arbeitsplätzen befürchtete.

Heute spricht Steinbrück von einem Konjunkturprogramm, das durch das Konzept von SPD und Grünen ausgelöst würde. Faktisch handelt es sich aber bei dem Vorstoß um eine Fortsetzung der Niedriglohnpolitik mit Hilfe einer Lohnuntergrenze. SPD und Grüne behaupten, ihr Mindestlohn, 1360 Euro bei einer Vollzeitstelle, reiche zum Leben. Mag ja vielleicht sein, doch für die Rente reicht er definitiv nicht. SPD Chef Gabriel meint aber, dass nur eine vernünftige Lohnpolitik Altersarmut vorbeuge. Wer will dem widersprechen, nur landet ein Betroffener mit dem Mindestlohn von SPD und Grünen nach gegenwärtiger Rentenformel unterhalb der Grundsicherung.

Das wiederum heißt, das staatliche Zuschüsse im Alter doch wieder fließen müssen, damit die Menschen von ihrer kümmerlichen Rente leben können. Wie die Bundesregierung auf eine kleine Anfrage von Klaus Ernst am 23. Januar 2013 mitteilte, wäre rechnerisch schon jetzt ein Stundenlohn von rund 10 Euro erforderlich, um eine Rente oberhalb der Grundsicherung zu erzielen. Entweder können Steinbrück und Göring-Eckardt nicht rechnen oder sie sind weiterhin nicht ernsthaft an einer Verbesserung der ökonomischen Bedingungen interessiert. 

2

Blamage abgewendet? Jubelmeldung beim Kita-Ausbau

Geschrieben von:

Kurz vor dem Stichtag am 1. August soll es nun plötzlich 20.000 Kita-Plätze mehr für unter Dreijährige geben, als benötigt werden. Laut Informationen von NDR-Info hätten die Bundesländer 800.000 Plätze an das Bundesfamilienministerium gemeldet. Von einem bemerkenswerten Endspurt ist nun die Rede und die Bundesregierung kann vor der Wahl mit einer weiteren vermeintlichen Jubelmeldung auftrumpfen. Deutscher Städtetag und Deutscher Städte- und Gemeindebund hatten gestern noch mit einem Defizit von 100.000 Plätzen gerechnet. Ein Widerspruch? Nein, bloß ein Rechentrick.

Um zu verstehen, wie es zu einem solchen Aufholprozess, der jetzt alle Beteiligten gut dastehen lässt, kommen konnte, muss man wissen, was Betreuungsplätze sind. Damit sind keineswegs nur Plätze in Kindertageseinrichtungen gemeint, sondern vor allem auch Plätze bei Tagesmüttern. Der Rechtsanspruch gilt als erfüllt, wenn ein Kind entweder in einer Einrichtung oder bei einer Tagesmutter untergebracht werden kann. Man sollte also davon ausgehen, dass die Kommunen, um den Rechtsanspruch zu erfüllen, das Angebot in der Tagespflege massiv ausgeweitet haben und das Erreichen der erforderlichen Quote also nicht unbedingt etwas mit einem Endspurt beim Ausbau von Krippenplätzen in Einrichtungen zu tun hat.

Viele Gemeinden werden auch pragmatische Lösungen anbieten und vorhandene Plätze aufteilen. Denn im Gesetz steht nicht, wie lange die Betreuung gewährleistet sein muss. Die Kommunen müssen sich da auf eigene Regelungen verständigen. So kann es durchaus sein, dass sich zwei Kinder einen Platz in der Tagespflege teilen, wenn die Betreuung nur für wenige Stunden und Tage durch die Eltern gewünscht wird. In beiden Fällen wäre der Rechtsanspruch erfüllt.

Beim Krippenausbau hörte man zuletzt immer dieselben Nachrichten. Kommunen, Land und Bund finanzieren den Ausbau zu je einem Drittel. Vor allem zwischen den beiden ersteren kam und kommt es immer wieder zu Reibereien über die Verteilung und den Einsatz der Mittel. Hinzu kommt, dass es aufgrund der grottenschlechten Bezahlung an qualifiziertem Personal fehlt, was die Einrichtung neuer Gruppen in bereits bestehenden Kitas oftmals verhindert.

Eine weitere Frage wirft die Jubelmeldung allerdings auch auf. Was wird mit dem unsinnigen Betreuungsgeld, über dessen Finanzierung die Bundesregierung einen Mantel des Schweigens gelegt hat. Eine Milliarde Euro will der Bund für das Wahlkampfgeschenk der CSU im kommenden Jahr bereitstellen, die durch Einsparungen im Haushalt – wo bleibt unklar – aufgebracht werden sollen.

3