TV-Tipp: Neues aus der Anstalt

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Nicht verpassen: Neues aus der Anstalt geht am Dienstag, 26. März, um 22:15 Uhr direkt nach dem heute journal wieder auf Sendung.

Bereits zu Beginn der Karwoche beenden Urban Priol und Erwin Pelzig die kabarettistische Fastenzeit. Sie servieren deutsche und internationale Gerichte von der aktuellen politischen Tageskarte und würzen alles mit einem ordentlichen Schuss Satire. Als Gäste haben sich Michael Mittermeier, Christine Prayon und Tobias Mann angekündigt.

Quelle: ZDF

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Rettung der aller letzten Gehirnzelle

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Heute Morgen ist Wolfgang Schäuble mit dem Satz zitiert worden, die Bundesregierung könne zufrieden mit dem sein, was auch immer da in der Nacht beschlossen wurde. (“Ich bin froh, dass wir jetzt das erreicht haben, was immer unsere Position war”, Quelle: SpOn) Kein Scherz. Die Meldung lief genauso in den Nachrichten auf NDR 2. Zuvor berichteten natürlich alle Medien total erleichtert vom völlig unerwarteten Ergebnis des Zypern-Gipfels in Belgien. Eine  Rettung in aller, aller, aller letzter Minute soll es gewesen sein. Wieder einmal hatten die “Euroretter” eine Nacht durchgemacht und… ja wie Schäuble offenbar gesagt hat, irgendwas beschlossen.

Euphorisierte Korrespondentinnen gaben im Radio sogar die aktuellen Zahlen von den asiatischen Börsen durch. Dort sei der Wert des Euro aufgrund der frohen Kunde aus Brüssel um einen Cent gestiegen und damit geradezu explodiert. Das ist immer noch kein Scherz, sondern tatsächlich so gesendet worden. Am Mittag wich die Euphorie allmählich dem Blick auf die Fakten. Der inzwischen wieder oder noch immer wache Schäuble antwortete bei einer Pressekonferenz auf die Frage, wie hoch denn nun die Beteiligung der Einleger sei, wie folgt: “Das muss erst noch berechnet werden.” Das ist immer noch kein Scherz, sondern tatsächlich so gesendet worden. 

Zwischendurch wurde noch bekannt, das die nationalen Parlamente dem sogenannten Zypern-Paket auch zustimmen müssen. Hier hat es Ultimatum-Schäuble aber plötzlich gar nicht mehr so eilig. Eine schnelle Zustimmung sei nicht nötig, wird er zitiert. Frau Merkel, die vor einer Woche die Zwangsabgabe auf alle Einlagen noch supi fand (“Ich finde, das ist richtig”), dann aber unbemerkt und ungestört abtauchen durfte, meldete sich wieder zu Wort und beschrieb das Wesen ihrer Rettungspolitik im berühmten einerseits, andererseits. Einerseits gebe es Auflagen und andererseits Solidarität. Das sei gerecht.

Das klingt nach einem fairen Deal. Immerhin haben die Deutschen Retter auch verhindert, dass die Zyprer im “Nervenkrieg” der letzten Woche vor lauter Verzweiflung ihren Rentenfonds plündern. Das übernimmt jetzt wie gewohnt die Troika mit ihrem sozialverträglichen Standardprogramm aus Ausgabenkürzungen und Privatisierungen. Freilich muss darüber noch in aller Ruhe verhandelt werden. Schließlich soll der zehn Milliarden “Hilfskredit”, der die Verschuldung des Landes mal eben auf 150 Prozent des BIP ansteigen lassen wird, bedient werden. Im Ergebnis dürfte aber das dabei herauskommen, was der Karikaturist Klaus Stuttmann auf einem Bild so wunderschön zum Ausdruck bringt.

Quelle: Stuttmann Karikaturen

Merkel, Schäuble und die Troika hoffen also erneut wider besseres Wissen mit einem zerstörerischen Maßnahmenbündel die eurorettungsbedingte Verschuldung Zyperns bis 2020 auf 100 Prozent drücken zu können. Der Plan hat allerdings weder in Irland noch in Portugal funktioniert, wie man unter anderem auf Querschuesse nachlesen kann.

“Der Fall Zypern zeigt, dass letztlich immer ein Grund gefunden wird, um das austeritätspolitische Konzept der Troika durchzusetzen, sobald Finanzhilfen des ESM und des IWF notwendig werden.”

Der verzückten Medienmeute sind diese Beispiele des Versagens bisher nicht aufgefallen. Den Journalisten fällt auch nicht auf, dass die EZB angesichts der Einigung, die im Detail noch immer nicht so ganz nachvollziehbar ist, wie Jens Berger auf den NDS aufgedröselt und herausgefunden hat, dennoch ganz rasch entschieden hat, wieder Geld nach Zypern zu schicken. “Es gebe keine Einwände gegen eine weitere Liquiditätsversorgung der Institute durch die zyprische Notenbank”, heißt es auf Tagesschau.de.

Das heißt wiederum, eine ernsthafte Pleitegefahr hat nie bestanden, da die Drohung der Zentralbank lediglich darin bestand, bei Verstreichen des Ultimatums einen Akt der Selbstverstümmelung vornehmen zu wollen. Demnach hätten die “Retter” auch irgendwas beschließen können, um die taktischen Bedenken bei der EZB zu zerstreuen.

Ich wundere mich nur, warum noch niemand auf die Idee gekommen ist, ein Endlager für die letzte Gehirnzelle in diesem Land zu suchen. Bevor der Verstand endgültig dahingerafft worden ist, sollte ein Rest an Wissen doch irgendwo sicher für die Nachwelt verwahrt werden.

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Die Zuspitzung der Krise ist bewusst gemacht

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Gerade hat die EZB ein Ultimatum an die zyprische Regierung formuliert. Bis kommenden Montag muss eine Lösung her, sonst droht die Schließung des Geldhahns. Prompt reagieren die Märkte mit einer Talfahrt. Als das zyprische Parlament den mit Überraschungen versehenen Rettungsplan der Eurogruppe am Dienstagabend klar und deutlich ablehnte, blieb es an den Börsen hingegen ruhig. Wie die Eurokrise funktioniert, wird besonders in dieser Woche sehr anschaulich vermittelt.

Richtig war das Nein des zyprischen Parlaments. Damit bestand nämlich zum ersten Mal die Chance, das absurde Vorgehen und das schlechte Blatt der „Euroretter“ auch für die Doofen an den deutschen Stammtischen sichtbar werden zu lassen. Leider wurde der kurze Moment des erhellenden Lichts durch das Gebrüll von bornierten Kommentatoren mit Reichweite schrill überdeckt. Dabei ist klar, kein Land der Eurozone kann pleitegehen. Die Konkursgefahr wird nur ständig herbeigeredet, um politisch Druck ausüben zu können.

Es ist doch seltsam, dass die EZB ihre Kreditlinien nun mit einem Ultimatum verknüpft. Das macht man nur, um inhaltlich leere Drohungen besser verkaufen zu können. Nach der Parlamentsentscheidung vom Dienstag haben alle mit einem Weltuntergang gerechnet. Er blieb freilich aus und die “Euroretter” auf ihrer geplatzten Dramaturgie sitzen. An den Märkten herrschte ebenfalls Ruhe. Erst das Ultimatum der EZB von heute sorgt wieder für die gewünschte Panik, die viele als Zuspitzung der Krise interpretieren. Würde die Zentralbank stattdessen an ihrem ursprünglichen Kurs festhalten, die Liquidität in der Eurozone in jedem Fall sicherzustellen, wäre weiterhin Ruhe im Karton. Dann hätten allerdings die „Euroretter“ mit ihren Drohungen und Hilfsprogrammen keine Chance, sondern würden sich mit ihrer Rhetorik in Slapstick-Nummern verheddern.

Da aber die EZB, wie von Schäuble gewollt, mitspielt, wird es am Verhandlungstisch mit Sicherheit eine Lösung geben, der auch das Parlament in Nikosia abschließend zustimmt. Dann gibt es wieder nur Gewinner, allen voran Angela Merkel und Wolfgang Schäuble, aber keine gelösten Probleme. Das wissen die Bürger Zyperns ganz genau, für die ein Deal mit Brüssel nichts anderes bedeutet, als Souveränität abzugeben und weitere Einschnitte in dann regelmäßigen Abständen hinnehmen zu müssen. Das lehrt sie das Beispiel Griechenland, von dem wir Deutschen ja schon wieder glauben, es sei gerettet, weil Mutti Merkel und Märchen-Onkel Claus vom heute-journal es so nett erzählen.

Dabei ist die Mittelmeerinsel Zypern durch das Versagen der „Euroretter“ in Schwierigkeiten geraten und nicht weil es wie andere auch, seinen Finanzplatz außerordentlich liebevoll gepflegt hat. Das dilletantische Vorgehen der Achse Berlin/Brüssel während der seit fast fünf Jahren andauernden Finanzkrise hat zum einen zu hohen Abschreibungen bei den zyprischen Banken geführt und zum anderen das gesamte Land seiner bisherigen Märkte in Südeuropa beraubt. Die Logik des Schuldenschnitts kombiniert mit einer gnadenlosen Austeritätspolitik ging und geht nicht auf, sondern führt nur zu einer ständigen und immer teurer werdenden Verlagerung der immer gleichen Probleme.

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Lügen mit Zahlen: Heute Zufriedenheit

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Im Auftrag des Allianz Versicherungskonzerns haben Demoskopen der Universität Hohenheim bei Stuttgart mal wieder die Zufriedenheit der Deutschen untersucht. Unter der Überschrift “Stimmungswende – Niedersachsen liegt in Optimismus-Studie vorn” macht heute auch die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) auf Seite 1 mit dem aktuellen Ergebnis der Studie auf. Im Fließtext heißt es dann:

“Inzwischen beurteilen 45 Prozent der Befragten in Niedersachsen Deutschlands Perspektiven ,mit Zuversicht’ oder ,großer Zuversicht’.”

Danach folgt ein Feuerwerk der guten Laune, die der Autor vor allem am Volkswagenkonzern, dessen Rekordjahr und einer Bonuszahlung an Mitarbeiter in Höhe von 7000 Euro festmacht. “Dieser Effekt, kombiniert mit jüngsten Beschäftigungsgarantien, strahlt nach Ansicht der Demoskopen auch auf Zulieferer und auf andere Branchen ab”, heißt es.

Dass aber offenbar 55 Prozent, also eine klare Mehrheit in der Umfrage, die Perspektiven weder mit großer, noch mit einfacher Zuversicht bewerten, fällt unter den Tisch. Stattdessen wird mit Adjektiven wie “verblüffend” und “beachtlich” gearbeitet. Dabei ist schon der Titel der seit 2007 laufenden Studie, die jedes Quartal mit “optimistischen” Ergebnissen aufwartet, eine bewusste Irreführung. Blumig ist auch jetzt wieder der Einstieg in die Pressemitteilung, die sich auf den Seiten der Allianz AG befindet.

Mit frühlingshaften Stimmungswerten sind die Bundesbürger ins Jahr 2013 gestartet: Die Zuversicht für Deutschland ist im ersten Quartal 2013 um fünf Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahreszeitraum gewachsen. Mehr als ein Drittel der Bundesbürger (36 Prozent) sieht damit die zukünftige Lage der Nation „mit Zuversicht“ oder gar „mit großer Zuversicht“.

Natürlich mag es verblüffend aussehen, wenn Niedersachsen als bisheriges Schlusslicht bei der Zufriedenheit um 20 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahreszeitraum zulegt und nunmehr die Spitzenposition unter allen Bundesländern einnimmt, doch mit seriöser Forschung hat eine derartige Untersuchung nichts zu tun.

Entscheidend ist ja die Interpretation der gewonnenen Daten. Stimmungsmessungen liegen voll im Trend, weil sie sich prima gegen die nicht so toll ausfallenden Indikatoren einer Volkswirtschaft  in Stellung bringen lassen. Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) oder das ifo-Institut arbeiten ähnlich. Auch sie messen jeden Monat lieber Stimmungen und Erwartungen, als genauer in die Bilanzen von Unternehmen und die Portemonnaies der Verbraucher hineinzuschauen. Regelmäßig passen dann auch die so gewonnenen Ergebnisse nicht mit der Realität überein.

Man muss nicht viel Fantasie aufwenden, um zu erkennen, dass die Politik, die gerade noch einen Armuts- und Reichtumsbericht über Monate hinweg unter dem verharmlosenden Schlagwort “Ressortabstimmung” gefälscht hat, die vorliegenden Ergebnisse der Zufriedenheitsstudie wohlwollend zur Kenntnis nehmen und als Bestätigung ihrer ideologischen Verbohrtheit betrachten wird.

In Niedersachsen hat sich deshalb die gerade in die Opposition abgewählte CDU zu Wort gemeldet und deutet das Ergebnis als nachträgliche Bestätigung ihrer Regierungszeit.

Für den CDU-Fraktionschef im Landtag, Björn Thümler, belegt die Studie indessen, „dass durch die erfolgreiche Arbeit der CDU-geführten Landesregierung bei den Menschen auch etwas angekommen ist: das höchste Wirtschaftswachstum, die geringste Arbeitslosigkeit seit 20 Jahren, hohe innere Sicherheit und gute Bildungspolitik“.

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WAZ-Gruppe streicht weiter Stellen

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Die WAZ streicht weitere 200 Stellen, davon offenbar 80 Mitarbeiter aus dem redaktionellen Bereich. Das teilte der Konzern seinen Mitarbeitern am Mittwoch in Essen mit. Laut Zapp-Blog habe der Konzern damit innerhalb von 3,5 Jahren die Zahl der redaktionellen Mitarbeiter mehr als halbiert. Das ist ein dickes Ei für viele Mitarbeiter so kurz vor Ostern. Besonders makaber ist die Notiz am Rande. Das Unternehmen möchte künftig seine Familientradition stärker betonen.

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Schäuble in den Tagesthemen

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Ist die Zypern-Rettung gescheitert, fragte Tom Buhrow in den Tagesthemen den deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble. Natürlich nicht, denn im Herbst ist Bundestagswahl. Den zweiten Teil der Antwort formulierte Schäuble etwas anders, aber gemeint hat er es so. Das wurde noch einmal deutlich, als Buhrow zwischendrin noch einmal fragte, ob man Zypern pleitegehen lassen würde. Darauf antwortete Schäuble mit dem Satz: “Die Frage ist falsch gestellt.” Aha.

Wäre die Sache nicht so ernst und die giftigen bis verhetzenden Kommentare wie der von Rolf-Dieter Krause in der gleichen Sendung keine Realität, man könnte über das Schauspiel lachen. Natürlich wird die Eurogruppe auch das kleine Land Zypern nicht pleitegehen lassen. Wenn das so einfach und kostengünstig zu haben wäre, müssten Leute wie Krause oder die anderen Leitartikler, die gerade ihre Pamphlete für den Druck freigegeben haben, nicht so hart austeilen.

Es könnte ihnen ja am Allerwertesten vorbeigehen. Aber nein, genau wie der Grieche, der Spanier und der Italiener ist nun auch der Zyprer bei den Deutschen unten durch, weil er sich im Namen der Wiederwahl Angela Merkels nicht einfach per Anweisung berauben lässt. Dass die Bankenkrise in Zypern aber vor allem eine Folge der gescheiterten “Rettungspolitik” in Griechenland ist, Schäuble lieferte ja das Stichwort mit dem Schuldenschnitt, haben viele überhaupt nicht auf dem Schirm. Sie mögen ja nicht einmal vom Scheitern sprechen, obwohl nie das passiert, was sich die “Euroretter” mit ihren Programmen und Paketen versprechen.

Vorstellungskraft? Fehlanzeige

Per Knopfdruck aus Brüssel können in der Eurozone inzwischen Konten eingefroren und Bankguthaben nach Belieben und vorzugsweise am Wochenende um willkürliche Sonderabgaben gekürzt werden. Natürlich ist die Journaille auf so ein geniales Instrument stolz. Zack, zack und überfallartig umgesetzt. So liebt das der Deutsche, muss er doch bei anderen Projekten wie der Finanztransaktionssteuer immer länger warten. Für das ambitionierte Vorhaben gebe es schließlich noch keine rechtliche Basis, hieß es zuletzt aus dem Finanzministerium.

Ganz anders sieht es mit Zwangsabgaben aus. Da gibt es rechtlich offenbar keine Bedenken, obwohl inzwischen auch bekannt ist, dass es keiner der Urheber gewesen sein will. Den Kommentatoren ist das freilich egal. Sie haben ihre Bedenken rasch in dem Moment beiseite gewischt, als ein demokratisch legitimiertes Parlament eine klare Entscheidung gegen die Absichten eines deutschen Finanzministers traf, der schon seit über 40 Jahren als Abgeordneter des Bundestages und als Technokrat wechselnder Regierungen sein Unwesen treibt.

Merke: Lüge, Enteignung, Rechtsbruch und Diktat sind vielleicht nicht ganz okay, aber eben zwingend notwendig, um den Schein von Demokratie zu wahren. Was hingegen gar nicht geht, ist die Demokratie selber, so mein Eindruck.

Die EZB als Waffe gegen den eigenen Währungsraum

Wolfgang Schäuble sagte einen entlarvenden Satz im ansonsten belanglosen Interview mit Tom Buhrow.

“Die beiden großen zyprischen Banken sind eigentlich insolvent, sie werden im Augenblick noch von der EZB mit der sog. Nothilfe liquide gehalten, aber immer unter der Voraussetzung, dass es ein dauerhaftes Hilfsprogramm für Zypern gibt.”

Das heißt Draghi darf Geld drucken, aber nur wenn Schäuble es erlaubt. Mit anderen Worten, die EZB soll aus Sicht des Deutschen gar nicht unabhängig sein und schon gar nicht als lender of last resort fungieren, um auf den Finanzmärkten für Ruhe zu sorgen. Schäuble versteht die EZB als Waffe gegen die Mitglieder des eigenen Währungsraums, um die Politik auf Linie zu zwingen. Unruhe wie jetzt kann dabei offenbar nur nützlich sein.

Leider fällt das bis heute keinem der brüllenden Kommentatoren auf. Leute wie Krause würden sich wahrscheinlich noch aufregen, wenn die EZB “eigenmächtig”, obwohl ihr Statut das ausdrücklich vorsieht, gegen die deutsche Minderheitenmeinung im EZB-Rat beschlösse, für die Liquidität Zyperns auch weiterhin zu sorgen.

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Den Eingriff in die Souveränität eines Staates erledigt der deutsche Finanzminister bewusst am Wochenende

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Bundesfinanzminister Schäuble und der Internationale Währungsfonds (IWF) wollten ursprünglich eine Zwangsabgabe in Höhe von 40 Prozent. Nun verteidigt Schäuble die gefundene Lösung und sagte dem ZDF, dass die Aktion bewusst vor dem langen Wochenende in Zypern geplant worden sei. Schäubles Satz sollten Sie sich merken:

„Bankeinlagen sind eine sensible Sache, da muss man schnell handeln, daher macht man es am Wochenende.“

Den Eingriff in die Souveränität eines Staates erledigt der deutsche Finanzminister also bewusst am Wochenende. Bekannt war bisher, dass unpopuläre Beschlüsse wahlweise zur nächtlichen Stunde oder während Spielen der deutschen Nationalmannschaft getroffen wurden. Wenn es ums Ausland geht, fährt die Bundesregierung eine andere Strategie, um das Überraschungsmoment auf ihrer Seite zu behalten. Ich weiß gar nicht, ob dieses Vorgehen und diese Chuzpe von Schäuble mit schäbig auch nur ansatzweise richtig beschrieben wäre.

Inzwischen erwägt die konservative Regierung in Nikosia, die Banken auch am Dienstag geschlossen zu halten, falls das Parlament dem Plan der Eurogruppe im Schnellverfahren am verlängerten Wochenende nicht zustimmt. Derzeit hat die Zentralbank Zyperns alle Transaktionsgeschäfte gestoppt. Angesichts dieser Entwicklung kann kein Journalist mit der angebotenen Begründung der Regierung auch nur ansatzweise zufrieden sein. Was hier vor sich geht, hat mit der Sicherung des Euros nichts mehr zu tun. Brüssel und die Bundesregierung haben die Macht an sich gerissen und diktieren im Auftrag der Finanzmärkte nach belieben.

Nüchtern betrachtet, und das fällt schwer, ist die Währungsunion und Europa als Ganzes dem Zusammenbruch wieder ein Stück näher gerückt.

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Jetzt ist Zypern dran

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Per Zwangsabgabe werden Zyperns Bankkunden zur Kasse gebeten. Dies haben die Finanzminister der Euro-Länder in der Nacht auf Samstag beschlossen. Demnach soll von jedem Konto, das einen Stand von unter 100.000 Euro aufweist, ein Sonderbeitrag von 6,75 Prozent abgezogen werden. Die Bankbesitzer bleiben ungeschoren und damit zeigen die marktkonformen Demokraten wieder einmal ihr hässliches Gesicht.

Natürlich beteuern die sogenannten „Euroretter“ die Einmaligkeit und, na klar, die Alternativlosigkeit des Vorgangs. Dabei wird auch bei diesem Schritt deutlich, dass die Interessen der Finanzwirtschaft Vorrang genießen. Alarmierend ist dabei die Aussage von Bundeskanzlerin Angela Merkel am Rande eines CDU-Parteitags in Grimmen. Sie ist plötzlich der Meinung, dass die Einleger der Banken einen Beitrag zur Rettung der Institute leisten müssten: „Damit werden die Verantwortlichen zum Teil mit einbezogen – und nicht nur die Steuerzahler anderer Länder – und ich finde, das ist richtig.“

Diese Äußerung ist an Dummheit und Fahrlässigkeit kaum noch zu überbieten. Beim Ausbruch der Krise sah sich die Kanzlerin mit ihrem damaligen Finanzminister Steinbrück noch genötigt, eine Garantie auf Spareinlagen abgeben zu müssen, um eine Panik bzw. einen Banken-Run zu vermeiden. Nun nimmt sie einen weiteren Vertrauensverlust in den Euro und das System der Banken, hier dem heiligen Einlegerschutz, aus opportunistischen Gründen billigend in Kauf. Der Run auf die Banken ist fest einkalkuliert und wird von den Instituten selber, die den Coup zusammen mit Brüssel ersonnen haben, mit einer Ausgabensperre beantwortet.

Auf Zypern werden nun primär einheimische Kunden zur Kasse gebeten. Die Mär von den russischen Oligarchen, die auf der Insel ihr Geld wuschen, ließ sich nie bestätigen. Die Bundesregierung wusste das von Anfang an und spielte dennoch auf Zeit, da Merkels Image eine weitere Baustelle in Europa gerade nicht gebrauchen konnte.

Dabei ist die Schieflage des zyprischen Bankensektors folgerichtig und reiht sich nahtlos in die katastrophale „Eurorettungspolitik“ ein.

Diese Krise ist eine Folge der verkorksten Griechenland-„Rettung“, insbesondere der beiden von Deutschland erzwungenen Umschuldungen. Aber davon will man in Berlin natürlich auch nichts wissen…

Quelle: Lost in EUrope

Der Schritt, die Kunden der Banken in die Pflicht zu nehmen, hat sehr viel mit der Verabschiedung eines weiteren „Rettungspakets“ durch die Parlamente anderen Euroländer zu tun. Im November hätte Merkel nicht schon wieder vor den Bundestag und das Wahlvieh treten können. Und auch jetzt wäre das erneute Werben um Milliarden Hilfen kaum vermittelbar. Daher muss die deutsche Regierungschefin ihr national-chauvinistisches Blatt weiter ausspielen und eine Gegenleistung der „Bittsteller“ vorweisen, sei diese auch noch so absurd, widersprüchlich und selbstzerstörerisch.

Den Stammtisch wird sie mit dieser Aktion vielleicht noch erreichen, doch die Folgen sind wie bei jeder ihrer Entscheidungen katastrophal. Bundesfinanzminister Schäuble nennt das beschlossene Programm für Zypern fair. „Wir müssen im Sinne einer fairen Lastenteilung Eigentümer, Gläubiger und Einleger an den Kosten der Banken beteiligen.“ Gleichzeitig muss das Land der Privatisierung von öffentlichen Betrieben und massiven Ausgabenkürzungen zustimmen. An dieser Stelle arbeitet die Troika, sollte sie das Mandat erhalten, wie gehabt.

Das heißt, durch die übliche Kürzungspolitik raubt man dem Land nicht nur die volkswirtschaftliche Existenzgrundlage, sondern stiehlt den Menschen, die mit Arbeitslosigkeit und niedrigeren Einkünften rechnen müssen, auch noch ihr gespartes Vermögen, obwohl sie das mit Sicherheit brauchen werden, um die Segnungen der „Eurorettungspolitik“ irgendwie überstehen zu können. Die menschenverachtende Politik zum Wohle der Banken kennt somit keine Grenzen mehr. Das ist die Botschaft die Merkel, Schäuble und die „Euroretter“ tatsächlich aussenden. Leider werden die Deutschen das brutale Vorgehen nur als allzu richtig empfinden. Denn von Agitation versteht die Kanzlerin etwas.

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