Röslers kurzes Statement zum Rückgang des BIP

Geschrieben von:

Die deutsche Wirtschaft schrumpft und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler reagiert gelassen. Das Ergebnis des 4. Quartals entspreche den Erwartungen (Stichwort Wachstumsdelle), verkündet er kurz und knapp auf der Internetseite seines Ministeriums (BMWi).

“Die Entwicklung der Wirtschaftsleistung im 4. Quartal 2011 entspricht unseren Erwartungen. Bei der Vorstellung der Jahresprojektion habe ich betont, dass nach dem hervorragenden Wachstum der vergangenen zwei Jahre zunehmende Risiken aus dem weltwirtschaftlichen und insbesondere dem europäischen Umfeld die deutsche Wirtschaft vorübergehend beeinträchtigen können. (Stichwort: Wachstumsdelle, Anm. at) Im Jahresverlauf findet die deutsche Wirtschaft wieder zu einem höheren Wachstum zurück. Darauf deutet auch die Stabilisierung aktueller Konjunkturindikatoren hin. Daher muss die Wirtschaftspolitik das Wachstumspotential stärken und verstetigen.”

Dieses Statement ist durchweg enttäuschend. Rainer Brüderle hätte wenigstens einen blumigen Horizont gezeichnet und die Beeinträchtigung auf der Überholspur zur Vollbeschäftigung durch den unerwarteten Wintereinbruch erklärt. So aber hinterlässt Rösler nur noch offene Fragen. Denn wenn zunehmende Risiken insbesondere aus dem Euroraum die Performance der deutschen Wirtschaft lediglich vorübergehend beeinträchtigen sollen, was heißt das für die Zukunft?

Deutschland ist darauf angewiesen, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit seiner europäischen Nachbarn einen positiven Verlauf nimmt. Wie aber soll das angesichts des Fiskalpaktes und in Kenntnis der dramatischen Lage in Griechenland und den Ländern, die einen Mittelmeerstrand haben, mittelfristig funktionieren? Woher werden die ihr Wachstum nehmen, von dem Deutschland als Exportnation offenbar erneut profitieren will, wenn es ihnen aber verboten ist, die deutschen Exportüberschüsse weiter wie bisher mit Schulden und eigenen Leistungsbilanzdefiziten zu finanzieren?

Rösler kann darauf keine Antwort geben, weil er das Spardiktat, eine europäische Schuldenbremse, die Insolvenz von Staaten sowie deren Austritt aus der Eurozone für im Zweifel richtig hält. All diese Maßnahmen stehen nun aber im krassen Widerspruch zu den Interessen einer nach wie vor angestrebten Exportwirtschaft, die immer davon abhängig ist, dass andere sie mit Krediten finanzieren. Ein Austritt der Schuldnerländer aus der Währungsgemeinschaft würde gar über Nacht zum Verlust deutscher Exportmärkte führen, erklärt Heiner Flassbeck in der Sendung plusminus:

„Sie werden neue Währungen einführen und diese Währungen werden sie gegenüber dem Euro abwerten und die deutschen Exportmärkte sind über Nacht verloren. Dann muss man sich vorstellen, dass in Baden Württemberg über Nacht die Hälfte aller Arbeitsplätze praktisch gefährdet sind und gestrichen werden müssen. Das ist ein absolutes Katastrophenszenario, das niemand für vernünftig halten kann.“

Quelle: plusminus

Baden-Württemberg ist oder war übrigens mal eine Hochburg der FDP. Wachstumspotenziale stärken und verstetigen kann selbst aus der dogmatischen Haltung eines Exportfetischisten heraus nicht heißen, andere kaputtzusparen. Aus reinem Selbsterhaltungstrieb müsste Rösler im Namen der deutschen Wirtschaft ein Konjunkturprogramm für Südeuropa fordern, um die so wichtigen Exportmärkte für die Heimatfront zu retten. Aber selbst zu diesem konservativsten aller logischen Denkfortschritte sind die selbsternannten Wirtschaftsexperten aus der Koalition der stabilen Verhältnisse zu dumm.

Und so hält der Rösler lieber die Klappe und verweist stattdessen in seiner Not auf die bekannten Stimmungsbarometer der Gurus aus den Häusern ifo, GfK und ZEW, die mit ihren kruden Prognosen noch nie einen Treffer in der Realität landen konnten.  

0

Forsa macht sich lächerlich

Geschrieben von:

Jede Woche veröffentlicht das Forsa Institut im Auftrag von Stern/RTL (also Bertelsmann, Liz Mohn) Umfrageergebnisse. Jochen Hoff macht dabei auf eine bemerkenswert dumme, aber wahrscheinlich zur Irreführung bewusst getätigte Aussage aufmerksam.

Mit zusammen 40 Prozent liegt die schwarz-gelbe Koalition damit weiter knapp vor Rot-Grün (gemeinsam 39 Prozent).

Quelle: Stern

Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, würde das Ergebnis laut Forsa wie folgt aussehen:

  • CDU/CSU 38 %
  • SPD 26 %
  • Grüne 13 %
  • Linke 9 %
  • Piraten 7 %
  • FDP 2 %
  • Sonstige, ohne FDP 5 %

Wie kann nun aber Schwarz-Gelb mit 40 Prozent vorne liegen, wenn die FDP mit ihren 2 Prozent überhaupt nicht in den Bundestag einziehen dürfte? Nach derzeitigem demoskopischen Stand gibt es keine schwarz-gelbe Option mehr. Genauso gut hätte man auch sagen können, dass ein schwarz-braunes Bündnis aus Union und NPD, die sich offensichtlich unter “Sonstige” befinden, auch noch knapp vor oder zumindest gleichauf mit Rot-Grün liegen würde.

Diese Art der Wahlforschung ist und bleibt schlichtweg unseriös und peinlich.

2

Deutsche Wirtschaft schrumpft in Q4/2011

Geschrieben von:

Nun ist es amtlich. Im vierten Quartal 2011 schrumpfte auch die deutsche Wirtschaft um 0,2 Prozent. Das teilte das statistische Bundesamt am Mittwoch mit. Aufgrund der im gleichen Zeitraum festgestellten schwachen Umsätze im Einzelhandel sowie der sich mit brutaler Gewalt niederschlagenden europäischen Sparorgie, die im wesentlichen von Deutschland aus bestimmt wird, war ein Rückgang des Bruttoinlandsprodukt bereits frühzeitig erkennbar.

“Diese Daten sind wie erwartet, der leicht nachlassende Export (Außenhandelsbeitrag) schlägt negativ durch, auf der Verwendungsseite des BIPs, ebenso wie der schwache private Konsum. Damit reflektiert sich in den deutschen Daten, dass schiefe einseitig exportorientiert aufgestellte Wirtschaftsmodell, welches sich bei weltweit nachlassender wirtschaftlicher Aktivität auf Grund der Exportlastigkeit als störanfällig erweist.”

Quelle: Querschuesse

Kein BIP-Orakel dafür Börsenindikator

In Anbetracht der schlechten Nachrichten von heute, wurde gestern noch schnell der ZEW-Index durch alle Medien gepaukt. Er misst angeblich auch die Stimmung in der deutschen Wirtschaft und habe seit dem Frühjahr 2011 den höchsten Stand erreicht, erklärte den ganzen Tag über das Börsenteam der ARD. Interessant ist nun, dass diese Variante akademischer Kaffeesatzleserei in einem Anflug von journalistischem Können vom an sich überflüssigen Börsenpersonal der ARD der BIP-Entwicklung grafisch gegenübergestellt wurde.   

ZEW-Index_BIP

Ohne Zweifel kann man sehen, dass dieser Index keinerlei Aussagekraft besitzt, was die tatsächliche volkswirtschaftliche Entwicklung anbetrifft. Das erkennen auch die Journalisten auf dem Frankfurter Parkett. Bravo. Allerdings stellt diese Berufsgruppe ihre branchenspezifische Blödheit erneut mit der Feststellung unter Beweis, dass dieser Index die Entwicklung des Dax immer ziemlich genau vorwegnehme und daher die Schlussfolgerung berechtigt sei, dass es der deutschen Wirtschaft (abgeleitet von der Entwicklung des Börsenleitindexes) auch wieder besser gehen könnte.  

ZEW-Index_DAX

Man muss sich das wirklich mal klarmachen. Da stellen sich gut ausgebildete und mit GEZ-Geldern finanzierte Fachjournalisten hin und beschreiben eine simple Wechselwirkung zwischen der Verkündigung irgendeines Kaffeesatzes und dem Verhalten von Anlegern an der Börse als relevanten Indikator. Dass der Dax immer in die Richtung ausschlägt, in der sich diverse Stimmungsbarometer kurz zuvor bewegen, weil das Geschehen an den Handelsplätzen ganz konkret vom Herdenverhalten bestimmt wird und nicht von der Fähigkeit des Einzelnen Anlegers, wirtschaftliche Zusammenhänge zu analysieren und zu bewerten, dürfte doch nach den Erfahrungen der Finanzkrise nun endlich verstanden worden sein.

Finanzmärkte sind ineffizient und folgen bloß Gerüchten

Gerüchte bestimmen den Kursverlauf und nicht volkswirtschaftliche Daten. An der Börse kommt es nur darauf an, zum richtigen Zeitpunkt in eine sich aufpumpende Blase ein- und wieder auszusteigen, bevor sie platzt. Das nennt man Spekulation und hat ebenfalls keinen Bezug zur Realwirtschaft. Dennoch werden immens viele Ressourcen verschwendet, um das Treiben an den Finanzplätzen der Welt zu fördern. Auf einen Gewinn für die Realwirtschaft wartet man allerdings vergebens, weil Innovationen sich nicht auf die Verbesserung von Produktionsverfahren beziehen, die einen gesunden volkswirtschaftlichen Wettbewerb ermöglichen könnten, sondern darauf komplexe Finanzprodukte zu entwickeln, die für eine bestimmte Zeit keiner verstehen soll, aber über die Glaubhaftmachung, sie seien wertvoll, im Handel dennoch Provisionen abwerfen, solange man nicht der letzte Käufer ist.      

Doch gerade Analysten und die, die über den Blödsinn an der Börse berichten und so tun, als könnten sie etwas beitragen, um die Lebensrealität der Menschen zu erklären, flüchten von einer lächerlichen Begründung zur nächsten, um die Widersprüchlichkeit zwischen Kursverlauf und volkswirtschaftlicher Entwicklung zu vermitteln.      

Im Krisenjahr 2009 hat der weltweite Nachfragerückgang zum Beispiel nicht dazu geführt, dass die Anleger an den Börsen aus dem Risiko gegangen sind. Das genaue Gegenteil war der Fall. Im März 2009 stiegen plötzlich die Aktienkurse und vor allem der Preis für Öl und andere Rohstoffe wieder an, obwohl sich die Weltwirtschaft auf dem Weg in eine Rezession befand. Der Tiefpunkt der Krise war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht erreicht und die Öllager nachweislich voll. Damals hieß es von den Analysten, dass die Märkte den Aufschwung vorwegnehmen würden, weil Frühindikatoren nach oben gezeigt hätten. Trotz Einbruch der Weltwirtschaft verdoppelte sich der Ölpreis damals in relativ kurzer Zeit. Hatte denn diese Entwicklung etwas mit Nachfrage oder einer Wachstumsdynamik zu tun?

Wohl kaum. Die Finanzmärkte sowie das Börsenteam der ARD sind hochgradig ineffizient. Das Herdenverhalten ist genau das Gegenteil von einem rationalen Marktverhalten, sagt der Ökonom Heiner Flassbeck. In Wirklichkeit haben wir es mit einem permanenten Marktversagen zu tun. Denn nur so lassen sich die Kursgewinne, die fälschlicherweise mit einem Zugewinn an materiellen Werten verwechselt werden, überhaupt erst erklären.

0